In einem heutigem veröffentlichtem Beschluss des SG Lüneburg AZ: S 45 AS 257/11 ER hat das Sozialgericht Lüneburg entschieden, dass entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin der "Bundesweite Heizspiegel", auf den das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 2. Juli 2009 (Az. B 14 AS 36/08 ER) Bezug genommen hat, vorliegend nicht zur Ermittlung angemessener Heizkosten herangezogen werden kann.
Denn dieser bezieht sich ausdrücklich nur auf Wohngebäude mit einer Gebäudefläche von mindestens 100 m².
Hierunter fällt die von den Antragsstellern bewohnte Doppelhaushälfte nicht, da sie bei zwei Geschossen lediglich über eine Wohnfläche von 130 m² verfügt. Insofern kommt es auch nicht darauf an, wie groß beide Doppelhaushälften zusammen sind, da Doppelhaushälften regelmäßig technisch getrennt sind und über zwei Heizungsanlagen verfügen (vgl. SG Lüneburg, Beschl. v. 16.02.2010 - S 45 AS 34/10 ER -).
Zudem gilt es, das individuelle Heizverhalten zu ermitteln und zu bewerten, das bei den Bewohnern zweier Doppelhaushälften völlig un-terschiedlich sein kann.
Das BSG hat in seinem Urteil vom 2. Juli 2009 (Az. B 14 AS 36/08 R) klargestellt, dass die Angemessenheit der Heizkosten im SGB II unabhängig von der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft zu beurteilen ist und der Anspruch auf Heizkosten in Höhe der konkret-individuell geltend gemachten Aufwendungen be-steht.
Eine Pauschalierung ist unzulässig. Eine Begrenzung der Übernahme der Aufwendungen ist nur dann möglich, wenn ersichtlich wird, dass der erwerbsfähige Hilfebedürftige eklatant kostspieliges oder un-wirtschaftliches Heizen an den Tag legt.
Dem Leistungsträger obliegt jedoch die Darlegungs- und Beweislast in Form von konkreten und ausführlichen Ermittlungen zur Ange-messenheit des Heizverhaltens des erwerbsfähigen Hilfeempfängers.
Selbst wenn der Leistungsträger - anders als hier - die Unangemessenheit der Heizkosten in zulässiger Weise anhand des Überschreitens der maßgebenden Prüfwerte der Heizspiegel fest-stellt, hat er den erwerbsfähigen Hilfeempfänger auf die Unangemessenheit entspre-chend § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II unter Setzung einer Übergangsfrist hinzuweisen und ihm Gelegenheit zu geben, konkret vorzutragen und glaubhaft zu machen, aus welchen Gründen seine überhöhten Heizkosten im Einzelfall dennoch angemessen sind.
Erst wenn der erwerbsfähige Hilfeempfänger hierauf nicht reagiert, sind weitere behördliche Ermittlungen nicht angezeigt und die Erstattung der Aufwendungen für Heizmaterial auf den anhand des maßgeblichen Grenzwertes zu errechnenden Betrag zu beschränken.
Vorliegend haben aber die Antragsteller konkret vorgetragen, aus welchen auf den ersten Blick nachvollziehbaren und plausiblen Erwägungen sich die extrem hohen Heizkosten ergeben. Es sind daher zunächst weitere behördliche Ermittlungen - ggf. in Form eines Heizgutachtens - anzustellen, bevor den Antragstellern der Vorwurf eines unangemesse-nen Heizverhaltens gemacht werden kann.
Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass den Antragstellern die ihnen zustehenden existenzsichernden Leistungen nicht länger, d.h. bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, vorenthalten werden können.
Das gilt auch mit Blick auf die Kosten der Unterkunft. Der Zweck des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II liegt darin, die existenziell notwendigen Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicherzustellen.
Den Antragstellern kann nicht zugemutet werden, zunächst das Hauptsacheverfahren abzuwarten, in der Zwischenzeit zu geringe Heizkostenabschläge zu leisten, damit erneut massive Rückstände aufzubauen und sogleich eine weitere Versorgungssperre zu riskieren.
Da es um die Gewährleistung des grundrechtlich verbürgten Existenzminimums geht, kann dessen Verletzung nicht durch eine nachträgliche Leis-tungsgewährung im Falle eines Obsiegens im Hauptsacheverfahren beseitigt werden.
Anmerkung: Weiter im aktuellem Beschluss zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruch hinsichtlich der Gewährung eines Darlehens nach den §§ 22 Abs. 8 und § 24 SGB II .
Der Anordnungsgrund ergibt sich hinsichtlich der Energiekostenrückstände aus einer drohenden Sperrung der Energiezufuhr, die den Antragstellern nicht zuzumuten ist und die durch ein Verfahren in der Hauptsache nicht abzuwenden wäre.
Zur Sicherstellung hat die Kammer die Auszahlung an den Energieversorger gemäß § 22 Abs. 7 Satz 3 Nr. 2 SGB II angeordnet. Damit ist den berechtigten Interessen der An-tragsgegnerin, nicht kurzfristig weitere Darlehn übernehmen zu müssen, ausreichend Rechnung zu tragen.
Bei der Festlegung der Ratenzahlung hat sich die Kammer an § 42 a Abs. 2 SGB II orientiert.
Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 29.06.2011, - S 45 AS 257/11 ER -
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144112&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung: Neuer Beschluss schränkt Heizspiegel-Nutzung ein
Die im Heizspiegel angegebenen Werte beziehen sich nur auf Gebäudeflächen von mehr als 100 Quadratmetern. Mit dem Beschluss AZ: S 45 AS 34/10 ER hat das Sozialgericht Lüneburg nun entschieden, dass der Heizspiegel nicht länger für Wohneinheiten bzw. Wohnungen, deren Fläche 100 Quadratmeter unterschreiten und die gleichzeitig über eigene Heizungsanlagen verfügen, herangezogen werden kann. Als Folge dieses Beschlusses ist damit zu rechnen, dass Leistungsempfänger gegen als zu hoch eingestufte Heizkosten einen Widerspruch einlegen werden.
http://www.heizspiegel.de/news/article/1139/heizkosten-hartziv-heizspiegel-eingeschraenkt-nutzbar/index.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
In meinem Blog erfahren Sie das Neueste aus dem Arbeits- und Sozialrecht. Rechtsprechung, Gesetzgebung und Literatur
Posts für Suchanfrage SG Lüneburg werden nach Relevanz sortiert angezeigt. Nach Datum sortieren Alle Posts anzeigen
Posts für Suchanfrage SG Lüneburg werden nach Relevanz sortiert angezeigt. Nach Datum sortieren Alle Posts anzeigen
Montag, 14. November 2011
Dienstag, 7. Mai 2013
Der Rechtsbegriff der "unabweisbar gebotenen" Leistungen, auf deren Höhe eine Leistungskürzung auf der Rechtsfolgenseite der Norm beschränkt ist, ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Leistungsumfang das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten darf
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.04.2013 - L 20 AY 153/12 B ER rechtskräftig
Eigene Leitsätze:
Der Rechtsbegriff der "unabweisbar gebotenen" Leistungen, auf deren Höhe eine Leistungskürzung auf der Rechtsfolgenseite der Norm beschränkt ist, ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Leistungsumfang das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten darf (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.02.2013 - L 15 AY 2/13 B ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 13.12.2012 - S 26 AY 26/12, SG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2012 - S 17 AY 81/12 ER, SG Altenburg, Beschluss vom 11.10.2012 - S 21 AY 3362/12 ER; SG Köln, Beschluss vom 25.01.2013 - S 21 AY 6/13 ER).
§ 1a AsylbLG ist - unabhängig von den Gründen der darin vorgesehenen Leistungskürzung bzw. seiner Voraussetzungen - (nur) dann mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die "unabweisbar gebotenen" Leistungen das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verbietet eine Kürzung der Leistungen nach dem AsylbLG auf ein wertmäßiges Niveau unterhalb desjenigen der Grundleistungen entsprechend der Übergangsregelung des BVerfG zu § 3 AsylbLG.
Denn der Umfang dieser Grundleistungen geht nicht über die bloße Existenzsicherung hinaus. Zugleich muss das Existenzminimum entsprechend der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 (ähnlich schon BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 zur Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II) "in jedem Fall und zu jeder Zeit" sichergestellt sein bzw. "stets" den gesamten existenznotwendigen Bedarf eines jeden individuellen Grundrechtsträgers decken.
Eine dementsprechende verfassungskonforme Auslegung des § 1a AsylbLG hält der Senat bei summarischer Prüfung für möglich und geboten:
weiterlesen und Quelle:
Anmerkung:
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 1a AsylbLG in dem zuvor genannten Sinne ist auch unerlässlich, weil die Vorschrift anderenfalls nicht mit dem in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG garantierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar wäre. Dieses vom BVerfG im Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 erkannte Grundrecht begründet eine verfassungsrechtliche Garantie der Existenzsicherung als Menschenrecht.
Es umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen (Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit) als auch die Sicherung eines Mindestmaßes an sozialer Teilhabe (so auch schon BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 zur Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II).
Als Leistungsanspruch ist es allerdings vom Gesetzgeber zu konkretisieren; diesem obliegt es, seine Entscheidung im Rahmen der Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Anspruchs an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen auszurichten.
Das Minimum für die Existenz bezeichnet vielmehr bereits denklogisch einen nicht unterschreitbaren Kern. Der gesamte Leistungsumfang des Existenzminimums muss somit zugleich sein Mindestinhalt sein (so auch Neskovic/Erdem, Zur Verfassungswidrigkeit von Sanktionen bei Hartz IV - Zugleich eine Kritik am Bundesverfassungsgericht, in SGb 2012, S. 134 ff., 137), der "in jedem Fall und zu jeder Zeit" gewährleistet sein muss.
Rechtstipp aktuell: Anderer Auffassung: LSG Thüringen vom 17.01.2013 - L 8 AY 1801/12 B ER sowie SG Münster vom 27.02.2013 - S 12 AY 11/13 ER
Anmerkung: Anderer Auffassung auch ganz aktuell - Sozialgericht Stade, Beschluss vom 05.03.2013 - S 33 AY 53/12 ER
Die Gewährung eingeschränkter Leistungen gemäß § 1a AsylbLG ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Eine Orientierung an § 26 SGB XII erscheint geboten.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- langjähriger Sozialberater des RA L. Zimmermann.
Eigene Leitsätze:
Der Rechtsbegriff der "unabweisbar gebotenen" Leistungen, auf deren Höhe eine Leistungskürzung auf der Rechtsfolgenseite der Norm beschränkt ist, ist verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass der Leistungsumfang das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten darf (so auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 06.02.2013 - L 15 AY 2/13 B ER; SG Lüneburg, Beschluss vom 13.12.2012 - S 26 AY 26/12, SG Düsseldorf, Beschluss vom 19.11.2012 - S 17 AY 81/12 ER, SG Altenburg, Beschluss vom 11.10.2012 - S 21 AY 3362/12 ER; SG Köln, Beschluss vom 25.01.2013 - S 21 AY 6/13 ER).
§ 1a AsylbLG ist - unabhängig von den Gründen der darin vorgesehenen Leistungskürzung bzw. seiner Voraussetzungen - (nur) dann mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar, wenn die "unabweisbar gebotenen" Leistungen das menschenwürdige Existenzminimum nicht unterschreiten.
Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums verbietet eine Kürzung der Leistungen nach dem AsylbLG auf ein wertmäßiges Niveau unterhalb desjenigen der Grundleistungen entsprechend der Übergangsregelung des BVerfG zu § 3 AsylbLG.
Denn der Umfang dieser Grundleistungen geht nicht über die bloße Existenzsicherung hinaus. Zugleich muss das Existenzminimum entsprechend der Entscheidung des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 (ähnlich schon BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 zur Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II) "in jedem Fall und zu jeder Zeit" sichergestellt sein bzw. "stets" den gesamten existenznotwendigen Bedarf eines jeden individuellen Grundrechtsträgers decken.
Eine dementsprechende verfassungskonforme Auslegung des § 1a AsylbLG hält der Senat bei summarischer Prüfung für möglich und geboten:
weiterlesen und Quelle:
Anmerkung:
Eine verfassungskonforme Auslegung des § 1a AsylbLG in dem zuvor genannten Sinne ist auch unerlässlich, weil die Vorschrift anderenfalls nicht mit dem in Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG garantierten Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums vereinbar wäre. Dieses vom BVerfG im Urteil vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 erkannte Grundrecht begründet eine verfassungsrechtliche Garantie der Existenzsicherung als Menschenrecht.
Es umfasst sowohl die physische Existenz des Menschen (Nahrung, Kleidung, Hausrat, Unterkunft, Heizung, Hygiene und Gesundheit) als auch die Sicherung eines Mindestmaßes an sozialer Teilhabe (so auch schon BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 3/09 und 4/09 zur Höhe der Regelleistungen nach dem SGB II).
Als Leistungsanspruch ist es allerdings vom Gesetzgeber zu konkretisieren; diesem obliegt es, seine Entscheidung im Rahmen der Ausgestaltung des verfassungsrechtlichen Anspruchs an den konkreten Bedarfen der Hilfebedürftigen auszurichten.
Das Minimum für die Existenz bezeichnet vielmehr bereits denklogisch einen nicht unterschreitbaren Kern. Der gesamte Leistungsumfang des Existenzminimums muss somit zugleich sein Mindestinhalt sein (so auch Neskovic/Erdem, Zur Verfassungswidrigkeit von Sanktionen bei Hartz IV - Zugleich eine Kritik am Bundesverfassungsgericht, in SGb 2012, S. 134 ff., 137), der "in jedem Fall und zu jeder Zeit" gewährleistet sein muss.
Rechtstipp aktuell: Anderer Auffassung: LSG Thüringen vom 17.01.2013 - L 8 AY 1801/12 B ER sowie SG Münster vom 27.02.2013 - S 12 AY 11/13 ER
Anmerkung: Anderer Auffassung auch ganz aktuell - Sozialgericht Stade, Beschluss vom 05.03.2013 - S 33 AY 53/12 ER
Die Gewährung eingeschränkter Leistungen gemäß § 1a AsylbLG ist auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 1 BvL 2/11 - unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zulässig. Eine Orientierung an § 26 SGB XII erscheint geboten.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- langjähriger Sozialberater des RA L. Zimmermann.
Freitag, 9. März 2012
Kein Wohnraummehrbedarf für Alleinerziehende
Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 06.12.2011,- L 11 AS 97/10 -, anhängig beim BSG unter dem AZ. -B 14 AS 13/12 R -
Ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt.
Zitat:
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob alleinerziehenden Eltern im Sozialleistungsbezug ein Wohnraummehrbedarf zusteht (dafür etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2010, L 9 AS 1049/09 B ER).
In Schleswig-Holstein gelten nach den landesrechtlichen Durchführungsbestimmung zu § 10 WoFG folgende Quadratmeterzahlen: 1 Person bis 50 qm, 2 Personen 50 bis 60 qm, 3 Personen 60 bis 75 qm und ab dann pro Person 10 qm mehr.
Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass jede Person ein eigenes Zimmer haben sollte. Erziehen Eltern ihr Kind allein, so wird teilweise angenommen, dass neben dem Schlafzimmer für das Elternteil sowie dem Kinderzimmer ein Bedarf an einem weiteren Raum für das gemeinsame Familienleben sowie etwa den Empfang von Besuch in Gestalt eines Wohnzimmers besteht.
Bei Alleinerziehenden könne die Regel „pro Kopf ein Zimmer“ auch deswegen nicht gelten, weil hier – anders als bei Familien mit zwei Elternteilen – der alleinerziehende Elternteil ein eigenes Schlafzimmer benötige, während etwa in einer Familie mit zwei Elternteilen und einem Kind die Eltern das Schlafzimmer gemeinsam nutzen würden und daher auch mit drei Zimmern („pro Kopf ein Zimmer“) – d.h. Elternschlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnzimmer – ein Raum für das gemeinsame Familienleben gewährleistet sei.
http://sozialberatung-kiel.de/2012/03/08/schleswig-holsteinisches-landessozialgericht-urteil-vom-06-12-2011-l-11-as-9710-kein-wohnraummehrbedarf-fur-alleinerziehende/
In einer aktuellen Entscheidung hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht einen Wohnraummehrbedarf für Alleinerziehende nun abgelehnt. Das Gericht hat aber, weil die Frage von grundsätzlicher Bedeutung und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Anmerkung von Willi 2:
(vgl. Urteile des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2008 - L 13 AS 81/08, 128/08, 210/08 -, Beschlüsse des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 27. März 2008 - L 9 AS 31/08 ER -, 09. November 2007 - L 9 AS 711/07 ER -, 30. Juli 2007 - L 9 AS 225/07 ER -, Beschluss des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 29. Juli 2008 - L 14 B 248/08 AS ER -, Urteil des Sozialgerichtes Lüneburg vom 20. Mai 2009 - S 28 AS 1646/08 -; Beschluss des Sozialgerichtes Lüneburg vom 16. Januar 2008 - S 23 AS 1807/07 ER -, Beschluss des Sozialgerichtes Oldenburg vom 24. Oktober 2008 - S 43 AS 1592/08 ER -, Beschluss des Sozialgerichtes Braunschweig vom 15. August 2008 - S 19 AS 2297/08 ER -;
aA Urteile des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 09. Januar 2008 - L 12 AS 77/06 -, des Sozialgerichtes Osnabrück vom 29. Oktober 2007 - S 22 AS 503/05 - und des Sozialgerichtes Leipzig vom 12. Dezember 2008 - S 19 AS 4241/08 ER -).
Ein Beitrag von RA Helge Hildebrandt.
Zitat:
In der Rechtsprechung ist umstritten, ob alleinerziehenden Eltern im Sozialleistungsbezug ein Wohnraummehrbedarf zusteht (dafür etwa LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27.07.2010, L 9 AS 1049/09 B ER).
