BSG aktuell: Hilfe zur Beschaffung eines Kfz für behinderten Menschen kann auch Eingliederungshilfe sein ! Bei mehrfachem Bedarf darf Einkommen nur einmal angerechnet werden
Das BSG hat das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Das BSG konnte nicht abschließend entscheiden, weil es bisher erstens an der notwendigen Beiladung des Trägers der Sozialhilfe sowie an weiteren Tatsachenfeststellungen fehlt. Im gesamten bisherigen Verfahren sind die Besonderheiten des Teilhaberechts sowie dessen verfahrens- und materiell-rechtlichen Konsequenzen nicht beachtet worden. Die Beklagte hat den vom Kläger geltend gemachten Antrag auf Zuschuss zu den Beschaffungskosten eines neuen Kfz ausschließlich unter dem Aspekt der für sie unmittelbar geltenden Vorschriften über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geprüft und nach den Vorschriften der Kfz-Hilfeverordnung beschieden. Sie hat dabei die Höhe des Zuschusses nach den für sie als primär zuständigen Reha-Träger zwar richtig berechnet und bei der Ermittlung des Nettoeinkommens des Klägers dessen monatliche Selbstbeteiligung i.H.v. 432,97 Euro zu den Kosten seiner Pflegeassistenz zu Recht nicht als Abzugsposten berücksichtigt. Allerdings hätte sie rechtzeitig eine Beteiligung des Sozialhilfeträgers erwägen müssen und muss nun, da sie dies nicht innerhalb der 14-Tagesfrist des § 14 SGB IX getan hat, den Anspruch des Klägers auch unter Berücksichtigung der für andere Reha-Träger, insbesondere der für den Sozialhilfeträger geltenden Vorschriften prüfen und ggf erfüllen müssen. In Betracht kommt insoweit ein Anspruch des Klägers gegen den Träger der Sozialhilfe auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Trotz der alleinigen Zuständigkeit der beklagten BA für sämtliche Reha-Ansprüche im Außenverhältnis zum Kläger kann die Klage gegen die BA nach Zurückverweisung der Sache in die Rechtssphäre des Sozialhilfeträgers eingreifen, so dass diese vom Landessozialgericht notwendig beizuladen sein wird. Die Träger der Sozialhilfe sind Reha-Träger nicht nur für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern auch zur Teilhabe in der Gesellschaft. Die begehrte Leistung – hier Hilfe zur Beschaffung eines Kfz – könnte bei dem schwerbehinderten Kläger zugleich seiner Eingliederung als behinderter Mensch (Eingliederungshilfe) dienen. Eingliederungshilfe in Form einer Hilfe zur Beschaffung eines Kfz kommt nach § 8 Eingliederungshilfe-VO für den Sozialhilfeträger sowohl unter dem Aspekt seiner Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als auch der Teilhabe in der Gesellschaft in Betracht. Dient die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz als Eingliederungshilfe der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, wird die Leistung (= Hilfe) vom Träger der Sozialhilfe "in angemessenem Umfang gewährt". Insoweit könnte eine umfassendere Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe gegeben sein als sie sich bei einem Abstellen allein auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach der KfzHV ergibt. Denn für den Fall mehrfachen Bedarfs gilt im Sozialhilferecht, dass derjenige Teil des Einkommens, dessen Einsatz dem Hilfebedürftigen im Einzelfall zur Deckung eines bestimmten Bedarfs zugemutet oder verlangt wird (hier Eigenbeteiligung Pflegeassistenz), bei der Prüfung, inwieweit der Einsatz des Einkommens für einen anderen gleichzeitig bestehenden Bedarf zuzumuten ist oder verlangt werden kann, nicht (mehr) berücksichtigt werden darf.
Das BSG konnte nicht abschließend entscheiden, weil es bisher erstens an der notwendigen Beiladung des Trägers der Sozialhilfe sowie an weiteren Tatsachenfeststellungen fehlt. Im gesamten bisherigen Verfahren sind die Besonderheiten des Teilhaberechts sowie dessen verfahrens- und materiell-rechtlichen Konsequenzen nicht beachtet worden. Die Beklagte hat den vom Kläger geltend gemachten Antrag auf Zuschuss zu den Beschaffungskosten eines neuen Kfz ausschließlich unter dem Aspekt der für sie unmittelbar geltenden Vorschriften über die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geprüft und nach den Vorschriften der Kfz-Hilfeverordnung beschieden. Sie hat dabei die Höhe des Zuschusses nach den für sie als primär zuständigen Reha-Träger zwar richtig berechnet und bei der Ermittlung des Nettoeinkommens des Klägers dessen monatliche Selbstbeteiligung i.H.v. 432,97 Euro zu den Kosten seiner Pflegeassistenz zu Recht nicht als Abzugsposten berücksichtigt. Allerdings hätte sie rechtzeitig eine Beteiligung des Sozialhilfeträgers erwägen müssen und muss nun, da sie dies nicht innerhalb der 14-Tagesfrist des § 14 SGB IX getan hat, den Anspruch des Klägers auch unter Berücksichtigung der für andere Reha-Träger, insbesondere der für den Sozialhilfeträger geltenden Vorschriften prüfen und ggf erfüllen müssen. In Betracht kommt insoweit ein Anspruch des Klägers gegen den Träger der Sozialhilfe auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Trotz der alleinigen Zuständigkeit der beklagten BA für sämtliche Reha-Ansprüche im Außenverhältnis zum Kläger kann die Klage gegen die BA nach Zurückverweisung der Sache in die Rechtssphäre des Sozialhilfeträgers eingreifen, so dass diese vom Landessozialgericht notwendig beizuladen sein wird. Die Träger der Sozialhilfe sind Reha-Träger nicht nur für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, sondern auch zur Teilhabe in der Gesellschaft. Die begehrte Leistung – hier Hilfe zur Beschaffung eines Kfz – könnte bei dem schwerbehinderten Kläger zugleich seiner Eingliederung als behinderter Mensch (Eingliederungshilfe) dienen. Eingliederungshilfe in Form einer Hilfe zur Beschaffung eines Kfz kommt nach § 8 Eingliederungshilfe-VO für den Sozialhilfeträger sowohl unter dem Aspekt seiner Zuständigkeit für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als auch der Teilhabe in der Gesellschaft in Betracht. Dient die Hilfe zur Beschaffung eines Kfz als Eingliederungshilfe der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, wird die Leistung (= Hilfe) vom Träger der Sozialhilfe "in angemessenem Umfang gewährt". Insoweit könnte eine umfassendere Leistungspflicht des Trägers der Sozialhilfe gegeben sein als sie sich bei einem Abstellen allein auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach der KfzHV ergibt. Denn für den Fall mehrfachen Bedarfs gilt im Sozialhilferecht, dass derjenige Teil des Einkommens, dessen Einsatz dem Hilfebedürftigen im Einzelfall zur Deckung eines bestimmten Bedarfs zugemutet oder verlangt wird (hier Eigenbeteiligung Pflegeassistenz), bei der Prüfung, inwieweit der Einsatz des Einkommens für einen anderen gleichzeitig bestehenden Bedarf zuzumuten ist oder verlangt werden kann, nicht (mehr) berücksichtigt werden darf.
Gericht/Institution: | BSG |
Erscheinungsdatum: | 14.05.2014 |
Entscheidungsdatum: | 14.05.2014 |
Aktenzeichen: | B 11 AL 6/13 R, B 11 AL 3/13 R, B 11 AL 20/13 R, B 11 AL 8/13 R, B 11 AL 12/13 R, B 11 AL 14/13 R, B 11 AL 9/13 R |
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