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Kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus Eingliederungsvereinbarung


Das BSG hat im Streit um einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aus einer Eingliederungsvereinbarung entschieden, dass der Kläger weder Anspruch auf Zuschuss- oder Darlehensleistungen gegen den Beklagten noch den beigeladenen Träger der Sozialhilfe hat.
Das beklagte Jobcenter hatte mit dem Kläger eine Eingliederungsvereinbarung abgeschlossen, in der sich der Beklagte verpflichtete, dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zu drei Jahren zu erbringen. Im Gegenzug verpflichtete sich der Kläger, während dessen ein Studium an einer Hochschule zu absolvieren und den Studienabschluss nachzuholen. Den Antrag des Klägers, zur Ergänzung der von ihm während des Studiums bezogenen Ausbildungsförderung die ungedeckten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zu übernehmen, lehnte der Beklagte jedoch ab. Zur Begründung berief er sich darauf, dass der Kläger nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II ausgeschlossen sei. Auch habe der Kläger keinen Anspruch auf ergänzende Leistungen an Auszubildende nach § 22 Abs. 7 SGB II a.F.
Das Sozialgericht hatte die Rechtsauffassung des Beklagten bestätigt und das Landessozialgericht hatte ihn zur Leistungsgewährung verpflichtet. Der Kläger habe einen Anspruch auf Unterkunftsleistungen auf Grundlage der Eingliederungsvereinbarung.
Das BSG hat auf die Revision des Beklagten das Urteil des Landessozialgerichts aufgehoben und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts zurückgewiesen.
Nach Auffassung des BSG ist der Kläger als Studierender an einer Hochschule von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II ausgeschlossen gewesen. Auch § 22 Abs. 7 SGB II scheide als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren aus.
Ein Leistungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten auf Grundlage der Eingliederungsvereinbarung bestehe ebenfalls nicht. Die dort getroffenen Regelungen seien – unabhängig von der Einordnung der Rechtsqualität der Eingliederungsvereinbarung – nichtig. Soweit die Eingliederungsvereinbarung als öffentlich-rechtlicher Vertrag zu bewerten sei – wozu der 4. Senat des BSG in Fortsetzung der Rechtsprechung von 11. und 14. Senat des BSG neige –, folge dies aus dem Vertragsformverbot. Danach habe die Verwaltung auch hinsichtlich ihrer Handlungsform stets den rechtsstaatlichen Vorrang des Gesetzes zu beachten. Mit einer Eingliederungsvereinbarung dürften nach § 15 Abs. 1 SGB II nur Eingliederungsleistungen, nicht jedoch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts geregelt werden. Erkenne man in der Eingliederungsvereinbarung eine Zusicherung i.S.d. § 34 SGB X und damit einen Verwaltungsakt, sei dieser vorliegend ebenfalls nichtig. Es sei unzulässig, die bei Vorliegen der gesetzlichen Leistungsvoraussetzungen unbedingte Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von der Erbringung einer Gegenleistung – hier einem Studium und dessen Abschluss – abhängig zu machen.
Die darlehensweise Leistungsgewährung gegen den Beklagten scheitere bereits an dem Fehlen des Vorliegens einer besonderen Härte i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II, denn der Kläger habe zur Finanzierung seines Studiums im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz im Höchstsatz erhalten. Dies stehe letztlich auch einem Leistungsanspruch gegen die Beigeladene nach § 22 SGB XII entgegen.


Gericht/Institution:BSG
Erscheinungsdatum:02.04.2014
Entscheidungsdatum:02.04.2014
Aktenzeichen:B 4 AS 26/13 R
juris

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