In Schleswig-Holstein gelten nach den landesrechtlichen Durchführungsbestimmung zu § 10 WoFG folgende Quadratmeterzahlen: 1 Person bis 50 qm, 2 Personen 50 bis 60 qm, 3 Personen 60 bis 75 qm und ab dann pro Person 10 qm mehr.
Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass jede Person ein eigenes Zimmer haben sollte. Erziehen Eltern ihr Kind allein, so wird teilweise angenommen, dass neben dem Schlafzimmer für das Elternteil sowie dem Kinderzimmer ein Bedarf an einem weiteren Raum für das gemeinsame Familienleben sowie etwa den Empfang von Besuch in Gestalt eines Wohnzimmers besteht.
Bei Alleinerziehenden könne die Regel „pro Kopf ein Zimmer“ auch deswegen nicht gelten, weil hier – anders als bei Familien mit zwei Elternteilen – der alleinerziehende Elternteil ein eigenes Schlafzimmer benötige, während etwa in einer Familie mit zwei Elternteilen und einem Kind die Eltern das Schlafzimmer gemeinsam nutzen würden und daher auch mit drei Zimmern („pro Kopf ein Zimmer“) – d.h. Elternschlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnzimmer – ein Raum für das gemeinsame Familienleben gewährleistet sei.
http://sozialberatung-kiel.de/2012/03/08/schleswig-holsteinisches-landessozialgericht-urteil-vom-06-12-2011-l-11-as-9710-kein-wohnraummehrbedarf-fur-alleinerziehende/
In einer aktuellen Entscheidung hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht einen Wohnraummehrbedarf für Alleinerziehende nun abgelehnt. Das Gericht hat aber, weil die Frage von grundsätzlicher Bedeutung und bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden ist, die Revision zum Bundessozialgericht zugelassen.
Anmerkung von Willi 2:
Erhöhung der angemessenen Wohnfläche für Alleinerziehende ist bei der Feststellung der angemessenen Wohnkosten zu berücksichtigen .
LSG Niedersachsen-Bremen, Beschl. v. 12.08.2011 - L 15 AS 173/11 B ER -
Erhöhung der angemessenen Wohnfläche für Alleinerziehende ist bei der Feststellung der angemessenen Wohnkosten zu berücksichtigen.
Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (ständige Rechtsprechung des BSG seit BSGE 97, 254).
Für Niedersachsen sind danach die vom Sozialministerium erlassenen Wohnraumförderungsbestimmungen - WFB 2003 - vom 27. Juni 2003 (Nds. MBl. 2003, 580 ff.) maßgeblich.
Nach Ziffer 11.2 dieser Bestimmungen gilt bei Mietwohnungen für zwei Haushaltsmitglieder eine Wohnfläche von bis zu 60 qm als angemessen. Nach Ziffer 11.4 erhöht sich die angemessene Wohnfläche für Alleinerziehende um weitere 10 qm.
Diese in den maßgeblichen Wohnraumförderungsbestimmungen vorgesehene Erhöhung der angemessenen Wohnfläche für Alleinerziehende ist bei der Feststellung der angemessenen Wohnkosten im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu berücksichtigen (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, 9. Senat, Beschluss v. 27. Juli 2010 - L 9 AS 1049/09 B -, Rdnr. 23; SG Braunschweig, Urteil v. 9. September 2009 - S 33 AS 2716/08 -, Rdnr. 18).
Wohnraummehrbedarf für Alleinerziehende ist zu berücksichtigen, so auch das Urteil des SG Lüneburg vom 03.09.2009, - S 28 AS 1576/08 -
(vgl. Urteile des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 11. Dezember 2008 - L 13 AS 81/08, 128/08, 210/08 -, Beschlüsse des Landessozialgerichtes Niedersachsen-Bremen vom 27. März 2008 - L 9 AS 31/08 ER -, 09. November 2007 - L 9 AS 711/07 ER -, 30. Juli 2007 - L 9 AS 225/07 ER -, Beschluss des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg vom 29. Juli 2008 - L 14 B 248/08 AS ER -, Urteil des Sozialgerichtes Lüneburg vom 20. Mai 2009 - S 28 AS 1646/08 -; Beschluss des Sozialgerichtes Lüneburg vom 16. Januar 2008 - S 23 AS 1807/07 ER -, Beschluss des Sozialgerichtes Oldenburg vom 24. Oktober 2008 - S 43 AS 1592/08 ER -, Beschluss des Sozialgerichtes Braunschweig vom 15. August 2008 - S 19 AS 2297/08 ER -;
aA Urteile des Landessozialgerichtes Nordrhein-Westfalen vom 09. Januar 2008 - L 12 AS 77/06 -, des Sozialgerichtes Osnabrück vom 29. Oktober 2007 - S 22 AS 503/05 - und des Sozialgerichtes Leipzig vom 12. Dezember 2008 - S 19 AS 4241/08 ER -).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=125062&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Montag, 5. November 2012
Bei einer sog temporären Bedarfsgemeinschaft ist ein erhöhter Wohnraumbedarf sorgfältig zu prüfen
Das Bestehen einer sog temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R -) gebietet es auch, für den Bereich der Unterkunftskosten das Vorliegen eines erhöhten Bedarfs sorgfältig zu prüfen, um die grundgesetzlich geschützten und zu fördernden Aufenthalte von Kindern bei dem sorge- oder umgangsberechtigten Elternteil (vgl Art 6 Grundgesetz - GG -) zu gewährleisten, so die Rechtsauffassung des 11. Senats des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 04.01.2012.
Im entschiedenen Fall war zur Umsetzung dementsprechend der Mittelwert zwischen der nach anzuwenden dem Landesrecht (hier: Wohnraumförderungsbestimmungen Niedersachsen - WFB - 2003, Nds. MBL. 2006, S. 973) für eine und der für zwei Personen angemessenen Wohnfläche und hier weiterhin der entsprechende Mittelwert nach der Tabelle nach § 12 Wohngeldgesetz anzunehmen.
Eine Übertragbarkeit auf andere Fälle lässt der Senat insoweit ausdrücklich offen.
Ob und ggf. in welchem Umfang eine sog. temporäre Bedarfsgemeinschaft auch im Bereich der Unterkunftskosten zu berücksichtigen ist, ist - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich nicht geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - Rn 25) und wird auch auf der Ebene der LSG und der SG unterschiedlich beurteilt (vgl. z.B. SG Berlin, Urteil vom 22. April 2010 - S 128 AS 11433/08 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 25 B 2022/08 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Juni 2008 - L 20 B 225/07 AS ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. August 2010 - L 11 AS 105/10 B PKH -; SG Lüneburg, Beschluss vom 26. Juli 2011 - S 45 AS 282/11 ER - mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Im Hinblick auf die grundrechtliche Bedeutung des Schutzes von Ehe und Familie, d.h. sowohl des Sorgerechts des berechtigten Elternteils wie auch des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils durch Art 6 GG (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1994 - 1 BvR 1197/93 -) hält der erkennende Senat im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens jedoch angesichts der hier festzustellenden temporären Bedarfsgemeinschaft eine Erhöhung der Wohnflächengrenzen für geboten.
Wenn eine besondere Schutz- und Förderpflicht des Staates im Hinblick auf die Ausübung des Sorge- und Umgangsrechtes besteht, muss auch grundsicherungsrechtlich sichergestellt sein, dass die grundgesetzlich geschützten und zu fördernden regelmäßigen Aufenthalte von Kindern bei dem sorge- bzw. umgangsberechtigten Elternteil stattfinden können.
Das heißt, es muss dafür auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung stehen.
Dass in Fällen der vorliegenden Art von einem erhöhten Unterkunftsbedarf auszugehen ist, hat inzwischen auch der Gesetzgeber anerkannt.
Denn er hat mit dem am 1. April 2011 in Kraft getretenen § 22b Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB II (BGBl. I, S. 453/456) bestimmt, dass eine kommunale Satzung zur Bestimmung der Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Maßgabe des § 22a SGB II den erhöhten Raumbedarf wegen Ausübung des Umgangsrechts im Wege einer Sonderregelung berücksichtigen muss.
Zur Konkretisierung bietet sich es im vorliegenden Einzelfall an, von einem Mittelwert der nach den WFB für einen Haushaltsangehörigen (50 qm) und für zwei Haushaltsangehörige (60 qm) als angemessen festgelegten Wohnfläche auszugehen.
Damit ergibt sich hier ein Wert von 55 qm.
Anmerkung vom Sozialberater D. Brock:
Vgl. zur Bandbreite einerseits LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.08.2010, Az. L 11 AS 105/10 B: nur ausnahmsweise geringfügiger Mehrbedarf; andererseits SG Fulda, Urt. v. 27.10.2010, Az. S 10 AS 53/09: bei zwei Kindern, mit denen Umgangsrecht besteht, Erhöhung auf 60 qm.
Im entschiedenen Fall war zur Umsetzung dementsprechend der Mittelwert zwischen der nach anzuwenden dem Landesrecht (hier: Wohnraumförderungsbestimmungen Niedersachsen - WFB - 2003, Nds. MBL. 2006, S. 973) für eine und der für zwei Personen angemessenen Wohnfläche und hier weiterhin der entsprechende Mittelwert nach der Tabelle nach § 12 Wohngeldgesetz anzunehmen.
Eine Übertragbarkeit auf andere Fälle lässt der Senat insoweit ausdrücklich offen.
Ob und ggf. in welchem Umfang eine sog. temporäre Bedarfsgemeinschaft auch im Bereich der Unterkunftskosten zu berücksichtigen ist, ist - soweit ersichtlich - bislang höchstrichterlich nicht geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - Rn 25) und wird auch auf der Ebene der LSG und der SG unterschiedlich beurteilt (vgl. z.B. SG Berlin, Urteil vom 22. April 2010 - S 128 AS 11433/08 -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Dezember 2008 - L 25 B 2022/08 ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 7. Juni 2008 - L 20 B 225/07 AS ER -; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 4. August 2010 - L 11 AS 105/10 B PKH -; SG Lüneburg, Beschluss vom 26. Juli 2011 - S 45 AS 282/11 ER - mit umfangreichen weiteren Nachweisen).
Im Hinblick auf die grundrechtliche Bedeutung des Schutzes von Ehe und Familie, d.h. sowohl des Sorgerechts des berechtigten Elternteils wie auch des Umgangsrechts des nicht sorgeberechtigten Elternteils durch Art 6 GG (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 25. Oktober 1994 - 1 BvR 1197/93 -) hält der erkennende Senat im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens jedoch angesichts der hier festzustellenden temporären Bedarfsgemeinschaft eine Erhöhung der Wohnflächengrenzen für geboten.
Wenn eine besondere Schutz- und Förderpflicht des Staates im Hinblick auf die Ausübung des Sorge- und Umgangsrechtes besteht, muss auch grundsicherungsrechtlich sichergestellt sein, dass die grundgesetzlich geschützten und zu fördernden regelmäßigen Aufenthalte von Kindern bei dem sorge- bzw. umgangsberechtigten Elternteil stattfinden können.
Das heißt, es muss dafür auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung stehen.
Dass in Fällen der vorliegenden Art von einem erhöhten Unterkunftsbedarf auszugehen ist, hat inzwischen auch der Gesetzgeber anerkannt.
Denn er hat mit dem am 1. April 2011 in Kraft getretenen § 22b Abs 3 Satz 2 Nr 2 SGB II (BGBl. I, S. 453/456) bestimmt, dass eine kommunale Satzung zur Bestimmung der Angemessenheit der Höhe der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Maßgabe des § 22a SGB II den erhöhten Raumbedarf wegen Ausübung des Umgangsrechts im Wege einer Sonderregelung berücksichtigen muss.
Zur Konkretisierung bietet sich es im vorliegenden Einzelfall an, von einem Mittelwert der nach den WFB für einen Haushaltsangehörigen (50 qm) und für zwei Haushaltsangehörige (60 qm) als angemessen festgelegten Wohnfläche auszugehen.
Damit ergibt sich hier ein Wert von 55 qm.
Anmerkung vom Sozialberater D. Brock:
Vgl. zur Bandbreite einerseits LSG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 04.08.2010, Az. L 11 AS 105/10 B: nur ausnahmsweise geringfügiger Mehrbedarf; andererseits SG Fulda, Urt. v. 27.10.2010, Az. S 10 AS 53/09: bei zwei Kindern, mit denen Umgangsrecht besteht, Erhöhung auf 60 qm.
Mittwoch, 16. November 2011
Erhöhung der angemessenen Wohnfläche für Alleinerziehende ist bei der Feststellung der angemessenen Wohnkosten zu berücksichtigen
So geurteilt vom Sozialgericht Lüneburg mit Beschluss vom 29.06.2011, - S 45 AS 257/11 ER - .
Die berücksichtigungsfähige Wohnfläche ist in Niedersachsen nach den Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmung - WFB - 2003) in dem Runderlass vom 27. Juni 2003 zu ermitteln (Nds. MinBl 2003, 580, zuletzt geändert durch Runderlass vom 19. Oktober 2006, Nds. MinBl. 2006, 973).
Danach gilt für Miet-wohnungen bei einem 4-Personen-Haushalt, wie er hier seit Mitte September 2010 vor-liegt, grundsätzlich eine Wohnfläche bis 85 m² als angemessen.
Es ist zwischen den Beteiligten jedoch unstreitig, dass aufgrund der erst am 4. März 2011 ausgesprochenen Kostensenkungsaufforderung jedenfalls für die Regelfrist von sechs Monaten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die Mietfläche eines 5-Personen-Haushalts als angemessen betrachtet werden muss, d.h. eine Wohnfläche von 95 m².
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche zudem für Alleinerziehende um jeweils weitere 10 m², so dass zur Ermittlung der angemessenen Wohnfläche auf den Wert von 105 m², d.h. im Ergebnis auf einen 6-Personen-Haushalt abzustellen ist.
Diese erhöhte Wohnfläche ist auch bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskos-ten zu berücksichtigen (so auch LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 27.07.2010 - L 9 AS 1049/09 B ER -; Beschl. v. 30.07.2007 - L 9 AS 155/07 ER -; SG Lüneburg, Urt. v. 01.02.2011 - S 44 AS 1891/09 -).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144112&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Umgangsrecht erhöht Wohnraumbedarf - In Niedersachsen beträgt die angemessene Wohnraumfläche für eine Alleinerziehende mit Kind und einer temporärer im Haushalt lebenden Person, welche sich in der überwiegenden Zeit in einem Internat aufhält, 80 m² .
§ 22a SGB II, § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/sgb-ii-umgangsrecht-erhot.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
Die berücksichtigungsfähige Wohnfläche ist in Niedersachsen nach den Richtlinien über die soziale Wohnraumförderung (Wohnraumförderungsbestimmung - WFB - 2003) in dem Runderlass vom 27. Juni 2003 zu ermitteln (Nds. MinBl 2003, 580, zuletzt geändert durch Runderlass vom 19. Oktober 2006, Nds. MinBl. 2006, 973).
Danach gilt für Miet-wohnungen bei einem 4-Personen-Haushalt, wie er hier seit Mitte September 2010 vor-liegt, grundsätzlich eine Wohnfläche bis 85 m² als angemessen.
Es ist zwischen den Beteiligten jedoch unstreitig, dass aufgrund der erst am 4. März 2011 ausgesprochenen Kostensenkungsaufforderung jedenfalls für die Regelfrist von sechs Monaten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II die Mietfläche eines 5-Personen-Haushalts als angemessen betrachtet werden muss, d.h. eine Wohnfläche von 95 m².
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche zudem für Alleinerziehende um jeweils weitere 10 m², so dass zur Ermittlung der angemessenen Wohnfläche auf den Wert von 105 m², d.h. im Ergebnis auf einen 6-Personen-Haushalt abzustellen ist.
Diese erhöhte Wohnfläche ist auch bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskos-ten zu berücksichtigen (so auch LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 27.07.2010 - L 9 AS 1049/09 B ER -; Beschl. v. 30.07.2007 - L 9 AS 155/07 ER -; SG Lüneburg, Urt. v. 01.02.2011 - S 44 AS 1891/09 -).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144112&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Umgangsrecht erhöht Wohnraumbedarf - In Niedersachsen beträgt die angemessene Wohnraumfläche für eine Alleinerziehende mit Kind und einer temporärer im Haushalt lebenden Person, welche sich in der überwiegenden Zeit in einem Internat aufhält, 80 m² .
§ 22a SGB II, § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/09/sgb-ii-umgangsrecht-erhot.html
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles .
Freitag, 27. Januar 2012
Vorgestreckte Geld - Zuwendungen - Darlehen von einem Drittem , die für den Lebensunterhalt bestimmt waren, sind nicht als Einkommen anzurechnen,weil das Jobcenter seiner Leistungsverpflichtung nicht rechtzeitig nachkam.
Nach § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Ansprüche auf Geldleis-tungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ab-lauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen.
So die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Stade, Urteil vom 06.12.2011, - S 28 AS 413/09 - .
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im Jahr 2008 geltenden Fassung sind als Ein-kommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leis-tungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - zitiert nach juris).
Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II kann nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen.
Ein Darlehen, das an den Dar-lehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung ge-stellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte.
Auf eine "faktische" Bedarfsde-ckung, die die Hilfebedürftigkeit entfallen lässt, kommt es nicht an; entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur end-gültigen Verwendung zur Verfügung steht. Aus diesem Grund ist bei der Qualifizierung einer Darlehenszahlung als Einkommen nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine "Nothilfeleistung" des Dritten handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).
Eine Differenzierung danach, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflich-tung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist, scheidet ebenfalls aus. Weil Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von einer (erneuten) Antragstellung vorliegen kann, ist der Bewilligungsab-schnitt als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen, noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbe-steht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).
Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertra-ges - insbesondere unter Verwandten - strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt vor-aus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch frei-willigen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürfti-gen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.
Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darle-hensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog. Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden.
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensver-trag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertrags-schlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Ab-schluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann.
Es ist aber nicht erforder-lich, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Si-cherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R -).
