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Recht auf Elternurlaub darf nicht von Situation des Ehegatten abhängen


Der EuGH hat entschieden, dass die griechischen Rechtsvorschriften, nach denen Beamten, deren Ehefrauen nicht arbeiten, ein Elternurlaub versagt wird, gegen Unionsrecht verstoßen.
Nach griechischem Recht hat ein Beamter keinen Anspruch auf bezahlten Elternurlaub, wenn seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist, es sei denn, sie kann wegen einer schweren Erkrankung oder Verletzung den Erfordernissen der Kinderbetreuung nicht nachkommen.
Ende 2010 beantragte Herr M., Richter in Griechenland, bezahlten Elternurlaub von neun Monaten zur Betreuung seines am 24.10.2010 geborenen Kindes. Dieser Antrag wurde vom Minister für Justiz, Transparenz und Menschenrechte mit der Begründung abgelehnt, dass die Ehegattin von Herrn M. zu dem Zeitpunkt nicht erwerbstätig gewesen sei.
Der mit der Rechtssache befasste Symvoulio tis Epikrateias (griechischer Staatsrat) fragt den EuGH, ob es mit der Richtlinie 96/34/EG über den Elternurlaub und der Richtlinie 2006/54/EG über die Gleichbehandlung in Beschäftigungsfragen vereinbar ist, Beamten, deren Ehefrauen nicht arbeiten, die Inanspruchnahme von Elternurlaub zu verwehren.
Der EuGH antwortet, dass nationale Rechtsvorschriften einem Beamten das Recht auf Elternurlaub nicht mit der Begründung vorenthalten dürfen, dass seine Ehegattin nicht erwerbstätig ist.
Nach Auffassung des EuGH hat nach der Richtlinie über den Elternurlaub jeder Elternteil ein individuelles Recht auf Elternurlaub. Dabei handele es sich um eine Mindestanforderung, von der die Mitgliedstaaten gesetzlich oder tarifvertraglich nicht abweichen dürften. Folglich dürfe einem Elternteil das Recht auf Elternurlaub nicht vorenthalten werden, und die berufliche Situation des Ehegatten dürfe die Inanspruchnahme dieses Rechts nicht vereiteln. Dieses Ergebnis stehe im Übrigen nicht nur im Einklang mit dem Ziel der Richtlinie, die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erwerbstätiger Eltern zu erleichtern, sondern auch mit der Eigenschaft als soziales Grundrecht, die die Charta der Grundrechte der Europäischen Union dem Recht auf Elternurlaub zuerkenne.
Außerdem hätten in Griechenland Mütter, die Beamtinnen sind, stets Anspruch auf Elternurlaub, während Väter, die die gleiche Stellung haben, diesen nur dann in Anspruch nehmen können, wenn die Mutter des Kindes erwerbstätig ist. Die Eigenschaft als Elternteil allein reiche also für Männer, die Beamte sind, nicht aus, um diesen Urlaub in Anspruch nehmen zu können, wohl aber für Frauen, die die gleiche Stellung haben. Die griechische Regelung, die weit davon entfernt sei, die volle Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben zu gewährleisten, führe demnach eher zu einer Verfestigung der herkömmlichen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, indem den Männern weiterhin eine im Hinblick auf die Wahrnehmung ihrer Elternschaft subsidiäre Rolle gegenüber den Frauen zugewiesen werde. Folglich sehe das griechische Beamtengesetz eine gegen die Richtlinie über Gleichbehandlung in Beschäftigungsfragen verstoßende unmittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts von Beamten vor, die Väter sind und Elternurlaub nehmen wollen.
Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 89/2015 v. 16.07.2015

Gericht/Institution:EuGH
Erscheinungsdatum:16.07.2015
Entscheidungsdatum:16.07.2015
Aktenzeichen:C-222/14
Quelle: juris 

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