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Kein Mehrbedarf nach SGB II für Kosten anlässlich der Fahrten zu ambulanter psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung



 
Das SG Karlsruhe hat entschieden, dass eine Bezieherin von SGB II-Leistungen keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für die Fahrten zu einer ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung hat.
Die Klägerin steht im laufenden Bezug von SGB II-Leistungen bei dem Beklagten. Sie begehrte die Übernahme der Kosten für die Fahrten von C. nach S. zu einer ambulanten psychotherapeutischen und psychiatrischen Behandlung. Die Klägerin beantragte bei dem Beklagten die Übernahme der Kosten für die erforderlichen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln von C. nach S. zu ihrer Psychiaterin und Psychotherapeutin mit der Begründung, die Kosten seien bisher nicht von der Krankenkasse übernommen worden. Die Krankenkasse hatte den Antrag auf Kostenübernahme mit der Begründung abgelehnt, der Krankheitsverlauf beeinträchtige die Klägerin nicht so stark, dass eine Beförderung zur Vermeidung gesundheitlicher Schäden notwendig sei. Der Beklagte lehnte den Antrag ebenfalls ab; ein von den Regelleistungen umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf zur Sicherung des Lebensunterhaltes liege nach dem geschilderten Sachverhalt nicht vor. Der geltend gemachte Mehrbedarf sei vorrangig dem Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen. Hiergegen wandte sich die Klägerin. Die Fahrtkosten seien so hoch, dass eine Nichtbewilligung faktisch eine Kürzung der Regelleistung bedeuten würde.
Das SG Karlsruhe hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Sozialgerichts scheidet die Gewährung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 6 SGB II aus, da keine atypische Bedarfslage vorliegt. Die Klägerin mache Leistungen geltend, die regelmäßig vorrangig dem Leistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung zuzuordnen sei. Dies stehe ihr als vorrangiges Schutz- und Fürsorgesystem gegen das Risiko der Krankheit zur Verfügung. Soweit Leistungen im System der Krankenversicherung selbst als – nicht unbedingt notwendig – ausgeschlossen werden würden, verbiete es sich, diesen Leistungsausschluss mit der Gewährung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 6 SGB II zu kompensieren. Es liege auch keine Unabweisbarkeit i.S.d. § 21 Abs. 6 SGB II vor, da dieses Tatbestandsmerkmal zumindest erfordere, dass der gesetzlich Krankenversicherte die begehrten gesundheitsspezifischen Bedarfe zunächst bei der gesetzlichen Krankenversicherung geltend mache und ggf. mit Rechtsbehelfen durchsetze, soweit diese nicht offensichtlich aussichtslos seien. Die Klägerin habe aber gerade nicht alle ihr zumutbaren Mittel ausgeschöpft, sich die Fahrtkosten durch Dritte erstatten zu lassen. Sie habe insbesondere den Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid der Krankenkasse ruhend gestellt.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: juris-Redaktion
Quelle: Pressemitteilung des SG Karlsruhe v. 25.01.2019

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