Das
Sozialgericht Mainz hatte sich in einer mündlichen Verhandlung im
Oktober 2013 (Az.: S 15 AS 1324/10) mit der Frage zu beschäftigen, ob
ein Bezieher von Leistungen nach dem SGB II ("Hartz IV") beim Jobcenter
Fahrtkosten für notwendige Facharztbesuche als "Mehrbedarf" geltend
machen kann.
Der zum Zeitpunkt der Klageerhebung in der Nähe von Mainz lebende
Kläger wurde in seinem Heimatland verfolgt und gefoltert. Er leidet an
einer schweren Traumastörung und befand sich in regelmäßiger
fachärztlicher Behandlung in Frankfurt, wohin er mittels öffentlicher
Verkehrsmittel gelangte. Seinen Antrag auf Gewährung einer
"Sonderleistung" für die Fahrtkosten nach Frankfurt in Höhe von jeweils
9,35 Euro lehnte das beklagte Jobcenter mit der Begründung ab, dass in
diesem Fall die Voraussetzungen für die Gewährung eines sogenannten
Mehrbedarfs nicht vorliegen würden. Zur Begründung verwies die Behörde
zum einen darauf, dass der Kläger zu einem Facharzt am Wohnort wechseln
könne. Darüber hinaus seien Fahrtkosten bereits abschließend durch die
pauschal gewährte Regelleistung abgedeckt, so dass der Kläger gehalten
sei, für im Streit stehenden Kosten auf die Regelleistung
zurückzugreifen bzw. sie aus diesen Mitteln anzusparen.
In der mündlichen Verhandlung wies das Sozialgericht das Job-Center
jedoch u. a. darauf hin, dass Fahrtkosten nach den Regelungen des SGB II
zwar grundsätzlich in der Regelleistung als Bedarf enthalten sind, dies
jedoch nur in durchschnittlicher Höhe. Mittlerweile erkenne das Gesetz
durchaus an, dass es außergewöhnliche Lebenssituationen gebe, in denen
nicht nur einmalig, sondern laufend besondere Bedarfe entstehen, die z.
B. durch ein Ansparen nicht mehr aufgefangen werden können. In diesem
Fall müsse das Jobcenter zusätzliche Leistungen gewähren. Zu Gunsten des
Klägers war insbesondere zu berücksichtigen, dass er aus medizinischen
Gründen weiter regelmäßig seine Ärzte in Frankfurt aufsuchen musste, da
es ihm aufgrund seiner Krankheit sehr schwer falle, Vertrauen zu neuen
Ärzten aufzubauen. Seine Ärzte waren zudem Spezialisten für die Therapie
von Folteropfern. Diese Besonderheiten verursachen dem Kläger laufend
überdurchschnittlich hohe Fahrtkosten. Würde man ihn darauf verweisen,
diese Kosten aus der Regelleistung zu bestreiten, käme dies faktisch
einer Kürzung des Regelbedarfs gleich.
Aufgrund des Hinweises des Gerichts erklärte sich das Jobcenter im
Wege eines gerichtlichen Vergleichs zur Übernahme der Fahrtkosten
bereit.
Datum: | 12.11.2013 | SG Mainz Pressemeldung 8/2013 | |
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Herausgeber: | Sozialgericht Mainz | |
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