Das BSG 14. Senat, Urteil vom 18.09.2014 - B 14 AS 48/13 R hat etnschieden: 
Unabweisbare
 Aufwendungen für die Instandsetzung oder Instandhaltung von selbst 
bewohntem Wohneigentum sind auch vor dem 01.01.2011 als Bedarf für die 
Unterkunft anzuerkennen und vorbehaltlich einer 
Kostensenkungsaufforderung nicht auf die Höhe der angemessenen 
Aufwendungen begrenzt.
- A.  
 
Problemstellung
Die
 Entscheidung behandelt die Berücksichtigung einer an eine 
Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlenden Sonderumlage bei den 
Bedarfen für Unterkunft und Heizung (KdU).
 
- B.  
 
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Der
 Kläger ist Eigentümer und Bewohner einer Eigentumswohnung von 55 qm. 
Bei einer Eigentümerversammlung am 20.05.2010 beschlossen die 
Wohnungseigentümer Sanierungsmaßnahmen für im Gemeinschaftseigentum 
stehende und nicht zur Wohnung des Klägers gehörende Balkone, die 
bereits erhebliche Schäden aufwiesen. Hierfür waren aufgrund eines 
Schreibens der Hausverwaltung vom Kläger als Sonderumlage 1.924 Euro bis
 zum 30.09.2010 zu zahlen, die der Kläger nach seinen Angaben mit 
Mitteln aus einem von seinem Bruder gewährten Darlehen leistete. Für die
 Zeit vom 01.08.2010 bis 31.01.2011 bewilligte das Jobcenter dem Kläger 
Alg II und berücksichtigte nur die laufenden KdU-Bedarfe (monatlich 
283,77 Euro). Den Antrag auf Übernahme der „Balkonumlage“ lehnte das 
Jobcenter ab.
Widerspruch
 und Klage blieben erfolglos. Auf die Berufung des Klägers hat das 
Landessozialgericht den Beklagten verurteilt, dem Kläger zusätzlich zu 
den im Monat September 2010 gewährten Kosten der Unterkunft weitere 
Leistungen „in Höhe des Differenzbetrages zwischen dem Wert der Tabelle 
zu § 12 Wohngeldgesetz, Mietenstufe 3 für ein berücksichtigungsfähiges 
Haushaltsmitglied und der im Jahr 2010 gewährten Leistung der Kosten der
 Unterkunft ohne Heizkosten“ zu zahlen und die Berufung im Übrigen 
zurückgewiesen. Die zu übernehmenden Kosten seien auf die angemessenen 
Aufwendungen für die Unterkunft beschränkt.
Auf
 die vom Landessozialgericht zugelassene Revision hat das BSG die Sache 
zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen, soweit der 
Kläger höhere als ihm in diesem Urteil zugesprochene Leistungen begehrt.
 Das BSG hat zusammengefasst ausgeführt:
Eine
 Umlage, die der Eigentümer einer selbstgenutzten Eigentumswohnung 
gegenüber der Eigentümergemeinschaft zu zahlen habe und die der 
Erhaltung des Gebäudes diene, gehöre zu dem Bedarf für die Unterkunft 
nach § 22 SGB II. Vorbehaltlich einer Kostensenkungsaufforderung sei 
diese Umlage aber nach der Rechtslage vor dem 01.01.2011 nicht auf die 
angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft beschränkt, sondern in 
voller Höhe zu übernehmen. Eine nur begrenzte Übernahme der vom Kläger 
zu erbringenden Aufwendungen für die Balkonumlage der Höhe nach auf die 
angemessenen Aufwendungen für eine Unterkunft scheide jedoch aus, weil 
es bereits an der hierfür erforderlichen Kostensenkungsaufforderung des 
Jobcenters fehle. Eine solche sei auch bei einmalig fällig werdenden 
Bedarfen für die Unterkunft und Heizung erforderlich. Aufgrund fehlender
 Feststellungen könne jedoch nicht beurteilt werden, ob der Kläger im 
September 2010 einen ungedeckten Bedarf hinsichtlich der Balkonumlage in
 Höhe von 1.924 Euro gehabt habe, weil ausweislich des Berufungsurteils 
der Kläger nach seinen eigenen Angaben den Betrag mit Mitteln aus einem 
von seinem Bruder gewährten Darlehen gezahlt habe, nähere Feststellungen
 zu diesen Mitteln und dem zugrunde liegenden Darlehen aber fehlen.
 