Nach § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Ansprüche auf Geldleis-tungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ab-lauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Die Behörde hat nach dem Wortlaut des § 44 SGB I über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfän-gers daher auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden, was der Rechtsnatur der Zinsen als akzessorische Nebenleistung entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11.09.1980 - 5 RJ 108/79 - zitiert nach juris, m. w. N.). Da der Beklagte deutlich gemacht hat, dass eine Verzinsung von Amts wegen nicht erfolgen wird, ist die vorliegende ge-richtliche Entscheidung notwendig.
Die Verzinsung beginnt nach § 44 Abs. 2 SGB I frühestens nach Ablauf von sechs Ka-lendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leis-tungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Be-kanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Der Beginn der Verzinsung nach der 2. Alternative ist auch dann maßgebend, wenn zwar ein Antrag vorliegt, die 2. Alternative aber gegenüber der 1. Alternative zu einem früheren Beginn der Verzinsung führt (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 22.09.2008 - S 5 AS 5380/07 - m. w. N.; SG Lüneburg, Ge-richtsbescheid vom 11.12.2006 - S 28 AS 1266/06 -).
Letzteres ist hier der Fall. Ausgehend von einer Bekanntgabe des angefochtenen Be-scheides vom 10. November 2008 am 13. November 2008 (vgl. § 37 Zehntes Buch Sozi-algesetzbuch (SGB X)) beginnt die Verzinsung hier am 01. Januar 2009.
Weitere Anspruchsgrundlagen für die Übernahme von Zinsen existieren nicht. Die zivil-rechtlichen Vorschriften über Ansprüche auf Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und auf Prozesszinsen gemäß § 291 BGB finden in sozialrechtlichen Streitigkeiten keine entspre-chende Anwendung. Die Regelung des § 44 SGB I ist abschließend (vgl. SG Braun-schweig, Urteil vom 27.08.2009 - S 25 AS 3138/08 - m. w. N.).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148784&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
So die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Stade, Urteil vom 06.12.2011, - S 28 AS 413/09 - .
Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im Jahr 2008 geltenden Fassung sind als Ein-kommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leis-tungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit erbracht werden. Dabei ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen das, was er vor Antragstellung bereits hatte (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - zitiert nach juris).
Aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II folgt keine weitergehende Definition dessen, was Einkommen ist. Lediglich die im zweiten Satzteil genannten Leistungen sind von vornherein von der Berücksichtigung ausgenommen. Im Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 SGB II kann nach Sinn und Zweck der Norm eine von einem Dritten lediglich vorübergehend zur Verfügung gestellte Leistung nicht als Einkommen qualifiziert werden. Nur der "wertmäßige Zuwachs" stellt Einkommen im Sinne des § 11 Abs. 1 SGB II dar; als Einkommen sind nur solche Einnahmen in Geld oder Geldeswert anzusehen, die eine Veränderung des Vermögensstandes dessen bewirken, der solche Einkünfte hat. Dieser Zuwachs muss dem Hilfebedürftigen zur endgültigen Verwendung verbleiben, denn nur dann lässt er seine Hilfebedürftigkeit dauerhaft entfallen.
Ein Darlehen, das an den Dar-lehensgeber zurückzuzahlen ist, stellt damit als nur vorübergehend zur Verfügung ge-stellte Leistung kein Einkommen dar, auch wenn es als "bereites Mittel" zunächst zur Deckung des Lebensunterhalts verwandt werden könnte.
Auf eine "faktische" Bedarfsde-ckung, die die Hilfebedürftigkeit entfallen lässt, kommt es nicht an; entscheidend ist allein, ob im Bedarfszeitraum Einkommen in bedarfsdeckender Höhe tatsächlich und zur end-gültigen Verwendung zur Verfügung steht. Aus diesem Grund ist bei der Qualifizierung einer Darlehenszahlung als Einkommen nicht danach zu unterscheiden, ob es sich um eine "Nothilfeleistung" des Dritten handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).
Eine Differenzierung danach, ob die durch den Darlehensvertrag vereinbarte Verpflich-tung zur vollständigen Rückerstattung in denjenigen Bewilligungsabschnitt fällt, in dem die Darlehenssumme dem Hilfebedürftigen zugeflossen ist, scheidet ebenfalls aus. Weil Hilfebedürftigkeit als Leistungsvoraussetzung über den Bewilligungszeitraum hinaus und unabhängig von einer (erneuten) Antragstellung vorliegen kann, ist der Bewilligungsab-schnitt als solcher weder geeigneter "Verteilzeitraum" für einmalige Einnahmen, noch kommt es für die Prüfung von Hilfebedürftigkeit darauf an, ob diese bis zum Ende des bei Antragstellung in Blick genommenen Bewilligungsabschnitts oder darüber hinaus fortbe-steht (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R - ).
Entscheidend für die Abgrenzung ist damit allein, ob ein Darlehensvertrag entsprechend § 488 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zivilrechtlich wirksam abgeschlossen worden ist. Um der Gefahr eines Missbrauchs von Steuermitteln entgegenzuwirken, ist es allerdings geboten, an den Nachweis des Abschlusses und der Ernstlichkeit eines Darlehensvertra-ges - insbesondere unter Verwandten - strenge Anforderungen zu stellen. Dies setzt vor-aus, dass sich die Darlehensgewährung auch anhand der tatsächlichen Durchführung klar und eindeutig von einer verschleierten Schenkung oder einer verdeckten, auch frei-willigen Unterhaltsgewährung abgrenzen lässt. Weil und soweit der für den Hilfebedürfti-gen günstige Umstand, dass ein nachgewiesener Zufluss gleichwohl als Einkommen nicht zu berücksichtigen ist, seine Sphäre betrifft, obliegen ihm bei der Aufklärung der erforderlichen Tatsachen Mitwirkungspflichten; die Nichterweislichkeit der Tatsachen geht zu seinen Lasten.
Bei der vorzunehmenden Prüfung, ob überhaupt ein wirksamer Darle-hensvertrag geschlossen worden ist, können einzelne Kriterien des sog. Fremdvergleichs herangezogen und bei der abschließenden, umfassenden Würdigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles mit eingestellt werden.
Die Wahrung von im Geschäftsverkehr üblichen Modalitäten (wie der Vereinbarung der in § 488 Abs. 1 BGB genannten weiteren Vertragspflichten) kann damit als ein Indiz dafür gewertet werden, dass ein Darlehensver-trag tatsächlich geschlossen worden ist. Demgegenüber spricht es etwa gegen die Glaubhaftigkeit einer solchen Behauptung, wenn der Inhalt der Abrede (insbesondere die Darlehenshöhe sowie die Rückzahlungsmodalitäten) und der Zeitpunkt des Vertrags-schlusses nicht substanziiert dargelegt werden oder ein plausibler Grund für den Ab-schluss des Darlehensvertrages nicht genannt werden kann.
Es ist aber nicht erforder-lich, dass sowohl die Gestaltung (z.B. Schriftform, Zinsabrede oder Gestellung von Si-cherheiten) als auch die Durchführung des Vereinbarten in jedem Punkte dem zwischen Fremden - insbesondere mit einem Kreditinstitut - Üblichen zu entsprechen hat (vgl. BSG, Urteil vom 17.06.2010 - B 14 AS 46/09 R -).
Nach § 44 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) sind Ansprüche auf Geldleis-tungen nach Ablauf eines Kalendermonats nach dem Eintritt ihrer Fälligkeit bis zum Ab-lauf des Kalendermonats vor der Zahlung mit 4 % zu verzinsen. Die Behörde hat nach dem Wortlaut des § 44 SGB I über einen etwaigen Zinsanspruch des Leistungsempfän-gers daher auch ohne besonderen Antrag von Amts wegen zu entscheiden, was der Rechtsnatur der Zinsen als akzessorische Nebenleistung entspricht (vgl. BSG, Urteil vom 11.09.1980 - 5 RJ 108/79 - zitiert nach juris, m. w. N.). Da der Beklagte deutlich gemacht hat, dass eine Verzinsung von Amts wegen nicht erfolgen wird, ist die vorliegende ge-richtliche Entscheidung notwendig.
Die Verzinsung beginnt nach § 44 Abs. 2 SGB I frühestens nach Ablauf von sechs Ka-lendermonaten nach Eingang des vollständigen Leistungsantrags beim zuständigen Leis-tungsträger, beim Fehlen eines Antrags nach Ablauf eines Kalendermonats nach der Be-kanntgabe der Entscheidung über die Leistung. Der Beginn der Verzinsung nach der 2. Alternative ist auch dann maßgebend, wenn zwar ein Antrag vorliegt, die 2. Alternative aber gegenüber der 1. Alternative zu einem früheren Beginn der Verzinsung führt (vgl. SG Karlsruhe, Urteil vom 22.09.2008 - S 5 AS 5380/07 - m. w. N.; SG Lüneburg, Ge-richtsbescheid vom 11.12.2006 - S 28 AS 1266/06 -).
Letzteres ist hier der Fall. Ausgehend von einer Bekanntgabe des angefochtenen Be-scheides vom 10. November 2008 am 13. November 2008 (vgl. § 37 Zehntes Buch Sozi-algesetzbuch (SGB X)) beginnt die Verzinsung hier am 01. Januar 2009.
Weitere Anspruchsgrundlagen für die Übernahme von Zinsen existieren nicht. Die zivil-rechtlichen Vorschriften über Ansprüche auf Verzugszinsen gemäß § 288 BGB und auf Prozesszinsen gemäß § 291 BGB finden in sozialrechtlichen Streitigkeiten keine entspre-chende Anwendung. Die Regelung des § 44 SGB I ist abschließend (vgl. SG Braun-schweig, Urteil vom 27.08.2009 - S 25 AS 3138/08 - m. w. N.).
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=148784&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles
Samstag, 10. März 2012
Eine Schülerin, die Leistungen nach dem SGB II erhält, kann vom Jobcenter für die Erledigung ihrer Hausaufgaben einen eigenen Schreibtisch verlangen , wenn in der Wohnung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht
Sozialgericht Berlin, Urteil vom 15.02.2012, - S 174 AS 28285/11 WA -
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Schülerschreibtisches ist nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II, dass es sich um eine Erstausstattung handelt.
Der Begriff der Erstausstattung ist nicht rein zeitlich zu verstehen, sondern bedarfsbezogen. Dies bedeutet jedoch nach Sinn und Zweck der Norm lediglich, dass in solchen Fällen das Ereignis, aufgrund dessen ein Erstbedarf entstanden ist, ein zeitnahes Ereignis sein muss (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2008, L 20 B 16/08 ER).
Er ist zudem abzugrenzen gegenüber den Fällen, wo es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handelt, sondern um einen Erhaltungs- bzw. Ergänzungsbedarf (vgl. SG Lüneburg, Beschluss vom 05.04.2006, S 25 AS 343/06 ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 10.04.2006, L 9 AS 44/06 ER; zum am 01.04.2011 in Kraft getretenen gleichlautenden § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II: Münder in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 23, Rn. 25).
Es besteht kein Anspruch auf ungebrauchte Gegenstände, sofern dies nicht aus hygienischen Umständen erforderlich ist.
Der Anspruch nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ist nicht notwendig auf eine komplette Ausstattung ausgerichtet, sondern kann sich auch auf Einzelgegenstände beziehen (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Allein aus der Verwendung des Plurals ("Erstaus¬stattungen") lässt sich ein anderer Schluss nicht rechtfertigen. Es kann vielmehr umgekehrt aus dem Wortlaut gefolgert werden, dass die Leistung jedenfalls auch eine Mehrheit von Gegenständen umfassen kann (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Unter den Begriff der Erstausstattung fallen sämtliche Einrichtungsgegenstände die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind und die dem Leistungsberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglicht (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Die Kammer kann hier dahinstehen lassen, ob das Vorhandensein eines eigenen Arbeitsplatzes zur Durchführung von Hausaufgaben stets erforderlich ist.
Denn jedenfalls in der konkreten Situation der Klägerin war ein entsprechender Bedarf – auch unter Berücksichtigung des sog. Abstandsgebot gegenüber den Lebensverhältnissen der Bezieher niedriger Erwerbseinkommen (zu dessen Geltung im SGB II etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2006, L 10 AS 1093/05) – zu besorgen.
Insbesondere steht das Vorhandensein eines Schreibtisches der Mutter der Klägerin eines Küchentisches und eines selbst gebauten Schreibtisches für den Bruder der Klägerin der Gewährung eines Schreibtisches für die Klägerin selbst nicht entgegen.
Denn die Mutter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 15.02.2012 glaubhaft die räumliche Situation dargestellt, wonach sie selbst in der 3-Zimmer-Wohnung einen Raum als Schlaf- und Arbeitszimmer mit ihrer im Jahr 2008 geborenen Tochter nutzt, wobei ihr Schreibtisch durch sie selbst zu Studienzwecken genutzt werde, so dass dieser fortwährend mit Unterlagen belegt sei. Zudem schlafe die jüngste Tochter in diesem Zimmer, so dass die Hausaufgaben dort nicht durchgeführt werden könnten. Auch am Küchentisch sei eine Durchführung der Schulaufgaben nicht möglich.
Dieser sei zum einen sehr klein und zum anderen finde die Klägerin - die sich ohnehin leicht ablenken ließe - dort keine Ruhe, weil die Mutter der Klägerin in der Küche hauswirtschaftlichen Dingen im Zusammenhang mit der Versorgung ihrer drei Kinder zu erledigen habe. Auch sei eine gemeinsame Nutzung des selbst gebauten Schreibtisches des Bruders nicht möglich, weil dieser ebenfalls schulpflichtig sei, so dass er diesen selbst benötige. Zudem seien häufig Freunde des vier Jahre älteren Bruders zu besuch, so dass ebenfalls die erforderliche Ruhe zur Bewältigung der Schulaufgaben der Klägerin, nicht gewährleistet werden könne.
Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände ist die Kammer daher zur Überzeugung gelangt, dass das Vorhandensein eines Schreibtisches im eigenen Zimmer notwendig war, um der Klägerin die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Schulaufgaben in einer Atmosphäre zu tätigen, die einen Lernerfolg vermuten lässt, zu bewältigen und der Gefahr begegnet, dass der Steuerzahler durch Inanspruchnahme der Leistungen für Bildung und Teilhabe mit weitaus höheren Kosten belastet wird, als die streitgegenständliche Kostenerstattung.
http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/sg/s_174_as_28285.11_wa.html
Voraussetzung für die Übernahme der Kosten für die Anschaffung eines Schülerschreibtisches ist nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II, dass es sich um eine Erstausstattung handelt.
Der Begriff der Erstausstattung ist nicht rein zeitlich zu verstehen, sondern bedarfsbezogen. Dies bedeutet jedoch nach Sinn und Zweck der Norm lediglich, dass in solchen Fällen das Ereignis, aufgrund dessen ein Erstbedarf entstanden ist, ein zeitnahes Ereignis sein muss (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2008, L 20 B 16/08 ER).
Er ist zudem abzugrenzen gegenüber den Fällen, wo es sich nicht um eine erstmalige Ausstattung handelt, sondern um einen Erhaltungs- bzw. Ergänzungsbedarf (vgl. SG Lüneburg, Beschluss vom 05.04.2006, S 25 AS 343/06 ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 10.04.2006, L 9 AS 44/06 ER; zum am 01.04.2011 in Kraft getretenen gleichlautenden § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II: Münder in LPK-SGB II, 4. Aufl., § 23, Rn. 25).
Es besteht kein Anspruch auf ungebrauchte Gegenstände, sofern dies nicht aus hygienischen Umständen erforderlich ist.
Der Anspruch nach § 23 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB II ist nicht notwendig auf eine komplette Ausstattung ausgerichtet, sondern kann sich auch auf Einzelgegenstände beziehen (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Allein aus der Verwendung des Plurals ("Erstaus¬stattungen") lässt sich ein anderer Schluss nicht rechtfertigen. Es kann vielmehr umgekehrt aus dem Wortlaut gefolgert werden, dass die Leistung jedenfalls auch eine Mehrheit von Gegenständen umfassen kann (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Unter den Begriff der Erstausstattung fallen sämtliche Einrichtungsgegenstände die für eine geordnete Haushaltsführung notwendig sind und die dem Leistungsberechtigten ein an den herrschenden Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglicht (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2008, B 14 AS 64/07 R).
Die Kammer kann hier dahinstehen lassen, ob das Vorhandensein eines eigenen Arbeitsplatzes zur Durchführung von Hausaufgaben stets erforderlich ist.
Denn jedenfalls in der konkreten Situation der Klägerin war ein entsprechender Bedarf – auch unter Berücksichtigung des sog. Abstandsgebot gegenüber den Lebensverhältnissen der Bezieher niedriger Erwerbseinkommen (zu dessen Geltung im SGB II etwa LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.05.2006, L 10 AS 1093/05) – zu besorgen.
Insbesondere steht das Vorhandensein eines Schreibtisches der Mutter der Klägerin eines Küchentisches und eines selbst gebauten Schreibtisches für den Bruder der Klägerin der Gewährung eines Schreibtisches für die Klägerin selbst nicht entgegen.
Denn die Mutter der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung am 15.02.2012 glaubhaft die räumliche Situation dargestellt, wonach sie selbst in der 3-Zimmer-Wohnung einen Raum als Schlaf- und Arbeitszimmer mit ihrer im Jahr 2008 geborenen Tochter nutzt, wobei ihr Schreibtisch durch sie selbst zu Studienzwecken genutzt werde, so dass dieser fortwährend mit Unterlagen belegt sei. Zudem schlafe die jüngste Tochter in diesem Zimmer, so dass die Hausaufgaben dort nicht durchgeführt werden könnten. Auch am Küchentisch sei eine Durchführung der Schulaufgaben nicht möglich.
