Das OLG Köln hat im Rechtsstreit um das Buch "Vermächtnis: Die Kohl-Protokolle" entschieden, dass seine Erbin keine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Verstorbenen erhält und der Anspruch durch Tod des Altbundeskanzlers erloschen ist.
In dem Verfahren ging es um Kohl-Zitate aus dem Buch "Vermächtnis – die Kohl-Protokolle" von Kohls Ex-Biograf Heribert Schwan und dessen Mitautor Tilman Jens, das 2014 im zur Random-House-Gruppe gehörenden Heyne-Verlag erschien. Heribert Schwan hatte den Inhalt von Tonbandmitschnitten mit teils pikanten Äußerungen über andere Politiker unerlaubt veröffentlicht. Die beanstandeten Aussagen stammen aus Gesprächen, die Kohl 2001 und 2002 mit Schwan geführt hatte, damit der Journalist als Ghostwriter die Biografie des Altkanzlers verfassen konnte. Schwan hatte die Gespräche auf Kassette aufgenommen. Helmut Kohl sieht sich durch die Veröffentlichung der Zitate in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.
Das OLG Köln hat eine zusprechende Entscheidung des LG Köln abgeändert, weil der Altbundeskanzler im Laufe des Berufungsverfahrens verstorben ist.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist – bezugnehmend auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2017 – ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht vererblich, auch wenn der Geschädigte erst während des Rechtsstreits verstirbt. Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung sei, dass beim Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungsgedanke gegenüber dem Präventionsgedanken im Vordergrund stehe. Mit dem Tod des Verletzten verliere die bezweckte Genugtuung an Bedeutung. Vererblich sei die Rechtsposition erst mit rechtskräftiger Zuerkennung der Geldentschädigung.
Das Oberlandesgericht hat als Vorfrage untersucht, ob die Verletzungshandlungen ihrer Schwere nach geeignet gewesen wären, für eine lebende Person einen Geldentschädigungsanspruch zu begründen. Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen seien im Grundsatz geeignet gewesen, einen Anspruch auf eine Geldentschädigung zu begründen. Die Fülle der Fehlzitate und Kontextverfälschungen habe jedenfalls wegen der schieren Masse der Verfälschungen und der groben Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten in diesem Punkt ausgerechnet bei einem mit der besonderen Authentizität werbenden Buch eine geldentschädigungswürdige Schwere und Tiefe der Verletzung erreicht. Es könne aber dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung vorgelegen hätten und welche Höhe einer Geldentschädigung zu Lebzeiten angemessen gewesen wäre. Durch den Tod des Altbundeskanzlers nach Erlass des nicht rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils sei der nicht vererbliche Anspruch erloschen.
Das Oberlandesgericht hat außerdem geprüft, ob der vorliegende Fall eine Ausnahme von den durch den BGH aufgestellten Grundsätzen der Nichtvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs rechtfertige. Dies hat er im Ergebnis verneint. Mögliche Ausnahmefallgruppen seien nicht einschlägig wie etwa eine bewusste Prozessverzögerung mit dem Ziel einer Verschleppung einer rechtskräftigen Entscheidung oder eine Berichterstattung zu einem Zeitpunkt, bei dem ein baldiges Ableben des Betroffenen zu erwarten sei ("Kalkül mit dem Tod"). Auch sonst sei aus verfassungsrechtlichen Überlegungen eine Vererblichkeit der Geldentschädigung vor rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits nicht geboten.
Der Kern der Menschenwürde des Verstorbenen sei durch die Publikation nicht so schwer verletzt und sein Lebensbild nicht so grob verfälscht, dass ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs anzunehmen sei. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die möglichen Ausnahmefallgruppen für eine ausnahmsweise anzunehmende Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung wegen noch zu Lebzeiten erfolgter schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzungen von grundlegender Bedeutung und höchstrichterlich noch ungeklärt sind.
