Der BGH hat entschieden, dass ein Ehepaar wegen einer kurzfristig geplatzten Karibik-Kreuzfahrt eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit erhält.
Die Klägerin nimmt die beklagte Reiseveranstalterin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt in Höhe des Reisepreises und auf Ersatz der Mehrkosten für eine Ersatzreise in Anspruch. Der Ehemann der Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30.11.2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 Euro. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13.11.2015. Die Eheleute unternahmen während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten in Höhe von 887,95 Euro entstanden.
Das Landgericht hatte der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 3.685,20 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf ihre Berufung hatte das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung weiterer 887,95 Euro als Ersatz für die Mehrkosten der Ersatzreise zuerkannt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit im von den Vorinstanzen nicht zuerkannten Umfang weiter, während die Beklagte im Wege der Anschlussrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und auf die Anschlussrevision der Beklagten das landgerichtliche Urteil wieder hergestellt.
Nach Auffassung des BGH ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Reise, zu deren Durchführung die Beklagte vertraglich verpflichtet war, vereitelt worden ist. In einem solchen Fall könne der Reisende ebenso wie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise nach § 651f Abs. 2 BGB – neben der Erstattung des Reisepreises – auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Die Bemessung der Entschädigung sei grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dessen Würdigung vom BGH nur in engen Grenzen nachgeprüft werden könne. Ist die Reise wegen Mängeln der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt worden, dass der Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist, sei regelmäßig eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen. Im Streitfall habe das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass eine Vereitelung der Reise einer solchen durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleichstehe. Bei einer ausgefallenen Reise sei daher nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen.
Zwar möge die Vereitelung der Reise auf den ersten Blick als die am weitesten reichende Form der Beeinträchtigung des vom Reiseveranstalter geschuldeten Reiseerfolgs erscheinen. Auch bei Vereitelung der Reise gehe es aber bei dem Anspruch auf Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB nicht um eine "zweite Rückerstattung" des Reisepreises. Vielmehr sei allein bezweckt, den Reisenden dafür zu entschädigen, dass er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart wurde. Die sich daraus ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung könne bei groben Mängeln der Reiseleistung erheblich größer sein, als wenn die Reiseleistung bei einer Vereitelung der Reise überhaupt nicht erbracht werde. Da maßgeblich auf den dem Reisenden durch die Vereitelung der Reise entgangenen Nutzen abzustellen sei, ist es für die Höhe der Entschädigung auch unerheblich, wie der Reisende im Falle einer vereitelten Reise die vorgesehene Reisezeit verbracht habe.
Danach weise die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Streitfall die Entschädigung mit einem etwa 73% des Reisepreises entsprechenden Betrag zu bemessen, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf. Das Berufungsgericht habe neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt habe, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert habe, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Gleichzeitig habe es in den Blick genommen, dass mit dem völligen Ausfall der Reise zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht worden seien, diese damit aber über ihre Zeit frei verfügen konnten.
Die Anschlussrevision der Beklagten sei hingegen begründet, weil die Klägerin nicht geltend gemacht habe, mit der Buchung der Floridareise anstelle der von der Beklagten geschuldeten Kreuzfahrt selbst Abhilfe wegen eines Mangels der Reiseleistung der Beklagten geschaffen zu haben, sondern auch insoweit Schadensersatz wegen Vereitelung der Reise begehrt habe. Ist die Reise jedoch insgesamt vereitelt worden, könnten die Aufwendungen für die unternommene Floridareise nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen.
Vorinstanzen
LG Köln, Urt. v. 07.02.2017 - 4 O 124/16
OLG Köln, Urt. v. 19.07.2017 - 16 U 31/17
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 95/2018 v. 29.05.2018 - juris
Die Klägerin nimmt die beklagte Reiseveranstalterin aus eigenem und abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf die Zahlung einer angemessenen Entschädigung wegen Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt in Höhe des Reisepreises und auf Ersatz der Mehrkosten für eine Ersatzreise in Anspruch. Der Ehemann der Klägerin buchte bei der beklagten Reiseveranstalterin für sich und die Klägerin eine Kreuzfahrt in der Karibik für die Zeit vom 16. bis 30.11.2015 zu einem Gesamtpreis von 4.998 Euro. Die Eheleute konnten die Reise nicht antreten, weil es auf dem Schiff keine Buchung für sie gab. Davon erfuhren sie erst am 13.11.2015. Die Eheleute unternahmen während des vorgesehenen Reisezeitraums eine Reise mit dem Mietwagen durch Florida, für die ihnen Mehrkosten in Höhe von 887,95 Euro entstanden.