Dieser sei zum einen sehr klein und zum anderen finde die Klägerin - die sich ohnehin leicht ablenken ließe - dort keine Ruhe, weil die Mutter der Klägerin in der Küche hauswirtschaftlichen Dingen im Zusammenhang mit der Versorgung ihrer drei Kinder zu erledigen habe. Auch sei eine gemeinsame Nutzung des selbst gebauten Schreibtisches des Bruders nicht möglich, weil dieser ebenfalls schulpflichtig sei, so dass er diesen selbst benötige. Zudem seien häufig Freunde des vier Jahre älteren Bruders zu besuch, so dass ebenfalls die erforderliche Ruhe zur Bewältigung der Schulaufgaben der Klägerin, nicht gewährleistet werden könne.
Unter Berücksichtigung der individuellen Umstände ist die Kammer daher zur Überzeugung gelangt, dass das Vorhandensein eines Schreibtisches im eigenen Zimmer notwendig war, um der Klägerin die Möglichkeit zu eröffnen, ihre Schulaufgaben in einer Atmosphäre zu tätigen, die einen Lernerfolg vermuten lässt, zu bewältigen und der Gefahr begegnet, dass der Steuerzahler durch Inanspruchnahme der Leistungen für Bildung und Teilhabe mit weitaus höheren Kosten belastet wird, als die streitgegenständliche Kostenerstattung.
http://www.berlin.de/sen/justiz/gerichte/sg/s_174_as_28285.11_wa.html
Mittwoch, 2. Januar 2013
Zum Einsatz von Einkommen bei der Beantragung von Leistungen zur Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII
Bei Leistungen zur Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB XII sind nach Auffassung des Sozialgerichts Stade, 02.11.2012 - S 19 SO 76/11 (Gerichtsbescheid) bei der Ermittlung des leistungsrechtlich einzusetzenden Einkommens Zahlungen für Wohngeld und zur Tilgung von Krediten bzw Bauspardarlehen keine zu berücksichtigende Kosten der Unterkunft, da sozialhilferechtlich sie nicht zu berücksichtigen sind, da es sich insoweit um Zahlungen handelt, die in das Vermögen des Leistungsberechtigten fließen (Gutzler in: jurisPK-SGB XII, § 85 SGB XII Rz 33 mwN).
Entsprechendes gilt für Heizkosten, die nach der klaren gesetzlichen Regelung bei der Einkommensgrenze nach § 85 Abs 1 SGB XII nicht in Ansatz gebracht werden können (Lücking in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 85 Rn 17, Stand: Dezember 2005; Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18 Aufl 2006, § 85 Rn 22).
Offen gelassen wurde ob -wie von der Beklagten angenommen - in entsprchender Anwendung von § 87 Abs 3 SGB XII die Berücksichtigung des Einkommens von bis zu drei Monaten in Betracht kommt (ebenso: Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: April 2010, § 74 Rz 12 mwN; ablehnend:Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18 Aufl 2006, § 74 Rz 12).
Anmerkung:
Anderer Auffassung: SG Lüneburg 22. Kammer, Urteil vom 18.01.2010 - S 22 SO 87/09
Das übersteigende Einkommen ist grundsätzlich - nur für einen Monat - im Rahmen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2004 - 16 A 1160/02 -; Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 2004 - 10 UE 2497/03 -). Dabei ist grundsätzlich auf die §§ 85 ff. SGB XII abzustellen.
Hinweis : Ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nach § 74 SGB 12 Einkommen von insgesamt 4 Monaten bei der Berechnung des Einkommensüberhangs gem § 87 SGB 12 zu berücksichtigen?
Diese Frage muss der 8. Senat des BSG beantworten: B 8 SO 19/11 R
Rechtstipp zur Zumutbarkeit:
Ein Anspruch auf Kostenübernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII setzt die Unzumutbarkeit voraus, die Kosten selbst zu tragen, wobei es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren Rechtsbegriff handelt (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII, § 74, Rd. 10).
Dieses Tatbestandsmerkmal konkretisiert das Nachrangigkeitsprinzip der Sozialhilfe nach § 2 Absatz 1 SGB XII (vgl. Grube/Wahrendorf § 74, Rd. 27).
Der Begriff der Zumutbarkeit ist nach Maßgabe des Einzelfalls auszulegen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05. Juni 1997 - 5 C 13/96 -; Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 27. März 1992 - 6 S 1736/90 -).
Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen sind auch andere Momente zu berücksichtigen. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -).
Rechtsghrundlage: § 85 SGB XII i.V.m. § 87 SGB XII
Auch Hartz IV - Empfänger können einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten gem. § 74 SGB XII geltend machen, denn
Der im 9. Kapitel des SGB XII geregelte Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII ist nicht ausgeschlossen, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen werden(vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.07.2012 - L 2 AS 33/12 B).
Der Sozialhilfeträger darf für die Übernahme von Bestattungskosten deren Erforderlichkeit nicht allein anhand pauschalierend begrenzender Vergütungssätze bestimmen, wenn die tatsächlichen Kosten höher sind(vgl. BSG, Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R).
Will der Sozialhilfeträger nach dem SGB XII nicht ihre Bestattungskosten übernehmen oder ist Ihnen die Erbringung der Besttungskosten - nicht -zumutbar?
Wann ist die Erbringung von Bestattungskosten für den Betroffenen nicht zumutbar? - Beispiel - SG Gotha, Gerichtsbescheid vom 12.11.2012 - S 14 SO 1019/11.
Berlin: Ausführungsvorschriften über Bestattungskosten nach § 74 SGB XII (AV-Soz-Bestattungskosten)
vom 27. September 2012 (ABl. Seite 2018)
Wenden Sie sich vertrauensvoll an das Taem des RA Ludwig Zimmermann, wir sind Ihnen anwaltlich behilflich und verfügen im Grundsicherungs-sowie Sozialhilferecht über jahrelange Erfahrung, Experten stehen für Sie vor Ort.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Taemmitglied des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann.
Entsprechendes gilt für Heizkosten, die nach der klaren gesetzlichen Regelung bei der Einkommensgrenze nach § 85 Abs 1 SGB XII nicht in Ansatz gebracht werden können (Lücking in: Hauck/Noftz, SGB XII, § 85 Rn 17, Stand: Dezember 2005; Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18 Aufl 2006, § 85 Rn 22).
Offen gelassen wurde ob -wie von der Beklagten angenommen - in entsprchender Anwendung von § 87 Abs 3 SGB XII die Berücksichtigung des Einkommens von bis zu drei Monaten in Betracht kommt (ebenso: Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, Stand: April 2010, § 74 Rz 12 mwN; ablehnend:Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 18 Aufl 2006, § 74 Rz 12).
Anmerkung:
Anderer Auffassung: SG Lüneburg 22. Kammer, Urteil vom 18.01.2010 - S 22 SO 87/09
Das übersteigende Einkommen ist grundsätzlich - nur für einen Monat - im Rahmen der Zumutbarkeit zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Oberverwaltungsgerichtes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Februar 2004 - 16 A 1160/02 -; Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Februar 2004 - 10 UE 2497/03 -). Dabei ist grundsätzlich auf die §§ 85 ff. SGB XII abzustellen.
Hinweis : Ist im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung nach § 74 SGB 12 Einkommen von insgesamt 4 Monaten bei der Berechnung des Einkommensüberhangs gem § 87 SGB 12 zu berücksichtigen?
Diese Frage muss der 8. Senat des BSG beantworten: B 8 SO 19/11 R
Rechtstipp zur Zumutbarkeit:
Ein Anspruch auf Kostenübernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII setzt die Unzumutbarkeit voraus, die Kosten selbst zu tragen, wobei es sich um einen gerichtlich voll überprüfbaren Rechtsbegriff handelt (vgl. Schellhorn/Schellhorn/Hohm, Kommentar zum SGB XII, § 74, Rd. 10).
Dieses Tatbestandsmerkmal konkretisiert das Nachrangigkeitsprinzip der Sozialhilfe nach § 2 Absatz 1 SGB XII (vgl. Grube/Wahrendorf § 74, Rd. 27).
Der Begriff der Zumutbarkeit ist nach Maßgabe des Einzelfalls auszulegen (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05. Juni 1997 - 5 C 13/96 -; Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 27. März 1992 - 6 S 1736/90 -).
Neben den wirtschaftlichen Verhältnissen sind auch andere Momente zu berücksichtigen. Je enger das Verwandtschaftsverhältnis ist, desto geringer sind die Anforderungen an die Zumutbarkeit zu stellen (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes vom 29. September 2009 - B 8 SO 23/08 R -).
Rechtsghrundlage: § 85 SGB XII i.V.m. § 87 SGB XII
Auch Hartz IV - Empfänger können einen Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten gem. § 74 SGB XII geltend machen, denn
Der im 9. Kapitel des SGB XII geregelte Anspruch auf Übernahme der Bestattungskosten nach § 74 SGB XII ist nicht ausgeschlossen, wenn Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bezogen werden(vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18.07.2012 - L 2 AS 33/12 B).
Der Sozialhilfeträger darf für die Übernahme von Bestattungskosten deren Erforderlichkeit nicht allein anhand pauschalierend begrenzender Vergütungssätze bestimmen, wenn die tatsächlichen Kosten höher sind(vgl. BSG, Urteil vom 25.8.2011 - B 8 SO 20/10 R).
Will der Sozialhilfeträger nach dem SGB XII nicht ihre Bestattungskosten übernehmen oder ist Ihnen die Erbringung der Besttungskosten - nicht -zumutbar?
Wann ist die Erbringung von Bestattungskosten für den Betroffenen nicht zumutbar? - Beispiel - SG Gotha, Gerichtsbescheid vom 12.11.2012 - S 14 SO 1019/11.
Berlin: Ausführungsvorschriften über Bestattungskosten nach § 74 SGB XII (AV-Soz-Bestattungskosten)
vom 27. September 2012 (ABl. Seite 2018)
Wenden Sie sich vertrauensvoll an das Taem des RA Ludwig Zimmermann, wir sind Ihnen anwaltlich behilflich und verfügen im Grundsicherungs-sowie Sozialhilferecht über jahrelange Erfahrung, Experten stehen für Sie vor Ort.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Taemmitglied des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann.
Mittwoch, 31. August 2011
Alleinerziehende Hartz- IV Empfänger können gem. § 22b Abs. 3 SGB II einen erhöhten Wohnraumbedarf haben.
Zu den dort geregelten Mehrbedarfen, die eine Satzung nach § 22a SGB II zukünftig zu berücksichtigen haben wird, zählt nach der Gesetzesbegründung gerade auch der Bedarf wegen Alleinerziehung, der aus "allgemeinen sozialen Gründen vom typischen Bedarf abweicht" (BT-Drs. 17/3404, S. 102).
§ 22a SGB II, § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II
Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche für Alleinerziehende und für jeden schwerbehinderten Menschen um jeweils weitere 10 m². Diese erhöhte Wohnfläche ist auch bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen (so auch LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 27.07.2010 - L 9 AS 1049/09 B ER -; Beschl. v. 30.07.2007 - L 9 AS 155/07 ER -; SG Lüneburg, Urt. v. 01.02.2011 - S 44 AS 1891/09 -).
Dem entgegen stehend verweisen die Entscheidungen des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen vom 05.08.2009 (Az. L 7 AS 302/09 B ER) und vom 13.07.2010 (Az. L 7 AS 1258/09 B ER) zwar darauf, dass für die Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 22 SGB II nicht dieselben Zwecke zu beachten seien, die mit dem Wohnraumförderungsgesetz bzw. den Ausführungsbestimmungen der Länder verfolgt werde und auch kein Maßstab dafür bestehe, in welche Art und Weise eine Erhöhung zu übertragen wäre. Dies überzeugt indes nicht.
Eine Begründung für eine größere Wohnfläche bei Alleinerziehung ist, dass hier - anders als bei er-wachsenen Partnern - neben Räumlichkeiten für den Schlafbereich und den gemeinsa-men Wohnbereich auch ein zusätzliches Kinderzimmer vorhanden sein muss.
Nur dieses Verständnis ist im Übrigen mit der bereits erwähnten Neuregelung in § 22b Abs. 3 SGB II zu vereinbaren. Zu den dort geregelten Mehrbedarfen, die eine Satzung nach § 22a SGB II zukünftig zu berücksichtigen haben wird, zählt nach der Gesetzesbegründung gerade auch der Bedarf wegen Alleinerziehung, der aus "allgemeinen sozialen Gründen vom typischen Bedarf abweicht" (BT-Drs. 17/3404, S. 102).
BT-Drs. 17/3404, S. 102 : http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/034/1703404.pdf
Anmerkung: Lesen Sie den bewegenden Kommentar von von Susanne Messmer - Annas Träume- Alleinerziehende Hartz-IV-Empfängerin
Sie will bald Arbeit finden, denn sie hat Angst davor, verwaltet zu werden. Aber was die alleinerziehende Hartz-IV-Empfängerin Anna vor allem vermisst, ist Würde.
In Deutschland gibt es mehr als 1,6 Millionen Alleinerziehende. Mehr als 600.000 beziehen Hartz IV und über 200.000 sind arbeitslos gemeldet.
Anna* schiebt mit großen Schritten den alten, mit bunten Decken ausstaffierten Kinderwagen vor sich her. Ihre Turnschuhe sind ausgetreten, das T-Shirt mit Rolling-Stones-Zunge schlabbert. Eine lässig schöne Frau. Annas Rücken ist ganz gerade. Sie parkt den Kinderwagen am Rand des Spielplatzes, holt ihre Tochter aus den Gurten. "Back mir mal einen Sandkuchen, Mathilda", sagt sie. "Wir haben was zu feiern."
Nach vielen Telefonaten hat sie nun endlich die Zusage schriftlich. Mathilda wird in drei Wochen in die Kita gehen. Nicht sieben bis neun Stunden wie die Kinder von Eltern, die arbeiten. Aber immerhin fünf. "Ein neuer Lebensabschnitt", sagt Anna. Sie will endlich wieder arbeiten.
Kaum Geld für Essen und Schuhe
Es ist ein schöner Spätsommertag im September 2010. Anna denkt zurück. Zwei Jahre lang hat Anna ihre Tochter Mathilda allein erzogen. Jede Nacht hat sie ihren Schlaf bewacht. Immer, wenn Mathilda etwas fehlte, hat sie allein entschieden, ob sie krank genug ist für den Arzt. Sie hat jeden Tag versucht, trotz Hartz IV anständig einzukaufen: wenigstens gutes Essen, wenigstens gute Schuhe.
http://www.taz.de/!77176/
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
§ 22a SGB II, § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II
Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche für Alleinerziehende und für jeden schwerbehinderten Menschen um jeweils weitere 10 m². Diese erhöhte Wohnfläche ist auch bei der Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten zu berücksichtigen (so auch LSG Nds.-Bremen, Beschl. v. 27.07.2010 - L 9 AS 1049/09 B ER -; Beschl. v. 30.07.2007 - L 9 AS 155/07 ER -; SG Lüneburg, Urt. v. 01.02.2011 - S 44 AS 1891/09 -).
Dem entgegen stehend verweisen die Entscheidungen des 7. Senats des LSG Niedersachsen-Bremen vom 05.08.2009 (Az. L 7 AS 302/09 B ER) und vom 13.07.2010 (Az. L 7 AS 1258/09 B ER) zwar darauf, dass für die Angemessenheitsprüfung im Rahmen des § 22 SGB II nicht dieselben Zwecke zu beachten seien, die mit dem Wohnraumförderungsgesetz bzw. den Ausführungsbestimmungen der Länder verfolgt werde und auch kein Maßstab dafür bestehe, in welche Art und Weise eine Erhöhung zu übertragen wäre. Dies überzeugt indes nicht.
Eine Begründung für eine größere Wohnfläche bei Alleinerziehung ist, dass hier - anders als bei er-wachsenen Partnern - neben Räumlichkeiten für den Schlafbereich und den gemeinsa-men Wohnbereich auch ein zusätzliches Kinderzimmer vorhanden sein muss.
Nur dieses Verständnis ist im Übrigen mit der bereits erwähnten Neuregelung in § 22b Abs. 3 SGB II zu vereinbaren. Zu den dort geregelten Mehrbedarfen, die eine Satzung nach § 22a SGB II zukünftig zu berücksichtigen haben wird, zählt nach der Gesetzesbegründung gerade auch der Bedarf wegen Alleinerziehung, der aus "allgemeinen sozialen Gründen vom typischen Bedarf abweicht" (BT-Drs. 17/3404, S. 102).
BT-Drs. 17/3404, S. 102 : http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/034/1703404.pdf
Anmerkung: Lesen Sie den bewegenden Kommentar von von Susanne Messmer - Annas Träume- Alleinerziehende Hartz-IV-Empfängerin
Sie will bald Arbeit finden, denn sie hat Angst davor, verwaltet zu werden. Aber was die alleinerziehende Hartz-IV-Empfängerin Anna vor allem vermisst, ist Würde.
In Deutschland gibt es mehr als 1,6 Millionen Alleinerziehende. Mehr als 600.000 beziehen Hartz IV und über 200.000 sind arbeitslos gemeldet.
Anna* schiebt mit großen Schritten den alten, mit bunten Decken ausstaffierten Kinderwagen vor sich her. Ihre Turnschuhe sind ausgetreten, das T-Shirt mit Rolling-Stones-Zunge schlabbert. Eine lässig schöne Frau. Annas Rücken ist ganz gerade. Sie parkt den Kinderwagen am Rand des Spielplatzes, holt ihre Tochter aus den Gurten. "Back mir mal einen Sandkuchen, Mathilda", sagt sie. "Wir haben was zu feiern."
Nach vielen Telefonaten hat sie nun endlich die Zusage schriftlich. Mathilda wird in drei Wochen in die Kita gehen. Nicht sieben bis neun Stunden wie die Kinder von Eltern, die arbeiten. Aber immerhin fünf. "Ein neuer Lebensabschnitt", sagt Anna. Sie will endlich wieder arbeiten.