Vorinstanz
LG Köln, Urt. v. 27.04.2017 - 14 O 323/15
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 22/2018 v. 29.05.2018 -juris
In dem Verfahren ging es um Kohl-Zitate aus dem Buch "Vermächtnis – die Kohl-Protokolle" von Kohls Ex-Biograf Heribert Schwan und dessen Mitautor Tilman Jens, das 2014 im zur Random-House-Gruppe gehörenden Heyne-Verlag erschien. Heribert Schwan hatte den Inhalt von Tonbandmitschnitten mit teils pikanten Äußerungen über andere Politiker unerlaubt veröffentlicht. Die beanstandeten Aussagen stammen aus Gesprächen, die Kohl 2001 und 2002 mit Schwan geführt hatte, damit der Journalist als Ghostwriter die Biografie des Altkanzlers verfassen konnte. Schwan hatte die Gespräche auf Kassette aufgenommen. Helmut Kohl sieht sich durch die Veröffentlichung der Zitate in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt.
Das OLG Köln hat eine zusprechende Entscheidung des LG Köln abgeändert, weil der Altbundeskanzler im Laufe des Berufungsverfahrens verstorben ist.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist – bezugnehmend auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahr 2017 – ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Persönlichkeitsrechtsverletzung grundsätzlich nicht vererblich, auch wenn der Geschädigte erst während des Rechtsstreits verstirbt. Tragender Gesichtspunkt dieser Rechtsprechung sei, dass beim Geldentschädigungsanspruch der Genugtuungsgedanke gegenüber dem Präventionsgedanken im Vordergrund stehe. Mit dem Tod des Verletzten verliere die bezweckte Genugtuung an Bedeutung. Vererblich sei die Rechtsposition erst mit rechtskräftiger Zuerkennung der Geldentschädigung.
Das Oberlandesgericht hat als Vorfrage untersucht, ob die Verletzungshandlungen ihrer Schwere nach geeignet gewesen wären, für eine lebende Person einen Geldentschädigungsanspruch zu begründen. Die Persönlichkeitsrechtsverletzungen seien im Grundsatz geeignet gewesen, einen Anspruch auf eine Geldentschädigung zu begründen. Die Fülle der Fehlzitate und Kontextverfälschungen habe jedenfalls wegen der schieren Masse der Verfälschungen und der groben Verletzung journalistischer Sorgfaltspflichten in diesem Punkt ausgerechnet bei einem mit der besonderen Authentizität werbenden Buch eine geldentschädigungswürdige Schwere und Tiefe der Verletzung erreicht. Es könne aber dahinstehen, ob die weiteren Voraussetzungen eines Anspruchs auf Geldentschädigung vorgelegen hätten und welche Höhe einer Geldentschädigung zu Lebzeiten angemessen gewesen wäre. Durch den Tod des Altbundeskanzlers nach Erlass des nicht rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils sei der nicht vererbliche Anspruch erloschen.
Das Oberlandesgericht hat außerdem geprüft, ob der vorliegende Fall eine Ausnahme von den durch den BGH aufgestellten Grundsätzen der Nichtvererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs rechtfertige. Dies hat er im Ergebnis verneint. Mögliche Ausnahmefallgruppen seien nicht einschlägig wie etwa eine bewusste Prozessverzögerung mit dem Ziel einer Verschleppung einer rechtskräftigen Entscheidung oder eine Berichterstattung zu einem Zeitpunkt, bei dem ein baldiges Ableben des Betroffenen zu erwarten sei ("Kalkül mit dem Tod"). Auch sonst sei aus verfassungsrechtlichen Überlegungen eine Vererblichkeit der Geldentschädigung vor rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits nicht geboten.
Der Kern der Menschenwürde des Verstorbenen sei durch die Publikation nicht so schwer verletzt und sein Lebensbild nicht so grob verfälscht, dass ausnahmsweise eine Vererblichkeit eines Geldentschädigungsanspruchs anzunehmen sei. Der Senat hat die Revision zugelassen, weil die möglichen Ausnahmefallgruppen für eine ausnahmsweise anzunehmende Vererblichkeit des Anspruchs auf Geldentschädigung wegen noch zu Lebzeiten erfolgter schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzungen von grundlegender Bedeutung und höchstrichterlich noch ungeklärt sind.
Gericht/Institution: | OLG Köln |
Erscheinungsdatum: | 29.05.2018 |
Entscheidungsdatum: | 29.05.2018 |
Aktenzeichen: | 15 U 64/17 |
LG Köln, Urt. v. 27.04.2017 - 14 O 323/15
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln Nr. 22/2018 v. 29.05.2018 -juris
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