- C.  
 
Kontext der Entscheidung
Eigentümer
 und Mieter müssen bei der Beurteilung der Angemessenheit der 
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach den gleichen Grundsätzen 
behandelt werden (BSG, Urt. v. 15.04.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 
100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 10; BSG, Urt. v. 18.06.2008 - B 14/11b 
AS 67/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 13; BSG, Urt. v. 19.09.2008 - B 14 AS 
54/07 R = FEVS 60, 490). Aufwendungen für die Instandhaltung und 
Reparatur von selbst bewohntem Wohneigentum können nur dann 
berücksichtigungsfähige Unterkunftskosten sein, wenn sie tatsächlich 
anfallen (BSG, Urt. v. 17.06.2010 - B 14 AS 79/09 R - SozR 4-4200 § 22 
Nr. 39). Ein Anspruch auf eine Erhaltungspauschale besteht nicht (BSG, 
Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 17).
Berücksichtigungsfähig
 sind nur die tatsächlichen Aufwendungen für eine Instandsetzung 
(Erhaltung, Wiederherstellung der Substanz), soweit sie nicht zur 
(unangemessenen) Verbesserung des Standards der selbst genutzten 
Immobilie führen und angemessen sind (BSG, Urt. v. 03.03.2009 - B 4 AS 
38/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 17). Ausgangsmaßstab für die 
Angemessenheit (Begrenzung nach oben) sind die bei Mietern einer 
vergleichbaren Immobile innerhalb von zwölf Monaten insgesamt als 
angemessen übernahmefähigen Unterkunftskosten (vgl. BSG, Urt. v. 
24.02.2011 - B 14 AS 61/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 44; Groth in: 
Groth/Luik/Siebel-Huffmann, Das neue Grundsicherungsrecht, 2011, Rn. 351
 ff.).
Diese
 Rechtsprechung ist 2011 mit dem neuen § 22 Abs. 2 SGB II kodifiziert 
worden. Die Regelung ermöglicht es Leistungsberechtigten, unabweisbare, 
zur Sicherung der Substanz und zur Aufrechterhaltung der Bewohnbarkeit 
notwendige Erhaltungsaufwendungen für die Instandhaltung und Reparatur 
eines selbst genutzten Hausgrundstücks von angemessener Größe oder einer
 entsprechenden Eigentumswohnung zu erhalten (
BT-Drs. 17/3404, S. 98).
 
