Ralph Boes, der weithin bekannte Anti-Hartz-Aktivist will es wissen. Er verweigert seine Eingliederung in Arbeit und lehnte die Beschäftigung in einem Call-Center ab. Das brachte wohl das Fass zum überlaufen und das Jobcenter von Berlin Mitte verhängte gegen ihn eine 100% Sanktion. Das Sozialgericht Berlin hat nun auf seinen Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die letzte Sanktion herzustellen mit Beschluss vom 18.09.2013 zum Geschäftszeichen S 147 AS 20810/13 ER zurückgewiesen.
In dem Beschluss führt das Sozialgericht aus, auch eine Totalsanktion sei nicht verfassungswidrig, weil der Betroffene es durch Wohlverhalten in der Hand habe, die sich hieraus ergebenden Folgen zu tragen.Die Verletzung von Mitwirkungspflichten könne im Sozialrecht durchaus zu einer Versagung der Leistungen führen.
Ralph Boes sieht wohl, wie er mehrfach angekündigte, die Sanktion als Teil einer Kampagne gegen Hartz IV und für das bedingungslose Grundeinkommen an, so dass ein Erfolg in der ersten Runde vor den Gerichten ihm nicht die nötige Genugtuung gibt. Da reicht kein Sozialrichter aus, denn Ziel ist das Bundesverfassungsgericht.
In dem Beschluss kommt nur unzureichend zum Ausdruck, welche Rechtsfolgen sich aus einer Totalsanktion ergeben.
Da die Kosten der Unterkunft entfallen, kann die Miete nicht mehr gezahlt werden und der Vermieter kann nach zweimaliger Nichtzahlung das Mietverhältnis fristlos kündigen. Eine Sanktion dauert drei Monate, so dass jedenfalls die Wohnung weg ist. Der Hinweis des Gerichtes auch Mietschulden können vom Jobcenter übernommen werden, führt lediglich dazu, dass der snktionierte Leistungberechtigte einen Anspruch auf fehlerfrei Ermessenausübung hat. Letztlich führt die Sanktion zur Obdachlosigkeit, die wiederum erzeugt einen Anspruch auf die Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten (§§ 67 ff SGB XII). Eine preiswerte Hilfe wird zu einer teuren Hilfe und zwar nur zur Durchsetzung des Zwangs zur Arbeit.
Krankenversicherung/Pflegeversicherung: Der Totalsanktionierte ist weiterhin in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, wenn er bisher gesetzlich versichert war (§ 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V) und muss selbst seine Beiträge zahlen und zwar ca. 160 € monatlich. Zahlt er nicht fallen Säumniszuschläge in Höhe von 1% des rückständigen Betrages an. Fraglich ist, ob bei ein er Totalsanktion ein Anspruch auf Übernahme der Beträge durch das Jobcenter besteht (§ 26 Abs.1 Satz 2 SGB II).
Lebensmittelgutscheine oder Leistungen in Höhe eines unerlässlichen Bedarfes werden nur auf Antrag übernommen, so dass seitens des Jobcenters keine besondere Fürsorgepflicht besteht. Sieht man vom Fall Boes einmal ab, der die Sanktion bewusst provoziert hat, ist diese (Antrags-)Regelung gemessen am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich zumindest bedenklich.
Ralph Boes verbrennt seine Eingliederungsvereinbarung
In meinem Blog erfahren Sie das Neueste aus dem Arbeits- und Sozialrecht. Rechtsprechung, Gesetzgebung und Literatur
Montag, 23. September 2013
Freitag, 20. September 2013
Rechtsanspruch auf Betreuungsplatz konkretisiert
Das VG München hat im Streit um die Zuweisung eines Platzes für
ein knapp 13 Monate altes Kind in einer freigemeinnützigen
Kindertageseinrichtung entschieden, dass ein angebotener Krippenplatz,
der eine halbe Stunde von der Wohnung und der Arbeitsstätte der Eltern
entfernt ist, zumutbar ist.
Die beklagte Landeshauptstadt München hatte für das Kind
Betreuungsplätze in freigemeinnützigen Kindertagesstätten angeboten, die
dieselben Gebühren wie die städtischen Kindertagesstätten erheben.
Diese Einrichtungen sind von der elterlichen Wohnung mit öffentlichen
Verkehrsmitteln jeweils in ca. einer halben Stunde erreichbar. Der Weg
von diesen Tagesstätten bis zum Arbeitsplatz der Eltern, die beide in
Vollzeit arbeiten, beträgt ebenso ca. eine halbe Stunde mit öffentlichen
Verkehrsmitteln.
Das VG München hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte der Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) durch die angebotenen Plätze hätte erfüllt werden können, da der zeitliche Aufwand im konkreten Einzelfall zumutbar sei. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Zeit, die die Eltern für das Bringen und Abholen des Kindes zu bzw. von den angebotenen Kindertageseinrichtungen aufbringen müssen, für beide Elternteile gleich sei und sie sich dabei entsprechend ihrer eigenen Planung abwechseln könnten. Der zeitliche Aufwand der Eltern, der für sie mit der Betreuung des Kindes in einer der angebotenen Kindertageseinrichtungen verbunden sei, werde dadurch auf beide Elternteile verteilt und insofern für den einzelnen Elternteil reduziert.
Gegen die Entscheidung wurde die Berufung zum VGH München zugelassen.
Das VG München hat die Klage abgewiesen.
Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte der Anspruch auf Förderung in einer Kindertageseinrichtung (§ 24 Abs. 2 SGB VIII) durch die angebotenen Plätze hätte erfüllt werden können, da der zeitliche Aufwand im konkreten Einzelfall zumutbar sei. Dabei wurde auch berücksichtigt, dass die Zeit, die die Eltern für das Bringen und Abholen des Kindes zu bzw. von den angebotenen Kindertageseinrichtungen aufbringen müssen, für beide Elternteile gleich sei und sie sich dabei entsprechend ihrer eigenen Planung abwechseln könnten. Der zeitliche Aufwand der Eltern, der für sie mit der Betreuung des Kindes in einer der angebotenen Kindertageseinrichtungen verbunden sei, werde dadurch auf beide Elternteile verteilt und insofern für den einzelnen Elternteil reduziert.
Gegen die Entscheidung wurde die Berufung zum VGH München zugelassen.
Gericht/Institution: | VG München | |
Erscheinungsdatum: | 19.09.2013 | |
Entscheidungsdatum: | 18.09.2013 | |
Aktenzeichen: | M 18 K 13.2256 | juris |
Immaterieller Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung
Der BGH hat auf der Grundlage der Rechtsprechung des Europäischen
Gerichtshofs für Menschenrechte und des Bundesverfassungsgerichts
entschieden, dass das Land Baden-Württemberg vier Straftätern
Schadensersatz wegen nachträglich verlängerter Sicherungsverwahrung
zahlen muss.
Die Kläger waren zwischen 1977 und 1986 durch Urteile
baden-württembergischer Landgerichte zu langjährigen Freiheitsstrafen
(von 5 bis 15 Jahren) verurteilt worden. Den Verurteilungen lagen
jeweils schwere Straftaten zugrunde, insbesondere solche gegen die
sexuelle Selbstbestimmung. In allen Fällen hatte das Gericht
anschließende Sicherungsverwahrung angeordnet. Diese wurde nach
Verbüßung der Strafhaft in der Justizvollzugsanstalt Freiburg vollzogen.
Nach der im Zeitpunkt der Verurteilung der Kläger geltenden Fassung des § 67d Abs. 1, Abs. 3 StGB durfte die Dauer der erstmaligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen; nach Ablauf dieser Höchstfrist war der Untergebrachte zu entlassen. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.01.1998 (BGBl. I, 160) wurde diese Regelung geändert. Die Höchstfrist von 10 Jahren entfiel; § 67d Abs. 3 StGB bestimmte nunmehr, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Gericht die Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt, "wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Diese Bestimmung galt auch für Altfälle, d.h. für Straftäter, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes begangen hatten und vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden waren.
Aufgrund der Gesetzesänderung wurden die Kläger nicht nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Vielmehr ordnete das Landgericht Freiburg (Strafvollstreckungskammer) – jeweils auf der Grundlage eingeholter Gutachten von Sachverständigen – in Abständen von zwei Jahren, zuletzt mit Beschlüssen im Dezember 2009 und August 2010 an, dass die Sicherungsverwahrung fortzudauern habe, da von den Klägern weiterhin ein Risiko ausgehe.
Auf die jeweiligen sofortigen Beschwerden der Kläger hob das OLG Karlsruhe im Juli, September bzw. Oktober 2010 die angefochtenen Entscheidungen auf und stellte die Erledigung der Sicherungsverwahrung fest. Die Kläger wurden jeweils noch am gleichen Tag aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Das Oberlandesgericht stützte seine Entscheidungen maßgeblich auf das im Rahmen eines Individualbeschwerdeverfahrens eines anderen sicherungsverwahrten Straftäters ergangene Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (Beschwerde-Nr. 19359/04 - NJW 2010, 2495 = EuGRZ 2010, 25), wonach die Änderung des § 67d Abs. 3 StGB mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EMRK nicht vereinbar sei. Diese Entscheidung ist seit dem 10.05.2010 endgültig, nachdem ein Ausschuss der Großen Kammer den Antrag der Bundesregierung auf Verweisung an die Große Kammer nach Art. 43 Abs. 2 EMRK abgelehnt hat (Art. 44 Abs. 2 Buchst. c EMRK).
Das BVerfG hatte mit Urteil vom 04.05.2011 (2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - BVerfGE 128, 326) die gesetzlichen Regelungen zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt.
Die Kläger haben das beklagte Land auf Ersatz ihres immateriellen Schadens für die auch nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist weiter vollzogene Sicherungsverwahrung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hatte den Klägern – unter Abweisung der weiter gehenden Klagen – entsprechend der jeweiligen Dauer der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung Entschädigungen in Höhe zwischen 49.000 Euro und 73.000 Euro nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zuerkannt. Die Berufung des beklagten Landes ist in allen Fällen erfolglos geblieben.
