Autor:
Astrid Radüge, Ri'inLSG | |
Erscheinungsdatum: | 15.09.2016 |
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Rechtsänderungen bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II)
Durch
das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch –
Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der
Insolvenzantragspflicht vom 26.07.2016 (BGBl I 2016, 1824) hat das SGB
II umfangreiche Änderungen erfahren, die nach dessen Art. 4 im
Wesentlichen bereits zum 01.08.2016 in Kraft getreten sind. Maßgebliche
Zielsetzung ist nach der Gesetzesbegründung eine Rechtsvereinfachung des
Leistungsrechts, die Entschärfung der Schnittstelle zwischen der
Ausbildungsförderung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie
eine Verbesserung der Leistungen zur Eingliederung in Arbeit. Die
maßgeblichen Gesetzesmaterialien finden sich in der BT-Drs. 18/8041 und der BT-Drs. 18/8909.
Die nachfolgende Darstellung umfasst nur die wichtigsten Neuregelungen.
1. Leistungsgrundsätze, § 3 SGB II
§
3 Abs. 2 SGB II enthält nunmehr die ausdrückliche Zielsetzung, dass
allen Antragstellern unverzüglich Eingliederungsleistungen erbracht
werden sollen. Bei fehlendem Berufsabschluss ist die Vermittlung in eine
Ausbildung vorrangig. Die bisherige Beschränkung der Sofortvermittlung
auf unter 25jährige bzw. über 58jährige Leistungsempfänger ist damit
entfallen.
Durch
§ 3 Abs. 2a SGB II werden die Jobcenter zusätzlich zur schon bisher
bestehenden Verpflichtung, auf eine Teilnahme an Integrationskursen
hinzuwirken, nunmehr auch verpflichtet, auf eine Teilnahme an einem
berufsbezogenen Deutschsprachkurs hinzuwirken, sofern notwendige
berufsbezogene Sprachkenntnisse fehlen. Damit soll nicht nur eine
berufliche Perspektive eröffnet, sondern auch die Chance auf eine
qualifikationsadäquate Beschäftigung gesteigert werden (BT-Drs. 18/8909, S. 28).
2. Verhältnis zu anderen Leistungen, § 5 Abs. 3 SGB II
§
5 Abs. 3 Satz 1 SGB II enthält schon bisher zur Sicherung des Vorrangs
anderer Leistungen die Befugnis der Jobcenter, selbst die erforderlichen
Anträge bei anderen Leistungsträgern zu stellen sowie Rechtsbehelfe und
Rechtsmittel einzulegen, sofern der Leistungsempfänger trotz
Aufforderung seinen diesbezüglichen Obliegenheiten (§ 12a SGB II) nicht
nachkommt. Probleme entstehen jedoch häufig dadurch, dass die vorrangig
verpflichteten Leistungsträger für die Entscheidung über diese Anträge
auf Unterlagen angewiesen sind, die sich im Besitz der
Leistungsempfänger befinden. Legen diese die Unterlagen trotz
Aufforderung nicht vor, werden die vom Jobcenter beantragten Leistungen
wegen Verletzung der Mitwirkungspflichten nach den §§ 60, 66 SGB I
versagt und die vorrangige Leistung kann nicht realisiert werden. Um den
Jobcentern in einer solchen Konstellation die Möglichkeit zu
verschaffen, die Verfolgung vorrangiger Ansprüche wirksam einzufordern,
wurde § 5 Abs. 3 SGB II mit Wirkung zum 01.01.2017 um die Sätze 3 bis 5
ergänzt. Danach haben die Jobcenter künftig die
Grundsicherungsleistungen im Falle einer bestandskräftigen Entscheidung
des anderen Trägers über die Versagung oder Entziehung der vorrangigen
Leistung nach schriftlicher Belehrung ganz oder teilweise solange zu
versagen oder zu entziehen, bis die Leistungsberechtigten ihren
Mitwirkungspflichten gegenüber dem anderen Träger nachgekommen sind.
