Donnerstag, 23. Juli 2015

Aufwendungen für Arzneimittel bei Diätverpflegung als außergewöhnliche Belastung


Der BFH hat entschieden, dass Aufwendungen für ärztlich verordnete Arzneimittel i.S.v. § 2 AMG nicht dem Abzugsverbot für Diätverpflegung nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG unterfallen.
Die Klägerin leidet an einer chronischen Stoffwechselstörung. Sie nimmt aus diesem Grund – ärztlich verordnet – Vitamine und andere Mikronährstoffe ein. Die hierfür entstandenen Aufwendungen machte sie in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als Krankheitskosten und damit als sog. außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG geltend.
Die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hatte das Finanzgericht abgewiesen. Aufwendungen für Vitamine und andere Mikronährstoffe seien Diätverpflegung und könnten deshalb nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.
Der BFH hat auf die Revision der Klägerin die Vorentscheidung aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Nach Auffassung des BFH hat das Finanzgericht nicht festgestellt, ob es sich bei den von der Klägerin eingenommenen Präparaten um Nahrungsergänzungsmittel i.S.d. § 1 NemV (Nahrungsergänzungsmittelverordnung) und damit um Lebensmittel oder ob es sich um Arzneimittel i.S.d. § 2 AMG (Arzneimittelgesetz) handelt. Die erforderlichen Feststellungen habe es im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Denn vom Abzugsverbot nach § 33 Abs. 2 Satz 3 EStG würden nur Aufwendungen für Diätlebensmittel, nicht aber Arzneimittel i.S.d. § 2 AMG erfasst. Dies gelte auch dann, wenn die Arzneimittel im Rahmen einer Diät eingenommen würden. Aufwendungen hierfür seien vielmehr als Krankheitskosten nach § 33 Abs. 1 EStG zu berücksichtigen, wenn die Einnahme der Medikamente einer Krankheit geschuldet und die Medikation durch ärztliche Verordnung nachgewiesen sei.
VorinstanzFG Düsseldorf, Urt. v. 15.07.2013 - 9 K 3744/12 E
Quelle: Pressemitteilung des BFH Nr. 50/2015 v. 22.07.2015


Gericht/Institution:BFH
Erscheinungsdatum:22.07.2015
Entscheidungsdatum:14.04.2015
Aktenzeichen:VI R 89/13
Quelle : Juris

Mittwoch, 22. Juli 2015

Erstes Urteil zur Mütterrente


Das SG Berlin hat entschieden, dass keine Rentenerhöhung für die Erziehung eines behinderten Pflegekindes gewährt werden kann, das erst im Alter von 14 Monaten aufgenommen wurde, da die Mütterrente an eine strenge Stichtagsregelung gebunden ist und das Gesetz Ausnahmen für Härtefälle nicht vorsieht.
Am 01.07.2014 sind als Teil eines "Rentenpaketes" auch die Vorschriften zur Mütterrente in Kraft getreten. Sie gewähren unter bestimmten Voraussetzungen einen Rentenzuschlag für die Erziehung von vor 1992 geborenen Kindern. Damit begünstigen sie insbesondere die damals überwiegend mit der Erziehung befassten Mütter, indem sie deren erziehungsbedingte Einkommenseinbußen abmildern. AM SG Berlin wird derzeit in etwa 75 Fällen um die "Mütterrente" gestritten.
Die 1951 geborene Klägerin ist leibliche Mutter eines 1980 geborenen und von ihr erzogenen Sohnes. Außerdem hat sie im Oktober 1979 ein damals 14 Monate altes behindertes Mädchen mit dem Ziel der Adoption in ihren Haushalt aufgenommen. Im Zuge der Neuberechnung ihrer Altersrente gewährte die beklagte Deutsche Rentenversicherung Berlin-Brandenburg der Klägerin im September 2014 einen zusätzlichen Entgeltpunkt für die Erziehung des Sohnes. Mit ihrer im Januar 2015 erhobenen Klage begehrte die Klägerin auch die Anerkennung eines zusätzlichen Entgeltpunktes für die Erziehung der Adoptivtochter. Damals seien behinderte Kinder nie vor Vollendung des ersten Lebensjahres in Pflegefamilien gegeben worden. Sie hätte das Mädchen also gar nicht früher aufnehmen können. Die gesetzliche Regelung stelle deshalb eine unangemessene Benachteiligung für die Adoptiveltern behinderter Kinder dar. Sie persönlich sei darüber hinaus besonders stark benachteiligt, weil sie sich gegenüber dem Familiensenator habe verpflichten müssen, ihren Beruf als Hauswirtschafterin aufzugeben, um das Kind zu pflegen.
Das SG Berlin hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts sind die gesetzlichen Voraussetzungen der sog. Mütterrente nicht erfüllt. Entscheidend sei § 307d Abs. 1 SGB VI, dessen ausschlaggebender Teil lautet:
"Bestand am 30.06.2014 Anspruch auf eine Rente, wird ein Zuschlag an persönlichen Entgeltpunkten für Kindererziehung für ein vor dem 01.01.1992 geborenes Kind berücksichtigt, wenn 1. in der Rente eine Kindererziehungszeit für den zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt angerechnet wurde […]."
Eine Kindererziehungszeit für den "zwölften Kalendermonat nach Ablauf des Monats der Geburt" der Adoptivtochter liege bei der Klägerin nicht vor und sei auch faktisch ausgeschlossen, da die Tochter erst danach in den Haushalt aufgenommen worden sei. Damit sei die Ablehnung eines zusätzlichen Entgeltpunktes nicht zu beanstanden. Der Standpunkt der Klägerin sei zwar nachvollziehbar, zumal sie durch die Adoption eines behinderten Kleinkindes einen besonders hohen Beitrag für die Gesellschaft geleistet habe. Die Vorschrift begegne jedoch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Jede Stichtagsregelung und jede pauschale gesetzliche Regelung betreffe immer auch Einzelfälle, die eine besondere Härte darstellen können. Gerade bei der Einführung rückwirkender Begünstigungen wie der Mütterrente habe der Gesetzgeber jedoch einen besonders weiten Gestaltungsspielraum. Er dürfe und müsse verwaltungspraktikable Regelungen schaffen. Dies gelte umso mehr, wenn – wie hier – an lange zurückliegende Sachverhalte anzuknüpfen sei, die sich in aller Regel nicht mehr zweifelsfrei aufklären ließen.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann sie mit der Berufung beim LSG Berlin-Brandenburg anfechten.
Quelle: Pressemitteilung des SG Berlin v. 17.07.2015


