Das LSG Niedersachsen-Bremen hat entschieden, dass Unionsbürger,
die sich zum Zweck der Arbeitsuche in Deutschland aufhalten, keinen
Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
Recht der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) haben.
Der Entscheidung lag ein Fall einer rumänischen Familie mit drei
minderjährigen Kindern zugrunde, die Rumänien im Jahr 2010 verlassen und
sich zunächst in Frankreich aufgehalten hatte, um sich im Sommer 2012
in Bremen – zunächst in einer Notunterkunft – niederzulassen. Die Eltern
waren in der Folgezeit weder als Arbeitnehmer noch als Selbstständige
erwerbstätig. Ihr im November 2012 beim Jobcenter Bremen gestellter
Antrag auf laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts blieb
zunächst erfolglos, weil sich das Jobcenter auf den im SGB II
vorgesehenen Leistungsausschluss für arbeitsuchende Unionsbürger berief.
Die Familie stellte darauf beim SG Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem das Sozialgericht stattgab. Das Sozialgericht war der Auffassung, dass der Leistungsausschluss gegen ein europarechtliches Diskriminierungsverbot verstößt, und verpflichtete das Jobcenter, der Familie vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Zeitraum von sechs Monaten zu gewähren.
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben.
Das Landessozialgericht hat die Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) für arbeitsuchende Unionsbürger mit europäischem Recht nicht geteilt. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die rumänische Familie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Das Landessozialgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der deutsche Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Vorschrift von einer im europäischen Recht, der sog. Unionsbürgerrichtlinie, vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht hat. Diese erlaube es den Mitgliedsstaaten, Unionsbürgern, die nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind, unter bestimmten Voraussetzungen keine "Sozialhilfeleistungen" zu gewähren. Bei dem Arbeitslosengeld II handele es sich um Sozialhilfe im Sinne dieser Richtlinie, da es dazu bestimmt sei, das verfassungsrechtlich verbürgte Existenzminimum eines Menschen sicherzustellen. Einen Verstoß gegen ein in einer europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorgesehenes Diskriminierungsverbot hat das Landessozialgericht im Ergebnis nicht gesehen. Allerdings hat es für den Personenkreis der arbeitsuchenden Unionsbürger, die trotz bestehender Notlage keine laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter erhalten können, im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins einen Anspruch auf eine Mindestsicherung angenommen. Dieser richte sich allerdings gegen den Sozialhilfeträger, der die nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbar gebotenen Leistungen zu erbringen hat. Dabei komme bei möglicher und zumutbarer Rückkehr in das Heimatland in der Regel nur die Übernahme der Kosten der Rückreise und des bis dahin erforderlichen Aufenthalts in Betracht (Überbrückungsleistungen). Sei die Rückkehr im Einzelfall vorerst nicht möglich, seien längerfristige Leistungen zu erbringen, die das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum sichern.
Das LSG Niedersachsen-Bremen ist mit dieser Entscheidung nicht dem in der Presse veröffentlichten Urteil des LSG Essen vom 10.10.2013 (L 19 AS 129/13) gefolgt. Das LSG Essen war der Auffassung, dass Unionsbürger, die keine begründete Aussicht haben, in absehbarer Zeit eingestellt zu werden, kein Freizügigkeitsrecht als arbeitsuchende Unionsbürger haben und damit auch nicht dem Leistungsausschluss für diesen Personenkreis unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass die Jobcenter ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren haben. Nach Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen würde dies aber zu dem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen, dass ausgerechnet die Personen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht oder kaum integrierbar sind, von der gerade zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus geschaffenen Ausschlussklausel nicht erfasst werden.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
juris
Die Familie stellte darauf beim SG Bremen einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, dem das Sozialgericht stattgab. Das Sozialgericht war der Auffassung, dass der Leistungsausschluss gegen ein europarechtliches Diskriminierungsverbot verstößt, und verpflichtete das Jobcenter, der Familie vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für einen Zeitraum von sechs Monaten zu gewähren.
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat die Entscheidung des Sozialgerichts aufgehoben.
Das Landessozialgericht hat die Bedenken gegen die Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses (§ 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II) für arbeitsuchende Unionsbürger mit europäischem Recht nicht geteilt. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die rumänische Familie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hat. Das Landessozialgericht hat maßgeblich darauf abgestellt, dass der deutsche Gesetzgeber mit der in Rede stehenden Vorschrift von einer im europäischen Recht, der sog. Unionsbürgerrichtlinie, vorgesehenen Ermächtigung Gebrauch gemacht hat. Diese erlaube es den Mitgliedsstaaten, Unionsbürgern, die nicht Arbeitnehmer oder Selbstständige sind, unter bestimmten Voraussetzungen keine "Sozialhilfeleistungen" zu gewähren. Bei dem Arbeitslosengeld II handele es sich um Sozialhilfe im Sinne dieser Richtlinie, da es dazu bestimmt sei, das verfassungsrechtlich verbürgte Existenzminimum eines Menschen sicherzustellen. Einen Verstoß gegen ein in einer europäischen Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorgesehenes Diskriminierungsverbot hat das Landessozialgericht im Ergebnis nicht gesehen. Allerdings hat es für den Personenkreis der arbeitsuchenden Unionsbürger, die trotz bestehender Notlage keine laufenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts vom Jobcenter erhalten können, im Hinblick auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins einen Anspruch auf eine Mindestsicherung angenommen. Dieser richte sich allerdings gegen den Sozialhilfeträger, der die nach den Umständen des Einzelfalls unabweisbar gebotenen Leistungen zu erbringen hat. Dabei komme bei möglicher und zumutbarer Rückkehr in das Heimatland in der Regel nur die Übernahme der Kosten der Rückreise und des bis dahin erforderlichen Aufenthalts in Betracht (Überbrückungsleistungen). Sei die Rückkehr im Einzelfall vorerst nicht möglich, seien längerfristige Leistungen zu erbringen, die das verfassungsrechtlich gebotene Existenzminimum sichern.
Das LSG Niedersachsen-Bremen ist mit dieser Entscheidung nicht dem in der Presse veröffentlichten Urteil des LSG Essen vom 10.10.2013 (L 19 AS 129/13) gefolgt. Das LSG Essen war der Auffassung, dass Unionsbürger, die keine begründete Aussicht haben, in absehbarer Zeit eingestellt zu werden, kein Freizügigkeitsrecht als arbeitsuchende Unionsbürger haben und damit auch nicht dem Leistungsausschluss für diesen Personenkreis unterliegen. Dies hätte zur Folge, dass die Jobcenter ihnen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren haben. Nach Auffassung des LSG Niedersachsen-Bremen würde dies aber zu dem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führen, dass ausgerechnet die Personen, die auf dem deutschen Arbeitsmarkt nicht oder kaum integrierbar sind, von der gerade zur Vermeidung von sog. Sozialtourismus geschaffenen Ausschlussklausel nicht erfasst werden.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar.
Gericht/Institution: | Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen |
Erscheinungsdatum: | 03.12.2013 |
Entscheidungsdatum: | 15.11.2013 |
Aktenzeichen: | L 15 AS 365/13 B ER |
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