Wird die Mitwirkung gegenüber dem anderen Träger nachgeholt, ist die
Versagung oder Entziehung rückwirkend aufzuheben. Diese Regelungen
gelten ausdrücklich nicht bei der Beantragung einer vorgezogenen
Altersrente (§ 5 Abs. 3 Satz 6 SGB II).
3. Schnittstelle zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der Ausbildungsförderung, §§ 7, 27 SGB II
Ein
besonderes Anliegen war dem Gesetzgeber die Entschärfung der
Schnittstelle zwischen der Grundsicherung für Arbeitsuchende und der
Ausbildungsförderung (BT-Drs. 18/8041,
S. 30). In der Praxis war die Aufnahme einer Ausbildung häufig dadurch
erschwert, dass damit der Anspruch auf Arbeitslosengeld II entfiel. Auch
in Fällen, in denen stattdessen grundsätzlich Ansprüche auf
Ausbildungsförderung bestanden, konnte es wegen der Bearbeitungsdauer zu
Zahlungslücken kommen, die die Sicherung des Lebensunterhalts zu Beginn
der Ausbildung gefährdeten.
Nach
der Grundregel des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II bleiben Auszubildende,
deren Ausbildung nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist,
grundsätzlich – mit Ausnahme der Leistungen nach § 27 SGB II – von den
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen.
Auszubildende, deren Berufsausbildung nach den §§ 51, 57 und 58 SGB III
förderungsfähig ist, sind nicht mehr genannt und können daher bei
Vorliegen der übrigen Voraussetzungen aufstockendes Arbeitslosengeld II
erhalten. Durch die Änderungen in § 7 Abs. 6 SGB II, der die
Rückausnahmen zum grundsätzlichen Ausschluss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB
II enthält, werden aber auch viele Auszubildende, die eine nach dem
BAföG förderungsfähige Ausbildung absolvieren und die
Ausbildungsförderung nach dem BAföG auch tatsächlich erhalten, in den
Kreis der Anspruchsberechtigten aufgenommen. Nach § 7 Abs. 6 Nr. 1 SGB
II sind wie bisher Auszubildende leistungsberechtigt, die nach § 2
Abs. 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
Nach
§ 7 Abs. 6 Nr. 2a SGB II sind nunmehr auch Auszubildende in schulischen
Ausbildungen unter den dort genannten Voraussetzungen
anspruchsberechtigt, wenn die Leistungen nach dem BAföG entweder
tatsächlich bezogen oder nur wegen der Berücksichtigung von Einkommen
oder Vermögen nicht bezogen werden. Um den Lebensunterhalt bis zur
Entscheidung über den Antrag auf Ausbildungsförderung zu sichern,
besteht der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II auch dann, wenn die
Ausbildungsförderung zu Beginn der Ausbildung zwar bereits beantragt,
über den Antrag aber noch nicht entschieden worden ist. Wird die
Ausbildungsförderung abgelehnt, endet der Anspruch nach dem SGB II ab
dem folgenden Monat, es sei denn, die Ablehnung erfolgt wegen zu
berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens (§ 7 Abs. 6 Nr. 2b SGB II).
