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Steuerzahlergedenktag 2018: Von 1 Euro bleiben nur 45,7 Cent



 
Der Bund der Steuerzahler (BdSt) hat im Rahmen des Steuerzahlergedenktages 2018 mitgeteilt, dass die Einkommensbelastung in Deutschland nie höher war und einen 3-Punkte-Plan vorgestellt.
Der Steuerzahlergedenktag 2018 ist am 18.07.2018. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler (BdSt) arbeiten die Bürger und Betriebe ab 04:40 Uhr wieder für ihr eigenes Portemonnaie. Das gesamte Einkommen, das die Steuer- und Beitragszahler vor diesem Datum erwirtschaftet haben, wurde rein rechnerisch an den Staat abgeführt. Damit liege die Volkswirtschaftliche Einkommensbelastungsquote im Jahr 2018 bei voraussichtlich 54,3% – diese Quote war noch nie höher. Von jedem verdienten Euro blieben nur 45,7 Cent zur freien Verfügung. Obwohl die Steuerzahler im internationalen Vergleich sehr hohe Bruttoverdienste erzielten, rangierten sie mit ihrem Nettoeinkommen nur im Mittelfeld. Die hohe Belastungsquote resultiere vor allem auch aus heimlichen Steuererhöhungen. Denn die allgemein gute Lohn- und Einkommensentwicklung treibe die Bürger in immer höhere Steuersätze. Der BdSt fordert von der großen Koalition:
1. Reform des Einkommensteuertarifes
Der Einkommensteuertarif muss nach Auffassung des BdSt reformiert werden, damit vor allem die Mittelschicht in Deutschland spürbar entlastet wird. Während die durchschnittlichen Bruttolöhne von 2010 bis 2018 um rund 25% angestiegen seien, wurde die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz zugleich um nur 3,9% angehoben. "Es ist absolut indiskutabel, dass selbst Durchschnittsverdiener gefährlich nahe an den Spitzensteuersatz herankommen", kritisiert BdSt-Präsident Reiner Holznagel.  
Für eine echte Entlastung schlägt der BdSt vor, den Steuertarif abzuflachen, zugleich sollte der Spitzensteuersatz erst ab einem zu versteuernden Einkommen von 80.000 Euro greifen. Zudem fordert der BdSt, den Einkommensteuertarif sprichwörtlich auf Räder zu stellen: Für diesen "Tarif auf Rädern" müssten die Eckwerte – vom Grundfreibetrag bis zur Einkommensgrenze des Spitzensteuersatzes – jährlich an die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung angepasst werden.
2. Abschaffung des Solidaritätszuschlags
Zudem will der BdSt den Soli komplett und für alle abschaffen. Er sei weder zeitgemäß noch verfassungsfest: Nach mehr als einem Vierteljahrhundert habe der Solidaritätszuschlag ausgedient und gehöre bis Ende 2019 abgeschafft, wenn die Finanzhilfen für den "Aufbau Ost" ohnehin auslaufen. "Der Soli hat seine Rechtfertigung längst verloren – schon seit Jahren nimmt der Bund viel mehr Soli ein, als er für den `Aufbau Ost´ ausgibt", betont Holznagel. "Die Politik muss die Sondersteuer komplett und für alle abschaffen – das kann der Bundestag ohne Zustimmung des Bundesrats umsetzen. Der zögerliche Teilabbau ist eine Blamage für die große Koalition und keinem Bürger glaubhaft zu vermitteln!"
Gegen den Solidaritätszuschlag macht der BdSt schon seit Jahren mobil: Weil der Soli auch rechtlich auf tönernen Füßen steht, unterstützt der Verband seit dem Jahr 2008 die Klage eines Steuerzahlers aus Niedersachsen. Das FG Hannover ist der Argumentation des BdSt gefolgt und hat die Rechtsfrage dem BVerfG zur Entscheidung vorgelegt.
3. Wohnen soll bezahlbar werden
Der BdSt will außerdem das Wohnen bezahlbar machen. Der Staat sei der Kostentreiber Nummer 1 für Miete oder Eigenheim, weil Steuern und Abgaben das Wohnen immer teurer machten. Beispiel Grunderwerbsteuer: Von 2010 bis 2018 explodierte das Aufkommen von 5,3 auf 13,8 Mrd. Euro – ein Anstieg um 163%! Um vor allem Familien den Kauf ihrer eigenen vier Wände zu erleichtern, sollte für Ersterwerber von selbstgenutztem Wohneigentum mindestens eine Freistellungsregelung eingeführt werden. "Der Gesetzgeber muss für steuerlich günstiges Wohnen sorgen und darf Mieter, Eigentümer oder Investoren nicht länger mit neuen Vorschriften und höheren Belastungen gängeln", fordert der BdSt-Präsident auch mit Verweis auf die Grundsteuer. Die erhebliche Belastung zeige das aktuelle Landeshauptstadt-Ranking, für das der BdSt sechs verschiedene Wohnnebenkosten unter die Lupe genommen hat. Bei der Grundsteuer fährt Hamburg mit einer Jahresbelastung in Höhe von 1.050 Euro einen bitteren Spitzenplatz ein, im sachsen-anhaltinischen Magdeburg dagegen fallen 296 Euro an.
Dieses Kostengefälle verdeutliche die verfassungswidrigen Verzerrungen im geltenden Grundsteuerrecht: So wird bei der Berechnung der Grundsteuer in den neuen Bundesländern auf die Wertverhältnisse des Jahres 1935 abgestellt, doch in den alten Bundesländern auf die von 1964. Das BVerfG habe diese Bewertungsregeln verworfen, eine Reform der Grundsteuer ist erforderlich. "Wir schlagen ein einfaches Flächenmodell vor, das auf Grundstücksgröße und Wohnfläche basiert", so Holznagel. "Die Grundsteuer-Misere steht symbolisch für unseren Appell an die Politik: Wohnen in Deutschland muss bezahlbar sein!"
Weil auch der Strompreis die Verbraucher übermäßig belastet, sollte die Stromsteuer auf das von der EU vorgegebene Mindestniveau reduziert werden. Denn der Stromsteuersatz liegt in Deutschland um das 20-fache über dem EU-Mindeststeuersatz für die nicht gewerbliche Verwendung von Strom.
Hintergrund: Der Steuerzahlergedenktag
Der Steuerzahlergedenktag bezieht sich auf Steuern und Abgaben, die der Staat vereinnahmt, sowie auf sog. Quasi-Steuern wie den Rundfunkbeitrag, die EEG-Umlage sowie vier weitere Sonderumlagen auf Strom sowie die Konzessionsabgabe auf Strom, Gas und Wasser. Der Tag wird auf Grundlage der Volkswirtschaftlichen Einkommensbelastungsquote ermittelt. Dafür wird das gesamte Aufkommen aus Steuern, Quasi-Steuern und den Zwangsbeiträgen zur Sozialversicherung ins Verhältnis zum Volkseinkommen gesetzt. Diese Quote zeigt, wie sehr der Staat die Einkommen seiner Bürger und Betriebe belastet.
Quelle: Pressemitteilung des BdSt Nr. 24/2018 v. 17.07.2018 Bund der Steuerzahler

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