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Beginn einer vertraglichen Ausschlussfrist



 
Das BAG hat entschieden, dass ein Schadensersatzanspruch gegen einen Arbeitnehmer, der sich auf den Schaden, der der Arbeitgeberin durch einen vertragswidrigen Entzug eines PKW durch einen Dritten entstanden ist richtet, fällig wird, wenn bei objektiver Betrachtung mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der PKW dauerhaft entzogen und mit seiner Rückgabe oder Bezahlung nicht zu rechnen ist.
Der Beklagte war in dem Autohaus der Klägerin als Verkäufer beschäftigt. Im Arbeitsvertrag der Parteien war bestimmt, dass mit Ausnahme von Provisionsansprüchen alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit verfallen, spätestens jedoch innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht vorher gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Im Betrieb der Klägerin bestand die Anweisung, ein Neufahrzeug, das entweder nicht vollständig bezahlt war oder für das keine gesicherte Finanzierung vorlag, nicht an einen Käufer herauszugeben, es sei denn, dass eine Einwilligung der Geschäftsleitung vorlag. Am Freitag, den 19.09.2014 erschien ein Kunde zur Abholung eines von ihm im Mai bestellten Neuwagens. Der Kunde leistete auf den Kaufpreis eine Anzahlung, drängte auf Überlassung des PKW für das kommende Wochenende und sagte zu, das Fahrzeug am Montag, den 22.09.2014 zurückzubringen, woraufhin der Beklagte dem Kunden das Fahrzeug überließ. Der Kunde brachte das Fahrzeug allerdings nicht wieder zurück. Auf eine von der Klägerin im September 2014 erstattete Strafanzeige hin wurden der Kunde Ende Oktober 2014 in Italien festgenommen und das Fahrzeug im November 2014 beschlagnahmt. Nach Aufhebung des Haftbefehls sowie der Beschlagnahme gaben die italienischen Behörden das Fahrzeug wieder an den Kunden heraus. Im Februar 2015 nahm die anwaltlich vertretene Klägerin Kontakt mit den Anwälten des Kunden auf und verhandelte – letztlich erfolglos – jedenfalls über die Zahlung des Restkaufpreises durch den Kunden. Ferner beauftragte sie eine Detektei mit dem Ziel der Wiederbeschaffung des Fahrzeugs. Diese teilte der Klägerin im April/Mai 2015 mit, dass der Kunde unter den von der Klägerin angegebenen Anschriften nicht auffindbar sei. Am 20.08.2015 reichte die Klägerin beim LG Freiburg eine Klage gegen den Kunden ein, deren Zustellung scheiterte. Mit Schreiben vom 20.11.2015 forderte die Klägerin den Beklagten erfolglos auf, seine Verpflichtung zum Schadensersatz dem Grunde nach anzuerkennen und ein Schuldanerkenntnis zu unterschreiben. Im Dezember erhob sie gegen den Beklagten Klage, mit der sie diesen auf Zahlung von Schadensersatz i.H.v. 29.191,61 Euro in Anspruch nahm. In diesem Betrag waren auch die Anwalts- und Gerichtskosten für das Verfahren vor dem LG Freiburg enthalten.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen.
Die Revision der Klägerin hatte vor dem BAG keinen Erfolg.
Nach Auffassung des BAG kann offen bleiben, ob der Beklagte durch die Herausgabe des Fahrzeugs an den Kunden seine Vertragspflichten verletzt hat; etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin sind – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – aufgrund der vertraglichen Ausschlussklausel verfallen. Die Ausschlussfrist beginne spätestens zu dem Zeitpunkt zu laufen, als sich die Klägerin entschlossen habe, Klage gegen den Kunden zu erheben, mithin jedenfalls vor dem 20.08.2015, so dass das Schreiben der Klägerin vom 20.11.2015, sofern dieses überhaupt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Geltendmachung erfülle, die Ausschlussfrist nicht gewahrt habe. Etwas anderes folge im Hinblick auf den Fristbeginn weder aus § 254 Abs. 2 BGB noch aus § 241 Abs. 2 BGB. Danach sei aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falls keine vorrangige gerichtliche Inanspruchnahme des Kunden durch die Klägerin geboten gewesen, da es dieser nicht ohne weiteres möglich gewesen sei, den Kunden mit rechtlichem und vor allem wirtschaftlichem Erfolg in Anspruch zu nehmen. Als die Klägerin sich entschlossen habe, Klage gegen den Kunden zu erheben, sei erkennbar gewesen, dass eine solche Klage keine realistische Aussicht geboten habe, von dem Kunden überhaupt irgendeine Leistung zu erlangen.


Gericht/Institution:BAG
Erscheinungsdatum:08.06.2018
Entscheidungsdatum:07.06.2018
Aktenzeichen:8 AZR 96/17
Vorinstanz
LArbG Stuttgart, Urt. v. 16.12.2016 - 9 Sa 51/16
Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 30/2018 v. 07.06.2018 - juris

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