Der BGH hat die Berufungsurteile bestätigt.
Nach Maßgabe der in den Entscheidungen des EGMR vom 17.12.2009 und des BVerfG vom 04.05.2011 aufgestellten Rechtsgrundsätze mussten die Vorinstanzen davon ausgehen, dass die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung auch im Fall der Kläger rechtswidrig war und diesen ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, so der BGH. Denn Art. 5 Abs. 5 EMRK gewähre dem Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Freiheitsbeschränkungen durch die öffentliche Hand, der vom Verschulden der handelnden Amtsträger unabhängig ist und auch den Ersatz immateriellen Schadens umfasse. Deshalb spielte es keine Rolle, dass die mit der Verlängerung der Sicherungsverwahrung befassten Amtsträger keinerlei Schuldvorwurf treffe, da sie entsprechend dem klaren und eindeutigen Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und im Einklang mit der vormaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung – das BVerfG hatte die Anwendung der streitgegenständlichen Regelungen mit Urteil vom 05.02.2004 in Übereinstimmung mit der fachgerichtlichen Rechtsprechung zunächst als rechtmäßig beurteilt – gehandelt haben.
Der BGH ist der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt, eine etwaige nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu leistende Entschädigung sei (nur) von der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht vom Land Baden-Württemberg geschuldet, da die Strafgerichte des Landes aufgrund der objektiven, vom Bundesgesetzgeber durch das Gesetz vom 26.01.1998 geschaffenen Normenlage gar keine andere Wahl gehabt hätten, als die Fortsetzung der Sicherungsverwahrung auch nach Ablauf der früheren Höchstfrist anzuordnen. Denn im Rahmen der innerstaatlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 5 Abs. 5 EMRK sei der Hoheitsträger verantwortlich, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde. Der unmittelbare Eingriff in das Freiheitsrecht der Kläger sei hier jedoch durch die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des LG Freiburg und deren anschließenden Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Freiburg erfolgt.
VorinstanzenLG Karlsruhe, Urt. v. 24.04.2012 - 2 O 330/11, 2 O 278/11, 2 O 316/11, 2 O 279/11
OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2012 - 12 U 62/12, 12 U 60/12, 12 U 63/12, 12 U 61/12
Quelle:juris
Nach der im Zeitpunkt der Verurteilung der Kläger geltenden Fassung des § 67d Abs. 1, Abs. 3 StGB durfte die Dauer der erstmaligen Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zehn Jahre nicht übersteigen; nach Ablauf dieser Höchstfrist war der Untergebrachte zu entlassen. Durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.01.1998 (BGBl. I, 160) wurde diese Regelung geändert. Die Höchstfrist von 10 Jahren entfiel; § 67d Abs. 3 StGB bestimmte nunmehr, dass nach Ablauf von zehn Jahren das Gericht die Sicherungsverwahrung für erledigt erklärt, "wenn nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte infolge seines Hanges erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden". Diese Bestimmung galt auch für Altfälle, d.h. für Straftäter, die ihre Tat vor Verkündung und Inkrafttreten des Gesetzes begangen hatten und vor diesem Zeitpunkt verurteilt worden waren.
Aufgrund der Gesetzesänderung wurden die Kläger nicht nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Vielmehr ordnete das Landgericht Freiburg (Strafvollstreckungskammer) – jeweils auf der Grundlage eingeholter Gutachten von Sachverständigen – in Abständen von zwei Jahren, zuletzt mit Beschlüssen im Dezember 2009 und August 2010 an, dass die Sicherungsverwahrung fortzudauern habe, da von den Klägern weiterhin ein Risiko ausgehe.
Auf die jeweiligen sofortigen Beschwerden der Kläger hob das OLG Karlsruhe im Juli, September bzw. Oktober 2010 die angefochtenen Entscheidungen auf und stellte die Erledigung der Sicherungsverwahrung fest. Die Kläger wurden jeweils noch am gleichen Tag aus der Sicherungsverwahrung entlassen. Das Oberlandesgericht stützte seine Entscheidungen maßgeblich auf das im Rahmen eines Individualbeschwerdeverfahrens eines anderen sicherungsverwahrten Straftäters ergangene Urteil des EGMR vom 17.12.2009 (Beschwerde-Nr. 19359/04 - NJW 2010, 2495 = EuGRZ 2010, 25), wonach die Änderung des § 67d Abs. 3 StGB mit Art. 5 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 EMRK nicht vereinbar sei. Diese Entscheidung ist seit dem 10.05.2010 endgültig, nachdem ein Ausschuss der Großen Kammer den Antrag der Bundesregierung auf Verweisung an die Große Kammer nach Art. 43 Abs. 2 EMRK abgelehnt hat (Art. 44 Abs. 2 Buchst. c EMRK).
Das BVerfG hatte mit Urteil vom 04.05.2011 (2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571/10, 2 BvR 740/10, 2 BvR 1152/10 - BVerfGE 128, 326) die gesetzlichen Regelungen zur nachträglichen Verlängerung der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt.
Die Kläger haben das beklagte Land auf Ersatz ihres immateriellen Schadens für die auch nach Ablauf der Zehn-Jahresfrist weiter vollzogene Sicherungsverwahrung in Anspruch genommen.
Das Landgericht hatte den Klägern – unter Abweisung der weiter gehenden Klagen – entsprechend der jeweiligen Dauer der nachträglich verlängerten Sicherungsverwahrung Entschädigungen in Höhe zwischen 49.000 Euro und 73.000 Euro nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zuerkannt. Die Berufung des beklagten Landes ist in allen Fällen erfolglos geblieben.
Der BGH hat die Berufungsurteile bestätigt.
Nach Maßgabe der in den Entscheidungen des EGMR vom 17.12.2009 und des BVerfG vom 04.05.2011 aufgestellten Rechtsgrundsätze mussten die Vorinstanzen davon ausgehen, dass die nachträgliche Verlängerung der Sicherungsverwahrung auch im Fall der Kläger rechtswidrig war und diesen ein Anspruch auf Schadensersatz zusteht, so der BGH. Denn Art. 5 Abs. 5 EMRK gewähre dem Betroffenen einen unmittelbaren Schadensersatzanspruch wegen rechtswidriger Freiheitsbeschränkungen durch die öffentliche Hand, der vom Verschulden der handelnden Amtsträger unabhängig ist und auch den Ersatz immateriellen Schadens umfasse. Deshalb spielte es keine Rolle, dass die mit der Verlängerung der Sicherungsverwahrung befassten Amtsträger keinerlei Schuldvorwurf treffe, da sie entsprechend dem klaren und eindeutigen Wortlaut der maßgeblichen Vorschriften des Strafgesetzbuchs und im Einklang mit der vormaligen höchstrichterlichen Rechtsprechung – das BVerfG hatte die Anwendung der streitgegenständlichen Regelungen mit Urteil vom 05.02.2004 in Übereinstimmung mit der fachgerichtlichen Rechtsprechung zunächst als rechtmäßig beurteilt – gehandelt haben.
Der BGH ist der Argumentation des Beklagten nicht gefolgt, eine etwaige nach Art. 5 Abs. 5 EMRK zu leistende Entschädigung sei (nur) von der Bundesrepublik Deutschland, aber nicht vom Land Baden-Württemberg geschuldet, da die Strafgerichte des Landes aufgrund der objektiven, vom Bundesgesetzgeber durch das Gesetz vom 26.01.1998 geschaffenen Normenlage gar keine andere Wahl gehabt hätten, als die Fortsetzung der Sicherungsverwahrung auch nach Ablauf der früheren Höchstfrist anzuordnen. Denn im Rahmen der innerstaatlichen Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs nach Art. 5 Abs. 5 EMRK sei der Hoheitsträger verantwortlich, dessen Hoheitsgewalt bei der rechtswidrigen Freiheitsentziehung ausgeübt wurde. Der unmittelbare Eingriff in das Freiheitsrecht der Kläger sei hier jedoch durch die Beschlüsse der Strafvollstreckungskammer des LG Freiburg und deren anschließenden Vollzug in der Justizvollzugsanstalt Freiburg erfolgt.
VorinstanzenLG Karlsruhe, Urt. v. 24.04.2012 - 2 O 330/11, 2 O 278/11, 2 O 316/11, 2 O 279/11
OLG Karlsruhe, Urt. v. 29.11.2012 - 12 U 62/12, 12 U 60/12, 12 U 63/12, 12 U 61/12
Gericht/Institution: | BGH |
Erscheinungsdatum: | 19.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 19.09.2013 |
Aktenzeichen: | III ZR 405/12, III ZR 406/12, III ZR 407/12, III ZR 408/12 |
Haftung für Behandlungsfehler: CT ohne Neurologen beurteilt
Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Krankenhaus und der
behandelnde Chefarzt haften, weil sie es behandlungsfehlerhaft versäumt
haben, rechtzeitig einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung einer
Computertomographie hinzuzuziehen.
Infolgedessen wurde ein massiver Hirnstamminfarkt einer Patientin
(Verschluss der Arteria basilaris) zu spät erkannt, die Patientin
erlitt schwerwiegende Lähmungen (Locked-in-Syndrom), in deren Folge sie
Monate später verstarb.
