Sozialgericht Schleswig, Urteil vom 14.02.2012, - S 11 SO 98/08 -
Ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt .
http://sozialberatung-kiel.de/2012/02/27/zum-mehrbedarf-wegen-kostenaufwendiger-ernahrung/
Zitat: Unterschiedlich wird von den Gerichten dabei beurteilt, ob es sich bei den Empfehlungen um sog. „antizipierte Sachverständigengutachten“ handelt, an denen sich das Gericht im Regelfall orientieren kann, oder ob die Empfehlungen lediglich als eine „Orientierungshilfe“ heranzuziehen sind, welche das Gericht bei seiner Entscheidung zwar mit heranzuziehen hat, die aber im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) um weitere Erkenntnisquellen des Einzelfalles zu ergänzen sind.
An den Kammern des SG Schleswig wird (wohl) überwiegend letztere Auffassung vertreten, die 11. Kammer sieht die Empfehlungen als „antizipiertes Sachverständigengutachten“.
Dieser Rechtsauffassung folgen wir nicht, denn
BSG, Urteil vom 22.11.2011, -B 4 AS 138/10 R -
Bei den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe(DV) handelt es sich nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.....lungen-des-deutschen.html
Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R, Rn 16f).
Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären, nicht aufgehoben.
Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall (BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10; Düring in Gagel, SGB II, § 21 Randnummer 31).
Anmerkung: BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -
Das BSG hat mit Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - entschieden, dass das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben.
Denn nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6).
Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28).
Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen.
Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/woher-hat-das-landessozialgericht.html
Im Kontext des Anspruchs nach § 21 Abs. 5 SGB II muss bei einem Berechtigtem, der aus medizinischen Gründen (entgegen dem typischen Verbraucherverhalten) auf Vollkosternährung angewiesen ist, sichergestellt sein, dass er auf dieser (Energiebedarfs-Basis) "mit seiner Krankheit oder Behinderung leben kann"
http://sozialrechtsexperte.blogspot.....pruchs-nach-21-abs-5.html
Anmerkung: Vgl. dazu den Beitrag :
Durch die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw § 103 SGG), nicht aufgehoben.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/durch-die-aktuellen-empfehlungen-des.html
Wohl möglich hätte das Gericht prüfen müssen, ob wein so genannter Härtefall im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II vorliegt, bzw. in diesem Fall ein atypischer Bedarf nach § 73 SGB XII.
Nach § 73 SGB XII können Leistungen in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Diese "Öffnungsklausel" ermöglicht es, in Fällen, die vom (übrigen) Sozialleistungssystem nicht erfasst werden, Hilfen zu erbringen und damit einen "Sonderbedarf" zu decken (vgl. nur: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 73 SGB XII Rn. 4).
Von der Vorschrift betroffen werden nur deshalb atypische ("sonstige") Lebenslagen, die nicht bereits durch andere Vorschriften des SGB XII erfasst sind.
Sozialgericht Bremen Beschluss vom 18.02.2011, - S 22 AS 2474/10 ER -
An Neurodermitis erkrankter Hartz IV-Empfänger hat Anspruch auf Übernahme seiner Aufwendungen für die Beschaffung der Hautpflegemittel in Höhe von monatlich 30 Euro nach § 21 Abs. 6 SGB II.
Der Mehrbedarf für den Erwerb der Hautpflegemittel ist ein laufender, nicht nur einmaliger Bedarf.
Denn das Begehren der Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf den Meistbegünstigungsgrundsatz ist so auszulegen, dass deren Rechte im größtmöglichen Umfang zur Geltung kommen können (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 3/10 R; Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R; Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 75/08 R sowie Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R-).
Ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt .
http://sozialberatung-kiel.de/2012/02/27/zum-mehrbedarf-wegen-kostenaufwendiger-ernahrung/
Zitat: Unterschiedlich wird von den Gerichten dabei beurteilt, ob es sich bei den Empfehlungen um sog. „antizipierte Sachverständigengutachten“ handelt, an denen sich das Gericht im Regelfall orientieren kann, oder ob die Empfehlungen lediglich als eine „Orientierungshilfe“ heranzuziehen sind, welche das Gericht bei seiner Entscheidung zwar mit heranzuziehen hat, die aber im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) um weitere Erkenntnisquellen des Einzelfalles zu ergänzen sind.
An den Kammern des SG Schleswig wird (wohl) überwiegend letztere Auffassung vertreten, die 11. Kammer sieht die Empfehlungen als „antizipiertes Sachverständigengutachten“.
Dieser Rechtsauffassung folgen wir nicht, denn
BSG, Urteil vom 22.11.2011, -B 4 AS 138/10 R -
Bei den Empfehlungen des Deutschen Vereins vom 1.10.2008 zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe(DV) handelt es sich nicht um ein antizipiertes Sachverständigengutachten.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.....lungen-des-deutschen.html
Voraussetzung für die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 5 SGB II ist eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die eine Ernährung erfordert, deren Kosten aufwändiger sind als dies für Personen ohne diese Einschränkung der Fall ist (BSG Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10 R, Rn 16f).
Auch durch die aktuellen Empfehlungen wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären, nicht aufgehoben.
Die Mehrbedarfsempfehlungen 2008 ersetzen nicht eine ggf erforderliche Begutachtung im Einzelfall (BSG, Urteil vom 10.05.2011 - B 4 AS 100/10; Düring in Gagel, SGB II, § 21 Randnummer 31).
Anmerkung: BSG, Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R -
Das BSG hat mit Urteil vom 9.6.2011 - B 8 SO 11/10 R - entschieden, dass das LSG wird auch prüfen müssen, ob dem Kläger (höhere) Leistungen wegen eines ernährungsbedingten Mehrbedarfs zustehen. Dabei wird es - ohne dass es wegen der ohnehin erforderlichen Zurückverweisung der Sache darauf ankommt, ob ein Verfahrensmangel ordnungsgemäß gerügt wurde - weitere Ermittlungen anzustellen haben.