Gericht/Institution:SG Berlin
Erscheinungsdatum:17.07.2015
Entscheidungsdatum:29.06.2015
Aktenzeichen:S 17 R 473/15
Quelle: juris

Schussverletzung von Taxifahrer als Arbeitsunfall anerkannt


Das LSG Darmstadt hat entschieden, dass es von der Berufsgenossenschaft als Arbeitsunfall anzuerkennen ist, wenn ein Taxifahrer eine Personen, die sich lautstark dem Taxistand nähert, zur Ruhe auffordert und von dieser daraufhin niedergeschossen wird.
Dies gelte jedenfalls, soweit kein privates Überfallmotiv vorliege und der Taxifahrer aus betriebsbezogenen Gründen gehandelt habe, so das Landessozialgericht.
Ein Taxifahrer war im Gespräch mit Kollegen, als sich zwei ihm unbekannte Männer schreiend dem Taxistand näherten. Der Taxifahrer ging von einem Streit aus und wollte schlichten. Er forderte die Männer mehrfach erfolglos auf, ruhig zu sein und abzuhauen. Einer der Männer zog schließlich eine Schusswaffe und zielte auf den Kopf des Taxifahrers, ohne dass sich jedoch ein Schuss löste. Der Taxifahrer ging daraufhin weiter auf ihn zu und forderte ihn erneut auf, abzuhauen. Da lud der Mann die Pistole durch, schoss den Taxifahrer in den Bauch und verletzte ihn dabei schwer. Das LG Darmstadt verurteilte den Täter wegen versuchten Mordes zu acht Jahren Freiheitsstrafe.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Arbeitsunfall ab. Ein Unfall infolge einer Streitigkeit sei nur dann gesetzlich unfallversichert, wenn der Streit mit der betrieblichen Tätigkeit zusammenhänge. Der angestellte Taxifahrer habe hingegen nicht aus betrieblichen Gründen gehandelt, sondern die Bevölkerung vor einer Ruhestörung schützen wollen. Ferner habe er sich einer selbst geschaffenen Gefahr ausgesetzt, weil er nach der ersten Bedrohung mit der Schusswaffe den Streit nicht unverzüglich beendete habe. Der Taxifahrer führte dagegen an, er habe den Täter und seinen Begleiter als mögliche Kunden angesehen und sie im Hinblick auf eine störungsfreie Fahrt mäßigen wollen. Auch könnten lärmende Personen im Bereich des Taxistandes andere Kunden abschrecken. Im Übrigen habe er die Schusswaffe zunächst nicht erkannt und sei vielmehr von einem Elektroschocker ausgegangen.
Das Sozialgericht hatte einen versicherten Arbeitsunfall bejaht.
Das LSG Darmstadt hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts ist ein versicherter Arbeitsunfall zu bejahen. Der Taxifahrer habe einen störungsfreien Taxibetrieb sicherstellen wollen. Potentielle Kunden sollten nicht durch Lärm abgeschreckt werden. Damit habe er aus betriebsbezogenen Gründen gehandelt. Insoweit sei unbedeutend, dass er auch die Bevölkerung vor Lärm habe schützen wollen. Ein privates Überfallmotiv liege nicht vor. Der Taxifahrer habe sich zudem nicht derart sorglos und unvernünftig verhalten, dass eine selbstgeschaffene Gefahr als allein wesentliche Ursache anzusehen sei. Er sei zunächst von einem Elektroschocker ausgegangen. Daher sei er sich der Gefahr aufgrund der Schusswaffe nicht bewusst gewesen.
Das LSG Darmstadt hat die Revision nicht zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des LSG Darmstadt Nr. 13/2015 v. 21.07.2015


