Direkt zum Hauptbereich

Sozialhilferecht: 8.Senat des BSG muss entscheiden, ob sich die Einkommensgrenze von 100.000 Euro in 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII auf das Einkommen des einzelnen Elternteils bezieht

Terminvorschau des BSG Nr. 20/13

Der 8. Senat des BSG beabsichtigt, am 25.04.2013 aufgrund mündlicher Verhandlung über fünf Revisionen aus dem Gebiet des Sozialhilferechts zu entscheiden.

Im Streit sind Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch ‑ Sozialhilfe ‑ (SGB XII) ab 1.8.2007.

Der Beklagte hat die Leistungsgewährung abgelehnt, weil die Eltern des Klägers nach dessen ei­genen Angaben gemeinsam über Einkommen von 100.000 Euro jährlich verfügten.


Die hier­gegen vor dem 1.4.2008 erhobene Klage hatte insoweit Erfolg, als das Sozialgericht (SG) den angegrif­fenen Bescheid aufgehoben und den Beklagten verurteilt hat, über den Antrag des Klä­gers erneut zu entscheiden; die weiter gehende Klage wurde abgewiesen.

Zur Begründung seiner Entschei­dung hat das SG ausgeführt, die Einkommensgrenze von 100.000 Euro in § 43 Abs 2 SGB XII, die zum Ausschluss eines Anspruchs auf Grundsicherungsleistungen führe, gelte nicht für zu­sammengerechnete Elterneinkommen.

Die gesetzliche Privilegierung entfalle erst dann, wenn ein Elternteil mit seinem Gesamteinkommen die Einkommensgrenze von 100.000 Euro im Jahr überschreite.

Gemäß § 131 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei jedoch lediglich der Ableh­nungsbescheid des Beklagten aufzuheben; der Beklagte müsse nach Ermittlungen zu der für Grundsicherungsleistungen erforderlichen dauerhaften Erwerbsminderung über den Antrag des Klägers neu befinden.

Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung hiergegen zurück­gewie­sen. Dabei hat es ausgeführt, seit 1.4.2008 gelte § 131 Abs 5 SGG nicht mehr allein für Anfech­tungsklagen, sondern auch ‑ wie vorliegend ‑ für kombinierte Anfechtungs- und Leistungs­klagen.
 

Mit seiner Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 43 Abs 2 SGB XII. Die Vorschrift sei so auszulegen, dass auf das zusammengerechnete Einkommen beider Elternteile abzustellen sei.

SG Osnabrück                           - S 5 SO 43/08 -
LSG Niedersachsen-Bremen      - L 8 SO 10/09 -


Der 8. Senat des BSG könnte wohl möglich so entscheiden: 

Die in § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII genannte Einkommensgrenze ist für jeden Elternteil getrennt zu beurteilen. Eine Zusammenrechnung der Einkommen ist unzulässig.

S.a. Sozialrechtsexperte: LSG Niedersachsen-Bremen: Einkommensgrenze von 100.000 Euro in 43 Abs. 2 Satz 1 SGB XII bezieht sich auf das Einkommen des einzelnen Elternteils.

Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- langjähriger Sozialberater des RA L. Zimmermann.

Kommentare

  1. Das BSG hat so entschieden.

    BSG, Urt. v. 25.04.2013 - B 8 SO 21/11 R (http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2013&nr=12925)

    BSG schützt Eltern erwerbsgeminderter Kinder

    http://www.juraforum.de/recht-gesetz/bsg-schuetzt-eltern-erwerbsgeminderter-kinder-437521

    AntwortenLöschen
  2. danke für den Hinweis, war mir bekannt, Urteil wurde auch schon gespeichert, nur war noch keine Zeit zur Veröffentlichung.

    MfG Detlef Brock

    AntwortenLöschen
  3. Verstehe ich das so richtig, dass kein Anspruch auf Grundsicherung besteht, wenn nur ein! Elternteil € 100000 verdient, der andere jedoch nichts, das Gesamteinkommen beider folglich € 100000 ist? Was ist mit den Elternteilen, wo jeder für sich € 99000 erhält, zusammen also € 198000 und diese müssen dann nichts zahlen? Das ist doch nicht richtig. Was ist mit dem Grundsatz ambulant vor stationär, da dabei nur eine geringe Eigenbeteiligung anfällt?

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...