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Eingliederungsvereinbarung - Schadenersatz wegen abgebrochener Weiterbildungsmaßnahme - Bestimmung des Umfangs und der Höhe des Schadenersatzes durch den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten - Abgrenzung Schadenersatz und Vertragsstrafe


Sofern der erwerbsfähige Leistungsberechtigte eine Bildungsmaßnahme aus einem von ihm zu vertretenden Grund nicht zu Ende führt, kann der Grundsicherungsträger maximal 30 Prozent des tatsächlich entstandenen Schadens vom erwerbsfähigen Leistungsberechtigten als Schadenersatz verlangen, nicht jedoch 30 Prozent der gesamten Maßnahmekosten, wenn der tatsächlich eingetretene Schaden niedriger ist.

Eine - verschuldensunabhängige - Vertragsstrafe sieht der Wortlaut des § 15 Abs 3 SGB 2 explizit nicht vor:


Die Schadenersatzverpflichtung in § 15 Abs 3 SGB 2 ist vielmehr gerade verschuldensabhängig gestaltet ("Vertreten müssen").

Dem oder der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten muss es subjektiv vorwerfbar sein, dass er oder sie die Maßnahme nicht zu Ende geführt hat.

So die Rechtsauffassung des Sozialgericht Berlin, Urteil vom 27.11.2012 - S 172 AS 7624/12.


Ist - wie hier - eine Bildungsmaßnahme vereinbart, so ist zu regeln, in welchem Umfang und unter welchen Voraussetzungen der erwerbsfähige Leistungsberechtigte schadenersatzpflichtig ist, wenn sie oder er die Maßnahme schuldhaft nicht zu Ende führt.

Als Schadenersatzvoraussetzungen sind die ersatzfähigen Kosten in der Eingliederungsvereinbarung nach Art und Höhe bestimmt festzulegen. Dies rechtfertigt sich daraus, dass der erwerbsfähige Leistungsberechtigte das Schadenersatzrisiko bei Abschluss der Vereinbarung klar und unmissverständlich überblicken kann (Warnfunktion).

Dazu gehört auch, dass die Maßnahmekosten von denen nach Nr. 3 der Mustereingliederungsvereinbarung der Bundesagentur für Arbeit (s. Nr. 3 der Mustereingliederungsvereinbarung Anlage 1 DH-BA § 15) vorbehaltlich eines tatsächlich geringen Schadens 30 Prozent als Schadenersatz zu vereinbaren sind, zumindest der Größenordnung zu beziffern sind.

Fehlt es hieran, liegt keine wirksame vertragliche Schadenersatzabrede vor (Berlit in: Münder, SGB II, 2. Aufl. 2011, § 15, Rn. 55; Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, § 15, Rn. 37; Fuchsloch in: Gagel, SGB II und III, 42. EL, § 15, Rn. 92; SG Berlin, Urteil vom 13. September 2011, S 172 AS 19683/09, Rn. 67).

Der Schaden umfasst grundsätzlich alle anfallenden Kosten, die dem Grundsicherungsträger aufgrund des Abbruchs der Maßnahme durch die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person entstehen.


Darunter fallen zum einen alle Maßnahmekosten, die ab dem Zeitpunkt des Abbruchs der Maßnahme (noch) an den Träger der Bildungsmaßnahme gezahlt werden müssen.

Des Weiteren können Kosten, die ab diesem Zeitpunkt auf Seiten der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person entstehen (z. B. Kinderbetreuungs-, Fahrkosten, Kosten für Unterkunft und Verpflegung) in die tatsächliche Schadenermittlung einfließen, sofern diese bereits bei Abschluss bzw. Anpassung der Eingliederungsvereinbarung beziffert werden konnten.

In Einzelfällen kann der Schaden neben den nach vorzeitiger Beendigung der Maßnahme noch anfallenden Kosten auch die bereits bis zum Abbruch entstandenen Kosten mit umfassen.

Wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und zur Verhinderung von Schuldenbergen bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten empfiehlt die Arbeitsagentur: ?Deshalb ist ein Schadensersatz in Höhe von maximal 30 Prozent des gesamten Schadens geltend zu machen. (vgl. Punkt 4.3.3. der fachlichen Hinweise der Agentur für Arbeit zu § 15 SGB II: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/A01 -Allgemein-Info/A015-Oeffentlichkeitsarbeit/Publik ation/pdf/Gesetzestext-15-SGB-II-Eingliederungsver einbarung.pdf ).

Anmerkung:


Keine Schadenersatzverpflichtung des Hilfebedürftigen bei Unwirksamkeit der Schadenersatzregelung in seiner Eingliederungsvereinbarung (vgl. dazu SG Berlin, Urteil vom 13.09.2011, - S 172 AS 19683/09). 


Hinweis: Eingliederungsvereinbarungen führen oft zu Problemen mit den Grundsicherungsträgern, wenn auch Sie Probleme mit Ihrer EGV haben, wenden Sie sich vertrauensvoll an das Taem des Sozialrechtsexperten.


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Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- Taemmitglied des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann.

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