Die im Jahre 1934 geborene Patientin aus Dorsten wurde seit dem Jahre 2002 wegen Herzerkrankungen mehrfach stationär behandelt, u.a. im beklagten Krankenhaus in Dorsten in der Abteilung des ebenfalls beklagten Chefarztes. Mit einer Halbseitenlähmung wurde die Patientin im November 2005 als Notfall in das beklagte Krankenhaus eingeliefert, in dem sie bewusstlos ankam und kurz darauf einen Krampfanfall erlitt. Am Tag der Aufnahme veranlassten die behandelnden Ärzte eine native Computertomographie, deren Bildgebung ohne Hinzuziehen eines Neurologen beurteilt wurde. Bei den an den nächsten Tagen abgehaltenen neurologischen Beratungen zeigte die Patientin das Bild eines Locked-in-Sydroms als Folge eines – anfangs nicht erkannten – massiven Hirnstamminfarkts. Die Patientin war wach, konnte hören, sehen und riechen, sich aber bis auf Augenbewegungen nicht bewegen. Dieser Zustand änderte sich bis zum Tode der Patientin im Juli 2006 nicht mehr. Ihr Sohn (Erbe) erhob gegen das Krankenhaus und den behandelnden Chefarzt Klage auf Schadensersatz.
Das OLG Hamm hat der Klage stattgegeben und und ein Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 Euro zugesprochen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben die behandelnden Ärzte der Beklagten es behandlungsfehlerhaft versäumt, noch am Aufnahmetag einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung der nativen Computertomographie hinzuzuziehen. Ein Neurologe hätte den massiven Hirnstamminfarkt der Patientin erkennen und dessen rechtzeitige Behandlung innerhalb des noch geöffneten 12-Stunden-Zeitfensters verlassen müssen. Wäre dies unterblieben, läge ein grober Behandlungsfehler vor. Dieser Verlauf begründe im Prozess eine Beweiserleichterung zugunsten des Klägers. Die versäumte Behandlung der Patientin sei – so die im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen – geeignet gewesen, ihre schwerwiegenden Lähmungen (Locked-in-Syndrom) und ihren späteren Tod hervorzurufen. Das sei den Beklagten anzulasten, weil sie nicht bewiesen hätten, dass die Patientin bei rechtzeitiger richtiger Behandlung identische Beeinträchtigungen erlitten hätte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Quelle:juris
Die im Jahre 1934 geborene Patientin aus Dorsten wurde seit dem Jahre 2002 wegen Herzerkrankungen mehrfach stationär behandelt, u.a. im beklagten Krankenhaus in Dorsten in der Abteilung des ebenfalls beklagten Chefarztes. Mit einer Halbseitenlähmung wurde die Patientin im November 2005 als Notfall in das beklagte Krankenhaus eingeliefert, in dem sie bewusstlos ankam und kurz darauf einen Krampfanfall erlitt. Am Tag der Aufnahme veranlassten die behandelnden Ärzte eine native Computertomographie, deren Bildgebung ohne Hinzuziehen eines Neurologen beurteilt wurde. Bei den an den nächsten Tagen abgehaltenen neurologischen Beratungen zeigte die Patientin das Bild eines Locked-in-Sydroms als Folge eines – anfangs nicht erkannten – massiven Hirnstamminfarkts. Die Patientin war wach, konnte hören, sehen und riechen, sich aber bis auf Augenbewegungen nicht bewegen. Dieser Zustand änderte sich bis zum Tode der Patientin im Juli 2006 nicht mehr. Ihr Sohn (Erbe) erhob gegen das Krankenhaus und den behandelnden Chefarzt Klage auf Schadensersatz.
Das OLG Hamm hat der Klage stattgegeben und und ein Schmerzensgeld i.H.v. 50.000 Euro zugesprochen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haben die behandelnden Ärzte der Beklagten es behandlungsfehlerhaft versäumt, noch am Aufnahmetag einen Neurologen zur Beurteilung der Bildgebung der nativen Computertomographie hinzuzuziehen. Ein Neurologe hätte den massiven Hirnstamminfarkt der Patientin erkennen und dessen rechtzeitige Behandlung innerhalb des noch geöffneten 12-Stunden-Zeitfensters verlassen müssen. Wäre dies unterblieben, läge ein grober Behandlungsfehler vor. Dieser Verlauf begründe im Prozess eine Beweiserleichterung zugunsten des Klägers. Die versäumte Behandlung der Patientin sei – so die im Verfahren gehörten medizinischen Sachverständigen – geeignet gewesen, ihre schwerwiegenden Lähmungen (Locked-in-Syndrom) und ihren späteren Tod hervorzurufen. Das sei den Beklagten anzulasten, weil sie nicht bewiesen hätten, dass die Patientin bei rechtzeitiger richtiger Behandlung identische Beeinträchtigungen erlitten hätte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Gericht/Institution: | OLG Hamm |
Erscheinungsdatum: | 18.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 12.08.2013 |
Aktenzeichen: | 3 U 122/12 |
Donnerstag, 19. September 2013
Mindestlöhne für Steinmetze und Bildhauer
Für die Beschäftigten im Steinmetz- und Steinbildhauerhandwerk
gelten ab 01.10.2013 erstmals tarifliche Mindestlöhne, für
Gebäudereiniger und das Baugewerbe werden die bisherigen
Lohnuntergrenzen angehoben und auch die Beschäftigten der
Zeitarbeitsbranche sollen ab 01.01.2014 mehr Geld erhalten.
Die Verordnungen des Bundesarbeitsministeriums haben das Kabinett passiert.
In zwölf Branchen mit insgesamt mehr als 4 Mio. Arbeitnehmern sind inzwischen Mindestlöhne festgeschrieben. Die Tarifpartner haben sie ausgehandelt, die Bundesregierung hat sie gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für allgemeinverbindlich erklärt.
Steinmetze und Steinbildhauer neu dabei
Erstmals haben sich nun die Steinmetze und Bildhauer auf eine Entgeltuntergrenze geeinigt. Ab 01.10.2013 erhalten die rund 11.000 Beschäftigten bundesweit einen einheitlichen Branchen-Mindestlohn. In den alten Bundesländern und Berlin verdienen sie künftig 11 Euro pro Stunde, in den neuen Bundesländern 9,75 Euro. Eine Erhöhung ist für Mai 2014 vorgesehen. Der Tarifvertrag gilt bis zum 30.04.2015.
Die Rechtsverordnungen legen die Mindestlöhne verbindlich fest. Damit werden in- und ausländische Arbeitgeber von Steinmetzen und Steinbildhauern verpflichtet, den tariflichen Mindestlohn zu zahlen.
Lohnuntergrenzen für Gebäudereiniger und im Baugewerbe
Die Lohnuntergrenzen für Gebäudereiniger werden angehoben. Ab 01.11.2013 erhalten sie in den alten Bundesländern einschließlich Berlin 11,00 Euro pro Stunde, in den neuen Bundesländern 9,75 Euro. Der Tarifvertrag ist bis zum 31.10.2015 befristet.
Die Beschäftigten im Baugewerbe bekommen ebenfalls mehr Lohn. Ab Januar 2014 erhalten sie in den alten Bundesländern einschließlich Berlin je nach Lohngruppe zwischen 11,10 Euro und 13,95 Euro. In den neuen Bundesländern beträgt der neue Mindestlohn ab Januar 2014 einheitlich 10,50 Euro. Die Regelung ist auch bis zum 31.10.2015 befristet.
Einigung auch für Zeitarbeiter erzielt
Die rund 800.000 Beschäftigten der Zeitarbeitsbranche sollen ab 01.01.2014 mehr Geld erhalten. Darauf verständigten sich die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit und die Tarifgemeinschaft des DGB am 17.09.2013. Die Entgelte sollen zum 01.01.2014 um 3,8% im Westen und 4,8% im Osten steigen. Zusätzlich vorgesehen ist eine weitere Anpassung der Löhne zum 01.04.2015 um 3,5% im Westen und 4,3% im Osten.
juris
In zwölf Branchen mit insgesamt mehr als 4 Mio. Arbeitnehmern sind inzwischen Mindestlöhne festgeschrieben. Die Tarifpartner haben sie ausgehandelt, die Bundesregierung hat sie gemäß Arbeitnehmerentsendegesetz und Arbeitnehmerüberlassungsgesetz für allgemeinverbindlich erklärt.
Steinmetze und Steinbildhauer neu dabei
Erstmals haben sich nun die Steinmetze und Bildhauer auf eine Entgeltuntergrenze geeinigt. Ab 01.10.2013 erhalten die rund 11.000 Beschäftigten bundesweit einen einheitlichen Branchen-Mindestlohn. In den alten Bundesländern und Berlin verdienen sie künftig 11 Euro pro Stunde, in den neuen Bundesländern 9,75 Euro. Eine Erhöhung ist für Mai 2014 vorgesehen. Der Tarifvertrag gilt bis zum 30.04.2015.
Die Rechtsverordnungen legen die Mindestlöhne verbindlich fest. Damit werden in- und ausländische Arbeitgeber von Steinmetzen und Steinbildhauern verpflichtet, den tariflichen Mindestlohn zu zahlen.
Lohnuntergrenzen für Gebäudereiniger und im Baugewerbe
Die Lohnuntergrenzen für Gebäudereiniger werden angehoben. Ab 01.11.2013 erhalten sie in den alten Bundesländern einschließlich Berlin 11,00 Euro pro Stunde, in den neuen Bundesländern 9,75 Euro. Der Tarifvertrag ist bis zum 31.10.2015 befristet.
Die Beschäftigten im Baugewerbe bekommen ebenfalls mehr Lohn. Ab Januar 2014 erhalten sie in den alten Bundesländern einschließlich Berlin je nach Lohngruppe zwischen 11,10 Euro und 13,95 Euro. In den neuen Bundesländern beträgt der neue Mindestlohn ab Januar 2014 einheitlich 10,50 Euro. Die Regelung ist auch bis zum 31.10.2015 befristet.
Einigung auch für Zeitarbeiter erzielt
Die rund 800.000 Beschäftigten der Zeitarbeitsbranche sollen ab 01.01.2014 mehr Geld erhalten. Darauf verständigten sich die Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit und die Tarifgemeinschaft des DGB am 17.09.2013. Die Entgelte sollen zum 01.01.2014 um 3,8% im Westen und 4,8% im Osten steigen. Zusätzlich vorgesehen ist eine weitere Anpassung der Löhne zum 01.04.2015 um 3,5% im Westen und 4,3% im Osten.
