Der BFH hat im Zusammenhang mit der sogenannten
Mindestbesteuerung das BVerfG im Rahmen eines Normenkontrollersuchens
zur Verfassungsprüfung angerufen.
In seinem Urteil vom 22.08.2012 (I R 9/11) hatte der BFH entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung gemäß § 10d Abs. 2 EStG "in ihrer Grundkonzeption" nicht verfassungswidrig ist. Der BFH ist nun aber davon überzeugt, dass das nur für den "Normalfall" gilt, nicht jedoch dann, wenn der vom Gesetzgeber beabsichtigte, lediglich zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung hineinwächst und damit ein sog. Definitiveffekt eintritt.
Der BFH hat deswegen das BVerfG im Rahmen eines Normenkontrollersuchens zur Verfassungsprüfung angerufen.
Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemessungsgrundlage ist deshalb das "Nettoeinkommen" nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, so dass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (sog. überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug begrenzt: 40% der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwellenbetrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen (sog. Mindestbesteuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben.
Im Streitfall musste eine Kapitalgesellschaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand. Zwei Jahre später kam zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im Gewinnjahr an der Mindestbesteuerung. Zwischenzeitlich war die Kapitalgesellschaft insolvent geworden, so dass sich der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte. In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindestbesteuerung sieht der BFH einen gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das BVerfG zu entscheiden haben.
VorinstanzFG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.04.2012 - 12 K 12179/09, 12 K 12177/10
juris
In seinem Urteil vom 22.08.2012 (I R 9/11) hatte der BFH entschieden, dass die sog. Mindestbesteuerung gemäß § 10d Abs. 2 EStG "in ihrer Grundkonzeption" nicht verfassungswidrig ist. Der BFH ist nun aber davon überzeugt, dass das nur für den "Normalfall" gilt, nicht jedoch dann, wenn der vom Gesetzgeber beabsichtigte, lediglich zeitliche Aufschub der Verlustverrechnung in einen endgültigen Ausschluss der Verlustverrechnung hineinwächst und damit ein sog. Definitiveffekt eintritt.
Der BFH hat deswegen das BVerfG im Rahmen eines Normenkontrollersuchens zur Verfassungsprüfung angerufen.
Die Einkommen- und Körperschaftsteuer soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Steuersubjekts abschöpfen. Ihre Bemessungsgrundlage ist deshalb das "Nettoeinkommen" nach Abzug der Erwerbsaufwendungen. Fallen die Aufwendungen nicht in demjenigen Kalenderjahr an, in dem die Einnahmen erzielt werden, oder übersteigen sie die Einnahmen, so dass ein Verlust erwirtschaftet wird, ermöglicht es das Gesetz, den Verlustausgleich auch über die zeitlichen Grenzen eines Bemessungszeitraums hinweg vorzunehmen (sog. überperiodischer Verlustabzug). Seit 2004 ist dieser Verlustabzug begrenzt: 40% der positiven Einkünfte oberhalb eines Schwellenbetrags von 1 Mio. Euro werden auch dann der Ertragsbesteuerung unterworfen, wenn bisher noch nicht ausgeglichene Verluste vorliegen (sog. Mindestbesteuerung). Damit wird die Wirkung des Verlustabzugs in die Zukunft verschoben.
Im Streitfall musste eine Kapitalgesellschaft eine ihr zustehende Geldforderung zu einem Bilanzstichtag in voller Höhe auf Null abschreiben, wodurch ein Verlust entstand. Zwei Jahre später kam zu einer gegenläufigen Wertaufstockung, was einen entsprechenden Gewinn zur Folge hatte. Eine vollständige Verrechnung des Verlusts mit dem Gewinn im Wege des Verlustabzugs scheiterte im Gewinnjahr an der Mindestbesteuerung. Zwischenzeitlich war die Kapitalgesellschaft insolvent geworden, so dass sich der nicht ausgeglichene Verlust steuerlich auch in der Folgezeit nicht mehr auswirken konnte. In dem dadurch bewirkten Definitiveffekt der Mindestbesteuerung sieht der BFH einen gleichheitswidrigen Eingriff in den Kernbereich des ertragsteuerrechtlichen Nettoprinzips. Darüber, ob das zutrifft, wird nun das BVerfG zu entscheiden haben.
VorinstanzFG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 18.04.2012 - 12 K 12179/09, 12 K 12177/10
Gericht/Institution: | BFH |
Erscheinungsdatum: | 03.09.2014 |
Entscheidungsdatum: | 26.02.2014 |
Aktenzeichen: | I R 59/12 |
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