Kaum Geld für Essen und Schuhe
Es ist ein schöner Spätsommertag im September 2010. Anna denkt zurück. Zwei Jahre lang hat Anna ihre Tochter Mathilda allein erzogen. Jede Nacht hat sie ihren Schlaf bewacht. Immer, wenn Mathilda etwas fehlte, hat sie allein entschieden, ob sie krank genug ist für den Arzt. Sie hat jeden Tag versucht, trotz Hartz IV anständig einzukaufen: wenigstens gutes Essen, wenigstens gute Schuhe.
http://www.taz.de/!77176/
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Freitag, 8. Juli 2011
Die vollständige Versagung von Leistungen nach § 66 SGB I wird von den in § 39 Nr. 1 SGB II hinsichtlich einer Leistungsverweigerung abschließend aufgeführten Fallvarianten nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht erfasst.
§ 66 SGB I,§ 39 SGB II
Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 22.06.2011, - L 7 AS 700/10 B ER -
Die vollständige Versagung von Leistungen nach § 66 SGB I wird von den in § 39 Nr. 1 SGB II hinsichtlich einer Leistungsverweigerung abschließend aufgeführten Fallvarianten nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht erfasst (LSG Saarland, v. 02.05.2011, L 9 AS 9/11 B ER; LSG Baden-Württemberg, v. 08.04.2010, L 7 AS 304/10 ER-B; Groth in GK-SGB II, § 39 Rdnr. 25; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 39 Rdnr. 75). Denn die Leistungsversagung nach § 66 SGB I ist gerade nicht auf die Kassation einer früheren Leistungsbewilligung oder auf eine Leistungsherabsetzung gerichtet.
Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG macht es in diesem Fall erforderlich, eine einstweilige Anordnung gem. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu erlassen (für Sozialhilfe: Hess. LSG v. 22.12.2008, L 7 SO 80/08 B ER; SGB II: LSG Saarland, v. 02.05.2011, L 9 AS 9/11 B ER; LSG Baden-Württemberg, v. 08.04.2010, L 7 AS 304/10 ER-B u. v. 02.07.2004, L 13 RJ 2467/04 ER-B). Denn allein mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ist für die Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, vor einer Entscheidung in der Hauptsache über die Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid auch hinsichtlich des dahinter stehenden Leistungsbegehrens selbst den einstweiligen Rechtsschutz zu erreichen.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143310&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Ein fristgemäß eingelegter Widerspruch entfaltet nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist. Eine solche Ausnahmebestimmung greift vorliegend nicht ein. Soweit § 86a Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG für Entziehungsbescheide u.a. in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit und in der Sozialversicherung eine abweichende Regelung vorsehen, ist für eine entsprechende Anwendung für Leistungen nach dem SGB II kein Raum, weil insoweit § 39 SGB II eine abschließende Sonderregelung enthält (deklaratorischer Verweis in § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Für § 39 Nr. 1 SGB II idF des Änderungsgesetzes vom 21.12.2008 (BGBl I 2917), in Kraft ab 1.1.2009 - § 39 Nr. 1 SGB II F. 2009 -, ist aber aus dem eindeutigen Wortlaut zu entnehmen, dass Entziehungs- und Versagungsbescheide nach § 66 Abs. 1 SGB I vom Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht erfasst sein sollen. Es sind im Gegensatz zur vorherigen Regelung in § 39 Nr. 1 SGB II aF die Verwaltungsakte über Leistungen, die von der Ausnahmeregelung erfasst sein sollen (Aufhebung, Zurücknahme, Widerruf und Herabsetzung - wohl Absenkung iSd § 31 SGB II -), im Einzelnen benannt (so auch: LSG Baden-Württemberg, 8.4.2010 - L 7 AS 304/10 ER-B; SG Lüneburg, 14.1.2010 - S 45 AS 4/10 ER), ohne Versagungs- und Entziehungsbescheide zu erfassen.
Soweit die Gesetzesbegründung zu § 39 Nr. 1 SGB II F. 2009 darauf verweist, von der Regelung seien Verwaltungsakte erfasst, die Leistungen versagen oder entziehen (BT-Drucks 16/10810, S. 50), ist aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Norm davon auszugehen, dass es sich nur um untechnische Obergriffe zu den benannten Verwaltungsakten handeln soll, ohne auf Entziehungs- und Versagungsbescheide nach § 66 Abs. 1 SGB I bezogen zu sein. Wollte der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung treffen, müsste das in der gesetzlichen Bestimmung selbst hinreichend zum Ausdruck kommen. Die Gesetzesbegründung kann nicht weiterreichen als der unmissverständliche Wortlaut der Norm selbst(vgl. dazu LSG Hessen, Beschluss vom 27.06.2011, - L 7 AS 262/10 B ER -).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 22.06.2011, - L 7 AS 700/10 B ER -
Die vollständige Versagung von Leistungen nach § 66 SGB I wird von den in § 39 Nr. 1 SGB II hinsichtlich einer Leistungsverweigerung abschließend aufgeführten Fallvarianten nach dem eindeutigen Wortlaut der Norm nicht erfasst (LSG Saarland, v. 02.05.2011, L 9 AS 9/11 B ER; LSG Baden-Württemberg, v. 08.04.2010, L 7 AS 304/10 ER-B; Groth in GK-SGB II, § 39 Rdnr. 25; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, K § 39 Rdnr. 75). Denn die Leistungsversagung nach § 66 SGB I ist gerade nicht auf die Kassation einer früheren Leistungsbewilligung oder auf eine Leistungsherabsetzung gerichtet.
Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG macht es in diesem Fall erforderlich, eine einstweilige Anordnung gem. § 86b Abs. 2 S. 2 SGG zu erlassen (für Sozialhilfe: Hess. LSG v. 22.12.2008, L 7 SO 80/08 B ER; SGB II: LSG Saarland, v. 02.05.2011, L 9 AS 9/11 B ER; LSG Baden-Württemberg, v. 08.04.2010, L 7 AS 304/10 ER-B u. v. 02.07.2004, L 13 RJ 2467/04 ER-B). Denn allein mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung ist für die Antragstellerin die Möglichkeit eröffnet, vor einer Entscheidung in der Hauptsache über die Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid auch hinsichtlich des dahinter stehenden Leistungsbegehrens selbst den einstweiligen Rechtsschutz zu erreichen.
https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=143310&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=
Anmerkung : Ein fristgemäß eingelegter Widerspruch entfaltet nach § 86a Abs. 1 SGG aufschiebende Wirkung, soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist. Eine solche Ausnahmebestimmung greift vorliegend nicht ein. Soweit § 86a Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGG für Entziehungsbescheide u.a. in Angelegenheiten der Bundesagentur für Arbeit und in der Sozialversicherung eine abweichende Regelung vorsehen, ist für eine entsprechende Anwendung für Leistungen nach dem SGB II kein Raum, weil insoweit § 39 SGB II eine abschließende Sonderregelung enthält (deklaratorischer Verweis in § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG). Für § 39 Nr. 1 SGB II idF des Änderungsgesetzes vom 21.12.2008 (BGBl I 2917), in Kraft ab 1.1.2009 - § 39 Nr. 1 SGB II F. 2009 -, ist aber aus dem eindeutigen Wortlaut zu entnehmen, dass Entziehungs- und Versagungsbescheide nach § 66 Abs. 1 SGB I vom Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht erfasst sein sollen. Es sind im Gegensatz zur vorherigen Regelung in § 39 Nr. 1 SGB II aF die Verwaltungsakte über Leistungen, die von der Ausnahmeregelung erfasst sein sollen (Aufhebung, Zurücknahme, Widerruf und Herabsetzung - wohl Absenkung iSd § 31 SGB II -), im Einzelnen benannt (so auch: LSG Baden-Württemberg, 8.4.2010 - L 7 AS 304/10 ER-B; SG Lüneburg, 14.1.2010 - S 45 AS 4/10 ER), ohne Versagungs- und Entziehungsbescheide zu erfassen.
Soweit die Gesetzesbegründung zu § 39 Nr. 1 SGB II F. 2009 darauf verweist, von der Regelung seien Verwaltungsakte erfasst, die Leistungen versagen oder entziehen (BT-Drucks 16/10810, S. 50), ist aufgrund des eindeutigen Wortlautes der Norm davon auszugehen, dass es sich nur um untechnische Obergriffe zu den benannten Verwaltungsakten handeln soll, ohne auf Entziehungs- und Versagungsbescheide nach § 66 Abs. 1 SGB I bezogen zu sein. Wollte der Gesetzgeber eine weitergehende Regelung treffen, müsste das in der gesetzlichen Bestimmung selbst hinreichend zum Ausdruck kommen. Die Gesetzesbegründung kann nicht weiterreichen als der unmissverständliche Wortlaut der Norm selbst(vgl. dazu LSG Hessen, Beschluss vom 27.06.2011, - L 7 AS 262/10 B ER -).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Freitag, 19. August 2011
Können Tilgungsleistungen vom Jobcenter für selbst bewohntes Wohneigentum im Rahmen der Kosten der Unterkunft übernommen werden?
Zur Finanzierung eines Wohnhauses von angemessener Größe wurde ein Darlehen aufgenommen. Es werden nur Zinsleistungen erbracht, jedoch keine Tilgung. Welche Zinsleistungen können bei der Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft berücksichtigt werden?
Bei den Finanzierungkosten (Zinsen und Tilgung) muss der Grundsatz – keine Vermögensbildung zulasten der Allgemeinheit - nach BSG vom 18.06.2008 –B 14/11 b AS 67/96 R - dann durchbrochen werden, wenn eine Selbsthilfe in Form einer Tilgungsaussetzung oder –streckung nicht möglich ist, ohne (Teil-) Übernahme der Tilgungsraten ein Verlust der Immobilie droht und die Schuldzinsen plus Tilgungsraten die Kaltmiete für eine nach Quadratmeterzahl, Ausstattung und Wohnlage angemessene Mietwohnung nicht übersteigen.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 22 SGB II , geändert am 17.08.2011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Hinweise zur Rechtsprechung zur Übernahme von Tilgungsraten im rahmen des § 22 SGB II.
1. Sächsisches Landessozialgericht Urteil vom 05.05.2011, - L 2 AS 803/09 -
Tilgungsraten für ein Haus sind als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn sie unvermeindlich und angemessen sind.
2. SG Lüneburg Beschluss vom 19.01.2010, - S 90 AS 1742/09 ER -
Ist die Erbringung von Tilgungsleistungen jedoch notwendig, um das Wohneigentum weiter nutzen zu können und wäre ohne Fortführung der Tilgung eine Aufgabe der Wohnung unvermeidlich, so hat nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts der Gesichtspunkt der Vermögensbildung zurückzutreten, denn letztlich ist auch in der Miete, die vom Grundsicherungsträger zu übernehmen ist, ein Finanzierungs- oder Abschreibungsanteil enthalten.
3. Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 12.03.2010, - L 6 AS 516/09 B ER -
Tilgungsleistungen einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie sind vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige ansonsten seine Wohnung aufgeben müsste.
4. Sind Hilfebedürftige nach dem SGB II gezwungen ohne die Übernahme der Tilgungsraten ihr Wohneigentum aufzugeben, kommt eine Übernahme der Tilgungsraten bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung in Betracht (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss v. 14.07.2009, - L 13 AS 230/09 B ER- ).
5. Das Bayerische LSG hat zu der Frage, ab wann von einer weitestgehenden Finanzierung/Abzahlung des selbst genutzten Wohneigentumes ausgegangen werden kann, entschieden, dass eine Übernahme von Tilgungsleistungen nur im Ausnahmefall möglich sei (Bay. LSG v. 10.10.2008 – L 16 B 449/08 AS ER).
6. Nach der Logik des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II können auch nur die tatsächlich anfallenden Schuldzinsen als KdU geltend gemacht werden (zur lediglich ausnahmsweise in besonderen Härtefällen möglichen Übernahme auch von Tilgungsleistungen als KdU vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27 ff, erwähnt in BSG B 14 AS 74/08 R, Urteil v. 18.02.2010 , Rz. 17 ).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Bei den Finanzierungkosten (Zinsen und Tilgung) muss der Grundsatz – keine Vermögensbildung zulasten der Allgemeinheit - nach BSG vom 18.06.2008 –B 14/11 b AS 67/96 R - dann durchbrochen werden, wenn eine Selbsthilfe in Form einer Tilgungsaussetzung oder –streckung nicht möglich ist, ohne (Teil-) Übernahme der Tilgungsraten ein Verlust der Immobilie droht und die Schuldzinsen plus Tilgungsraten die Kaltmiete für eine nach Quadratmeterzahl, Ausstattung und Wohnlage angemessene Mietwohnung nicht übersteigen.
Quelle: Wissensdatenbank der BA § 22 SGB II , geändert am 17.08.2011
http://wdbfi.sgb-2.de/
Anmerkung: Hinweise zur Rechtsprechung zur Übernahme von Tilgungsraten im rahmen des § 22 SGB II.
1. Sächsisches Landessozialgericht Urteil vom 05.05.2011, - L 2 AS 803/09 -
Tilgungsraten für ein Haus sind als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn sie unvermeindlich und angemessen sind.
2. SG Lüneburg Beschluss vom 19.01.2010, - S 90 AS 1742/09 ER -
Ist die Erbringung von Tilgungsleistungen jedoch notwendig, um das Wohneigentum weiter nutzen zu können und wäre ohne Fortführung der Tilgung eine Aufgabe der Wohnung unvermeidlich, so hat nach der Rechtssprechung des Bundessozialgerichts der Gesichtspunkt der Vermögensbildung zurückzutreten, denn letztlich ist auch in der Miete, die vom Grundsicherungsträger zu übernehmen ist, ein Finanzierungs- oder Abschreibungsanteil enthalten.
3. Hessisches Landessozialgericht Beschluss vom 12.03.2010, - L 6 AS 516/09 B ER -
Tilgungsleistungen einer selbstgenutzten angemessenen Immobilie sind vom Grundsicherungsträger bis zur Höhe der angemessenen Kosten einer Mietwohnung als Kosten der Unterkunft zu übernehmen, wenn der Hilfebedürftige ansonsten seine Wohnung aufgeben müsste.
4. Sind Hilfebedürftige nach dem SGB II gezwungen ohne die Übernahme der Tilgungsraten ihr Wohneigentum aufzugeben, kommt eine Übernahme der Tilgungsraten bis zur Höhe der abstrakt angemessenen Kosten einer Mietwohnung in Betracht (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss v. 14.07.2009, - L 13 AS 230/09 B ER- ).
5. Das Bayerische LSG hat zu der Frage, ab wann von einer weitestgehenden Finanzierung/Abzahlung des selbst genutzten Wohneigentumes ausgegangen werden kann, entschieden, dass eine Übernahme von Tilgungsleistungen nur im Ausnahmefall möglich sei (Bay. LSG v. 10.10.2008 – L 16 B 449/08 AS ER).
6. Nach der Logik des § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II können auch nur die tatsächlich anfallenden Schuldzinsen als KdU geltend gemacht werden (zur lediglich ausnahmsweise in besonderen Härtefällen möglichen Übernahme auch von Tilgungsleistungen als KdU vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 13 RdNr 27 ff, erwähnt in BSG B 14 AS 74/08 R, Urteil v. 18.02.2010 , Rz. 17 ).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Sonntag, 14. Oktober 2012
RAin Sabine Jorns zum Eilverfahren bei Mietrückständen (LSG NRW, Beschl. v. 20.03.2012 - L 12 AS 352/12 B ER)
S.a.: sozialrechtsexperte: Jobcenter übernimmt keine Mietschulden, wenn es an einer Räumungsklage fehlt
Zum Eilverfahren bei Mietrückständen
Es liegt auf der Hand, dass dies nicht funktionieren kann! Damit nimmt das Verfahren seinen Lauf – der Vermieter wird eine Räumungklage beim Amtsgericht einreichen. Nach Auffassung des LSG ist damit dann zwar der Weg zur Einleitung eines Eilverfahrens zur Übernahme der Mietschulden frei.
Allerdings entstehen bereits mit der Einreichung der Räumungklage Kosten. Zunächst sind dies Gerichtskosten. In der Regel wird der entstehen dann bereits mit der Einreichung der Räumungklage. Hat nun das Eilverfahren vor dem Sozialgericht Erfolg, muss das Jobcenter die Mietschulden übernehmen. Geschieht dies innerhalb von zwei Monaten – und das sollte trotz Überlastung der Sozialgerichte in der Regel klappen – wird die Kündigung hinfällig.
Denn: gem. § 569 BGB wird die Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit (= Zustellung der Klage an den Mieter) hinsichtlich der fälligen Miete vollständig befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Allerdings hat dann der Mieter dem Vermieter die bis dahin schon entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten zu erstatten.
Mit der Kostenfrage eines bereits eingeleiteten Räumungsprozesses hat sich auch das LSG befasst. Es meint aber, dass es sich bei den Kosten, die durch eine Räumungsklage entstehen, nicht um Nachteile handelt, die sich nicht im Hauptsacheverfahren wieder gut machen ließen. Habe nämlich der Leistungsträger die Zahlung der ausstehenden Miete rechtswidrig verweigert, müsse der Leistungsträger dem Leistungsempfänger auch die durch die Leistungsverweigerung entstandenen weiteren Kosten, d. h. die Kosten des zivilgerichtlichen Räumungsverfahrens, erstatten.
Dies sieht die Verfasserin anders. Dem Leistungsempfänger können sehr wohl Nachteile entstehen, die im Hauptsacheverfahren nicht wieder gut zu machen sind. Bis nämlich eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen ist, können bei der bekannten Überlastung der Sozialgerichte durchaus zwei Jahre ins Land gehen. Sollte das Jobcenter Rechtsmittel einlegen, dauert es sogar noch länger.
Der Vermieter aber wird mit der Erstattung seiner Kosten nicht so lange warten, bis eine rechtskräftige Entscheidung über die Übernahme der Mietschulden vorliegt. Er wird also wegen seiner Kosten die Zwangsvollstreckung betreiben, die dann sehr schnell zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (Offenbarungseid) führen kann. Und damit werden dem Leistungsempfänger weitere Steine in den Weg
gelegt.
Es handelt sich bei der Entscheidung des LSG um eine unsägliche Entscheidung, und es bleibt nur zu hoffen, dass sich andere Sozialgerichte dieser Rechtsprechung nicht anschließen.