Das Landgericht hatte der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 3.685,20 Euro zugesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf ihre Berufung hatte das Berufungsgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung weiterer 887,95 Euro als Ersatz für die Mehrkosten der Ersatzreise zuerkannt und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Anspruch auf angemessene Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit im von den Vorinstanzen nicht zuerkannten Umfang weiter, während die Beklagte im Wege der Anschlussrevision die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils erstrebt.
Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen und auf die Anschlussrevision der Beklagten das landgerichtliche Urteil wieder hergestellt.
Nach Auffassung des BGH ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass die Reise, zu deren Durchführung die Beklagte vertraglich verpflichtet war, vereitelt worden ist. In einem solchen Fall könne der Reisende ebenso wie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise nach § 651f Abs. 2 BGB – neben der Erstattung des Reisepreises – auch wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
Die Bemessung der Entschädigung sei grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters, dessen Würdigung vom BGH nur in engen Grenzen nachgeprüft werden könne. Ist die Reise wegen Mängeln der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt worden, dass der Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist, sei regelmäßig eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen. Im Streitfall habe das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass eine Vereitelung der Reise einer solchen durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise nicht ohne weiteres gleichstehe. Bei einer ausgefallenen Reise sei daher nicht stets eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen.
Zwar möge die Vereitelung der Reise auf den ersten Blick als die am weitesten reichende Form der Beeinträchtigung des vom Reiseveranstalter geschuldeten Reiseerfolgs erscheinen. Auch bei Vereitelung der Reise gehe es aber bei dem Anspruch auf Entschädigung nach § 651f Abs. 2 BGB nicht um eine "zweite Rückerstattung" des Reisepreises. Vielmehr sei allein bezweckt, den Reisenden dafür zu entschädigen, dass er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart wurde. Die sich daraus ergebende (immaterielle) Beeinträchtigung könne bei groben Mängeln der Reiseleistung erheblich größer sein, als wenn die Reiseleistung bei einer Vereitelung der Reise überhaupt nicht erbracht werde. Da maßgeblich auf den dem Reisenden durch die Vereitelung der Reise entgangenen Nutzen abzustellen sei, ist es für die Höhe der Entschädigung auch unerheblich, wie der Reisende im Falle einer vereitelten Reise die vorgesehene Reisezeit verbracht habe.
Danach weise die Entscheidung des Berufungsgerichts, im Streitfall die Entschädigung mit einem etwa 73% des Reisepreises entsprechenden Betrag zu bemessen, keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Klägerin auf. Das Berufungsgericht habe neben dem Reisepreis nicht nur berücksichtigt, dass es sich bei der ausgefallenen Reise um eine hochwertige und attraktive Kreuzfahrt gehandelt habe, sondern auch, dass die beklagte Reiseveranstalterin die Reise sehr kurzfristig abgesagt und es dadurch der Klägerin und ihrem Ehemann zusätzlich erschwert habe, die vorgesehene Reisezeit in einer ihnen zusagenden anderen Weise zu nutzen. Gleichzeitig habe es in den Blick genommen, dass mit dem völligen Ausfall der Reise zwar die Erwartungen der Reisenden enttäuscht worden seien, diese damit aber über ihre Zeit frei verfügen konnten.
Die Anschlussrevision der Beklagten sei hingegen begründet, weil die Klägerin nicht geltend gemacht habe, mit der Buchung der Floridareise anstelle der von der Beklagten geschuldeten Kreuzfahrt selbst Abhilfe wegen eines Mangels der Reiseleistung der Beklagten geschaffen zu haben, sondern auch insoweit Schadensersatz wegen Vereitelung der Reise begehrt habe. Ist die Reise jedoch insgesamt vereitelt worden, könnten die Aufwendungen für die unternommene Floridareise nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen.
Gericht/Institution: | BGH |
Erscheinungsdatum: | 30.05.2018 |
Entscheidungsdatum: | 29.05.2018 |
Aktenzeichen: | X ZR 94/17 |
Vorinstanzen
LG Köln, Urt. v. 07.02.2017 - 4 O 124/16
OLG Köln, Urt. v. 19.07.2017 - 16 U 31/17
Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 95/2018 v. 29.05.2018 - juris
Kommentare
Kommentar veröffentlichen