Das OLG Hamm hat entschieden, dass kein Rotlichtverstoß vorliegt,
wenn eine rote Ampel über einen nicht durch die Lichtzeichenanlage
geschützten Bereich – hier ein Tankstellengelände – umfahren wird.
Einem 52jährigen Zahnarzt aus Dortmund wurde ein am 20.09.2012 in
Dortmund begangener Rotlichtverstoß zur Last gelegt. Der Betroffene
wollte vom Brackeler Hellweg nach links in die Oesterstraße abbiegen. Da
die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung für ihn Rotlicht zeigte, bog er
vor der Kreuzung nach links auf das Gelände einer im Eckbereich der
beiden Straßen liegenden Tankstelle ab, überquerte das
Tankstellengelände und verließ dies an der Ausfahrt zur Oesterstraße, in
die er nach links einbog.
Das OLG Hamm hat das Urteil des AG Dortmund abgeändert und den Betroffenen freigesprochen.
Das Umfahren einer Lichtzeichenanlage könne zwar einen
Rotlichtverstoß darstellen. Das Rotlicht verbiete aber nicht, vor der
Ampelanlage abzubiegen und über eine reguläre Zufahrt einen nicht durch
die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen
Parkplatz oder ein Tankstellengelände einzufahren. Von diesem Bereich
dürfe man dann auch auf den hinter der Lichtzeichenanlage gelegenen
Verkehrsraum einfahren. Auch wenn dieser noch durch die Anlage geschützt
sei, liege kein Rotlichtverstoß des Betroffenen vor, weil das Rotlicht
nur für den Verkehrsteilnehmer gelte, der es – in seiner Fahrtrichtung
gesehen – vor sich habe.
Abzugrenzen sei der zu beurteilende Fall von den Fällen, in denen
das Umfahren einer Lichtzeichenanlage als Rotlichtverstoß zu ahnden
ist: Das Rotlicht einer Ampelanlage ordne ein Halten vor der Kreuzung
oder Einmündung an. Es schütze den Quer- oder Einmündungsverkehr, der
sich aufgrund des für ihn angezeigten Grünlichts darauf verlassen können
müsse, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung keine Fahrzeuge in den
Kreuzungs- oder Einmündungsbereich hineinfahren. Zu dem durch die
Lichtzeichenanlage geschützten Bereich gehöre deswegen der gesamte
Kreuzungs- und Einmündungsbereich, außer der Fahrbahn auch parallel
verlaufende Randstreifen, Parkstreifen, Radwege oder Fußwege. Geschützt
sei dieser Bereich nicht nur vor, sondern auch ca. 10-15m hinter der
Lichtzeichenanlage. Deswegen begehe einen Rotlichtverstoß, wer vor einer
roten Ampel die Fahrbahn verlasse und die Lichtzeichenanlage dann über
einen Gehweg, Randstreifen, Parkstreifen, Radweg oder Busspur umfahre;
ebenso derjenige, der auf einer durch Grünlicht freigegebenen
Geradeausspur in den Kreuzungsbereich einfahre und dann nach der
Haltlinie auf einen durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen wechsele.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Quelle: Juris
Gericht/Institution: | OLG Hamm |
Erscheinungsdatum: | 29.08.2013 |
Entscheidungsdatum: | 02.07.2013 |
Aktenzeichen: | 1 RBs 98/13 |
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