Gericht/Institution: | BReg |
Erscheinungsdatum: | 18.09.2013 |
Kündigung von Polizei-Angestelltem wegen Totenkopf-Foto unwirksam
Das ArbG Hamburg hat entschieden, dass die außerordentliche
Kündigung eines Polizeiangestellten wegen der Veröffentlichung eines
Totenkopf-Fotos, aufgenommen vor einer jüdischen Schule, auf der
Facebook-Seite des Angestellten, unwirksam ist und dieser
weiterbeschäftigt werden muss.
Herr W., ein Angestellter im Polizeidienst, hat sich mit seiner
Klage gegen die außerordentliche fristlose Kündigung seines
Arbeitsverhältnisses durch seine Arbeitgeberin, die Freie und Hansestadt
Hamburg (FHH) mit Schreiben vom 11.04.2013 gewehrt. Die FHH wirft Herrn
W. vor, auf seiner persönlichen Facebook-Seite das Foto eines
Totenschädels mit Polizeimütze veröffentlicht zu haben, das im
Postencontainer vor dem Schutzobjekt Joseph-Carlebach-Schule
(Rotherbaum) der Jüdischen Gemeinde in Hamburg aufgenommen wurde. Herr
W. war dort als Objektschützer eingesetzt. Herr W. hat die Anfertigung
und das Einstellen des Fotos auf seiner Facebook-Seite eingeräumt und
angeführt, es habe sich um ein Scherz-Foto gehandelt. Er habe zu keiner
Zeit den Totenkopf als Symbol der SS-Totenkopfverbände benutzt oder
verstanden. Er bedaure, dass er seinerzeit nicht erkannt habe, dass es
unangemessen ist, ein solches Foto vor einer jüdischen Einrichtung
aufzunehmen. Sollte er damit Gefühle von Mitgliedern der Jüdischen
Gemeinde verletzt haben, tue ihm dies aufrichtig leid und er
entschuldige sich dafür ausdrücklich. Er sei weder in
verfassungsfeindlichen Organisationen politisch aktiv noch hege er ein
nationalsozialistisches oder rechtsradikales Gedankengut. Darüber hinaus
wirft die FHH Herrn W. vor, in der Vergangenheit u.a. Kollegen mit
ausländerfeindlichen Sprüchen beleidigt zu haben. Dies bestreitet Herr
W.
Das ArbG Hamburg hat festgestellt, dass die Kündigung unwirksam ist.
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Polizei nicht dargelegt und nachgewiesen, dass Herr W. das Foto aufgrund einer rechtsradikalen Gesinnung aufgenommen und in das Internet gestellt hat. Maßgeblich sei, dass der fotografierte Totenschädel nicht zwangsläufig Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung ist, sondern dass der Totenschädel vielfach auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei einem Fußballverein, als Symbol verwendet werde. Auch sei nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang mit dem Totenschädel und der nur im Hintergrund zu sehenden Schule gäbe, die auf dem Foto nur Ortskundige erkennen könnten. Die Darstellung der Polizei zu den Vorfällen aus der Vergangenheit sei nicht ausreichend aussagekräftig, um das Foto mit dem Totenschädel in einem anderen Licht sehen zu können.
Quelle: juris
Das ArbG Hamburg hat festgestellt, dass die Kündigung unwirksam ist.
Nach Auffassung des Arbeitsgerichts hat die Polizei nicht dargelegt und nachgewiesen, dass Herr W. das Foto aufgrund einer rechtsradikalen Gesinnung aufgenommen und in das Internet gestellt hat. Maßgeblich sei, dass der fotografierte Totenschädel nicht zwangsläufig Ausdruck einer rechtsradikalen Gesinnung ist, sondern dass der Totenschädel vielfach auch in anderen Zusammenhängen, etwa bei einem Fußballverein, als Symbol verwendet werde. Auch sei nicht ersichtlich, dass es einen Zusammenhang mit dem Totenschädel und der nur im Hintergrund zu sehenden Schule gäbe, die auf dem Foto nur Ortskundige erkennen könnten. Die Darstellung der Polizei zu den Vorfällen aus der Vergangenheit sei nicht ausreichend aussagekräftig, um das Foto mit dem Totenschädel in einem anderen Licht sehen zu können.
Gericht/Institution: | ArbG Hamburg |
Erscheinungsdatum: | 18.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 18.09.2013 |
Aktenzeichen: | 27 Ca 207/13 |
Anforderungen an Hörgeräteversorgung durch Krankenkasse
Das LSG Celle-Bremen hat entschieden, dass gesetzlich Versicherte
sich Hörgeräte unter bestimmten Voraussetzungen auch oberhalb des
Festbetrages zu Lasten der Krankenkassen verschaffen können, wenn die
Krankenkasse nicht die Möglichkeit wahrgenommen hat auf den
Hörgeräteakustiker dergestalt einzuwirken, dass dieser dem Kläger die –
den Hörverlust bestmöglich ausgleichenden – Hörgeräte zum Festbetrag zur
Verfügung stellt.
Die Krankenkassen hätten für einen bestmöglichen Ausgleich der
Hörstörungen ihrer Versicherten Sorge zu tragen, so das
Landessozialgericht.
Der 1952 geborene Montagearbeiters, der unter einer angeborenen Schwerhörigkeit litt, hatte bei dem Integrationsamt einen Kostenzuschuss für eine Hörgeräteversorgung beantragt, da seine bisher getragenen Hörgeräte so verschlissen seien, dass die anfallenden Reparaturkosten den Wert der Geräte überstiegen. Das Integrationsamt leitete den Antrag nach acht Wochen an die Rentenversicherung weiter. Diese lehnte die Kostenübernahme ab, da der Kläger nicht aus beruflichen Gründen eine besondere Hörgeräteversorgung benötige. Daraufhin erwarb der Kläger bei einem Hörgeräteakustiker Hörgeräte. Nach Abzug des von seiner Krankenkasse getragenen Kassenanteils musste der Kläger noch 2.841,12 Euro bezahlen. Gegen die Ablehnung der Rentenversicherung klagte der Kläger vor dem SG Osnabrück, welches die Klage abwies.
Das LSG Celle-Bremen hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das beigeladene Integrationsamt verurteilt, dem Kläger die für die selbstbeschafften Hörgeräte entstandenen Kosten zu tragen. Nur einen Eigenanteil von 20 Euro für beide Hörgeräte muss der Kläger selbst tragen.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts stellt die berufliche Tätigkeit des Klägers keine besonderen Anforderungen an die Hörgeräteversorgung (dann wäre die Rentenversicherung zuständig). Nach der Rechtsprechung des BSG seien die Krankenkassen für einen möglichst vollständigen Behinderungsausgleich zuständig. Den Hörbehinderten müsse im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und Umgebungsgeräuschen eröffnet werden. Der Kläger könne in dem vorliegenden Fall aber nicht darauf verwiesen werden, sich Hörgeräte zu dem von der Krankenkasse übernommenen Festbetrag zu beschaffen. Diese Festbetragsgeräte seien im Falle des Klägers nicht geeignet einen bestmöglichen Ausgleich der Hörstörung herzustellen, denn mit den vom Kläger tatsächlich erworbenen Geräten habe er ein um 20% besseres Sprachwortverstehen. Nach dem zwischen den Krankenkassen und der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker geschlossenen Vertrag über die Hörgeräteversorgung seien Akustiker verpflichtet, Versicherte aller Schwerhörigkeitsgrade ohne Mehrkosten für den Träger der Krankenversicherung mit solchen Hörgeräten zu versorgen, die den Hörverlust angemessen ausgleichen.
Die im Rechtsstreit beigeladene Krankenkasse des Klägers hätte danach die Möglichkeit gehabt, auf eine im Rahmen des Festbetrages erfolgende Versorgung des Klägers durch den Hörgeräteakustiker hinzuwirken. Jedenfalls hätte sie den Kläger auf etwa drohende Probleme bei der Versorgung hinweisen müssen. Der Kläger hätte sich auch nicht bei anderen Akustikern erkundigen müssen, ob diese angemessene Hörgeräte zum Festpreis anbieten, da er die Hörgeräte aufgrund des Verschleißes der alten Geräte zeitnah benötigte.
Eigentlich sei die Krankenkasse im Fall des Klägers für die Hörgeräteversorgung zuständig. Aber das Integrationsamt sei der Träger, der vom Kläger zuerst in Anspruch genommen worden sei. Der "erstangegangene" Träger müsse den Antrag entweder innerhalb von zwei Wochen an den seiner Meinung nach zuständigen Leistungsträger weiterleiten oder die Kostenübernahme unter allen rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen und bei Bestehen eines Anspruches die Leistung erbringen.
Das LSG Celle-Bremen hat die Revision nicht zugelassen.
Quelle: juris
Der 1952 geborene Montagearbeiters, der unter einer angeborenen Schwerhörigkeit litt, hatte bei dem Integrationsamt einen Kostenzuschuss für eine Hörgeräteversorgung beantragt, da seine bisher getragenen Hörgeräte so verschlissen seien, dass die anfallenden Reparaturkosten den Wert der Geräte überstiegen. Das Integrationsamt leitete den Antrag nach acht Wochen an die Rentenversicherung weiter. Diese lehnte die Kostenübernahme ab, da der Kläger nicht aus beruflichen Gründen eine besondere Hörgeräteversorgung benötige. Daraufhin erwarb der Kläger bei einem Hörgeräteakustiker Hörgeräte. Nach Abzug des von seiner Krankenkasse getragenen Kassenanteils musste der Kläger noch 2.841,12 Euro bezahlen. Gegen die Ablehnung der Rentenversicherung klagte der Kläger vor dem SG Osnabrück, welches die Klage abwies.
