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Hartz-IV-Empfänger in Hessen erhalten maximal 300 € für inländische Klassenfahrt, denn Erlass des Kultusministeriums begrenzt verbindlich Klassenfahrtkosten

Hartz-IV-Empfänger in Hessen erhalten maximal 300 € für inländische Klassenfahrt

Aufwendungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen sind nicht vom Hartz-IV-Regelsatz umfasst.

Sieht das Landesschulrecht eine finanzielle Obergrenze für Klassenfahrten vor, muss der Hartz-IV-Leistungsträger darüber hinausgehende Kosten nicht übernehmen.

Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 7. Senat des Hessischen Landessozialgerichts Az.:  L 7 AS 409/11.

Schülerin beantragt vom Jobcenter 350 € für eine Klassenfahrt nach Berlin

Eine Schülerin der 11. Klasse einer Schule in Hanau bezieht mit ihrer Familie Hartz-IV-Leistungen. Auf einem Elternabend wurde einstimmig die Durchführung einer Klassenfahrt nach Berlin mit Kosten in Höhe von 350 € pro Person beschlossen.

Die Schülerin beantragte daraufhin vom Jobcenter die Kostenübernahme, ohne die sie als Einzige nicht an der Klassenfahrt teilnehmen könne.

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab und berief sich auf einen Erlass des Hessischen Kultusministeriums, wonach bei Inlandsfahrten die Gesamtkosten 300 € pro Schüler nicht übersteigen dürfen.


Mittels eines Darlehens des Fördervereins der Schule konnte die Schülerin aus dem Main-Kinzig-Kreis an der Klassenfahrt teilnehmen.

Überschreiten der Kostenobergrenze lässt Erstattungsanspruch nicht komplett entfallen

Die Darmstädter Richter verurteilten das Jobcenter zur Erstattung der Kosten in Höhe von 300 €. Zwar seien prinzipiell die tatsächlich anfallenden Kosten für mehrtägige Klassenfahrten vom Hartz-IV-Leistungsträger zu tragen.

Voraussetzung sei jedoch, dass die Veranstaltung den maßgeblichen schulrechtlichen Vorgaben für Zulassung und Durchführung von Klassenfahrten entspreche.

 Anders als in manchen anderen Bundesländern werde in Hessen durch den die Schulen bindenden Erlass des Kultusministeriums vom 7. Dezember 2009 die Kostenobergrenze für Klassenfahrten abschließend geregelt.

Diese liege für Inlandsfahrten bei 300 € und für Auslandsfahrten bei 450 €.

Entgegen der Auffassung des Jobcenters entfalle bei Überschreiten dieser Grenze allerdings nicht der komplette Anspruch auf Kostenübernahme.


Die gesetzliche Herausnahme der Aufwendungen für Klassenfahrten aus dem Regelsatz solle negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in der Phase des Schulbesuchs vermeiden. Um dem darin verankerten Teilhabegedanken gerecht zu werden, sei die Kostenübernahme nicht vollständig zu versagen, sondern lediglich auf die dem Erlass entsprechende Kostengrenze zu beschränken.

(AZ L 7 AS 409/11 - Die Revision wurde nicht zugelassen. Das Urteil wird unter
www.lareda.hessenrecht.hessen.de ins Internet eingestellt.)

Hinweise zur Rechtslage§ 28 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II)

(1) Bedarfe für Bildung und Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft werden bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen neben dem Regelbedarf nach Maßgabe der Absätze 2 bis 7 gesondert berücksichtigt. Bedarfe für Bildung werden nur bei Personen berücksichtigt, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, eine allgemein- oder berufsbildende Schule besuchen und keine Ausbildungsvergütung erhalten (Schülerinnen und Schüler).

(2) Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für
1. Schulausflüge und
2. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
ein. (…)

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