Direkt zum Hauptbereich

Privater Schwimmunterricht für Kleinkinder ist umsatzsteuerfrei



 
Das FG Stuttgart hat entschieden, dass die Schwimmkurse für Kleinkinder vom ersten bis zum dritten Lebensjahr von der Umsatzsteuer befreit sind.
Die Klägerin führt nach einem von ihr entwickelten Programm Schwimmkurse für Kinder durch. Die Schwimmkurse teilt die Klägerin nach dem Alter der Kinder ein: Säuglinge (3 bis 12 Monate), Kleinkinder (1. bis 3. Lebensjahr) und Kinder ab dem 3. Lebensjahr. Die Schwimmkurse finden in angemieteten Schwimmhallen statt. In den Schwimmkursen für Säuglinge werden diese von ihren Eltern gehalten und bewegt. Die Kinder im Alter vom 1. bis zum 3. Lebensjahr bewegen sich zunächst mit Hilfe der Eltern, die ihre Unterstützung aber schrittweise zurücknehmen. Die Klägerin behandelte sämtliche Schwimmkurse als umsatzsteuerfreie Leistungen. Das Finanzamt lehnte die Steuerbefreiung für das Kleinkinderschwimmen unter drei Jahren ab. Für die Kinderschwimmkurse über drei Jahre gewährte es die Steuerbefreiung, nachdem der Klägerin hierfür vom Regierungspräsidium eine Bescheinigung erteilt worden war. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Steuerbefreiung auch für das Säuglingsschwimmen und das Kleinkinderschwimmen.
Das FG Stuttgart hat entschieden, dass die Schwimmkurse für Kleinkinder vom 1. bis zum 3. Lebensjahr von der Umsatzsteuer befreit sind.
Nach Auffassung des Finanzgerichts ist dagegen das Säuglingsschwimmen steuerpflichtig. Die Klägerin könne sich für die Steuerbefreiung zwar nicht auf das deutsche Umsatzsteuergesetz, aber auf die europäische Mehrwertsteuersystemrichtlinie berufen. Danach sei der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht steuerfrei. Die Klägerin sei eine qualifizierte Privatlehrerin. An der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, bestehe ein hohes Gemeinwohlinteresse. Das Ertrinken sei in Deutschland nach den Verkehrsunfällen die zweithäufigste Todesursache bei (Klein-)Kindern. Die Schwimmkurse für Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren seien auch "Schul- und Hochschulunterricht". Der Begriff erfasse nicht nur prüfungs- oder ausbildungsbezogenen Unterricht. Steuerbefreit seien auch andere Tätigkeiten, um Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung hätten. Die Steuerbefreiung verlange daher nicht, dass die Mehrheit der Kinder nach Beendigung der Kurse in der Lage sei, selbständig zu schwimmen. Die Steuerbefreiung bezwecke die gleichmäßige umsatzsteuerliche Belastung von privaten und öffentlichen Ausbildungsträgern. Daher sei es ausreichend, wenn der Kurs das Schwimmen lernen fördert, ergänzt oder erleichtert. Das sei bei den strukturierten Kinderschwimmkursen der Klägerin der Fall. Beim Säuglingsschwimmen sei die Grenze von der Freizeitgestaltung zum Unterricht aber noch nicht überschritten.
Gericht/Institution:Finanzgericht Baden-Württemberg
Erscheinungsdatum:17.07.2018
Entscheidungsdatum:14.06.2018
Aktenzeichen:1 K 3226/15


Quelle: Pressemitteilung des FG Stuttgart Nr. 14/2018 v. 17.07.2018 juris online

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe...

Zur Frage, wer für die Kosten der Entrümpelung, Grundreinigung und Renovierung der Wohnung eines Messie zuständig ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 08.03.2012, - L 13 AS 22/12 B ER - 1. Der Bedarf eines Hilfesuchenden, der aus einem Fehlgebrauch der Wohnung herrührt (Messie), gehört nicht zum Bedarf für Unterkunft und Heizung iSd § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. 2. Ebenso ist eine notwendige Grundreinigung und Renovierung einer Messie - Wohnung eher nicht auf der Grundlage von §§ 24 Abs. 1 Satz 1, 21 Abs. 6 Satz 1 SGB II zu regeln. 3. Als Anspruchsgrundlage für das Aufräumen einer Messie-Wohnung kommt § 67 SGB XII i.V.m. § 4 der Verordnung zu § 69 SGB XII in Betracht, wobei die Entscheidung über Art und Maß der Hilfeleistung im pflichtgemäßen Ermessen des Leistungsträgers steht. http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/portal/page/bsndprod.psml;jsessionid=445EF403A69158C8FFF6888A88310D59.jp84?doc.id=JURE120006139&st=null&showdoccase=1&paramfromHL=true#focuspoint

Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind auch bei Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII Einkommen

Sozialgericht Karlsruhe,Beschluss vom 21.08.2012,- S 1 SO 2516/12 - Guthaben aus Nebenkostenrückerstattungen sind im Monat des Zuflusses auf dem Konto des Hilfeempfängers in vollem Umfang als Einkommen zu berücksichtigen, soweit dadurch die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig entfällt. Der Kläger macht im Hauptsacheverfahren gegen den beklagten Sozialhilfeträger einen Anspruch auf höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem Vierten Kapitel SGB XII für den Monat Juni 2012 geltend. Streitig ist dabei zwischen den Beteiligten die Anrechnung einer in diesem Monat dem Konto des Hilfeempfängers gutgeschriebenen Nebenkostenrückerstattung seines Vermieters als Einkommen auf seinen Bedarf. Hierdurch ergab sich ein geringerer Zahlbetrag der Hilfeleistung als in den Monaten zuvor. Das Sozialgericht Karlsruhe hat den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen mit der Begründung, die Ausgangsentscheidung der Behörde sei nach der Rechtsprechung des B...