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Keine Rente bei Fahren ohne Führerschein

Das SG Gießen hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer, der aufgrund eines Verkehrsunfalls nicht mehr erwerbsfähig ist, dann keinen Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsminderung hat, wenn er betrunken und ohne Fahrerlaubnis gefahren ist.

Ein 28-jähriger Mann war nachts auf der Autobahn mit seinem PKW in einen Erdhügel gefahren und hatte sich dabei mehrere Frakturen und eine Armnervenschädigung zugezogen, seinen Beruf und auch andere Tätigkeiten kann er seitdem wegen der Unfallfolgen nicht mehr ausüben. Deshalb beantragte er bei der Deutschen Rentenversicherung Hessen eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der Mann hatte allerdings zum Unfallzeitpunkt keine Fahrerlaubnis und auch 1,39 Promille Alkohol im Blut. Deshalb war er vom AG Groß-Gerau wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Die Rentenversicherung lehnte daher den Rentenantrag ab.
Für ihre Ablehnung des Rentenantrags bezog sich die Rentenversicherung auf § 104 SGB VI. Danach kann eine Rente ganz oder teilweise versagt werden, wenn jemand sich die für die Rentenleistung erforderliche gesundheitliche Beeinträchtigung bei einer Handlung zugezogen hat, die nach strafgerichtlichen Urteil ein Verbrechen oder vorsätzliches Vergehen ist. Der Anwalt des Mannes argumentierte dagegen, die vorsätzlich begangene Fahrt ohne Fahrerlaubnis sei nicht ursächlich für den Unfall gewesen. Sein Mandant habe über die notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse für das Autofahren verfügt, da er früher bereits einmal den Führerschein besessen habe. Die Trunkenheit im Straßenverkehr habe er nur fahrlässig begangen.
Das SG Gießen hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts wäre es zu dem Unfall nicht gekommen, wenn der Kläger nicht gefahren wäre; das Fahren ohne Fahrerlaubnis könne auch nicht getrennt von der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr gesehen werden. Zum Zeitpunkt des Unfalls habe der Kläger alkoholbedingt offensichtlich nicht mehr über die für das Autofahren notwendigen theoretischen und praktischen Kenntnisse verfügt, sonst wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.
Die Rentenversicherung habe mit ihrer Ablehnung auch keinen Ermessensfehler begangen. Zweck der von ihr angewandten Vorschrift sei ein Ausgleich zwischen dem Grundsatz, dass Sozialrecht keine strafrechtlichen Funktionen wahrzunehmen hat, und dem sozialethisch kaum tolerierbaren Ergebnis, dass schwere Strafverstöße auch noch durch Sozialversicherungsleistungen "belohnt" werden. Dem habe die Rentenversicherung ausreichend Rechnung getragen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Gericht/Institution:SG Gießen
Erscheinungsdatum:18.03.2014
Entscheidungsdatum:26.02.2014
Aktenzeichen:S 4 R 158/12
juris

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