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Hartz-IV-Bezieher müssen sich gegen rechtswidrige Vermieter-Forderungen wehren

LSG Bayern, Beschl. v. 14.02.2011 - L 11 AS 948/10 B ER (http://dejure.org/dienste/vernetzung/re ... 0%20B%20ER)

LSG Sachsen, Beschl. v. 22.06.2011 - L 3 AS 290/10 B PKH (
http://dejure.org/dienste/vernetzung/re ... %20B%20PKH)

LSG Bayern und Sachsen:

Hartz-IV-Bezieher müssen sich gegen rechtswidrige Vermieter-Forderungen wehren

Unterkunftskosten von Hartz-IV-Beziehern, die nach den jewei­ligen örtlichen Regeln als »an­gemessen« gelten, werden vom Jobcenter in der Regel übernom­men.


Was gilt aber, wenn Vermie­ter unberechtigte oder überhöh­te Forderungen erheben?

Zwei jüngst veröffentlichte Beschlüsse von Landessozialgerichten haben hier für mehr Klarheit gesorgt.

Das Bayerische LSG hatte be­reits am 14. Februar 2011 in ei­nem Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes entschieden, dass Nebenkosten, die dem Vermieter mutmaßlich nicht zustehen, nicht übernommen werden müssen. § 560 BGB enthält relativ einge­hende Vorgaben, wie ein Vermie­ter eine Erhöhung der Neben­kosten gegenüber dem Mieter begründen muss.

Entspricht ein Mieterhöhungsverlangen diesen Anforderungen nicht, ist es un­wirksam.

In dem entschiedenen Fall lag dies auf der Hand: Die Vermie­terin hatte dem Hilfebedürftigen lediglich ohne nähere Begrün­dung geschrieben, sie müsse die Nebenkosten pauschal um 40 Euro pro Monat erhöhen. Daher bestand in diesem Fall schon kein »materiell-rechtlicher Anspruch auf Übernahme der erhöhten Be­triebskostenpauschale« durch den Hartz-IV-Träger.


Das LSG be­fand weiterhin, der Mieter habe von Anfang an gewusst, dass das Erhöhungsverlangen nicht hinrei­chend begründet war. Deshalb sei es ihm zumutbar gewesen, dagegen vorzugehen. Daraus ergibt sich dann wie Frage, wer die Kosten bei einem möglichen Rechtsstreit mit dem Vermieter übernimmt.

Mit dieser Frage be­schäftigte sich das LSG Sachsen am 22. Juni 2011 - ebenfalls in einer Entscheidung des einstwei­ligen Rechtswegs.

Die Richter be­fanden, dass weder in § 22 SGB II noch in anderen Vorschriften des SGB II eine Verpflichtung des Job­centers zur Übernahme entspre­chender Kosten geregelt sei - und lehnten den Antrag eines Hilfe­bedürftigen auf Kostenübernah­me ab.

Auch die Grundsätze des »sozialrechtlichen Herstellungs­anspruchs« führten hier - so das Gericht - nicht weiter, weil das Jobcenter keine Beratungspflicht gegenüber dem Hilfebedürftigen verletzt habe.

Im Übrigen: Hilfeempfängern kann für Verfahren vor dem Amtsge­richt für die Auseinandersetzung mit ihren Vermietern Prozesskos­tenhilfe (PKH) gewährt werden. Wenn ein Mieter auf Grundsiche­rungsleistungen angewiesen ist, steht dessen Bedürftigkeit im Sinne des § 114 Zivilprozessord­nung in der Regel fest.


Lehnt das Amtsgericht die Bewilligung von PKH wegen fehlender Erfolgsaus­sichten des Mieters ab, dürfte das Jobcenter in der Regel die Berech­tigung des Zahlungsverlangens des Vermieters nicht mehr in Fra­ge stellen.

Dann nämlich rechnen die vom Vermieter geforderten Beträge zu den »angemessenen« Kosten der Unterkunft und müs­sen übernommen werden.

Soweit damit mittelbar Druck auf den Mieter ausgeübt wird, die Be­rechtigung eines zumindest zwei­felhaften Zahlungsverlangens des Vermieters gerichtlich prüfen zu lassen, wird von ihm nichts Un­zumutbares gefordert.

Az.: L 11 AS 948/10 B ER (LSG Bayern)
Az.: L 3 AS 290/10 B PKH (LSG Sachsen)


Quelle: SoSi 5/2012, 12 und Soziales Netzwerk: Bürgergemeinschaft gegen Sozialabbau 


Anmerkung vom Sozialberater D. Brock: S.a.Sozialrechtsexperte: Keine Übernahme der Nebenkostennachzahlung durch das Jobcenter

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