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Bettina Wulff unterliegt im Rechtsstreit mit Bauer-Verlag


Das OLG Celle hat entschieden, dass nach Abwägung der beiderseitigen Interessen das Persönlichkeitsrecht von Frau Wulff nicht dadurch verletzt wurde, dass der Bauer-Verlag in einer Abmahn-Angelegenheit die Klägerin persönlich statt deren Rechtsanwalt angeschrieben hat.
Die Klägerin Bettina Wulff mahnte den beklagten Presseverlag Heinrich Bauer Verlag KG wegen einer vermeintlich unzulässigen Bildberichterstattung durch Anwaltsschreiben ab. Dieses Abmahnschreiben schloss mit dem Hinweis: "Unsere Mandantin ist für eine Antwort in Bezug auf dieses Schreiben nicht empfangsbereit. Sie wünscht nicht direkt diesbezüglich angeschrieben zu werden, sondern dass die Rechtsangelegenheit ausschließlich mit der Kanzlei […] abgewickelt wird." Die Beklagte schrieb die Klägerin dennoch persönlich an, legte in diesem Schreiben dar, dass die Berichterstattung nach ihrer Auffassung zulässig gewesen sei und lud die Klägerin abschließend zu einem persönlichen Gespräch ein, um "für die Zukunft eine […] Gesprächsgrundlage" zu schaffen. Gleichzeitig informierte sie die Rechtsanwälte der Klägerin über dieses Schreiben. Die Klägerin begehrte in dem vorliegenden Verfahren der Beklagten zu untersagen, sie in vergleichbaren Fällen direkt anzuschreiben.
Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Mit der Berufung verfolgte die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Das OLG Celle hat die Klage in zweiter Instanz abgewiesen.
Nach Auffassung des Oberlandegerichts ist durch den fraglichen Brief das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frau Wulff nicht verletzt worden. Zwar könne in der bloßen, als solchen nicht ehrverletzenden, Kontaktaufnahme eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolge und bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen das Recht der Klägerin auf Schutz ihrer Persönlichkeit und Achtung ihrer Privatsphäre das Interesse des Beklagten, mit ihr unmittelbar in Kontakt zu treten, überwiege. Diese Voraussetzungen lägen aber nicht vor. Die Interessenabwägung ergebe, dass der Aufwand das Schreiben entweder ungelesen oder nach Lektüre der Anfangszeilen an den eigenen Anwalt weiterzuleiten, nicht nennenswert sei. Auch stehe das Schreiben nicht in einem Zusammenhang mit sonst durch den beklagten Verlag als Herausgeber der Zeitschrift "Closer" durchgeführten Observierungen und Bespitzelungen. Das Schreiben übe keinen Zwang auf die Klägerin aus, mit der Beklagten zu debattieren, und enthalte keine suggestiven Mittel. Es sei objektiv nicht geeignet gewesen, die Klägerin zu verunsichern, weil es sachlich gefasst sei und keine ehrverletzenden Äußerungen enthalte.
Demgegenüber sei zu berücksichtigen, dass in einer rechtlichen Auseinandersetzung einer Partei grundsätzlich die Möglichkeit gegeben sein müsse, Kontakt zu ihrem Gegner aufzunehmen, um eine argumentative Klärung dieser Auseinandersetzung herbeizuführen. Ein solches Interesse sei schon aufgrund der allgemeinen Meinungsfreiheit geschützt. In diesem speziellen Fall komme hinzu, der Verlag ein persönliches Gespräch angeboten hatte, um eine grundsätzliche Klärung herbeizuführen. Dies habe die höchstpersönliche Bereitschaft von Frau Wulff vorausgesetzt. Um die größtmögliche Chance zu haben, eine solche Bereitschaft zu erzielen, sei es nicht sachfremd gewesen, sie unmittelbar anzuschreiben. Ob das Interesse der Klägerin bei – hier nicht in Frage stehenden – wiederholten unmittelbaren Kontaktaufnahmen anders zu bewerten sei, habe das Gericht nicht beurteilen müssen.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Celle v. 29.05.2015


Gericht/Institution:OLG Celle
Erscheinungsdatum:29.05.2015
Entscheidungsdatum:28.05.2015
Aktenzeichen:13 U 104/14
Quelle: juris

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