§
27 SGB II enthält weiterhin die Leistungen für Auszubildende, die nach §
7 Abs. 5 SGB II vom Arbeitslosengeld II ausgeschlossen sind. Nach § 27
Abs. 3 Satz 1 SGB II können nunmehr Leistungen für Regelbedarfe, den
Mehrbedarf nach § 21 Abs. 7 SGB II, Bedarfe für Unterkunft und Heizung,
Bedarfe für Bildung und Teilhabe sowie notwendige Beiträge zur Kranken-
und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der
Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II eine besondere Härte
bedeutet. Mit § 27 Abs. 3 Sätze 2 und 3 SGB II ist außerdem eine neue
befristete Härteregelung aufgenommen worden: Danach ist eine besondere
Härte anzunehmen, wenn Schüler wegen Überschreitens der Altersgrenze
nach § 10 Abs. 3 BAföG keine Ausbildungsförderung erhalten, die
Ausbildung aber im Einzelfall für die Eingliederung des Auszubildenden
in das Erwerbsleben zwingend erforderlich ist und ohne die Erbringung
von Leistungen zum Lebensunterhalt der Abbruch der Ausbildung droht; in
diesem Fall sind Leistungen als Zuschuss zu erbringen. Die Regelung ist
im Hinblick auf mögliche Anpassungen der Altersgrenze nach § 10 Abs. 3
BAföG auf Ausbildungen, die vor dem 31.12.2020 begonnen wurden,
befristet worden (BT-Drs. 18/8909 S. 31).
4. Einkommensanrechnung, §§ 11, 11a, 11b SGB II
Einnahmen
in Geldeswert sind nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich nicht
mehr als Einkommen zu berücksichtigen. Die Änderung dient vor allem der
Verwaltungsvereinfachung, da die Prüfung, mit welchem Wert ein Sachbezug
anzusetzen war, oft aufwändig war, während eine Anrechnung wegen des
Unterschreitens der Bagatellgrenze im Ergebnis häufig unterblieb (BT-Drs. 18/8041,
S. 32). Zu prüfen bleibt allerdings eine Berücksichtigung als neu
erworbenes Vermögen. Eine Ausnahme von der Anrechnungsfreiheit gilt
gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 SGB II für Einnahmen in Geldeswert, die im
Rahmen von Erwerbstätigkeit, Bundesfreiwilligendienst oder
Jugendfreiwilligendienst zufließen, da es nicht gerechtfertigt wäre,
Arbeitsentgelte je nach der Erbringungsform als Geldbetrag oder
Sachleistung unterschiedlich zu behandeln (BT-Drs. 18/8041, S. 32).
Entsprechend
zu der weitergehenden Einbeziehung Auszubildender in den Anspruch auf
Arbeitslosengeld II sind mit § 11a Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 bis 5 SGB II
Regelungen zur Berücksichtigung des Einkommens der Auszubildenden
eingefügt worden. Zudem ist der Vorschrift ein Abs. 6 angefügt worden,
der die Anrechnung von Überbrückungsgeld für Haftentlassene neu regelt.
Durch
die geänderte Fassung von § 11b Abs. 2 SGB II wird klargestellt, dass
der pauschalierte Absetzbetrag von 100 Euro monatlich nur bei Einkommen
aus Erwerbstätigkeit gilt und die Prüfung eines höheren Absetzbetrages
als 100 Euro nur dann erfolgt, wenn das Erwerbseinkommen über 400 Euro
brutto monatlich liegt. Andere Einkommensarten bleiben dabei außer
Betracht.
5. Neugestaltung der Eingliederungsvereinbarung, § 15 SGB II
Durch
die Neufassung der Regelungen zur Eingliederungsvereinbarung in § 15
SGB II soll verstärkt darauf hingewiesen werden, dass die
Eingliederungsvereinbarung das maßgebliche Werkzeug zur Planung und
Gestaltung des Eingliederungsprozesses und zur Festlegung der
gegenseitigen Rechte und Pflichten ist (BT-Drs. 18/8041,
S. 37). Zu diesem Zweck wird künftig in Anlehnung an das aus dem
Arbeitsförderungsrecht bekannte Instrument der Potenzialanalyse eine
individuelle Einschätzung der besonderen persönlichen Merkmale, der
beruflichen Fähigkeiten und der die Eingliederung ggf. erschwerenden
Faktoren durchgeführt. Die bisher geltende regelhafte Laufzeit der
Eingliederungsvereinbarung für sechs Monate ist entfallen. Demgegenüber
ist eine Verpflichtung zur regelmäßigen Aktualisierung unter
Berücksichtigung der bisher gewonnenen Erfahrungen eingeführt worden (§
15 Abs. 3 SGB II).
6. Einstiegsgeld, § 16b SGB II
Beim
Einstiegsgeld ist die Beschränkung auf arbeitslose Leistungsberechtigte
entfallen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll dies die Förderung von
Personen ermöglichen, die zugunsten einer Erwerbstätigkeit ihre
Elternzeit beenden (BT-Drs. 18/8041, S. 37).