Gericht/Institution:Hessisches Landessozialgericht
Erscheinungsdatum:21.07.2015
Entscheidungsdatum:29.05.2015
Aktenzeichen:L 9 U 41/13
Quelle: juris

Diskriminierungsschutz für schwangere Frauen


Das ArbG Berlin hat entschieden, dass die wiederholte Kündigung einer schwangeren Frau ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde einen Anspruch auf Geldentschädigung wegen Diskriminierung auslösen kann.
Der Beklagte, ein Rechtsanwalt, hatte die bei ihm beschäftigte Klägerin bereits während der Probezeit gekündigt. Diese Kündigung hatte das Arbeitsgericht in einem vorangegangenen Kündigungsschutzverfahren nach § 9 MuSchG für unwirksam erklärt, weil die Klägerin ihrem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage des Mutterpasses mitgeteilt hatte, dass sie schwanger sei und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde zur Kündigung eingeholt hatte. Einige Monate später kündigte der Beklagte erneut ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde.
Das ArbG Berlin hat den Arbeitgeber zur Zahlung einer Entschädigung i.H.v. 1.500 Euro verurteilt.
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts ist auch auch die erneute Kündigung unwirksam. Der Anspruch auf Geldentschädigung ergebe sich aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Der Einlassung des Beklagten, er sei davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft schon beendet sei, sei entgegenzuhalten, dass er aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft habe rechnen müssen.
Quelle: Pressemitteilung des LArbG Berlin-
Gericht/Institution:ArbG Berlin
Erscheinungsdatum:21.07.2015
Entscheidungsdatum:08.05.2015
Aktenzeichen:28 Ca 18485/14
Brandenburg Nr. 23/2015 v. 21.07.2015

Quelle: juris 

Donnerstag, 16. Juli 2015

Recht auf Elternurlaub darf nicht von Situation des Ehegatten abhängen


Der EuGH hat entschieden, dass die griechischen Rechtsvorschriften, nach denen Beamten, deren Ehefrauen nicht arbeiten, ein Elternurlaub versagt wird, gegen Unionsrecht verstoßen.
Nach griechischem Recht hat ein Beamter keinen Anspruch auf bezahlten Elternurlaub, wenn seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist, es sei denn, sie kann wegen einer schweren Erkrankung oder Verletzung den Erfordernissen der Kinderbetreuung nicht nachkommen.
Ende 2010 beantragte Herr M., Richter in Griechenland, bezahlten Elternurlaub von neun Monaten zur Betreuung seines am 24.10.2010 geborenen Kindes. Dieser Antrag wurde vom Minister für Justiz, Transparenz und Menschenrechte mit der Begründung abgelehnt, dass die Ehegattin von Herrn M. zu dem Zeitpunkt nicht erwerbstätig gewesen sei.
Der mit der Rechtssache befasste Symvoulio tis Epikrateias (griechischer Staatsrat) fragt den EuGH, ob es mit der Richtlinie 96/34/EG über den Elternurlaub und der Richtlinie 2006/54/EG über die Gleichbehandlung in Beschäftigungsfragen vereinbar ist, Beamten, deren Ehefrauen nicht arbeiten, die Inanspruchnahme von Elternurlaub zu verwehren.
Der EuGH antwortet, dass nationale Rechtsvorschriften einem Beamten das Recht auf Elternurlaub nicht mit der Begründung vorenthalten dürfen, dass seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist.
Nach Auffassung des EuGH hat nach der Richtlinie über den Elternurlaub jeder Elternteil ein individuelles Recht auf Elternurlaub. Dabei handele es sich um eine Mindestanforderung, von der die Mitgliedstaaten gesetzlich oder tarifvertraglich nicht abweichen dürften. Folglich dürfe einem Elternteil das Recht auf Elternurlaub nicht vorenthalten werden, und die berufliche Situation des Ehegatten dürfe die Inanspruchnahme dieses Rechts nicht vereiteln. Dieses Ergebnis stehe im Übrigen nicht nur im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erwerbstätiger Eltern zu erleichtern, sondern auch mit der Eigenschaft als soziales Grundrecht, die die Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Recht auf Elternurlaub zuerkenne.
Außerdem hätten in Griechenland Mütter, die Beamtinnen sind, stets Anspruch auf Elternurlaub, während Väter, die die gleiche Stellung haben, diesen nur dann in Anspruch nehmen können, wenn die Mutter des Kindes erwerbstätig ist. Die Eigenschaft als Elternteil allein reiche also für Männer, die Beamte sind, nicht aus, um diesen Urlaub in Anspruch nehmen zu können, wohl aber für Frauen, die die gleiche Stellung haben. Die griechische Regelung, die weit davon entfernt sei, die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben zu gewährleisten, führe demnach eher zu einer Verfestigung der herkömmlichen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, indem den Männern weiterhin eine im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Elternschaft subsidiäre Rolle gegenüber den Frauen zugewiesen werde. Folglich sehe das griechische Beamtengesetz eine gegen die Richtlinie über Gleichbehandlung in Beschäftigungsfragen verstoßende unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts von Beamten vor, die Väter sind und Elternurlaub nehmen wollen.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 89/2015 v. 16.07.2015