Quelle: (quer 3/2012, S. 27)
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
1. Eine erhobene Räumungsklage ist nach der ständigen Rechtsprechung des LSG NRW Voraussetzung für die Annahme eines Anordnungsgrundes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, welche auf Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung gerichtet sind (zuletzt LSG NRW, Beschluss vom 20.09.2012, Az. L 9 SO 333/12 B ER; Beschluss vom 25.07.2012, Az. L 12 AS 1137/12 B ER).
2. Anderer Auffassung - Ein Anordnungsgrund ist stets dann anzunehmen , wenn der Hilfebedürftige nicht die vollen Unterkunftskosten erhält (SG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2011) bzw. er den Differenzbetrag nicht aus seinem Vermögen oder anderweitigem Einkommen bestreiten kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2011, L 14 AS 205/11 B ER).
3. Kosten der Unterkunft - wann wird von den Gerichten ein Anordnungsgrund gesehen?
von Sabine Jorns, Rechtsanwältin aus Oldenburg
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat am 22. 3. 2012 (L 12 AS 352/12 B ER) entschieden, dass ein Eilverfahren wegen Übernahme von Mietschulden durch das Jobcenter erst ab Räumungsklage erfolgreich durchgeführt werden kann. Nach Auffassung des Gerichts reicht die bloße Ankündigung einer Räumungsklage nicht aus.
Zunächst ein Exkurs ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB):
Gem. § 543 BGB kann ein Mietverhältnis über Wohnraum ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Für einen Vermieter ist ein wichtiger Grund insbesondere dann gegeben, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Das LSG ist der Auffassung, dass eine (bloße) Kündigung oder auch Klageandrohung nicht ausreicht, da in der Regel noch nicht hinreichend klar sei, ob der Vermieter tatsächlich zur Räumung als letztem Mittel greifen würde oder ob die Kündigung ausreichend sei, den Mieter zur Einhaltung seiner Pflichten, sprich Zahlung der rückständigen Miete, zu bewegen.
Nur: wie soll der Mietrückstand ausgeglichen werden, wenn das Amt nicht freiwillig zahlt?
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen hat am 22. 3. 2012 (L 12 AS 352/12 B ER) entschieden, dass ein Eilverfahren wegen Übernahme von Mietschulden durch das Jobcenter erst ab Räumungsklage erfolgreich durchgeführt werden kann. Nach Auffassung des Gerichts reicht die bloße Ankündigung einer Räumungsklage nicht aus.
Zunächst ein Exkurs ins Bürgerliche Gesetzbuch (BGB):
Gem. § 543 BGB kann ein Mietverhältnis über Wohnraum ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Für einen Vermieter ist ein wichtiger Grund insbesondere dann gegeben, wenn der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht.
Das LSG ist der Auffassung, dass eine (bloße) Kündigung oder auch Klageandrohung nicht ausreicht, da in der Regel noch nicht hinreichend klar sei, ob der Vermieter tatsächlich zur Räumung als letztem Mittel greifen würde oder ob die Kündigung ausreichend sei, den Mieter zur Einhaltung seiner Pflichten, sprich Zahlung der rückständigen Miete, zu bewegen.
Nur: wie soll der Mietrückstand ausgeglichen werden, wenn das Amt nicht freiwillig zahlt?
Es liegt auf der Hand, dass dies nicht funktionieren kann! Damit nimmt das Verfahren seinen Lauf – der Vermieter wird eine Räumungklage beim Amtsgericht einreichen. Nach Auffassung des LSG ist damit dann zwar der Weg zur Einleitung eines Eilverfahrens zur Übernahme der Mietschulden frei.
Allerdings entstehen bereits mit der Einreichung der Räumungklage Kosten. Zunächst sind dies Gerichtskosten. In der Regel wird der entstehen dann bereits mit der Einreichung der Räumungklage. Hat nun das Eilverfahren vor dem Sozialgericht Erfolg, muss das Jobcenter die Mietschulden übernehmen. Geschieht dies innerhalb von zwei Monaten – und das sollte trotz Überlastung der Sozialgerichte in der Regel klappen – wird die Kündigung hinfällig.
Denn: gem. § 569 BGB wird die Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit (= Zustellung der Klage an den Mieter) hinsichtlich der fälligen Miete vollständig befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Allerdings hat dann der Mieter dem Vermieter die bis dahin schon entstandenen Gerichts- und Anwaltskosten zu erstatten.
Mit der Kostenfrage eines bereits eingeleiteten Räumungsprozesses hat sich auch das LSG befasst. Es meint aber, dass es sich bei den Kosten, die durch eine Räumungsklage entstehen, nicht um Nachteile handelt, die sich nicht im Hauptsacheverfahren wieder gut machen ließen. Habe nämlich der Leistungsträger die Zahlung der ausstehenden Miete rechtswidrig verweigert, müsse der Leistungsträger dem Leistungsempfänger auch die durch die Leistungsverweigerung entstandenen weiteren Kosten, d. h. die Kosten des zivilgerichtlichen Räumungsverfahrens, erstatten.
Dies sieht die Verfasserin anders. Dem Leistungsempfänger können sehr wohl Nachteile entstehen, die im Hauptsacheverfahren nicht wieder gut zu machen sind. Bis nämlich eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren ergangen ist, können bei der bekannten Überlastung der Sozialgerichte durchaus zwei Jahre ins Land gehen. Sollte das Jobcenter Rechtsmittel einlegen, dauert es sogar noch länger.
Der Vermieter aber wird mit der Erstattung seiner Kosten nicht so lange warten, bis eine rechtskräftige Entscheidung über die Übernahme der Mietschulden vorliegt. Er wird also wegen seiner Kosten die Zwangsvollstreckung betreiben, die dann sehr schnell zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung (Offenbarungseid) führen kann. Und damit werden dem Leistungsempfänger weitere Steine in den Weg
gelegt.
Es handelt sich bei der Entscheidung des LSG um eine unsägliche Entscheidung, und es bleibt nur zu hoffen, dass sich andere Sozialgerichte dieser Rechtsprechung nicht anschließen.
Quelle: (quer 3/2012, S. 27)
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
1. Eine erhobene Räumungsklage ist nach der ständigen Rechtsprechung des LSG NRW Voraussetzung für die Annahme eines Anordnungsgrundes in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, welche auf Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung gerichtet sind (zuletzt LSG NRW, Beschluss vom 20.09.2012, Az. L 9 SO 333/12 B ER; Beschluss vom 25.07.2012, Az. L 12 AS 1137/12 B ER).
2. Anderer Auffassung - Ein Anordnungsgrund ist stets dann anzunehmen , wenn der Hilfebedürftige nicht die vollen Unterkunftskosten erhält (SG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2011) bzw. er den Differenzbetrag nicht aus seinem Vermögen oder anderweitigem Einkommen bestreiten kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2011, L 14 AS 205/11 B ER).
3. Kosten der Unterkunft - wann wird von den Gerichten ein Anordnungsgrund gesehen?
Montag, 25. Februar 2013
Jobcenter muss für eine Hartz IV-Empfängerin die Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug übernehmen - Behörde darf bei einem Umzug nicht abstrakt auf die Hilfe von Freunden und Bekannten verweisen
So die Rechtsauffassung des SG Lüneburg 45. Kammer, Beschluss vom 11.02.2013, S 45 AS 50/13 ER.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock.
Ein Anordnungsanspruch ergibt sich aus § 22 Abs. 6 SGB II.
Danach können Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger anerkannt werden.
Im vorliegenden Fall ist zu beachten, dass sich der Grundsicherungsträger grundsätzlich bereit erklärt hat, Umzugskosten zu übernehmen. Streitig ist lediglich deren Höhe.
Umfasst werden durch die Vorschrift grundsätzlich alle im Zusammenhang mit und wegen des Umzugs anfallenden Kosten (Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rz. 164). Zwar ist der Leistungsberechtigte im Rahmen seiner Obliegenheit, die Hilfebedürftigkeit zu verringern, regelmäßig gehalten, einen Umzug selbst zu organisieren und durchzuführen (BSG, Urt. v. 06.05.2010 – B 14 AS 7/09 R, Rz. 19).
Kann der Leistungsberechtigte den Umzug jedoch nicht selbst vornehmen, etwa wegen Alters, Behinderung, körperlicher Konstitution oder aus sonstigen in seiner Person liegenden Gründen, kommt auch die Übernahme der Aufwendungen für einen gewerblich organisierten Umzug in Betracht (Berlit in LPK-SGB II, § 22 Rz. 165).
So liegt es hier.
Die Antragstellerin hat im Wege der eiderstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass sie nicht zur alleinigen Durchführung des Umzugs in der Lage ist und Freunde und Bekannte auf entsprechende Anfragen sich nicht bereitgefunden haben, bei einem Umzug zu helfen.
Die Antragstellerin hat im Wege der eiderstattlichen Versicherung glaubhaft gemacht, dass sie nicht zur alleinigen Durchführung des Umzugs in der Lage ist und Freunde und Bekannte auf entsprechende Anfragen sich nicht bereitgefunden haben, bei einem Umzug zu helfen.
Nach Auffassung der Kammer ist es auch nicht zulässig, die Antragstellerin abstrakt auf die Hilfe von Freunden und Bekannten zu verweisen, da aufgrund der nicht unerheblichen körperlichen und zeitlichen Anstrengungen, die bei Umzugsarbeiten zwangsläufig anfallen, derartige Hilfeleistungen keinesfalls ein Selbstverständnis darstellen.
Darüber hinaus leidet die Antragstellerin an mehreren gesundheitlichen Einschränkungen, wie einem beidseitigem Tennisarm, einer Zuckererkrankung, einer chronischen Sehnenscheidenentzündung, einer Einschränkung der Schulterbeweglichkeit und einem Zustand nach mehreren Operationen leiden, die Durchführung des Umzugs ohne Hilfe unmöglich machen.
Da der Grundsicherungsträger der Antragstellerin nicht angeboten hat, den Umzug selbst zu organisieren bzw. keine kostengünstigeren und adäquaten Hilfsangebote aufgezeigt hat, sind im vorliegenden Fall die Kosten für einen gewerblichen Umzug von der Behörde zu übernehmen.
Infolge der Verpflichtung, alle Möglichkeiten zur Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen (§ 2 Abs. 1 S. 1 SGB II), ist die Antragstellerin jedoch auf das kostengünstigste Angebot zu verweisen.
Insoweit ist das Ermessen des Grundsicherungsträgers auf null reduziert.
Anmerkung: Ein Rechtsstreit um Zusicherung von Umzugskosten ist noch nicht erledigt bzw. das Rechtsschutzbedürfnis noch nicht entfallen (s. BSG, Urteil vom 6. April 2011 - B 4 AS 5/10 R), wenn der Hilfebedürftige zwar in der neuen Wohnung bereits übernachtet, jedoch keinerlei Möbelstücke sich dort befinden und deshalb der Umzug noch nicht vollzogen ist.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock.
Donnerstag, 1. September 2011
SGB II- Umgangsrecht erhöht Wohnraumbedarf - In Niedersachsen beträgt die angemessene Wohnraumfläche für eine Alleinerziehende mit Kind und einer temporärer im Haushalt lebenden Person, welche sich in der überwiegenden Zeit in einem Internat aufhält, 80 m² .
§ 22a SGB II, § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II
Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Im Anschluss an eine neuere Tendenz in der Rechtsprechung ist allerdings davon aus-zugehen, dass die Antragsteller sich nicht auf die Angemessenheitswerte eines Zwei-Personen-Haushalts verweisen lassen müssen.
Denn in der Wohnung der Antragstellerin hält sich zeitweilig neben dem Antragsteller zu 2. auch der Antragsteller zu 3. auf, und zwar überschlägig an jedem zweiten Wochenende sowie während der Schulferien, also insgesamt in etwa an einem Drittel der Tage im Jahresverlauf. Es ist daher vom Be-stehen einer sogenannten temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II auszugehen (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation SG Dort-mund, Beschl. v. 28.12.2010 - S 22 AS 5857/10 ER - unter Verweis auf BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R -).
Der Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass sich der Antragsteller zu 3. nur zeitweise in der Wohnung der Antragstellerin zu 1. aufhält. Es genügt nach der einschlägigen Rechtsprechung ein dau-erhafter Zustand in der Form, dass Kinder mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnen, also nicht nur sporadische Besuche vorliegen (BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R -).
Sind diese Voraussetzungen - wie hier - erfüllt, kann es auch keinen Unterschied machen, ob mehrere Kinder regelmäßig länger als einen Tag bei dem Elternteil wohnen oder ob es sich - wie hier - lediglich um ein Kind handelt. 19a) Der Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft steht auch nicht ent-gegen, dass sich der Antragsteller zu 3. in der überwiegenden Zeit in einem Internat in Tauberbischofsheim aufhält. Zwar wurde diese Rechtsfigur vom Bundessozialgericht im Hinblick auf die Ausübung des Umgangsrecht getrennt lebender Eltern entwickelt. Doch diese Situation unterscheidet sich qualitativ nicht maßgeblich von dem vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller zu 3. den überwiegenden Teil des Jahres in einem Internat ver-bringt, sich die übrige Zeit dagegen im Haushalt seiner Mutter aufhält. Es kommt lediglich darauf an, dass sich ein Kind nicht dauerhaft bei seinem im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Elternteil aufhält und keinerlei anderweitige Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts erhält.
Wo sich das Kind dagegen in der restlichen Zeit befindet - ob bei dem anderen Elternteil, einer Schule oder einer sonstigen Einrichtung -, ist für die Frage nach dem Vorliegen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft irrelevant. Eine hiervon abweichende Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II wäre mit der besonderen Förder-pflicht des Staates nach Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz nicht vereinbar (vgl. BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R -).
Dies hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt und auf die neuere Rechtsprechung zum erhöhten Unterkunftsbedarf im Falle temporärer Bedarfsgemeinschaften reagiert. Dazu hat er in § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II nun-mehr bestimmt, dass eine Satzung nach § 22a SGB II den erhöhten Raumbedarf wegen der Ausübung des Umgangsrechts im Wege einer Sonderregelung berücksichtigen muss.
Es ist damit zu entscheiden, wie die angemessene Wohnungsgröße für eine temporäre Bedarfsgemeinschaft aus zwei dauerhaft im Haushalt lebenden Personen und einer tem-porärer im Haushalt lebenden Person rechnerisch zu bestimmen ist. Insofern kommt zum Einen in Betracht, die angemessene Wohnungsgröße danach zu ermitteln, wie häufig sich das Kind in der Wohnung aufhält, und den Bedarf entsprechend dem Verhältnis der monatlichen Anwesenheitstage des Kindes zu den Monatstagen zu erhöhen. Art. 6 Abs. 1 GG verlangt jedoch in den Fällen, in denen die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Elternteil und seinen Kindern durch regelmäßige Aufenthalte der Kinder bei diesem Elternteil aufrechterhalten werden, dass auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen dies möglich ist.
Es kann dann zur Ermittlung eines solchen Mindestmaßes an Wohn- und Lebensraum aber nicht darauf ankommen, an wie vielen Tagen im Monat ein Kind sich bei dem getrennt lebenden El-ternteil aufhält.
Das Gericht schließt sich demgegenüber - jedenfalls in der vorliegenden Konstellation eines Eilverfahrens - den Teilen der neuen Rechtsprechung an, die im Falle einer temporären Bedarfsgemeinschaft die für jedes temporär der Bedarfsgemeinschaft zuzurechnende Kind die Hälfte der Wohnfläche zu Grunde legt, die für ein weiteres Voll-mitglied der Bedarfsgemeinschaft anzusetzen wäre (vgl. SG Fulda, Urt. v. 27.01.2010 -S 10 AS 53/09 -; SG Kassel, Beschl. v. 23.06.2010 - S 6 AS 144/10 ER -, bestätigt durch Hessisches LSG, Beschl. v. 01.11.2010 - L 6 AS 441/10 B ER -).
Diese Vorgehensweise trägt dem berechtigten Einwand Rechnung, dass nicht in jedem Fall des Vorliegens einer temporären Bedarfsgemeinschaft für jedes Kind der volle zusätzliche Wohnflächenbedarf angesetzt werden kann, da dies im Vergleich zu sonstigen Hilfebedürftigen mit Kindern zu unbilligen Ergebnissen führen könnte. Sie berücksichtigt zugleich, dass bei einem hälf-tigen Aufenthalt der Kinder bei jedem Elternteil die Grenze dafür erreicht sein muss, bei-den Elternteilen den Wohnflächenbedarf für die gesamte temporäre Bedarfsgemeinschaft zuzusprechen, um eine trennungsbedingte Benachteiligung der Mitglieder der jeweiligen gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft zu vermeiden. Darüber hinaus spricht für diesen Ansatz, dass er entgegen einer auf jeden Einzelfall abstellenden, tageweisen Betrach-tung für die Verwaltung praktikabel bleibt und am ehesten einer abstrakt-generellen Re-gelung in einer Satzung nach § 22a SGB II zugänglich ist.
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche jedoch für Alleinerziehende und für jeden schwerbehinderten Menschen um jeweils weitere 10 m². Dies entspricht im Bereich oberhalb eines Zwei-Personen-Haushalts der Berücksichti-gung eines weiteren Haushaltsmitglieds, so dass zur Ermittlung der angemessenen Wohnfläche und der angemessenen Miete rechnerisch auf einen Dreieinhalb-Personen-Haushalt abzustellen ist, also 80 m² als angemessen zu betrachten sind.
Eine Begrün-dung für eine größere Wohnfläche bei Alleinerziehung ist, dass hier - anders als bei er-wachsenen Partnern - neben Räumlichkeiten für den Schlafbereich und den gemeinsa-men Wohnbereich auch ein zusätzliches Kinderzimmer vorhanden sein muss. Bis zu ei-ner geänderten höchstrichterlichen Rechtssprechung stützt sich die erkennende Kammer weiter auf Wohnraumförderungsbestimmungen, so dass für die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller 80 m² als angemessen anzusehen sind.