Das LSG Celle-Bremen hat unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils das beigeladene Integrationsamt verurteilt, dem Kläger die für die selbstbeschafften Hörgeräte entstandenen Kosten zu tragen. Nur einen Eigenanteil von 20 Euro für beide Hörgeräte muss der Kläger selbst tragen.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts stellt die berufliche Tätigkeit des Klägers keine besonderen Anforderungen an die Hörgeräteversorgung (dann wäre die Rentenversicherung zuständig). Nach der Rechtsprechung des BSG seien die Krankenkassen für einen möglichst vollständigen Behinderungsausgleich zuständig. Den Hörbehinderten müsse im Rahmen des Möglichen auch das Hören und Verstehen in großen Räumen und Umgebungsgeräuschen eröffnet werden. Der Kläger könne in dem vorliegenden Fall aber nicht darauf verwiesen werden, sich Hörgeräte zu dem von der Krankenkasse übernommenen Festbetrag zu beschaffen. Diese Festbetragsgeräte seien im Falle des Klägers nicht geeignet einen bestmöglichen Ausgleich der Hörstörung herzustellen, denn mit den vom Kläger tatsächlich erworbenen Geräten habe er ein um 20% besseres Sprachwortverstehen. Nach dem zwischen den Krankenkassen und der Bundesinnung für Hörgeräteakustiker geschlossenen Vertrag über die Hörgeräteversorgung seien Akustiker verpflichtet, Versicherte aller Schwerhörigkeitsgrade ohne Mehrkosten für den Träger der Krankenversicherung mit solchen Hörgeräten zu versorgen, die den Hörverlust angemessen ausgleichen.
Die im Rechtsstreit beigeladene Krankenkasse des Klägers hätte danach die Möglichkeit gehabt, auf eine im Rahmen des Festbetrages erfolgende Versorgung des Klägers durch den Hörgeräteakustiker hinzuwirken. Jedenfalls hätte sie den Kläger auf etwa drohende Probleme bei der Versorgung hinweisen müssen. Der Kläger hätte sich auch nicht bei anderen Akustikern erkundigen müssen, ob diese angemessene Hörgeräte zum Festpreis anbieten, da er die Hörgeräte aufgrund des Verschleißes der alten Geräte zeitnah benötigte.
Eigentlich sei die Krankenkasse im Fall des Klägers für die Hörgeräteversorgung zuständig. Aber das Integrationsamt sei der Träger, der vom Kläger zuerst in Anspruch genommen worden sei. Der "erstangegangene" Träger müsse den Antrag entweder innerhalb von zwei Wochen an den seiner Meinung nach zuständigen Leistungsträger weiterleiten oder die Kostenübernahme unter allen rechtlich in Betracht kommenden Gesichtspunkten prüfen und bei Bestehen eines Anspruches die Leistung erbringen.
Das LSG Celle-Bremen hat die Revision nicht zugelassen.
Gericht/Institution: | Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen |
Erscheinungsdatum: | 12.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 04.07.2013 |
Aktenzeichen: | L 10 R 579/10 |
Mittwoch, 18. September 2013
Keine PKH für Klagen wegen verfassungswidriger Regelsätze
Das LSG Halle (Saale) hat entschieden, dass bei einer Klage gegen
die bewilligten Leistungen nach dem SGB II allein mit der Begründung,
die Regelsätze für Erwachsene seien verfassungswidrig, kein Anspruch auf
Prozesskostenhilfe besteht.
Prozesskostenhilfe für ein gerichtliches Verfahren wird nur
bewilligt, wenn die Kläger wirtschaftlich bedürftig sind und
hinreichende Aussichten auf Erfolg der Klage bestehen. Das BVerfG hatte
am 09.02.2010 (1 BvL 1/09) die bis dahin geltenden Regelsätze für
verfassungswidrig erklärt. Allerdings wurde nicht festgestellt, dass die
Leistungen zur Sicherung eines menschenwürdigen Existenzminimum
unzureichend sind. Vielmehr wurden methodische Mängel bei der Ermittlung
der Regelsätze gerügt. Der Gesetzgeber hat zum 01.01.2011 die
Regelsätze neu ermittelt und die Vorgaben des BVerfG aufgegriffen. Das
BSG hat schon mehrfach entschieden, dass die neu ermittelten Regelsätze
verfassungskonform sind. Eine Entscheidung des BVerfG steht aber noch
aus. Vielfach wird – mithilfe von Rechtsanwälten – gegen die
Leistungsbewilligung geklagt und allein die Verfassungswidrigkeit
gerügt. Für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe müsste das
Honorar der Rechtsanwälte aus der Staatskasse bezahlt werden.
Das LSG Halle (Saale) hat einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die ab 01.01.2011 geltenden Regelsätze seien zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausreichend, so das Landessozialgericht. Die Möglichkeit, dass das BVerfG erneut die Ermittlung der Regelsatzhöhe wegen methodischer Mängel für verfassungswidrig halte, sei fernliegend. Daher seien hinreichende Aussichten für einen solchen Prozess nicht gegeben und die Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Kosten der Staatskasse scheide aus.
Der Beschluss des Landessozialgerichts ist rechtskräftig.
Quelle: juris
Das LSG Halle (Saale) hat einen Anspruch auf Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Die ab 01.01.2011 geltenden Regelsätze seien zur Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums ausreichend, so das Landessozialgericht. Die Möglichkeit, dass das BVerfG erneut die Ermittlung der Regelsatzhöhe wegen methodischer Mängel für verfassungswidrig halte, sei fernliegend. Daher seien hinreichende Aussichten für einen solchen Prozess nicht gegeben und die Beiordnung eines Rechtsanwalts auf Kosten der Staatskasse scheide aus.
Der Beschluss des Landessozialgerichts ist rechtskräftig.
Gericht/Institution: | Landessozialgericht Sachsen-Anhalt |
Erscheinungsdatum: | 18.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 15.03.2013 |
Aktenzeichen: | 5 AS 606/12 B |
Krankenversicherung für Studierende
Die Bundesregierung informiert pünktlich zum Semesterbeginn am 1. Oktober über die Möglichkeiten für Studenten sich krankenzuversichern.
Bei den Eltern mitversichert
Viele Studenten sind bei den Eltern familienversichert. Sie müssen keinen Beitrag für ihre Krankenversicherung zahlen. Studenten können aber nur bis zum 25.Lebensjahr in der Familienversicherung bleiben, danach müssen sie sich selbst versichern.
Durch den freiwilligen Wehrdienst, den Bundesfreiwilligendienst oder einen anderen anerkannten Freiwilligendienst verschiebt sich die Altersgrenze um maximal 12 Monate.
Wenn eines der beiden Elternteile privat krankenversichert ist, ist eine Familienversicherung für Studenten nicht mehr möglich.
Arbeiten ist erlaubt
Wer in der Familienversicherung ist, darf hinzuverdienen, aber nur begrenzt: Das monatliche Einkommen darf 385 Euro beziehungsweise bei einem Minijob 450 Euro nicht übersteigen.
Falls Studenten selbst krankenversichert sind, dürfen Sie nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten. Ist die Beschäftigung von vornherein auf maximal zwei Monate befristet oder auf die Semesterferien begrenzt, gilt diese Stundenbegrenzung nicht. Die Höhe des Verdienstes spielt in beiden Fällen keine Rolle.
Gesetzliche studentische Krankenversicherung
Ist eine Familienversicherung nicht möglich, können sich Studenten bei einer gesetzlichen studentischen Krankenkasse versichern. Der Beitrag ist bei allen Krankenkassen einheitlich. Er beträgt monatlich 64,77 Euro und 12,24 Euro für die Pflegeversicherung. Kinderlose ab 23 Jahren zahlen einen höheren Beitrag in die Pflegeversicherung, nämlich 13,73 Euro.
Günstige Beiträge sind zeitlich begrenzt
Von den niedrigen Beiträgen profitieren Studenten bis zum 14. Semester oder bis zum 30. Lebensjahr. Ist das Studium dann noch nicht beendet, können sie sich innerhalb von drei Monaten freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Diese Frist ist wichtig. Ist sie verstrichen, kommt nur noch eine private Krankenversicherung in Betracht.
Studenten, die sich für die freiwillige gesetzliche Versicherung entscheiden, erhalten den Übergangstarif für Studierende in der Studienabschlussphase. Gewährt wird dieser Tarif maximal sechs Monate. 97,43 Euro kostet die Krankenversicherung, die Pflegeversicherung für Kinderlose 20,65 Euro und für alle anderen 18,41 Euro. Bedingung: Das monatlichen Einkommen darf 898 Euro nicht überschreiten.
Lange studieren kostet mehr
Alle die älter sind oder länger studieren, können sich anschließend "normal" freiwillig gesetzlich oder privat versichern. Bei der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung liegt der Mindestbetrag derzeit bei 133,80 Euro. Dazu kommt noch der Betrag für die Pflegeversicherung.
Private studentische Krankenversicherung
Studierende haben vor Beginn des Studiums die Wahl: Sie können von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln – und umgekehrt. Die Entscheidung ist für das gesamte Studiums bindend und sollte gut bedacht sein.
Nicht alle privaten Krankenkassen bieten Studententarif an
In der privaten Krankenversicherung besteht zum Beispiel keine Möglichkeit, Kinder von Studenten beitragsfrei mit abzusichern. Im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen private Versicherungen jedoch unter Umständen Kosten für Arzneimittel in höherem Umfang als die gesetzliche Krankenversicherung. Oder sie beteiligen sich an den Kosten von Brillen und Kontaktlinsen. Anders als die gesetzliche Krankenversicherung gilt die private Krankenversicherung für Studenten im Studententarif bis zum 34. Lebensjahr unabhängig von der Anzahl der Semester.
Im Ausland studieren
Wer vorübergehend im Ausland studiert, behält den Anspruch gegenüber seiner Krankenkasse. Für diese Zeit muss der Studierende an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sein. Entscheidend ist dann der Studienort: Liegt er in einem Land der EU, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in einem Land mit dem die deutsche Sozialversicherung ein Abkommen hat, können Leistungen der dortigen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden.