7. Arbeitsgelegenheiten, § 16d SGB II
Durch
die Neufassung von § 16d Abs. 6 SGB II ist künftig die nochmalige
Zuweisung in eine Arbeitsgelegenheit für maximal ein Jahr nach Ablauf
der 24monatigen Förderung im Fünfjahreszeitraum möglich, wenn die
Fördervoraussetzungen weiterhin vorliegen und insbesondere Leistungen
zur unmittelbaren Unterstützung der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht infrage kommen (§ 16d Abs. 5 SGB II).
Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen hiervon insbesondere ältere
Menschen und Leistungsberechtigte mit minderjährigen Kindern
profitieren, denen es ansonsten nur schwer möglich ist, auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen (BT-Drs. 18/8909, S. 30).
8. Bedarfe für Unterkunft und Heizung, § 22 SGB II
Durch
die Neufassung von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wird klargestellt, dass
bei einem Umzug in eine teurere Wohnung innerhalb des
Zuständigkeitsbereichs eines kommunalen Trägers ohne vorherige
Zusicherung stets nur die bisherigen Aufwendungen als Bedarf anerkannt
werden, unabhängig davon, ob der Umzug in eine angemessene oder
unangemessene Wohnung erfolgt. Rückzahlungen, die sich auf nicht
anerkannte Bedarfe für Unterkunft und Heizung beziehen, sind nunmehr
anrechnungsfrei (§ 22 Abs. 3 SGB II).
Zuständig
für die Zusicherung ist nun der am Ort der neuen Unterkunft örtlich
zuständige kommunale Träger (§ 22 Abs. 4 Satz 1 SGB II), da er
insbesondere die Angemessenheit vor Ort besser beurteilen kann (BT-Drs. 18/8041,
S. 40). Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die
Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (§ 22 Abs. 4 Satz 2
SGB II). Die bisherige Voraussetzung, wonach der Umzug erforderlich
sein musste, ist entfallen. Eine Abstimmung des bisherigen und des neuen
kommunalen Trägers ist daher nicht mehr erforderlich.
Aufwendungen
für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen werden durch § 22 Abs. 6
Satz 1 und 3 SGB II einer Mietkaution gleichgestellt und können daher
bei vorheriger Zusicherung als Darlehen erbracht werden.
Mit
§ 22 Abs. 10 SGB II ist die gesetzliche Grundlage für die Bildung einer
Gesamtangemessenheitsgrenze für die Kosten von Unterkunft und Heizung
(Bruttowarmmiete) geschaffen worden. Bislang war dies nur im Rahmen der
Bestimmung der Angemessenheit durch eine kommunale Satzung nach § 22b
Abs. 1 Satz 3 SGB II möglich. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass
dadurch mehr angemessene Wohnungen zur Verfügung stehen, weil höhere
Aufwendungen für die Unterkunft durch geringere Aufwendungen für die
Heizung ausgeglichen werden können und umgekehrt (BT-Drs. 18/8041, S. 41).
9. Zuschüsse zu den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung, § 26 SGB II
Die Regelungen des § 26 SGB II sind mit Wirkung zum 01.01.2017 insgesamt neu gefasst worden.