Denn nach § 42 Nr 3 iVm § 30 Abs 5 SGB XII wird für Kranke, Genesende, behinderte Menschen oder von einer Krankheit oder von einer Behinderung bedrohte Menschen, die einer kostenaufwändigen Ernährung bedürfen, ein Mehrbedarf in angemessener Höhe anerkannt.
Liegen bei einem Leistungsempfänger mehrere Erkrankungen vor, für die jeweils ein Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung aus medizinischen Gründen geltend gemacht wird, so ist der Ernährungsaufwand aufgrund des gesamten Krankheitsbildes konkret zu ermitteln (BSGE 100, 83 ff RdNr 39 ff = SozR 4-4200 § 20 Nr 6).
Maßgeblich ist stets der Betrag, mit dem der medizinisch begründete, tatsächliche Kostenaufwand für eine Ernährung ausgeglichen werden kann, der von der Regelleistung nicht gedeckt ist. Er ist im Einzelfall im Wege der Amtsermittlung durch Einholung medizinischer und/oder ernährungswissenschaftlicher Stellungnahmen oder Gutachten zu klären (BSG SozR 4-4200 § 21 Nr 2 RdNr 28).
Vielmehr ist bei der Beurteilung des Ernährungsaufwands das gesamte Krankheitsbild unter Berücksichtigung wechselseitiger Auswirkungen der Erkrankungen (Allergien) auf die Ernährung einzubeziehen.
Im Hinblick auf die Untersuchungsmaxime (§ 103 SGG) durfte das LSG die erforderlichen Ermittlungen auch nicht ohne weiteres mit der Begründung unterlassen, der Kläger selbst habe nicht dargelegt, auf welche Lebensmittel er verzichten und welche er an deren Stelle erwerben müsse und dass damit Mehrkosten verbunden seien. Hier hätte es nahegelegen, ggf ein ernährungswissenschaftliches Sachverständigengutachten einzuholen.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/10/woher-hat-das-landessozialgericht.html
Im Kontext des Anspruchs nach § 21 Abs. 5 SGB II muss bei einem Berechtigtem, der aus medizinischen Gründen (entgegen dem typischen Verbraucherverhalten) auf Vollkosternährung angewiesen ist, sichergestellt sein, dass er auf dieser (Energiebedarfs-Basis) "mit seiner Krankheit oder Behinderung leben kann"
http://sozialrechtsexperte.blogspot.....pruchs-nach-21-abs-5.html
Anmerkung: Vgl. dazu den Beitrag :
Durch die aktuellen Empfehlungen des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge vom 1.10.2008 wird die grundsätzliche Verpflichtung der Verwaltung und der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit, die Besonderheiten des jeweiligen Sachverhalts von Amts wegen aufzuklären (§ 20 SGB X bzw § 103 SGG), nicht aufgehoben.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/durch-die-aktuellen-empfehlungen-des.html
Wohl möglich hätte das Gericht prüfen müssen, ob wein so genannter Härtefall im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II vorliegt, bzw. in diesem Fall ein atypischer Bedarf nach § 73 SGB XII.
Nach § 73 SGB XII können Leistungen in sonstigen Lebenslagen erbracht werden, wenn sie den Einsatz öffentlicher Mittel rechtfertigen. Diese "Öffnungsklausel" ermöglicht es, in Fällen, die vom (übrigen) Sozialleistungssystem nicht erfasst werden, Hilfen zu erbringen und damit einen "Sonderbedarf" zu decken (vgl. nur: Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 3. Aufl 2010, § 73 SGB XII Rn. 4).
Von der Vorschrift betroffen werden nur deshalb atypische ("sonstige") Lebenslagen, die nicht bereits durch andere Vorschriften des SGB XII erfasst sind.
Sozialgericht Bremen Beschluss vom 18.02.2011, - S 22 AS 2474/10 ER -
An Neurodermitis erkrankter Hartz IV-Empfänger hat Anspruch auf Übernahme seiner Aufwendungen für die Beschaffung der Hautpflegemittel in Höhe von monatlich 30 Euro nach § 21 Abs. 6 SGB II.
Der Mehrbedarf für den Erwerb der Hautpflegemittel ist ein laufender, nicht nur einmaliger Bedarf.
Denn das Begehren der Beteiligten im sozialgerichtlichen Verfahren mit Blick auf den Meistbegünstigungsgrundsatz ist so auszulegen, dass deren Rechte im größtmöglichen Umfang zur Geltung kommen können (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 06. April 2011 – B 4 AS 3/10 R; Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R; Urteil vom 02. Juli 2009 – B 14 AS 75/08 R sowie Urteil vom 07. November 2006 – B 7b AS 8/06 R-).
Irgendwie kann ich dem ersten Teil des Textes nicht ganz folgen...Was bedeutet das denn jetzt im Klartext?Und wie bekomme ich die 30€ für Pflegemittel?Sind die 30€ ein Festsatz?Ich hatte sonst einen Mehrbedarf (Pflegemittel,...OHNE Ernährung)von 85€ bewilligt bekommen, die jetz auf 0€ gesenkt wurden!?
AntwortenLöschenÜber eine kurze Hilfestellun/Antwort wäre ich sehr dankbar!
Kann mal jemand hier antworten. Mehrbedarf für Neurodermitis und Lebensmittel Allergie... wurden wegen deutschen verein abgelehnt. Wie ist die Rechtslage. Wie bekomme ich die Leistung beim Amt durch.
AntwortenLöschenAntwort Anonym31. Mai 2012 um 21:27 wäre auch interessant.