Gericht/Institution:EuGH
Erscheinungsdatum:16.07.2015
Entscheidungsdatum:16.07.2015
Aktenzeichen:C-222/14
Quelle: juris 

Mittwoch, 15. Juli 2015

Kosten für Abschiedsfeier steuerlich abzugsfähig


Das FG Münster hat entschieden, dass Aufwendungen für eine Abschiedsfeier, die ein Arbeitnehmer anlässlich eines Arbeitgeberwechsels veranstaltet, als Werbungskosten steuerlich abzugsfähig sind.
Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und war mehrere Jahre als leitender Angestellter in einem Unternehmen tätig. Im Streitjahr wechselte der Kläger an eine Fachhochschule und nahm dort eine Lehrtätigkeit auf. Anlässlich seines Arbeitsplatzwechsels lud der Kläger Kollegen, Kunden, Lieferanten, Verbands- und Behördenvertreter sowie Experten aus Wissenschaft und Forschung zu einem Abendessen in ein Hotelrestaurant ein. Die Einladungen stimmte der Kläger mit seinem bisherigen Arbeitgeber ab. Die Anmeldung für die Feier erfolgte über das bisherige Sekretariat des Klägers. Das Hotelrestaurant stellte für die Ausrichtung der Abschiedsfeier, an der ca. 100 Personen teilnahmen, rund 5.000 Euro in Rechnung, die der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend machte. Das Finanzamt lehnte die steuerliche Berücksichtigung mit der Begründung ab, dass es sich um eine private Feier gehandelt habe.
Das FG Münster hat der hiergegen erhobenen Klage stattgegeben und den Werbungskostenabzug in vollem Umfang zugelassen.
Nach Auffassung des Finanzgerichts waren die Aufwendungen für die Abschiedsfeier durch die berufliche Tätigkeit des Klägers veranlasst. Der Anlass der Feier, der Arbeitgeberwechsel des Klägers, sei rein beruflicher Natur gewesen. Sämtliche Gäste des Klägers hätten aus seinem beruflichen Umfeld gestammt, private Freunde oder Angehörige habe der Kläger nicht eingeladen. Die ganz überwiegende Zahl der Gäste sei auch ohne Ehe- bzw. Lebenspartner eingeladen worden. Außerdem habe der Kläger seinen bisherigen Arbeitgeber in die Organisation der Feier eingebunden, indem er die Gästeliste mit diesem abgestimmt und sein bisheriges Sekretariat ihn bei der Organisation der Anmeldungen unterstützt habe. Der Umstand, dass die Feier abends stattgefunden habe, stehe einer beruflichen Veranlassung nicht entgegen. Auch die Höhe der Kosten der Feier von rund 50 Euro pro Person sei unter Berücksichtigung des Verdienstes und der beruflichen Stellung des Klägers nicht so hoch, als dass daraus eine private Veranlassung abgeleitet werden könne.
Quelle: Pressemitteilung des FG Münster Nr. 8/2015 v. 15.07.2015