Bei Studienaufenthalten in anderen Ländern ruht der Anspruch während des Studiums im Ausland. In diesem Fall muss eine gesonderte Auslandskrankenversicherung abgeschlossen werden.
Quelle: juris
Viele Studenten sind bei den Eltern familienversichert. Sie müssen keinen Beitrag für ihre Krankenversicherung zahlen. Studenten können aber nur bis zum 25.Lebensjahr in der Familienversicherung bleiben, danach müssen sie sich selbst versichern.
Durch den freiwilligen Wehrdienst, den Bundesfreiwilligendienst oder einen anderen anerkannten Freiwilligendienst verschiebt sich die Altersgrenze um maximal 12 Monate.
Wenn eines der beiden Elternteile privat krankenversichert ist, ist eine Familienversicherung für Studenten nicht mehr möglich.
Arbeiten ist erlaubt
Wer in der Familienversicherung ist, darf hinzuverdienen, aber nur begrenzt: Das monatliche Einkommen darf 385 Euro beziehungsweise bei einem Minijob 450 Euro nicht übersteigen.
Falls Studenten selbst krankenversichert sind, dürfen Sie nicht mehr als 20 Stunden pro Woche arbeiten. Ist die Beschäftigung von vornherein auf maximal zwei Monate befristet oder auf die Semesterferien begrenzt, gilt diese Stundenbegrenzung nicht. Die Höhe des Verdienstes spielt in beiden Fällen keine Rolle.
Gesetzliche studentische Krankenversicherung
Ist eine Familienversicherung nicht möglich, können sich Studenten bei einer gesetzlichen studentischen Krankenkasse versichern. Der Beitrag ist bei allen Krankenkassen einheitlich. Er beträgt monatlich 64,77 Euro und 12,24 Euro für die Pflegeversicherung. Kinderlose ab 23 Jahren zahlen einen höheren Beitrag in die Pflegeversicherung, nämlich 13,73 Euro.
Günstige Beiträge sind zeitlich begrenzt
Von den niedrigen Beiträgen profitieren Studenten bis zum 14. Semester oder bis zum 30. Lebensjahr. Ist das Studium dann noch nicht beendet, können sie sich innerhalb von drei Monaten freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern. Diese Frist ist wichtig. Ist sie verstrichen, kommt nur noch eine private Krankenversicherung in Betracht.
Studenten, die sich für die freiwillige gesetzliche Versicherung entscheiden, erhalten den Übergangstarif für Studierende in der Studienabschlussphase. Gewährt wird dieser Tarif maximal sechs Monate. 97,43 Euro kostet die Krankenversicherung, die Pflegeversicherung für Kinderlose 20,65 Euro und für alle anderen 18,41 Euro. Bedingung: Das monatlichen Einkommen darf 898 Euro nicht überschreiten.
Lange studieren kostet mehr
Alle die älter sind oder länger studieren, können sich anschließend "normal" freiwillig gesetzlich oder privat versichern. Bei der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung liegt der Mindestbetrag derzeit bei 133,80 Euro. Dazu kommt noch der Betrag für die Pflegeversicherung.
Private studentische Krankenversicherung
Studierende haben vor Beginn des Studiums die Wahl: Sie können von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln – und umgekehrt. Die Entscheidung ist für das gesamte Studiums bindend und sollte gut bedacht sein.
Nicht alle privaten Krankenkassen bieten Studententarif an
In der privaten Krankenversicherung besteht zum Beispiel keine Möglichkeit, Kinder von Studenten beitragsfrei mit abzusichern. Im Vergleich zur gesetzlichen Krankenversicherung übernehmen private Versicherungen jedoch unter Umständen Kosten für Arzneimittel in höherem Umfang als die gesetzliche Krankenversicherung. Oder sie beteiligen sich an den Kosten von Brillen und Kontaktlinsen. Anders als die gesetzliche Krankenversicherung gilt die private Krankenversicherung für Studenten im Studententarif bis zum 34. Lebensjahr unabhängig von der Anzahl der Semester.
Im Ausland studieren
Wer vorübergehend im Ausland studiert, behält den Anspruch gegenüber seiner Krankenkasse. Für diese Zeit muss der Studierende an einer deutschen Hochschule immatrikuliert sein. Entscheidend ist dann der Studienort: Liegt er in einem Land der EU, des Europäischen Wirtschaftsraumes oder in einem Land mit dem die deutsche Sozialversicherung ein Abkommen hat, können Leistungen der dortigen Krankenversicherung in Anspruch genommen werden.
Bei Studienaufenthalten in anderen Ländern ruht der Anspruch während des Studiums im Ausland. In diesem Fall muss eine gesonderte Auslandskrankenversicherung abgeschlossen werden.
Gericht/Institution: | BReg |
Erscheinungsdatum: | 12.09.2013 |
Dienstag, 17. September 2013
Krankhaftes Untergewicht kann zu Mehrbedarf führen
Das SG Gießen hat das Jobcenter Wetterau verurteilt, einem stark
untergewichtigen Mann aus einer Gemeinde in der Wetterau zusätzlich zu
der Hartz IV-Regelleistung einen Mehrbedarf für kostenaufwändige
Ernährung zu zahlen.
Der 56jährige Kläger wog bei einer Körpergröße von 184 cm noch 55
kg. Nach einem Attest seines Hausarztes litt er an einer "pulmonalen
Kachexie" – hierbei handelt es sich um eine schwere Form der Abmagerung,
die sich auf die Lungenleistung auswirkt. Er musste daher eine
besonders kalorienreiche Kost zu sich nehmen. Das Jobcenter hatte es
abgelehnt, die Kosten hierfür zu übernehmen, da es sich nicht um eine
Erkrankung handele, für die ein Mehrbedarf zu gewähren sei, und sich
hierzu auf ein aus einem Satz bestehendes "Gutachten" des Amtsarztes
bezogen.
Das SG Gießen hat der Klage stattgegeben.
Das Sozialgericht ging demgegenüber davon aus, dass der Kläger eine besondere Ernährung benötige, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Es verwies hierbei auf eine Empfehlung des "Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge" zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe. Danach könne bei einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 18,5 und fortschreitenden Gewichtsverlust als Folge einer Erkrankung regelmäßig von einem erhöhten Ernährungsbedarf ausgegangen werden. Beides liege hier vor. Der BMI des Klägers betrage aktuell 16,2 und der Kläger habe innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten fünf Kilogramm abgenommen.
Das Jobcenter müsse nun ermitteln, in welcher Höhe dem Kläger Mehrkosten zu zahlen sind.
Quelle: juris
Das SG Gießen hat der Klage stattgegeben.
Das Sozialgericht ging demgegenüber davon aus, dass der Kläger eine besondere Ernährung benötige, um ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Es verwies hierbei auf eine Empfehlung des "Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge" zur Gewährung von Krankenkostenzulagen in der Sozialhilfe. Danach könne bei einem Body-Mass-Index (BMI) von unter 18,5 und fortschreitenden Gewichtsverlust als Folge einer Erkrankung regelmäßig von einem erhöhten Ernährungsbedarf ausgegangen werden. Beides liege hier vor. Der BMI des Klägers betrage aktuell 16,2 und der Kläger habe innerhalb eines Zeitraums von vier Monaten fünf Kilogramm abgenommen.
Das Jobcenter müsse nun ermitteln, in welcher Höhe dem Kläger Mehrkosten zu zahlen sind.
Gericht/Institution: | SG Gießen |
Erscheinungsdatum: | 12.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 09.07.2013 |
Aktenzeichen: | S 22 AS 866/11 WA |
Montag, 16. September 2013
Überweisungsvermerk an Hartz IV-Empfänger verletzt nicht Sozialgeheimnis
Das LSG München hat entschieden, dass durch die Verwendung des
Zusatzes "BG" bei Überweisungen von Arbeitslosengeld II auf das
Bankkonto von Leistungsberechtigten das Sozialgeheimnis nicht verletzt
wird.
Der Kläger bezieht Hartz IV-Leistungen und klagte gegen eine neue
Überweisungspraxis der Bundesagentur für Arbeit. Seit der Umstellung
der Software im Jahr 2011 erfolgen die Überweisungen mit dem Vermerk
"Bundesagentur für Arbeit" und enthalten neben der Kundennummer das
Kürzel "BG". Der Kläger verlangte von der Beklagten, es künftig
unterlassen, der Bank des Klägers Kenntnis von dessen Leistungsbezug
nach dem SGB II durch Verwendung der Angaben "Bundesagentur für Arbeit"
und "BG" im Überweisungsvermerk zu geben. Die Herkunftsbezeichnung sei
zu anonymisieren und die Kundennummer, die den Zusatz "BG" enthalte,
durch eine "neutrale" Nummer zu ersetzen. Nachdem der Beklagte im Laufe
des Verfahrens dargelegt hatte, dass auch das Arbeitsentgelt für
Bedienstete der Bundesagentur zum Teil mit dem Vermerk "Bundesagentur
für Arbeit" überwiesen wird, beschränkte der Kläger sein
Unterlassungsbegehren auf die Angabe "BG".
Das SG München hat seine Klage abgewiesen.
Das LSG München hat die dagegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Das LSG München hat entschieden, dass die Bundesagentur für Arbeit schon keine Sozialdaten auf dem Überweisungsvermerk offenbart. Die Angabe "Bundesagentur für Arbeit" sei als solche noch nicht aussagekräftig. Die Kundennummer als fortlaufende Zahl zusammen mit "BG" enthalte ebenfalls keine erkennbaren Informationen über den einzelnen Leistungsempfänger. Es sei nicht sofort offensichtlich, dass eine Bedarfsgemeinschaft nach den Vorschriften des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch gemeint ist.
Quelle: juris
Das SG München hat seine Klage abgewiesen.