Nur dieses Verständnis ist im Übrigen mit der bereits erwähnten Neuregelung in § 22b Abs. 3 SGB II zu vereinbaren. Zu den dort geregelten Mehrbedar-fen, die eine Satzung nach § 22a SGB II zukünftig zu berücksichtigen haben wird, zählt nach der Gesetzesbegründung gerade auch der Bedarf wegen Alleinerziehung, der aus "allgemeinen sozialen Gründen vom typischen Bedarf abweicht" (BT-Drs. 17/3404, S. 102).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 26.07.2011, - S 45 AS 282/11 ER -
Im Anschluss an eine neuere Tendenz in der Rechtsprechung ist allerdings davon aus-zugehen, dass die Antragsteller sich nicht auf die Angemessenheitswerte eines Zwei-Personen-Haushalts verweisen lassen müssen.
Denn in der Wohnung der Antragstellerin hält sich zeitweilig neben dem Antragsteller zu 2. auch der Antragsteller zu 3. auf, und zwar überschlägig an jedem zweiten Wochenende sowie während der Schulferien, also insgesamt in etwa an einem Drittel der Tage im Jahresverlauf. Es ist daher vom Be-stehen einer sogenannten temporären Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 4 SGB II auszugehen (vgl. zu einer vergleichbaren Konstellation SG Dort-mund, Beschl. v. 28.12.2010 - S 22 AS 5857/10 ER - unter Verweis auf BSG, Urt. v. 07.11.2006 - B 7b AS 14/06 R -).
Der Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft steht nicht entgegen, dass sich der Antragsteller zu 3. nur zeitweise in der Wohnung der Antragstellerin zu 1. aufhält. Es genügt nach der einschlägigen Rechtsprechung ein dau-erhafter Zustand in der Form, dass Kinder mit einer gewissen Regelmäßigkeit länger als einen Tag bei einem Elternteil wohnen, also nicht nur sporadische Besuche vorliegen (BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R -).
Sind diese Voraussetzungen - wie hier - erfüllt, kann es auch keinen Unterschied machen, ob mehrere Kinder regelmäßig länger als einen Tag bei dem Elternteil wohnen oder ob es sich - wie hier - lediglich um ein Kind handelt. 19a) Der Annahme einer temporären Bedarfsgemeinschaft steht auch nicht ent-gegen, dass sich der Antragsteller zu 3. in der überwiegenden Zeit in einem Internat in Tauberbischofsheim aufhält. Zwar wurde diese Rechtsfigur vom Bundessozialgericht im Hinblick auf die Ausübung des Umgangsrecht getrennt lebender Eltern entwickelt. Doch diese Situation unterscheidet sich qualitativ nicht maßgeblich von dem vorliegenden Fall, in dem der Antragsteller zu 3. den überwiegenden Teil des Jahres in einem Internat ver-bringt, sich die übrige Zeit dagegen im Haushalt seiner Mutter aufhält. Es kommt lediglich darauf an, dass sich ein Kind nicht dauerhaft bei seinem im Leistungsbezug nach dem SGB II stehenden Elternteil aufhält und keinerlei anderweitige Leistungen zur Sicherung seines Lebensunterhalts erhält.
Wo sich das Kind dagegen in der restlichen Zeit befindet - ob bei dem anderen Elternteil, einer Schule oder einer sonstigen Einrichtung -, ist für die Frage nach dem Vorliegen einer zeitweisen Bedarfsgemeinschaft irrelevant. Eine hiervon abweichende Auslegung des § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II wäre mit der besonderen Förder-pflicht des Staates nach Artikel 6 Abs. 1 Grundgesetz nicht vereinbar (vgl. BSG, Urt. v. 02.07.2009 - B 14 AS 75/08 R -).
Dies hat inzwischen auch der Gesetzgeber erkannt und auf die neuere Rechtsprechung zum erhöhten Unterkunftsbedarf im Falle temporärer Bedarfsgemeinschaften reagiert. Dazu hat er in § 22b Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 SGB II nun-mehr bestimmt, dass eine Satzung nach § 22a SGB II den erhöhten Raumbedarf wegen der Ausübung des Umgangsrechts im Wege einer Sonderregelung berücksichtigen muss.
Es ist damit zu entscheiden, wie die angemessene Wohnungsgröße für eine temporäre Bedarfsgemeinschaft aus zwei dauerhaft im Haushalt lebenden Personen und einer tem-porärer im Haushalt lebenden Person rechnerisch zu bestimmen ist. Insofern kommt zum Einen in Betracht, die angemessene Wohnungsgröße danach zu ermitteln, wie häufig sich das Kind in der Wohnung aufhält, und den Bedarf entsprechend dem Verhältnis der monatlichen Anwesenheitstage des Kindes zu den Monatstagen zu erhöhen. Art. 6 Abs. 1 GG verlangt jedoch in den Fällen, in denen die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen dem Elternteil und seinen Kindern durch regelmäßige Aufenthalte der Kinder bei diesem Elternteil aufrechterhalten werden, dass auch ein entsprechender Wohn- und Lebensraum zur Verfügung steht, innerhalb dessen dies möglich ist.
Es kann dann zur Ermittlung eines solchen Mindestmaßes an Wohn- und Lebensraum aber nicht darauf ankommen, an wie vielen Tagen im Monat ein Kind sich bei dem getrennt lebenden El-ternteil aufhält.
Das Gericht schließt sich demgegenüber - jedenfalls in der vorliegenden Konstellation eines Eilverfahrens - den Teilen der neuen Rechtsprechung an, die im Falle einer temporären Bedarfsgemeinschaft die für jedes temporär der Bedarfsgemeinschaft zuzurechnende Kind die Hälfte der Wohnfläche zu Grunde legt, die für ein weiteres Voll-mitglied der Bedarfsgemeinschaft anzusetzen wäre (vgl. SG Fulda, Urt. v. 27.01.2010 -S 10 AS 53/09 -; SG Kassel, Beschl. v. 23.06.2010 - S 6 AS 144/10 ER -, bestätigt durch Hessisches LSG, Beschl. v. 01.11.2010 - L 6 AS 441/10 B ER -).
Diese Vorgehensweise trägt dem berechtigten Einwand Rechnung, dass nicht in jedem Fall des Vorliegens einer temporären Bedarfsgemeinschaft für jedes Kind der volle zusätzliche Wohnflächenbedarf angesetzt werden kann, da dies im Vergleich zu sonstigen Hilfebedürftigen mit Kindern zu unbilligen Ergebnissen führen könnte. Sie berücksichtigt zugleich, dass bei einem hälf-tigen Aufenthalt der Kinder bei jedem Elternteil die Grenze dafür erreicht sein muss, bei-den Elternteilen den Wohnflächenbedarf für die gesamte temporäre Bedarfsgemeinschaft zuzusprechen, um eine trennungsbedingte Benachteiligung der Mitglieder der jeweiligen gemeinsamen Bedarfsgemeinschaft zu vermeiden. Darüber hinaus spricht für diesen Ansatz, dass er entgegen einer auf jeden Einzelfall abstellenden, tageweisen Betrach-tung für die Verwaltung praktikabel bleibt und am ehesten einer abstrakt-generellen Re-gelung in einer Satzung nach § 22a SGB II zugänglich ist.
Gemäß Ziffer 11.4 der WFB 2003 erhöht sich die angemessene Wohnfläche jedoch für Alleinerziehende und für jeden schwerbehinderten Menschen um jeweils weitere 10 m². Dies entspricht im Bereich oberhalb eines Zwei-Personen-Haushalts der Berücksichti-gung eines weiteren Haushaltsmitglieds, so dass zur Ermittlung der angemessenen Wohnfläche und der angemessenen Miete rechnerisch auf einen Dreieinhalb-Personen-Haushalt abzustellen ist, also 80 m² als angemessen zu betrachten sind.
Eine Begrün-dung für eine größere Wohnfläche bei Alleinerziehung ist, dass hier - anders als bei er-wachsenen Partnern - neben Räumlichkeiten für den Schlafbereich und den gemeinsa-men Wohnbereich auch ein zusätzliches Kinderzimmer vorhanden sein muss. Bis zu ei-ner geänderten höchstrichterlichen Rechtssprechung stützt sich die erkennende Kammer weiter auf Wohnraumförderungsbestimmungen, so dass für die Bedarfsgemeinschaft der Antragsteller 80 m² als angemessen anzusehen sind.
Nur dieses Verständnis ist im Übrigen mit der bereits erwähnten Neuregelung in § 22b Abs. 3 SGB II zu vereinbaren. Zu den dort geregelten Mehrbedar-fen, die eine Satzung nach § 22a SGB II zukünftig zu berücksichtigen haben wird, zählt nach der Gesetzesbegründung gerade auch der Bedarf wegen Alleinerziehung, der aus "allgemeinen sozialen Gründen vom typischen Bedarf abweicht" (BT-Drs. 17/3404, S. 102).
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Freitag, 19. Oktober 2012
Zum Anordnungsgrund für die Übernahme von Unterkunftskosten nach § 22 SGB II im Eilverfahren
1. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.10.2012, Az.: L 19 AS 1232/12 B
Bezüglich der Kosten der Unterkunft ist ein Anordnungsgrund in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen (vgl. LSG NRW, Beschlüsse vom 29.06.2012 - L 19 AS 973/12 B ER - und vom 29.02.2012 - L 19 AS 22541 B ER).
Die Vorlage eines Mahnschreibens der Vermieterin hinsichtlich des Mietrückstandes für einen Monat verbunden mit dem Vortrag, dass der Antragsteller über kein Einkommen verfügt, genügt nicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hinsichtlich Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II.
2. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.07.2012, Az.: L 12 AS 1137/12 B ER
Bezüglich der Kosten der Unterkunft ist ein Anordnungsgrund nach der ständigen Rechtsprechung des Senates, an der festgehalten wird (vgl. Beschluss des Senates vom 20.03.2012 - L 12 AS 352/12 B ER - m.w.N.), erst dann gegeben, wenn eine Räumungsklage erhoben worden ist.
3. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.04.2012, Az.: L 7 AS 630/12 B ER
Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011 Regelungen zur Sicherung der Unterkunft.
So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem Grundsicherungssicherungsträger unverzüglich Tatsache und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22, Rdn. 200).
Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Auch angesichts dieser rechtlichen Regelungen ist das Vorliegen der Voraussetzungen des erforderlichen Anordnungsgrundes trotz der vom Vermieter erfolgten Androhung der sofortigen fristlosen Kündigung und der gesetzten Zahlungsfrist zur Abwendung der Räumung zum jetzigen Zeitpunkt als nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2009, Az.: L 12 B 62/09 AS ER, und zur Rechtsprechung des erkennenden Senates Beschluss vom 26.04.2011, Az.: L 7 AS 497/11 B ER).
4. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.10.2012, Az.: L 19 AS 1393/12 B ER und Az.: L 19 AS 1394/12
Nach, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung aller Fachsenate des LSG NRW, ist eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft regelmäßig erst ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen (z.B. Beschluss des Senats vom 09.07.2012 - L 19 AS 1257/12 B ER m.w.N).
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass selbst nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage noch zwei Monate Zeit blieben, den Verlust der Wohnung abzuwenden.
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (vgl. dazu Beschluss des Senats v. 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER, Rn. 19).
5. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.07.2012, Az.: L 7 AS 404/12 B ER -
Ein Anordnungsgrund für die Übernahme von Unterkunftskosten nach § 22 SGB II im Eilverfahren besteht nicht allein deswegen, weil das Jobcenter nur einen Teil der Unterkunftskosten übernimmt.
Eine Kündigung wegen Mietrückstands durch den Vermieter kann einen Anordnungsgrund begründen.
Das Risiko, aufgrund von Mietrückständen gekündigt zu werden, ist kein irreversibler Nachteil.
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung, die wegen Mietrückstandes erklärt wurde, unwirksam, wenn die Miete bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs bezahlt wird.
Im Hinblick auf die zur Sicherung der Unterkunft nach Erhebung einer Räumungsklage in § 22 Absatz 7 - 9 SGB II enthaltenen Regelungen, ist die Eilbedürftigkeit in Verfahren wegen Unterkunftskosten regelmäßig frühestens dann anzunehmen, wenn der Vermieter die Kündigung erklärt hat
(Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.08.2010, L 8 AS 356/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007, L 32 B 1558/07 AS ER; weitergehend noch Bayerisches LSG, Beschluss vom 02.02.2012, L 11 AS 932/11 B PKH; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2012, L 12 AS 352/12 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2010, L 5 AS 2025/10 B ER, die eine Eilbedürftigkeit erst annehmen, wenn bereits die Räumungsklage erhoben wurde).
6. Ein Anordnungsgrund ist stets dann anzunehmen , wenn der Hilfebedürftige nicht die vollen Unterkunftskosten erhält (SG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2011) bzw. er den Differenzbetrag nicht aus seinem Vermögen oder anderweitigem Einkommen bestreiten kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2011, L 14 AS 205/11 B ER).
S.a. : Sozialrechtsexperte: RAin Sabine Jorns zum Eilverfahren bei Mietrückständen (LSG NRW, Beschl. v. 20.03.2012 - L 12 AS 352/12 B ER)
Bezüglich der Kosten der Unterkunft ist ein Anordnungsgrund in der Regel frühestens ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen (vgl. LSG NRW, Beschlüsse vom 29.06.2012 - L 19 AS 973/12 B ER - und vom 29.02.2012 - L 19 AS 22541 B ER).
Die Vorlage eines Mahnschreibens der Vermieterin hinsichtlich des Mietrückstandes für einen Monat verbunden mit dem Vortrag, dass der Antragsteller über kein Einkommen verfügt, genügt nicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes hinsichtlich Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II.
2. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.07.2012, Az.: L 12 AS 1137/12 B ER
Bezüglich der Kosten der Unterkunft ist ein Anordnungsgrund nach der ständigen Rechtsprechung des Senates, an der festgehalten wird (vgl. Beschluss des Senates vom 20.03.2012 - L 12 AS 352/12 B ER - m.w.N.), erst dann gegeben, wenn eine Räumungsklage erhoben worden ist.
3. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.04.2012, Az.: L 7 AS 630/12 B ER
Für den Fall der Räumungsklage enthält § 22 Abs. 9 SGB II in der Fassung vom 24.03.2011 Regelungen zur Sicherung der Unterkunft.
So ist das Amtsgericht nach dieser Vorschrift verpflichtet, dem Grundsicherungssicherungsträger unverzüglich Tatsache und näher bezeichnete Einzelheiten einer Räumungsklage nach der Kündigung von Wohnraum wegen Zahlungsverzuges mitzuteilen. Dies dient der Prävention von Obdachlosigkeit und soll es den Leistungsträgern ermöglichen, auch unabhängig von einem Antrag zu prüfen, ob die Kündigung durch Übernahme der Mietrückstände abzuwenden ist (Berlit in LPK-SGB II, 4. Auflage 2011, § 22, Rdn. 200).
Denn gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch wird eine Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet.
Auch angesichts dieser rechtlichen Regelungen ist das Vorliegen der Voraussetzungen des erforderlichen Anordnungsgrundes trotz der vom Vermieter erfolgten Androhung der sofortigen fristlosen Kündigung und der gesetzten Zahlungsfrist zur Abwendung der Räumung zum jetzigen Zeitpunkt als nicht hinreichend glaubhaft gemacht (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 09.09.2009, Az.: L 12 B 62/09 AS ER, und zur Rechtsprechung des erkennenden Senates Beschluss vom 26.04.2011, Az.: L 7 AS 497/11 B ER).
4. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 02.10.2012, Az.: L 19 AS 1393/12 B ER und Az.: L 19 AS 1394/12
Nach, soweit ersichtlich, einhelliger Auffassung aller Fachsenate des LSG NRW, ist eine aktuelle Gefährdung der Unterkunft regelmäßig erst ab Zustellung einer Räumungsklage anzunehmen (z.B. Beschluss des Senats vom 09.07.2012 - L 19 AS 1257/12 B ER m.w.N).
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass selbst nach Erhebung und Zustellung der Räumungsklage noch zwei Monate Zeit blieben, den Verlust der Wohnung abzuwenden.
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wird die auf Mietrückstände gestützte Kündigung unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (vgl. dazu Beschluss des Senats v. 14.07.2010 - L 19 AS 912/10 B ER, Rn. 19).
5. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 26.07.2012, Az.: L 7 AS 404/12 B ER -
Ein Anordnungsgrund für die Übernahme von Unterkunftskosten nach § 22 SGB II im Eilverfahren besteht nicht allein deswegen, weil das Jobcenter nur einen Teil der Unterkunftskosten übernimmt.
Eine Kündigung wegen Mietrückstands durch den Vermieter kann einen Anordnungsgrund begründen.
Das Risiko, aufgrund von Mietrückständen gekündigt zu werden, ist kein irreversibler Nachteil.
Nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wird eine Kündigung, die wegen Mietrückstandes erklärt wurde, unwirksam, wenn die Miete bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs bezahlt wird.
Im Hinblick auf die zur Sicherung der Unterkunft nach Erhebung einer Räumungsklage in § 22 Absatz 7 - 9 SGB II enthaltenen Regelungen, ist die Eilbedürftigkeit in Verfahren wegen Unterkunftskosten regelmäßig frühestens dann anzunehmen, wenn der Vermieter die Kündigung erklärt hat
(Bayerisches LSG, Beschluss vom 04.08.2010, L 8 AS 356/10 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27.09.2007, L 32 B 1558/07 AS ER; weitergehend noch Bayerisches LSG, Beschluss vom 02.02.2012, L 11 AS 932/11 B PKH; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.03.2012, L 12 AS 352/12 B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.11.2010, L 5 AS 2025/10 B ER, die eine Eilbedürftigkeit erst annehmen, wenn bereits die Räumungsklage erhoben wurde).