Gericht/Institution:FG Münster
Erscheinungsdatum:15.07.2015
Entscheidungsdatum:29.05.2015
Aktenzeichen:4 K 3236/12 E
Quelle: juris

Freitag, 10. Juli 2015

Schwerstbehindertes Kind erhält häusliche Krankenpflege

Kurzbeschreibung: Der 5. Senat des Landessozialgerichts Baden Württemberg hat die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, häusliche Krankenpflege für ein schwerstbehindertes Mädchen zu gewähren.
Schwerstbehindertes Kind erhält häusliche Krankenpflege
Der 5. Senat des Landessozialgerichts hat die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) Baden-Württemberg im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, häusliche Krankenpflege für ein schwerstbehindertes Mädchen zu gewähren. Bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache können die Eltern damit eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung ihrer Tochter sicherstellen.
Das zweijährige Kind leidet an einer schweren Entwicklungsstörung und ist mehrfach geistig und körperlich behindert. Nach einer Operation mit erheblichen Komplikationen wenige Tage nach der Geburt musste das Mädchen vier Monate lang dauerhaft künstlich beatmet werden. Auch danach war noch häufig eine Beatmung erforderlich, insbesondere während der Nachtzeit für bis zu vier Stunden täglich. Die Sauerstoffgabe erfolgte über eine operative Öffnung der Luftröhre am Hals, ein sog. Tracheostoma. Durch diese Öffnung konnte auch Sekret abgesaugt werden, was anfangs noch häufig notwendig war
Zunächst hatte die AOK häusliche Krankenpflege im Umfang von 16 Stunden täglich, später für 13 Stunden am Tag gewährt. Die eingeschalteten Pflegedienste übernahmen bis zu drei Tagesdienste und vier Nachtwachen pro Woche. Während der übri-gen Zeit kümmerten sich die Eltern um ihrer Tochter. Nachdem die Öffnung der Luftröhre im Herbst 2014 operativ wieder geschlossen werden konnte, bewilligte die Krankenkasse häusliche Krankenpflege nur noch für täglich drei Stunden. Zuvor hatte ein von der AOK eingeschalteter Gutachter eine durchgehende Überwachung des Kindes nicht mehr für erforderlich gehalten. Die Atmungssituation habe sich zwischenzeitlich stabilisiert und das Kind könne nun auch selbständig Sekret abhusten, befand der Mediziner.
Gegen diese Entscheidung setzten sich die Eltern des Mädchens zur Wehr. Sie könnten ihre Tochter nach wie vor nicht aus den Augen lassen. Ihre Tochter drehe sich nachts häufig in die Rückenlage und erbreche sich. Wegen der Gefahr des Erstickens sei deshalb gerade zur Nachtzeit eine Überwachung zwingend notwendig. Nach der Entfernung des Tracheostomas sei die Situation eher schwieriger gewor-den, da Beatmen und Absaugen jetzt nicht mehr so einfach durchgeführt werden könnten.
Die Richter des 5. Senats gaben vorläufig den Eltern des Mädchens Recht. Um abschließend beurteilen zu können, ob und ggf. für welchen Zeitraum das Kind noch Leistungen der häuslichen Krankenpflege benötige, müssten umfangreiche medizinische Ermittlungen durchgeführt werden. Zunächst seien die behandelnden Ärzte des Kindes zu hören; anschließend müsse dann über die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens entschieden werden. Wegen der Eilbedürftigkeit des Falls könnten diese Ermittlungen aber nicht im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtschutzes erfolgen, sondern müssten dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Über den Eilantrag der Eltern des Mädchens sei deshalb im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden. Hierbei müsse dem Interesse des Kindes der Vorrang eingeräumt werden, da dessen Leben bedroht sei, sollte sich die Einschätzung der Krankenkasse als falsch erweisen. Gegenüber diesem hohen Gut müsse das Interesse der Krankenkasse, einen Vermögensschaden durch möglicherweise zu Unrecht gewährte Leistungen zu vermeiden, zurückstehen.
In erster Instanz hatte noch die AOK obsiegt. Das Sozialgericht Konstanz hatte die Beurteilung des Gutachters der Krankenkasse für überzeugend gehalten und den Eilantrag der Eltern abgelehnt. Diese Entscheidung hob das Landessozialgericht auf und gab der Beschwerde der Eltern statt.
Beschluss des 5. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 14.04.2015
Az.: L 5 KR 605/15
Quelle: LSG Baden-Württemberg

Kostenübernahme von Medizinal-Cannabis nur bei "Mindestevidenz"

Das SG Nürnberg hat entschieden, dass ein Patient nicht allein deswegen einen Anspruch auf Versorgung mit Medizinal-Cannabis ha...