Das LSG München hat die dagegen eingelegte Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Das LSG München hat entschieden, dass die Bundesagentur für Arbeit schon keine Sozialdaten auf dem Überweisungsvermerk offenbart. Die Angabe "Bundesagentur für Arbeit" sei als solche noch nicht aussagekräftig. Die Kundennummer als fortlaufende Zahl zusammen mit "BG" enthalte ebenfalls keine erkennbaren Informationen über den einzelnen Leistungsempfänger. Es sei nicht sofort offensichtlich, dass eine Bedarfsgemeinschaft nach den Vorschriften des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch gemeint ist.
Gericht/Institution: | Bayerisches Landessozialgericht |
Erscheinungsdatum: | 12.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 17.06.2013 |
Aktenzeichen: | L 7 AS 48/13 |
Haftung des Frauenarztes bei verspäteter Diagnose von Brustkrebs
Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Frauenarzt, der einer Patientin, bei der im Jahre 2010 Brustkrebs diagnostiziert wurde, nicht bereits bei der im Jahre 2008 durchgeführten Krebsvorsorgeuntersuchung zu einem Mammographiescreening geraten hat, auf Schadensersatz haftet.
Die heute 66-jährige Klägerin aus Dorsten befand sich seit langen
Jahren in frauenärztlicher Behandlung beim beklagten Arzt in Dorsten.
Der Beklagte nahm jährliche Brustkrebsvorsorgeuntersuchungen vor, bei
denen er neben der klinischen Untersuchung eine Ultraschalluntersuchung
(Sonographie) der Brust veranlasste. Im Jahre 2001 fand eine
Mammographie statt, zu deren Wiederholung der Beklagte der Klägerin erst
im Jahre 2010 riet. Aus der dann durchgeführten Mammographie ergab sich
der Verdacht eines Mammakarzinoms in einer Brust. Der Tumor wurde in
der Folgezeit diagnostiziert und operativ behandelt, wobei befallene
Lymphknoten entfernt werden mussten. Im Anschluss hieran hatte sich die
Klägerin einer Strahlentherapie und einer Chemotherapie zu unterziehen.
Vom Beklagten hat sie umfassenden Schadensersatz verlangt, u.a. ein
Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 Euro. Sie hat gemeint, der Brustkrebs
sei bei ihr früher zu erkennen und weniger belastend zu behandeln
gewesen, wenn ihr der Beklagte im Rahmen der Krebsvorsorge ab dem Jahr
2002 zu einer Mammographie geraten hätte.
Das OLG Hamm hat dem Klagebegehren – unter teilweiser Abänderung der Entscheidung des LG Essen – weitgehend entsprochen und der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haftet der Beklagte, weil er der Klägerin nicht bereits bei der Vorsorgeuntersuchung im Jahre 2008 zur Teilnahme an einem Mammographiescreening geraten habe. Zu dieser Zeit sei eine Mammographie als einzig sichere Methode zur Senkung des Mortalitätsrisikos anerkannt gewesen. In dem speziellen Fall der Klägerin sei der unterlassene Rat, an einem Mammographiescreening teilzunehmen, sogar als grober Behandlungsfehler zu bewerten, weil es der Klägerin während ihrer Behandlung ersichtlich auf die Minimierung jedweden Brustkrebsrisikos angekommen sei und der Beklagte ihr zudem zuvor ein Medikament verordnet habe, das geeignet gewesen sei, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Zu Gunsten der Klägerin sei deswegen davon auszugehen – den Nachweis eines anderen Verlaufs habe der Beklagte aufgrund des groben Behandlungsfehlers zu erbringen, aber nicht erbracht –, dass sich bei einer bereits im Jahr 2008 erkannten Krebserkrankung noch keine Metastasen gebildet hatten und die Klägerin mit einer weniger belastenden Operation hätte behandelt werden können. Auch eine Chemotherapie wäre ihr dann erspart geblieben. Diesen Verlauf habe auch der im Verfahren gehörte medizinische Sachverständige für nicht unwahrscheinlich gehalten. Im Übrigen hätte sich bei einer früheren Behandlung eine günstigere Prognose für die Fünf-Jahres-Überlebensrate ergeben.
Quelle: juris
Das OLG Hamm hat dem Klagebegehren – unter teilweiser Abänderung der Entscheidung des LG Essen – weitgehend entsprochen und der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts haftet der Beklagte, weil er der Klägerin nicht bereits bei der Vorsorgeuntersuchung im Jahre 2008 zur Teilnahme an einem Mammographiescreening geraten habe. Zu dieser Zeit sei eine Mammographie als einzig sichere Methode zur Senkung des Mortalitätsrisikos anerkannt gewesen. In dem speziellen Fall der Klägerin sei der unterlassene Rat, an einem Mammographiescreening teilzunehmen, sogar als grober Behandlungsfehler zu bewerten, weil es der Klägerin während ihrer Behandlung ersichtlich auf die Minimierung jedweden Brustkrebsrisikos angekommen sei und der Beklagte ihr zudem zuvor ein Medikament verordnet habe, das geeignet gewesen sei, das Brustkrebsrisiko zu erhöhen. Zu Gunsten der Klägerin sei deswegen davon auszugehen – den Nachweis eines anderen Verlaufs habe der Beklagte aufgrund des groben Behandlungsfehlers zu erbringen, aber nicht erbracht –, dass sich bei einer bereits im Jahr 2008 erkannten Krebserkrankung noch keine Metastasen gebildet hatten und die Klägerin mit einer weniger belastenden Operation hätte behandelt werden können. Auch eine Chemotherapie wäre ihr dann erspart geblieben. Diesen Verlauf habe auch der im Verfahren gehörte medizinische Sachverständige für nicht unwahrscheinlich gehalten. Im Übrigen hätte sich bei einer früheren Behandlung eine günstigere Prognose für die Fünf-Jahres-Überlebensrate ergeben.
Gericht/Institution: | OLG Hamm |
Erscheinungsdatum: | 09.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 12.08.2013 |
Aktenzeichen: | 3 U 57/13 |
Mittwoch, 11. September 2013
Keine Leihgebühren für Cello als Leistung des Bildungs- und Teilhabepakets
Das BSG hat entschieden, dass Leihgebühren für ein schulisch
genutztes Cello nicht als Leistungen zur Teilhabe nach dem "Bildungs-
und Teilhabepaket" des SGB II zu übernehmen sind.
Der Kläger besuchte im streitigen Zeitraum die Klassenstufe 7
eines Gymnasiums im musischen Zweig. Nach der Abbuchung der Leihgebühren
für ein ausschließlich schulisch eingesetztes Cello vom Konto der
Mutter beantragte er die Übernahme dieser Aufwendungen durch den
Beklagten als Teilhabeleistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II. Der Beklagte
lehnte dies mit der Begründung ab, dass die Übernahme von Leihgebühren
für ein Instrument grundsätzlich nicht als Teilhabeleistung förderfähig
sei.
Nachdem der Kläger vor dem Sozialgericht zunächst erfolgreich gewesen ist, hat das Landessozialgericht der Berufung des Beklagten mit der Begründung stattgegeben, Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II würden nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt.
Das BSG hat das Urteil des Landessozialgerichts bestätigt.
Nach Auffassung des BSG waren nach alter – hier noch anzuwendender – Rechtslage bereits nach dem Wortlaut von § 28 Abs. 7 SGB II Bedarfe durch Leihgebühren für ein Musikinstrument von der Vorschrift nicht erfasst. Ausschließlich der Unterricht selbst konnte durch sie finanziert werden. Dies habe sich zwar zum 01.08.2013 durch Einfügung eines Satzes 2 in § 28 Abs. 7 SGB II geändert. Nunmehr können neben dem Unterricht auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem Unterricht entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Unabhängig davon hatte der Kläger jedoch auch deswegen keinen Anspruch auf die begehrte Leistung, weil durch sie – dies gilt auch weiterhin – grundsätzlich nur Bedarfe auf Grund außerschulischer Aktivitäten im Teilhabebereich gedeckt werden. Im vorliegenden Fall ist das Cello jedoch ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt worden.
Quelle: juris
Nachdem der Kläger vor dem Sozialgericht zunächst erfolgreich gewesen ist, hat das Landessozialgericht der Berufung des Beklagten mit der Begründung stattgegeben, Leistungen nach § 28 Abs. 7 SGB II würden nicht für einen durch den Schulbesuch entstehenden Bedarf gewährt.
Das BSG hat das Urteil des Landessozialgerichts bestätigt.
Nach Auffassung des BSG waren nach alter – hier noch anzuwendender – Rechtslage bereits nach dem Wortlaut von § 28 Abs. 7 SGB II Bedarfe durch Leihgebühren für ein Musikinstrument von der Vorschrift nicht erfasst. Ausschließlich der Unterricht selbst konnte durch sie finanziert werden. Dies habe sich zwar zum 01.08.2013 durch Einfügung eines Satzes 2 in § 28 Abs. 7 SGB II geändert. Nunmehr können neben dem Unterricht auch weitere tatsächliche Aufwendungen berücksichtigt werden, wenn sie im Zusammenhang mit der Teilnahme an dem Unterricht entstehen und es den Leistungsberechtigten im begründeten Ausnahmefall nicht zugemutet werden kann, diese aus dem Regelbedarf zu bestreiten. Unabhängig davon hatte der Kläger jedoch auch deswegen keinen Anspruch auf die begehrte Leistung, weil durch sie – dies gilt auch weiterhin – grundsätzlich nur Bedarfe auf Grund außerschulischer Aktivitäten im Teilhabebereich gedeckt werden. Im vorliegenden Fall ist das Cello jedoch ausschließlich für schulische Zwecke eingesetzt worden.
Gericht/Institution: | BSG |
Erscheinungsdatum: | 11.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 10.09.2013 |
Aktenzeichen: | B 4 AS 12/13 R |
Dienstag, 10. September 2013
Sozialrechtsexperte Rechtsanwalt Zimmermann erfolgreich in Sachen Wohnaufwendungenverordnung (WAV)
Der 36. Senat der Landessozialgerichtes Berlin Brandenburg hat die Wohnaufwendungenverordnung (WAV) in zwei weiteren Entscheidungen für unzulässig erklärt. Dabei hat der Senat ausdrücklich offen gelassen, wie die richtige Bruttokaltmiete zu ermitteln ist.