Mit
der Neufassung des § 26 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist das in der
Rechtspraxis bereits berücksichtigte Urteil des BSG vom 18.01.2011 (B 4
AS 108/10 R) zur Schließung der sog. „PKV-Beitragslücke“ gesetzlich
umgesetzt worden. Der Zuschuss bleibt begrenzt auf den halbierten
Beitrag für den Basistarif, den Hilfebedürftige für eine Absicherung
nach dem Basistarif der privaten Krankenversicherung zu leisten haben.
Für Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die freiwillig in
der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, bleibt es bei der
bisherigen Rechtslage. Bezieher von Sozialgeld, die – z.B. nach § 5
Abs. 1 Nr. 13 SGB V – versicherungspflichtig sind und eigene Beiträge zu
tragen haben, erhalten nach der Neufassung des § 26 Abs. 1 Satz 2 SGB
II hierzu einen Zuschuss, sofern die Beiträge nicht nach § 11b Abs. 1
Satz 1 Nr. 2 SGB II vom Einkommen abzusetzen sind.
Entsprechende
Regelungen für die Beiträge zu einer privaten Pflegeversicherung trifft
§ 26 Abs. 3 Satz 1 SGB II. Damit ist das in der Praxis bereits
berücksichtigte Urteil des BSG vom 16.10.2012 (B 14 AS 11/12 R)
gesetzlich umgesetzt worden.
In
§ 26 Abs. 2 SGB II werden künftig die Fälle systematisch
zusammengefasst, in denen Personen allein aufgrund der Beiträge zur
gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung hilfebedürftig werden.
Sie erhalten einen Zuschuss zu den Beiträgen, die notwendig sind, um
Hilfebedürftigkeit zu vermeiden. Eine entsprechende Regelung für die
Beiträge zur sozialen oder privaten Pflegeversicherung ist in § 26
Abs. 4 SGB II enthalten.
Die
Zuschüsse für privat kranken- und pflegeversicherte Leistungsbezieher
sind wie bisher direkt an das Versicherungsunternehmen zu zahlen (§ 26
Abs. 5 Satz 1 SGB II). Das Gleiche gilt künftig für zuschussberechtigte
Bezieher von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld, die freiwillig
versichert oder versicherungspflichtig in der gesetzlichen
Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung sind (§ 26 Abs. 5
Satz 2 SGB II). Hierdurch soll insbesondere die fristgerechte
Beitragszahlung gegenüber der Krankenkasse gewährleistet und dem
Entstehen von Beitragsschulden entgegengewirkt werden (BT-Drs. 18/8041, S. 44).
Die
Neufassung tritt wegen der notwendigen Vorlaufzeiten zur Umsetzung der
Direktzahlung der Zuschüsse erst mit Wirkung zum 01.01.2017 in Kraft (BT-Drs. 18/8041, S. 68).
10.
Verlagerung der Zuständigkeit für Leistungen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik für Arbeitslosengeld-Aufstocker, § 5 Abs. 4 SGB II
Personen,
die neben dem Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld aufstockendes
Arbeitslosengeld II beziehen, erhalten zukünftig Leistungen der aktiven
Arbeitsmarktpolitik nach dem SGB III, um dem Versicherungsgedanken nach
dem SGB III Rechnung zu tragen. Bisher erhielt dieser Personenkreis
Eingliederungsleistungen nach dem SGB II. Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft, die keine Ansprüche nach dem SGB III haben, werden
weiterhin durch die Jobcenter betreut. Diese Neuregelung tritt erst mit
Wirkung zum 01.01.2017 in Kraft.
