Das AG München hat entschieden, dass ein Münchner Reiseveranstalter, der bei einer Fernbusreise keinen hinreichend deutlichen Hinweis auf Fahrzeiten über Nacht gegeben hatte, einem Ehepaar den vollen Reisepreis erstatten muss.
Die Klägerin aus Wetzlar buchte für sich und ihren Ehemann eine Busreise an die Côte d'Azur für den Zeitraum 17.10.2016 bis 25.10.2016, bezahlte EUR 1.394 und erhielt eine Buchungsbestätigung vom 15.06.2016. Im Reiseprospekt war angekündigt worden, dass man die Reisenden an "Zustiegsmöglichkeiten in der Nähe ihres Wohnortes" abholen würde. Mit Anschreiben vom 29.09.2016 erhielt die Klägerin Reisedokumente, aus denen sich erstmals ergab, dass der Zustieg der Klägerin am 17.10.2016 um 23:45 Uhr an einer Tankstelle in Gießen erfolgen sollte. Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten durch Schreiben vom 01.10.2016 mit, dass sie hiermit nicht einverstanden sei und forderte Abhilfe. Da die Beklagte hierzu nicht bereit war, kündigte die Klägerin am 14.10.2016 den Reisevertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Reisepreises auf. Der Klägerin wurden lediglich 10% des Reisepreises zurückerstattet. Die Klägerin war der Auffassung, die erfolgte Kündigung sei wirksam. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten, die Reise um 23:45 Uhr mehr als 20 km von ihrer Wohnung entfernt an einer einsamen, unsicheren Stelle antreten, ihr Fahrzeug während der Reise dort stehen lassen und die Nächte der Hin- und Rückfahrt im Bus verbringen zu müssen. Dies sei vertraglich auch nicht so vereinbart gewesen. Die Beklagte war der Auffassung, es sei der Klägerin durchaus zuzumuten, die Reise so anzutreten, wie von der Beklagten mitgeteilt. Auch sei dem Prospekt entnehmbar, dass die Busfahrten über Nacht stattfinden würden, da im Kleingedruckten darauf hingewiesen worden sei, dass sich in bestimmten Postleitzahlbereichen, darunter der Postleitzahlbereich der Klägerin, bedingt durch die Länge der Busreise sich diese um zwei Tage verlängere.
Das AG München hat die Beklagte zur Rückzahlung des vollen Reisepreises verurteilt.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich schon daraus, dass ein Reisevertrag nicht wirksam geschlossen worden ist, da eine Einigung über Abfahrtsort und -zeit nicht stattgefunden hat. Selbst wenn man das Zustandekommen eines Vertrages als wirksam ansehen und der Beklagten ein Bestimmungsrecht hinsichtlich des Abfahrtsortes und der Abfahrtszeit zubilligen wollte, wäre dieses Recht nicht wirksam ausgeübt. Eine Zustiegsstelle an einer Tankstelle in einer Entfernung von mehr als 20 km vom Wohnort der Klägerin könne nicht mehr als in deren Nähe angesehen werden. Auch der Zeitpunkt um 23:45 Uhr liege außerhalb eines eventuellen Ermessensspielraumes. Auch wäre es nicht zumutbar, dort ein Fahrzeug über längere Zeit abstellen zu müssen. Im Prospekt der Beklagten sei an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass die Anreise über Nacht erfolgen sollte, mit der zwingenden Folge, dass die Reisenden nicht in den Genuss kämen, während der Anreise die Landschaft genießen zu können. Darüber hinaus wären sie gezwungen, die weite Anfahrt von Wetzlar an die Côte d'Azur nachts in einem Reisebus zu verbringen. Es möge sein, dass diese Art und Weise zu Reisen bei gesunden, jungen und sparsamen Menschen beliebt sei, um Übernachtungskosten zu sparen. Für ältere Herrschaften, wie die Klägerin und ihren Ehemann, stelle dies häufig eine Zumutung dar. Ohne einen – nicht erfolgten – deutlichen Hinweis auf diese Art der Reisegestaltung dürfe der durchschnittliche Reisende erwarten, nicht auf diese Art und Weise transportiert zu werden. Dass diese Gestaltung der Reise nicht deutlich gemacht und allenfalls durch Schlussfolgerungen von potenziellen Vertragspartnern habe erkannt werden können, stelle einen Mangel des Prospekts dar. Dieser sei als Verschulden der Beklagen bei Vertragsschluss anzusehen und wie ein Mangel der Reise zu bewerten, der zur Kündigung berechtigte. Dies gelte umso mehr, als auf der dritten Seite des Prospekts der Beklagten unter "1. Tag: Anreise" am Ende vermerkt sei: "In einem schönen Küstenort nahe San Remo verbringen wir die ersten vier Nächte." Tatsächlich sei es jedoch geplant gewesen, die erste Nacht im Bus der Beklagten zu verbringen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. 44/2018 v. 08.06.2018 - juris