6. Ein Anordnungsgrund ist stets dann anzunehmen , wenn der Hilfebedürftige nicht die vollen Unterkunftskosten erhält (SG Lüneburg, Beschluss vom 16.05.2011) bzw. er den Differenzbetrag nicht aus seinem Vermögen oder anderweitigem Einkommen bestreiten kann (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 28.02.2011, L 14 AS 205/11 B ER).
S.a. : Sozialrechtsexperte: RAin Sabine Jorns zum Eilverfahren bei Mietrückständen (LSG NRW, Beschl. v. 20.03.2012 - L 12 AS 352/12 B ER)
Montag, 26. September 2011
Hartz IV - Empfänger müssen sich das Geld vom Munde absparen , denn bei - Bagatellbeträgen - wird in der Regel kein Anordnungsgrund gesehen
So urteilte das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt mit Beschluss vom 03.08.2011, - L 2 AS 116/11 B ER - wie folgt:
Bei einem Betrag von in Höhe 87,60 Euro("Schulden beim Stromversorger)" - besteht kein Anordnungsgrund, wenn die Antragsteller keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht haben, die ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung unzumutbar sein lassen.
Selbst wenn die Unterbrechung also ansonsten zulässig wäre, dürfte diese mit der Zahlung eines Betrages von 87,60 Euro abgewendet werden können, was den Antragstellern zumutbar erscheint. Denn diese Summe beträgt etwa 9,7 % der jeweiligen monatlichen Regelleistungen für die Antragsteller (2 x 328 Euro + 251 Euro).
Eine Einbehaltung von etwa 10 v.H. der Regelleistung betrifft zwar keinen Betrag, bei dem eine Beeinträchtigung des Lebensunterhalts von vornherein als nicht glaubhaft angesehen werden kann (vgl. Entscheidung des Senates vom 23. März 2009 - L 2 B 95/08 AS ER).
Allerdings müssten die Antragsteller bei einem einmalig zu erbringenden Betrag, der weniger als 10 v.H. der monatlichen Regelleistungen umfasst, detailliert darlegen, welche Beeinträchtigungen konkret zu befürchten sind.
Denn der Gesetzgeber erachtet z.B. im Rahmen der Gewährung von Darlehen nach § 42a Abs. 2 SGB II eine Tilgung durch Aufrechnung in Höhe von 10 v.H. mit laufenden Leistungen als Regelfall. Die Einbehaltung entspricht auch der Summe, als geringste Sanktionsentscheidung nach § 32 SGB II möglich wäre. Erst bei einer Sanktionshöhe von mehr als 30 v.H. sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit ergänzender Sachleistungen (§ 31a Abs. 3 SGB II) vor.
Letztlich wäre der Senat in Eilverfahren zur Vermeidung der Vorwegnahme einer Hauptsache nicht gehindert, eine vorläufige Anordnung unter Abschlägen von bis zu 20 v.H. zu treffen (vgl. BVerfG v. 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – ).
Anmerkung : Vgl. dazu den Beitrag vom Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann im Fachforum von Nomos:
Das Bundesverfassungsgericht hat die Bagatellrechtsprechung des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg gekippt.
Mit Beschluss des BVerfG vom 24.03.2011 - 1 BvR 2493/10 wurde eine Entscheidung des 10. Senates des LSG Berlin-BRB vom 11.01.2010 aufgehoben. vgl Hierzu LSG Berlin Brb 11.03.2011 L 10 SF 295/10 B PKH juris mit weiteren Nachweisen.
Die Entscheidung in Kürze:
„Ob in einem sozialgerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, hängt in erster Linie davon ab, ob die Beiordnung eines Rechtsanwaltes notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn eine unbemittelte Person in der gleichen Lage einen Rechtsanwalt einschaltet. Dabei kommt in erster Linie nicht, wie das LSG meint, auf die Kosten des Rechtsanwaltes, sondern in erster Linie auf die Ungleichheit von Kläger und Behörde hinsichtlich ihrer Kenntnisse und ihrer Prozesserfahrung an. Es sei auch nicht fern liegend, dass ein Bemittelter auch verhältnismäßig hohe Rechtsanwaltskosten nicht scheut, wenn er mit einem Obsiegen und der Erstattung seiner Aufwendungen rechnet.“
Es ging um Kosten der Heizung iHv 7 EUR monatlich und 42 EUR in einem halben Jahr.
Anmerkung hierzu: Vergleiche auch den Aufsatz von Udo Geiger "Keine Prozesskostenhilfe in Bagatellverfahren?"info also 2009, 105-107
http://www.existenzsicherung.de/forum/viewtopic.php?f=3&t=40
Anmerkung : BVerfG vom 24.03.2011, - 1 BvR 1737/10-
Anhand des Streitwertes kann nicht darauf geschlossen werden , ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist oder nicht.
„Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 24.03.2011 – 1 BvR 1737/10, einer Verfassungsbeschwerde gegen einen ablehnenden PKH-Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04.03.2010 – S 39 AS 21029/09, sowie gegen den zurückweisenden Beschwerdebeschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.06.2010 – L 5 AS 610/10 B PKH, stattgegeben.
Das Sozialgericht hatte im Rahmen eines Alg II-Klageverfahrens die beantragte Prozesskostenhilfe und anwaltliche Beiordnung abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein nichtbedürftiger Kläger für eine Klageforderung in Höhe von hier 42 € keinen Anwalt beauftragt hätte. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Landessozialgericht mit der Begründung zurück, dass eine anwaltliche Hilfe nicht notwendig sei. Insbesondere sei das sozialgerichtliche Verfahren kostenfrei und es handele sich nur um eine Streitigkeit im Bagatellbereich. Es sei keine angemessene Relation zwischen Streitwert (42 €) und Kostenrisiko (bis 460 €) erkennbar.
Nach der jetzigen Entscheidung des BVerfG wurden die ablehnenden Beschlüsse wegen Verletzung des Grundrechts auf Rechtsschutzgleichheit aufgehoben und die Sache an das SG zur Entscheidung zurückverwiesen.
Das BVerfG hat u.a. ausgeführt, dass anhand des Streitwertes nicht darauf geschlossen werden kann, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist oder nicht. Dies richtet sich vielmehr danach, ob zwischen den Parteien eine Waffengleichheit besteht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass dem Rechtssuchenden prozesserfahrene und rechtskundige Behördenvertreter gegenüberstehen. Ein vernünftiger Rechtssuchender wird daher regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende rechtliche Kenntnisnisse und Fähigkeiten verfügt.“
„(Mitgeteilt von RAin Neubacher, Kanzlei Püschel & Kollegen, Mahlow)“
Anmerkung: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.11.2010 , - L 2 AS 325/10 B ER -
Für Hilfebedürftige nach dem SGB II kann es zumutbar sein, das Unterkunftskostendefizit durch Umschichtungen bei den Regelleistungen zu kompensieren und auf Anteile der Regelleistung vorübergehend – d.h. für die voraussichtliche Dauer eines Hauptsacheverfahrens – zu verzichten, ohne dass aufgrund des Fehlbetrags eine akute Notlage entsteht, für die einstweiliger Rechtschutz gewährt werden muss.
Denn insbesondere bei Bagatellbeträgen ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ohne weiteres zu verneinen, weil dem Hilfesuchenden das Abwarten der Hauptsacheentscheidung zuzumuten ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.01.2008, Az. L 9 AS 421/07 ER, NDV-RD 2008/104 m. w. Nachw.).
Bei Beträgen unterhalb von 10 EUR dürfte im Regelfall das Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung zumutbar sein (vgl. Entscheidung des Senates vom 23. März 2009 – L 2 B 95/08 AS ER).
Anmerkung: Vgl. dazu Sozialgericht Berlin Beschluss vom 15.07.2010, - S 128 AS 11433/09 -
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist zu versagen, wenn der Rechtsstreit eine wirtschaftliche Bedeutung nur im Bagatellbereich hat.
Dabei gibt es keine einheitliche Rechtsprechung dazu, bei welchem streitigen Betrag von einem Bagatellbetrag gesprochen werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2010 - L 5 AS 610/10 B ER - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 42,- EUR); Beschluss vom 30. März 2009 - L 25 B 2135/08 AS PKH - (keine Bagatelle bei einem streitigen Betrag von mehr als 50,- EUR); Beschluss vom 10. Februar 2009 - L 5 B 1956/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 85,44 EUR); Beschluss vom 6. November 2008 - L 29 B 1644/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 27,- EUR); Beschluss vom 10. Oktober 2008 - L 29 B 1244/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 37,50 EUR); Beschluss vom 14. Mai 2007 - L 10 B 217/07 AS PKH - (zweifelnd für einen Betrag von 67,50 EUR).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/nicht-jede-unterdeckung-des-bedarfs.html
Anmerkung:Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 16.05.2011, - S 45 AS 183/11 ER -
Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass Leistungsbeziehern nach dem SGB II die ihnen zustehenden existenzsichernden Leistungen nicht länger, d.h. bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, vorenthalten werden können. Das gilt auch mit Blick auf die Kosten der Unterkunft.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/search?q=SG+L%C3%BCneburg
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Bei einem Betrag von in Höhe 87,60 Euro("Schulden beim Stromversorger)" - besteht kein Anordnungsgrund, wenn die Antragsteller keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht haben, die ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung unzumutbar sein lassen.
Selbst wenn die Unterbrechung also ansonsten zulässig wäre, dürfte diese mit der Zahlung eines Betrages von 87,60 Euro abgewendet werden können, was den Antragstellern zumutbar erscheint. Denn diese Summe beträgt etwa 9,7 % der jeweiligen monatlichen Regelleistungen für die Antragsteller (2 x 328 Euro + 251 Euro).
Eine Einbehaltung von etwa 10 v.H. der Regelleistung betrifft zwar keinen Betrag, bei dem eine Beeinträchtigung des Lebensunterhalts von vornherein als nicht glaubhaft angesehen werden kann (vgl. Entscheidung des Senates vom 23. März 2009 - L 2 B 95/08 AS ER).
Allerdings müssten die Antragsteller bei einem einmalig zu erbringenden Betrag, der weniger als 10 v.H. der monatlichen Regelleistungen umfasst, detailliert darlegen, welche Beeinträchtigungen konkret zu befürchten sind.
Denn der Gesetzgeber erachtet z.B. im Rahmen der Gewährung von Darlehen nach § 42a Abs. 2 SGB II eine Tilgung durch Aufrechnung in Höhe von 10 v.H. mit laufenden Leistungen als Regelfall. Die Einbehaltung entspricht auch der Summe, als geringste Sanktionsentscheidung nach § 32 SGB II möglich wäre. Erst bei einer Sanktionshöhe von mehr als 30 v.H. sieht der Gesetzgeber die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit ergänzender Sachleistungen (§ 31a Abs. 3 SGB II) vor.
Letztlich wäre der Senat in Eilverfahren zur Vermeidung der Vorwegnahme einer Hauptsache nicht gehindert, eine vorläufige Anordnung unter Abschlägen von bis zu 20 v.H. zu treffen (vgl. BVerfG v. 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – ).
Anmerkung : Vgl. dazu den Beitrag vom Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann im Fachforum von Nomos:
Das Bundesverfassungsgericht hat die Bagatellrechtsprechung des Landessozialgerichtes Berlin-Brandenburg gekippt.
Mit Beschluss des BVerfG vom 24.03.2011 - 1 BvR 2493/10 wurde eine Entscheidung des 10. Senates des LSG Berlin-BRB vom 11.01.2010 aufgehoben. vgl Hierzu LSG Berlin Brb 11.03.2011 L 10 SF 295/10 B PKH juris mit weiteren Nachweisen.
Die Entscheidung in Kürze:
„Ob in einem sozialgerichtlichen Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, hängt in erster Linie davon ab, ob die Beiordnung eines Rechtsanwaltes notwendig ist. Dies ist der Fall, wenn eine unbemittelte Person in der gleichen Lage einen Rechtsanwalt einschaltet. Dabei kommt in erster Linie nicht, wie das LSG meint, auf die Kosten des Rechtsanwaltes, sondern in erster Linie auf die Ungleichheit von Kläger und Behörde hinsichtlich ihrer Kenntnisse und ihrer Prozesserfahrung an. Es sei auch nicht fern liegend, dass ein Bemittelter auch verhältnismäßig hohe Rechtsanwaltskosten nicht scheut, wenn er mit einem Obsiegen und der Erstattung seiner Aufwendungen rechnet.“
Es ging um Kosten der Heizung iHv 7 EUR monatlich und 42 EUR in einem halben Jahr.
Anmerkung hierzu: Vergleiche auch den Aufsatz von Udo Geiger "Keine Prozesskostenhilfe in Bagatellverfahren?"info also 2009, 105-107
http://www.existenzsicherung.de/forum/viewtopic.php?f=3&t=40
Anmerkung : BVerfG vom 24.03.2011, - 1 BvR 1737/10-
Anhand des Streitwertes kann nicht darauf geschlossen werden , ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist oder nicht.
„Das Bundesverfassungsgericht hat mit seiner Entscheidung vom 24.03.2011 – 1 BvR 1737/10, einer Verfassungsbeschwerde gegen einen ablehnenden PKH-Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 04.03.2010 – S 39 AS 21029/09, sowie gegen den zurückweisenden Beschwerdebeschluss des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.06.2010 – L 5 AS 610/10 B PKH, stattgegeben.
Das Sozialgericht hatte im Rahmen eines Alg II-Klageverfahrens die beantragte Prozesskostenhilfe und anwaltliche Beiordnung abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass ein nichtbedürftiger Kläger für eine Klageforderung in Höhe von hier 42 € keinen Anwalt beauftragt hätte. Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Landessozialgericht mit der Begründung zurück, dass eine anwaltliche Hilfe nicht notwendig sei. Insbesondere sei das sozialgerichtliche Verfahren kostenfrei und es handele sich nur um eine Streitigkeit im Bagatellbereich. Es sei keine angemessene Relation zwischen Streitwert (42 €) und Kostenrisiko (bis 460 €) erkennbar.
Nach der jetzigen Entscheidung des BVerfG wurden die ablehnenden Beschlüsse wegen Verletzung des Grundrechts auf Rechtsschutzgleichheit aufgehoben und die Sache an das SG zur Entscheidung zurückverwiesen.
Das BVerfG hat u.a. ausgeführt, dass anhand des Streitwertes nicht darauf geschlossen werden kann, ob die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist oder nicht. Dies richtet sich vielmehr danach, ob zwischen den Parteien eine Waffengleichheit besteht. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass dem Rechtssuchenden prozesserfahrene und rechtskundige Behördenvertreter gegenüberstehen. Ein vernünftiger Rechtssuchender wird daher regelmäßig einen Rechtsanwalt einschalten, wenn er nicht ausnahmsweise selbst über ausreichende rechtliche Kenntnisnisse und Fähigkeiten verfügt.“
„(Mitgeteilt von RAin Neubacher, Kanzlei Püschel & Kollegen, Mahlow)“
Anmerkung: Landessozialgericht Sachsen-Anhalt Beschluss vom 08.11.2010 , - L 2 AS 325/10 B ER -
Für Hilfebedürftige nach dem SGB II kann es zumutbar sein, das Unterkunftskostendefizit durch Umschichtungen bei den Regelleistungen zu kompensieren und auf Anteile der Regelleistung vorübergehend – d.h. für die voraussichtliche Dauer eines Hauptsacheverfahrens – zu verzichten, ohne dass aufgrund des Fehlbetrags eine akute Notlage entsteht, für die einstweiliger Rechtschutz gewährt werden muss.
Denn insbesondere bei Bagatellbeträgen ist das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ohne weiteres zu verneinen, weil dem Hilfesuchenden das Abwarten der Hauptsacheentscheidung zuzumuten ist (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 29.01.2008, Az. L 9 AS 421/07 ER, NDV-RD 2008/104 m. w. Nachw.).
Bei Beträgen unterhalb von 10 EUR dürfte im Regelfall das Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung zumutbar sein (vgl. Entscheidung des Senates vom 23. März 2009 – L 2 B 95/08 AS ER).
Anmerkung: Vgl. dazu Sozialgericht Berlin Beschluss vom 15.07.2010, - S 128 AS 11433/09 -
Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist zu versagen, wenn der Rechtsstreit eine wirtschaftliche Bedeutung nur im Bagatellbereich hat.
Dabei gibt es keine einheitliche Rechtsprechung dazu, bei welchem streitigen Betrag von einem Bagatellbetrag gesprochen werden kann (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Juni 2010 - L 5 AS 610/10 B ER - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 42,- EUR); Beschluss vom 30. März 2009 - L 25 B 2135/08 AS PKH - (keine Bagatelle bei einem streitigen Betrag von mehr als 50,- EUR); Beschluss vom 10. Februar 2009 - L 5 B 1956/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 85,44 EUR); Beschluss vom 6. November 2008 - L 29 B 1644/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 27,- EUR); Beschluss vom 10. Oktober 2008 - L 29 B 1244/08 AS PKH - (Bagatelle bei einem streitigen Betrag von 37,50 EUR); Beschluss vom 14. Mai 2007 - L 10 B 217/07 AS PKH - (zweifelnd für einen Betrag von 67,50 EUR).
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/2011/08/nicht-jede-unterdeckung-des-bedarfs.html
Anmerkung:Sozialgericht Lüneburg Beschluss vom 16.05.2011, - S 45 AS 183/11 ER -
Der erforderliche Anordnungsgrund ergibt sich bereits aus der Erwägung, dass Leistungsbeziehern nach dem SGB II die ihnen zustehenden existenzsichernden Leistungen nicht länger, d.h. bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens, vorenthalten werden können. Das gilt auch mit Blick auf die Kosten der Unterkunft.
http://sozialrechtsexperte.blogspot.com/search?q=SG+L%C3%BCneburg
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
Abonnieren
Posts (Atom)
Kostenübernahme von Medizinal-Cannabis nur bei "Mindestevidenz"
Das SG Nürnberg hat entschieden, dass ein Patient nicht allein deswegen einen Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabis ha...
-
Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übern...
-
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus ein...
-
Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses ...