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Automatisierter Datenabgleich der Jobcenter zur Ermittlung von Kapitalerträgen verfassungsgemäß


Das BSG hat entschieden, dass SGB II-Bezieher den Datenabgleich der Jobcenter in der von § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II vorgesehenen Form hinnehmen müssen.
Die Vorschrift sei eine gesetzliche Grundlage im Sinne der datenschutzrechtlichen Regelungen im SGB I und SGB X, die den Eingriff in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung rechtfertige, weil sie dem Gebot der Normenklarheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genüge, so das BSG.
Der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beziehende Kläger wandte sich mit seiner vorbeugenden Unterlassungsklage gegen den automatisierten Datenabgleich, den die Jobcenter zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober mit dem Bundeszentralamt für Steuern durchführen, indem deren Daten mit den dort vorhandenen Informationen zu Kapitalerträgen, für die Freistellungsaufträge erteilt worden sind, abgeglichen werden. Daraus resultierende "Überschneidungsmitteilungen" ermöglichen weitere Nachfragen der Jobcenter zu etwaigen Zinseinkünften oder bisher nicht bekannten Vermögenswerten.
Das BSG hat die Revision des Klägers gegen die negativen Entscheidungen der Vorinstanzen zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BSG genügen die Regelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Normenklarheit, weil der Anlass, der Zweck und die Grenzen des Eingriffs in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung in der Ermächtigung ausreichend bestimmt festgelegt sind. Datenabgleiche mit dem Bundeszentralamt für Steuern auf der Grundlage des § 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit der Grundsicherungs-Datenabgleichsverordnung verstießen auch nicht gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Sie dienten der Vermeidung des Leistungsmissbrauchs und damit einem Gemeinwohlbelang, dem eine erhebliche Bedeutung zukomme. Der Abgleich sei auch geeignet, erforderlich und angemessen, um die beschriebenen Zwecke zu erreichen. Den Gemeinwohlbelangen von erheblicher Bedeutung stehe ein nur begrenzter Einblick in die persönliche Sphäre des SGB II-Berechtigten gegenüber, weil lediglich einzelne Daten zur Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsberechtigten abgeglichen und – mit Ausnahme des jahresbezogenen Abgleichs zum 1. Oktober – nur im vorangegangenen Kalendervierteljahr an das Bundeszentralamt übermittelte Daten einbezogen werden dürften. Der Gesetzgeber müsse nicht allein auf die Angaben von Sozialleistungsbeziehern abstellen, sondern könne ein verhältnismäßig ausgestaltetes Überprüfungsverfahren vorsehen.
Quelle: Pressemitteilung des BSG Nr. 11/15 v. 24.04.2015


Gericht/Institution:BSG
Erscheinungsdatum:24.04.2015
Entscheidungsdatum:24.04.2015
Aktenzeichen:B 4 AS 39/14 R
Quelle_: juris

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