Die Klägerin aus Wetzlar buchte für sich und ihren Ehemann eine Busreise an die Côte d'Azur für den Zeitraum 17.10.2016 bis 25.10.2016, bezahlte EUR 1.394 und erhielt eine Buchungsbestätigung vom 15.06.2016. Im Reiseprospekt war angekündigt worden, dass man die Reisenden an "Zustiegsmöglichkeiten in der Nähe ihres Wohnortes" abholen würde. Mit Anschreiben vom 29.09.2016 erhielt die Klägerin Reisedokumente, aus denen sich erstmals ergab, dass der Zustieg der Klägerin am 17.10.2016 um 23:45 Uhr an einer Tankstelle in Gießen erfolgen sollte. Daraufhin teilte die Klägerin der Beklagten durch Schreiben vom 01.10.2016 mit, dass sie hiermit nicht einverstanden sei und forderte Abhilfe. Da die Beklagte hierzu nicht bereit war, kündigte die Klägerin am 14.10.2016 den Reisevertrag und forderte die Beklagte zur Rückzahlung des Reisepreises auf. Der Klägerin wurden lediglich 10% des Reisepreises zurückerstattet. Die Klägerin war der Auffassung, die erfolgte Kündigung sei wirksam. Es sei der Klägerin nicht zuzumuten, die Reise um 23:45 Uhr mehr als 20 km von ihrer Wohnung entfernt an einer einsamen, unsicheren Stelle antreten, ihr Fahrzeug während der Reise dort stehen lassen und die Nächte der Hin- und Rückfahrt im Bus verbringen zu müssen. Dies sei vertraglich auch nicht so vereinbart gewesen. Die Beklagte war der Auffassung, es sei der Klägerin durchaus zuzumuten, die Reise so anzutreten, wie von der Beklagten mitgeteilt. Auch sei dem Prospekt entnehmbar, dass die Busfahrten über Nacht stattfinden würden, da im Kleingedruckten darauf hingewiesen worden sei, dass sich in bestimmten Postleitzahlbereichen, darunter der Postleitzahlbereich der Klägerin, bedingt durch die Länge der Busreise sich diese um zwei Tage verlängere.
Das AG München hat die Beklagte zur Rückzahlung des vollen Reisepreises verurteilt.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ergibt sich schon daraus, dass ein Reisevertrag nicht wirksam geschlossen worden ist, da eine Einigung über Abfahrtsort und -zeit nicht stattgefunden hat. Selbst wenn man das Zustandekommen eines Vertrages als wirksam ansehen und der Beklagten ein Bestimmungsrecht hinsichtlich des Abfahrtsortes und der Abfahrtszeit zubilligen wollte, wäre dieses Recht nicht wirksam ausgeübt. Eine Zustiegsstelle an einer Tankstelle in einer Entfernung von mehr als 20 km vom Wohnort der Klägerin könne nicht mehr als in deren Nähe angesehen werden. Auch der Zeitpunkt um 23:45 Uhr liege außerhalb eines eventuellen Ermessensspielraumes. Auch wäre es nicht zumutbar, dort ein Fahrzeug über längere Zeit abstellen zu müssen. Im Prospekt der Beklagten sei an keiner Stelle darauf hingewiesen, dass die Anreise über Nacht erfolgen sollte, mit der zwingenden Folge, dass die Reisenden nicht in den Genuss kämen, während der Anreise die Landschaft genießen zu können. Darüber hinaus wären sie gezwungen, die weite Anfahrt von Wetzlar an die Côte d'Azur nachts in einem Reisebus zu verbringen. Es möge sein, dass diese Art und Weise zu Reisen bei gesunden, jungen und sparsamen Menschen beliebt sei, um Übernachtungskosten zu sparen. Für ältere Herrschaften, wie die Klägerin und ihren Ehemann, stelle dies häufig eine Zumutung dar. Ohne einen – nicht erfolgten – deutlichen Hinweis auf diese Art der Reisegestaltung dürfe der durchschnittliche Reisende erwarten, nicht auf diese Art und Weise transportiert zu werden. Dass diese Gestaltung der Reise nicht deutlich gemacht und allenfalls durch Schlussfolgerungen von potenziellen Vertragspartnern habe erkannt werden können, stelle einen Mangel des Prospekts dar. Dieser sei als Verschulden der Beklagen bei Vertragsschluss anzusehen und wie ein Mangel der Reise zu bewerten, der zur Kündigung berechtigte. Dies gelte umso mehr, als auf der dritten Seite des Prospekts der Beklagten unter "1. Tag: Anreise" am Ende vermerkt sei: "In einem schönen Küstenort nahe San Remo verbringen wir die ersten vier Nächte." Tatsächlich sei es jedoch geplant gewesen, die erste Nacht im Bus der Beklagten zu verbringen.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Gericht/Institution: | AG München |
Erscheinungsdatum: | 08.06.2018 |
Entscheidungsdatum: | 06.06.2018 |
Aktenzeichen: | 262 C 2407/18 |
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