11. Erstattungsanspruch bei Doppelleistungen, § 34b SGB II
Durch
die Neufassung des § 34b SGB II ist ein neuer Erstattungsanspruch
eingefügt worden. Danach ist ein Leistungsberechtigter zur Erstattung
der Leistung eines vorrangig verpflichteten Trägers an den
Leistungsträger nach dem SGB II verpflichtet, wenn der vorrangige
Leistungsträger in Unkenntnis der Leistung nach dem SGB II an den
Leistungsberechtigten geleistet hat (§ 34b Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die
Regelung wurde eingeführt, weil die Leistungsträger nach dem SGB II in
derartigen Fällen bisher Schwierigkeiten hatten, Erstattungsansprüche
erfolgreich geltend zu machen. Ein Erstattungsanspruch gegen den
vorrangig verpflichteten Träger nach § 104 SGB X scheiterte häufig
daran, dass die vorrangige Leistung mit befreiender Wirkung an den
Leistungsberechtigten gezahlt worden war. Ein Erstattungsanspruch
gegenüber dem Leistungsberechtigten war nur begrenzt möglich,
insbesondere wenn eine Anrechnung als Einkommen noch möglich war, was
jedoch voraussetzte, dass der Betreffende noch im Leistungsbezug stand.
Durch den neuen Erstattungsanspruch nach § 34b SGB II soll diese
Regelungslücke geschlossen werden (BT-Drs. 18/8041, S. 47).
Der
Erstattungsanspruch gegen den Leistungsberechtigten besteht in der
Höhe, in der ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 ff. SGB X bestanden
hätte (§ 34b Abs. 1 Satz 2 SGB II). § 34b Abs. 2 SGB II stellt klar,
dass eine Anrechnung als Einkommen – wenn sie möglich ist – vorrangig
gegenüber dem Erstattungsanspruch bleibt.
12. Keine aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage gegen Leistungsentziehung, § 39 Nr. 1 SGB II
Aufgrund
der Neufassung von § 39 Nr. 1 SGB II haben Widerspruch und
Anfechtungsklage gegen eine Entziehungsentscheidung nach § 66 SGB I im
Bereich des SGB II keine aufschiebende Wirkung mehr. Hierdurch ist eine
Gleichstellung mit der Aufhebung oder Rücknahme einer
Leistungsbewilligung erfolgt, bei denen Widerspruch und Anfechtungsklage
schon bisher keine aufschiebende Wirkung hatten.
13. Bewilligungszeitraum, § 41 SGB II
Aufgrund
der Neufassung von § 41 Abs. 3 SGB II beträgt der
Regelbewilligungszeitraum nunmehr ein Jahr. Der Bewilligungszeitraum
soll jedoch insbesondere in den Fällen einer vorläufigen Entscheidung
über den Leistungsanspruch (§ 41a SGB II) und bei unangemessenen
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung auf sechs Monate verkürzt
werden. Nach der bisherigen Bestimmung belief sich der
Bewilligungszeitraum regelhaft auf sechs Monate, konnte aber auf bis zu
zwölf Monate verlängert werden, wenn eine Änderung der Verhältnisse
nicht zu erwarten war. Diese Regelung wurde als zu kostenintensiv und
verwaltungsaufwändig bewertet (BT-Drs. 18/8041, S. 51).
14. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, § 56 SGB II
Mit
der Änderung des § 56 SGB II ist die Anzeige- und Bescheinigungspflicht
bei Arbeitsunfähigkeit flexibilisiert worden. Bisher war jede
erwerbsfähige leistungsberechtigte Person verpflichtet, eine
Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen und die entsprechende Bescheinigung
vorzulegen. Nunmehr gelten diese Pflichten nicht mehr kraft Gesetzes,
sondern müssen in der Eingliederungsvereinbarung individuell geregelt
werden. Dabei „soll“ erwerbsfähigen Leistungsberechtigten eine
entsprechende Verpflichtung auferlegt werden, da die Kenntnis des
Jobcenters von einer Arbeitsunfähigkeit für dessen
Eingliederungsbemühungen erforderlich ist. In Fällen, in denen bestimmte
Gründe einer Eingliederung in den Arbeitsmarkt aber ohnehin
entgegenstehen, zum Beispiel bei Schülern an allgemeinbildenden Schulen,
kann jedoch von der Auferlegung der Pflicht abgesehen werden (BT-Drs. 18/8041, S. 60).
Quelle: juris
Quelle: juris
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