Im
 WEG ist bezüglich der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§§ 
20 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 5 WEG) Folgendes bestimmt: Soweit die Verwaltung
 des gemeinschaftlichen Eigentums nicht durch Vereinbarung der 
Wohnungseigentümer geregelt ist, können die Wohnungseigentümer eine der 
Beschaffenheit des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechende 
ordnungsmäßige Verwaltung durch Stimmenmehrheit beschließen (§ 21 Abs. 3
 WEG). Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der 
Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere die 
ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen 
Eigentums (§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG).
Instandhaltung
 bedeutet nach der mietrechtlichen Rechtsprechung, der sich das BSG 
angeschlossen hat (vgl. BSG, Urt. v. 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 
102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 16 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 
06.04.2005 - XII ZR 158/01; BGH, Urt. v. 14.02.2007 - VIII ZR 123/06), 
die Erhaltung des vertrags- und ordnungsgemäßen Zustandes der Mietsache 
und betrifft deshalb Mängel an der baulichen Substanz der Immobilie oder
 ihrer Teile (BGH, Urt. v. 07.04.2004 - VIII ZR 167/03; BGH, Urt. v. 
14.02.2007 - VIII ZR 123/06). Entsprechend ist bei Wohneigentum i.S.d. §
 22 Abs. 2 SGB II auf die Beseitigung der durch Abnutzung, Alter und 
Witterungseinwirkungen entstehenden baulichen und sonstigen Mängel, die 
an die Substanz der Immobilie gehen, abzustellen. Unter Reparaturen sind
 Maßnahmen zu verstehen, die auf die Beseitigung von Mängeln aufgrund 
anderer Ursachen gerichtet sind oder anderen Zwecken dienen. Zu den 
Kosten für „Reparatur“ und „Instandhaltung“ (dazu eingehend 
Reichel-Scherer in: jurisPK-BGB, 7. Aufl. 2014, § 21 WEG Rn. 239 ff.) 
zählen auch solche Aufwendungen, die in einer Mietwohnung üblicherweise 
außerhalb von Schönheitsreparaturen anfallen (vgl. BSG, Urt. v. 
19.03.2008 - B 11b AS 31/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 10).
Die
 Abgrenzung zwischen Erhaltungsaufwendungen und 
Modernisierungsaufwendungen wird nicht nach der Höhe der anfallenden 
Kosten, sondern objektiv nach dem Ziel der Maßnahme vorgenommen, ob die 
Aufwendungen der Erhaltung oder Wiederherstellung der Wohnung in ihrer 
bisherigen Substanz oder aber der Schaffung eines neuen, verbesserten 
Zustandes dienen. Damit ist jedoch nicht gemeint, dass alle Maßnahmen 
von vorneherein ausscheiden, die zu einer Wertsteigerung führen, denn 
jede Instandsetzung, die einen bewohnbaren Zustand wiederherstellt, ist 
mit einer gewissen Wertsteigerung verbunden (vgl. Lauterbach in: Gagel, 
SGB II/SGB III, Stand 04/2014, § 22 SGB II Rn. 90). Hinzunehmen ist 
deshalb, wenn der allgemeine technische Fortschritt zu einer insofern 
unvermeidbaren Verbesserung führt (LSG Essen, Urt. v. 23.11.2010 - L 1 
AS 426/10 Rn. 25).
Eine
 Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB 
II (vgl. zu Heizkosten BSG, Urt. v. 12.06.2013 - B 14 AS 60/12 R - BSGE 
114, 1 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 69 Rn. 35 ff.) ist auch bei einmalig 
fällig werdenden Bedarfen für die Unterkunft und Heizung erforderlich 
(vgl. zur Auszugsrenovierung BSG, Urt. v. 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R -
 SozR 4-4200 § 22 Nr. 53). Entsprechendes gilt für leistungsberechtigte 
Wohnungseigentümer bei einmaligen Forderungen infolge von Beschlüssen 
der Eigentümerversammlung nach dem WEG, wie das BSG in der besprochenen 
Entscheidung klargestellt hat. Auch der Wohnungseigentümer muss vom 
Grundsicherungsträger in die Lage versetzt werden, seine Rechte 
gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft wahrzunehmen. Mangels 
Kostensenkungsaufforderung hat der Grundsicherungsträger die 
Sonderumlage in tatsächlicher Höhe von 1.924 Euro zu übernehmen.
 
- D.  
 
