Direkt zum Hauptbereich

Agentur für Arbeit muss für Auszubildende, welche nicht mehr bei den Eltern wohnen auch Nebenkosten bei Eigentumswohnungen berücksichtigen

SG Mainz, Urteil vom 09.04.2013 - S 4 AL 194/11

Eigener Leitsatz

Agentur für Arbeit muss für Auszubildende, welche nicht mehr bei den Eltern wohnen, auch Nebenkosten bei Eigentumswohnungen berücksichtigen.


SG Mainz- Pressemeldung 6/2013 vom 25.04.2013


Mit Urteil vom 09.04.2013 (Az.: S 4 AL 194/11) gab das Sozialgericht Mainz der Klage einer in Bad Kreuznach lebenden Frau insoweit statt, als im Rahmen der ihr gewährten Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) auch die Übernahme der Heiz- und Nebenkosten für eine Eigentumswohnung begehrt wurde.

Die Klägerin wohnt gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten in einem beiden gehörenden Haus und befindet sich seit August 2011 in einer Ausbildung zur Altenpflegerin. Bei der Berechnung der Höhe der Beihilfe hatte die Agentur für Arbeit über einen gesetzlich vorgeschriebenen Pauschalbetrag von 149,- € hinaus keine der Aufwendungen mitberücksichtigt, die die Klägerin als monatliche Hauskosten geltend gemacht hatte (Darlehensraten, Heiz- und Nebenkosten in Höhe von insgesamt 751,31 €).

Die Behörde verwies auf die Gesetzeslage, nach der nur bei Mietwohnungen, nicht aber bei Eigentumswohnungen, Aufwendungen bedarfserhöhend anzuerkennen seien.


Die 4. Kammer des Sozialgerichts Mainz ist der Ansicht der Agentur für Arbeit nicht gefolgt und hat diese in Abweichung von älteren verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen dazu verurteilt, zwar nicht die Darlehensraten, aber die Nebenkosten der Eigentumswohnung bei den Berechnungen zu berücksichtigen.

Der Wortlaut des Gesetzes spreche von "Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten". Damit bestimme das Gesetz nicht ausdrücklich, dass nur die Nebenkosten einer Mietwohnung nicht aber die Nebenkosten einer Eigentumswohnung bei entsprechendem Nachweis anzusetzen seien.

Da Nebenkosten von jedem nicht mehr bei den Eltern wohnenden Auszubildenden zu tragen sind, unerheblich ob er zur Miete oder in Eigentum wohnt, lasse sich für eine Differenzierung kein nachvollziehbarer Grund erkennen.

Daher liege es sehr viel näher den offenen Wortlaut des Gesetzes zugunsten der Klägerin auszulegen und die Nebenkosten auch bei Eigentumswohnungen anzuerkennen.


Zu beachten ist jedoch, dass nach dem Gesetz (§ 65 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III, in der 2011 geltenden Fassung) für die Mietkosten und die Nebenkosten insgesamt höchstens 224,- € monatlich in Ansatz gebracht werden können. Die Leistungen der Klägerin erhöhte sich durch den Erfolg bei Gericht um monatlich knapp 75,- €.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock.

Kommentare

  1. Zitat: "Die Behörde verwies auf die Gesetzeslage,..."

    Ja, wenn Berufstätern nützlich erscheint, kennen die sogar die Gesetze.

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...