Auswirkungen für die Praxis
Mit
 der Entscheidung ist klargestellt, dass auch schon vor dem mit Wirkung 
vom 01.01.2011 eingeführten § 22 Abs. 2 SGB II Erhaltungsaufwendungen 
für die Instandhaltung und Reparatur von einem selbst genutzten 
Hausgrundstück von angemessener Größe oder einer entsprechenden 
Eigentumswohnung bei den KdU berücksichtigungsfähig waren.
Die
 Notwendigkeit einer Kostensenkungsaufforderung wird in der Praxis 
regelmäßig dazu führen, dass die erforderlichen Bedarfe zu übernehmen 
sind, da nach Beschlussfassung der Eigentümerversammlung eine 
Kostensenkung für den Leistungsempfänger nicht mehr möglich sein dürfte 
(vgl. Theesfeld, jurisPR-MietR 9/2015 Anm. 3, unter D.). In Fällen, in 
denen ein besonders hoher Betrag anfällt, kommt ein dinglich zu 
sicherndes Darlehen nach § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II in Betracht. Auch ein
 einmaliger Bedarf kann Hilfebedürftigkeit auslösen (vgl. BSG, Urt. v. 
29.11.2012 - B 14 AS 36/12 - SozR 4-4200 § 22 Nr. 63 Rn. 14; BSG, Urt. 
v. 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4–4200 § 22 Nr. 4 Rn. 13, jeweils
 m.w.N.).
In
 diesem Zusammenhang ist auch auf die drohenden Schadensersatzansprüche 
hinzuweisen, die nach der BGH-Rechtsprechung in Eilfällen entstehen 
können: Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung 
des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme 
ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller 
Schwierigkeiten einzelner Wohnungseigentümer kein Raum; erleidet ein 
einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, 
weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger 
Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung 
zum Schadensersatz diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft 
entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche 
Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben (vgl. BGH, Urt. v. 
17.10.2014 - V ZR 9/14 - BGHZ 202, 375 = NJW 2015, 613, m. Anm. 
Lafontaine, jM 2015, 102). Angesichts der Tatsache, dass im Fall eines 
zivilrechtlichen Rechtsstreits das Jobcenter seinen Pflichten im Rahmen 
des Kostensenkungsverfahrens ggf. durch eine Beteiligung an dem 
Rechtsstreit, sei es als Nebenintervenient oder Streithelfer, nachkommen
 müsste und das Kostenrisiko dieses Zivilverfahrens als Annex zu den 
umstrittenen KdU-Leistungen von ihm zu tragen wäre (eingehend BSG, Urt. 
v. 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R = SGb 2013, 50, m.w.N.), sollte eine 
solche Situation tunlichst im Ansatz vermieden werden. In der 
vorliegenden Entscheidung nimmt der Senat Bezug auf seine Rechtsprechung
 und stellt klar (Rn. 25 der hier besprochenen Entscheidung), dass auch 
der Wohnungseigentümer vom Grundsicherungsträger in die Lage versetzt 
werden muss, seine Rechte gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft 
wahrzunehmen.
Als
 übernahmefähige Kosten kommen – abhängig von Umständen der 
Erforderlichkeit des Einzelfalls – z.B. in Betracht: Dachsanierung (LSG 
München, Urt. v. 18.03.2010 - L 11 AS 455/09); Sanierung des Kanal- (LSG
 Essen, Urt. v. 25.02.2010 - L 7 AS 47/09) und des 
Trinkwasseranschlusses (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 30.09.2010 - L 
29 AS 328/10) sowie des Schornsteins (LSG Halle, Beschl. v. 11.01.2010 -
 L 5 AS 216/09 B ER). Eine ausführliche Kasuistik findet sich bei 
Reichel-Scherer in: jurisPK-BGB, § 21 WEG Rn. 257 ff.
 
- E.  
 
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Zu
 klären war im vorliegenden Sachverhalt noch die näheren Umstände des – 
nur das steht bislang fest – Erhalts der 1.924 Euro vom Bruder des 
Klägers. Dies könnte neben dem behaupteten, noch zu klärenden Darlehen, 
was nicht zur Bedarfsdeckung führen würde (dazu BSG, Urt. v. 17.06.2010 -
 B 14 AS 46/09 R - BSGE 106, 185 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 30) auch eine zu
 berücksichtigende zweckbestimmte Einnahme i.S.d. § 11a Abs. 3 Satz 1 
SGB II (§ 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II a.F.) sein, mit der Folge, dass ggf. 
gar kein ungedeckter Bedarf vorgelegen hat.
 
| Anmerkung zu: | BSG 14. Senat, Urteil vom 18.09.2014 - B 14 AS 48/13 R | 
| Autor: | Dr. Steffen Luik, RiLSG | 
| Erscheinungsdatum: | 06.08.2015 |