Das Berliner Sozialgericht stellt sich derzeit auf den Standpunkt, dass die Werte der WAV nach ihren eigenen "Ermittlungen" in aller Regel unterschritten werden und dass obwohl die Ermittlungen der WAV auf einem Mietspiegel beruhen, der nicht die ganz aktuelle Entwicklung auf dem Neuvermietungsmarkt widerspiegelt.
Hier bleiben die Leistungsberechtigten Hartz IV Betroffenen und ihre Rechtsvertreter weiterhin gefordert ihre Rechte geltend zu machen.
Montag, 9. September 2013
Keine Übernahme von Reisekosten von 6.500 Euro zur Ausübung des Umgangsrechts im Ausland
Das SG Berlin hatte zu entscheiden, ob das Jobcenter die Kosten
von rund 6.500 Euro für den Besuch eines Hartz IV-Empfängers bei seinen
in Australien lebenden Kindern übernehmen muss.
Der 1960 geborene, deutsche Antragsteller kehrte im Sommer 2011
von einem längeren Auslandsaufenthalt in Australien nach Berlin zurück,
arbeitet hier als Rechtsanwalt und bezieht aufstockend Leistungen nach
dem SGB II (Hartz IV). Seine drei Kinder leben bei der Mutter in
Australien. Im Rahmen eines Klageverfahrens vor dem SG Berlin erkannte
der Antragsgegner, das Jobcenter Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf, im
Juli 2013 grundsätzlich an, dass der Antragsteller einen Anspruch auf
eine Reise nach Australien zum Besuch seiner Kinder habe. Es machte
allerdings keine konkreten Angaben zur Höhe der zu übernehmenden Kosten.
Nachdem der Antragsteller beim Antragsgegner mit mehreren
Kostenvoranschlägen nicht hatte durchdringen können, ersuchte er im
August 2013 um einstweiligen Rechtsschutz. Er beantragte, das Jobcenter
zur Zahlung von 6.338 Euro zu verpflichten.
Das SG Berlin hat den Antrag abgelehnt.
Zwar könne das Jobcenter schon aufgrund seines dementsprechenden Anerkenntnisses die Übernahme der Kosten für eine Australienreise nicht grundsätzlich ablehnen. Es müsse jedoch nicht die konkret geltend gemachten Kosten übernehmen, die aufgrund einer kurzfristigen Reiseplanung besonders hoch seien. Erst recht bestehe kein Bedürfnis des Antragstellers für eine Eilentscheidung des Gerichts. Zwar wiege das Grundrecht aus Art. 6 GG schwer. Doch sei nicht erkennbar, dass die geplante Reise zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erforderlich sei, nachdem der Antragsteller seine Kinder bereits zwei Jahre nicht mehr gesehen habe.
Quelle: juris
Das SG Berlin hat den Antrag abgelehnt.
Zwar könne das Jobcenter schon aufgrund seines dementsprechenden Anerkenntnisses die Übernahme der Kosten für eine Australienreise nicht grundsätzlich ablehnen. Es müsse jedoch nicht die konkret geltend gemachten Kosten übernehmen, die aufgrund einer kurzfristigen Reiseplanung besonders hoch seien. Erst recht bestehe kein Bedürfnis des Antragstellers für eine Eilentscheidung des Gerichts. Zwar wiege das Grundrecht aus Art. 6 GG schwer. Doch sei nicht erkennbar, dass die geplante Reise zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt erforderlich sei, nachdem der Antragsteller seine Kinder bereits zwei Jahre nicht mehr gesehen habe.
Gericht/Institution: | SG Berlin |
Erscheinungsdatum: | 06.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 21.08.2013 |
Aktenzeichen: | S 201 AS 19424/13 ER |
Freitag, 6. September 2013
Behörde muss bei Existenzgründung ausdrücklich auf die Möglichkeit der Weiterversicherung in der Arbeitslosenversicherung und die Antragsfrist hinweisen - Sozialer Herstellungsanspruch hilft bei Versagen der Behörde
Die Revision der Beklagten war erfolglos. Das Landessozialgericht hat
mit seinem Urteilsausspruch zutreffend entschieden, dass für die
Klägerin seit 12.02.2007 ein Antragspflichtversicherungsverhältnis in
der Arbeitslosenversicherung besteht. Die Voraussetzungen einer
Weiterversicherung für Selbstständige nach § 28a SGB III lagen vor.
Entgegen der Ansicht der Beklagten hinderte die Versäumung der
einmonatigen Antragsfrist (Antragstellung erst am 17.04.2007) den
Eintritt der Versicherungspflicht nicht, weil zugunsten der Klägerin die
Grundsätze über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch eingreifen.
Nach der Rechtsprechung des BSG kann dieses Rechtsinstitut neben
den Wiedereinsetzungsregelungen des § 27 SGB X – auf die das
Landessozialgericht abgestellt hat – zur Anwendung kommen, wenn ein
Sozialleistungsträger die ihm in einem Sozialrechtsverhältnis gegenüber
einem Leistungsberechtigten obliegenden Hinweis- und Beratungspflichten
verletzt (BSG, Urt. v. 02.02.2006 - B 10 EG 9/05 R - BSGE 96, 44 = SozR
4-1300 § 27 Nr 2). Das ist hier anzunehmen. Das BSG brauchte daher nicht
zu entscheiden, ob § 27 SGB X auch für die für die Weiterversicherung
geltende Antragsfrist gilt (oder die Wiedereinsetzung insoweit nach § 27
Abs. 5 SGB X unzulässig ist), inwieweit ein Mitverschulden der Klägerin
zu berücksichtigen ist und ob die Antragstellung rechtzeitig nachgeholt
wurde. Die Beklagte hat es ausgehend von den Feststellungen des
Landessozialgerichts jedenfalls pflichtwidrig unterlassen, die Klägerin
im Zusammenhang mit ihrer Existenzgründung auf die Möglichkeit der
Weiterversicherung und die dabei einzuhaltende Antragsfrist hinzuweisen.
Zwar hat die Klägerin insoweit nicht explizit um Beratung nachgesucht,
jedoch besteht eine spontane Beratungspflicht des
Sozialleistungsträgers, wenn anlässlich einer konkreten Sachbearbeitung
dem jeweiligen Mitarbeiter eine naheliegende rechtliche
Gestaltungsmöglichkeit erkennbar wird und klar zutage liegt, dass ein
verständiger Versicherter diese mutmaßlich wahrgenommen hätte, wenn sie
ihm bekannt gewesen wäre (vgl. z.B. BSG, Urt. v. 18.01.2011 - B 4 AS
29/10 R - SozR 4-1200 § 14 Nr 15).
Nachdem die Beklagte schon im September 2006 von der im Raum
stehenden Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit erfahren hatte,
bestand eine Beratungsnotwendigkeit spätestens am 12.02.2007, als die
Klägerin neben dem formellen Antrag auf einen Gründungszuschuss auch
eine Gewerbeanmeldung persönlich vorlegte. Die Aushändigung des
Merkblatts "Gründungszuschuss" und die darin enthaltenen allgemeinen
Hinweise auf die Weiterversicherung genügten den Beratungs- und
Betreuungspflichten in diesem Stadium nicht mehr. Es bestanden vielmehr
gesteigerte Hinweispflichten der Beklagten als demjenigen
Leistungsträger, der hier mit dem Komplex der Gewährung von
Sozialleistungen des Arbeitsförderungsrechts bei Existenzgründung ganz
konkret befasst war. Das Landessozialgericht ist nach den Umständen auf
der Grundlage der Rechtsprechung des BSG (z.B. BSG, Urt. v. 14.11.2002 -
B 13 RJ 39/01 R - SozR 3-2600 § 115 Nr 9) zu Recht von einer
naheliegenden Gestaltungsmöglichkeit ausgegangen. Eine Überspannung von
behördlicher Betreuungspflichten ist ihm außerdem nicht anzulasten. Von
der Beklagten gerügte Verfahrensmängel greifen nicht durch, insbesondere
hat das Landessozialgericht die Grenzen freier richterlicher
Beweiswürdigung nicht überschritten.
BSG - B 12 AL 2/12 R - 05.09.2013 Pressemitteilung
Quelle: juris
Donnerstag, 5. September 2013
Prostataoperation verursacht keine Erektionsstörungen
Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Patient nach einer
fachgerechten, mit einer Vasektomie (Durchtrennung der Samenleiter)
durchgeführten Prostataoperation keinen Schadensersatz für eine
Erektionsstörung verlangen kann, weil diese nicht auf die Operation
zurückzuführen ist.
Im Juni 2008 ließ sich der seinerzeit 62-jährige Kläger aus
Rietberg im beklagten Krankenhaus in Erwitte von den mitverklagten
Ärzten die Prostata operativ verkleinern. Nach dem mit einer Vasektomie
durchgeführten Eingriff hat er von den Beklagten Schadensersatz,
insbesondere ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro verlangt. Er hat
gemeint, die Operation sei aufgrund einer bei ihm aufgetretenen
Erektionsstörung nicht fachgerecht durchgeführt worden. Über die
Vasektomie und mögliche Ejakulationsstörungen sei er zudem nicht
zutreffend aufgeklärt worden.
Das OLG Hamm hat die Schadensersatzklage des Klägers abgewiesen
und damit die erstinstanzliche Entscheidung des LG Paderborn bestätigt.
Den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen folgend hat
das OLG Hamm weder einen Behandlungsfehler noch Fehler bei der
Aufklärung des Klägers über mögliche Risiken der Operation feststellen
können.
Die Ejakulationsstörung sei eine zwangsläufige Folge der
Operation. Die Erektionsschwäche beruhe nicht auf dieser, sondern auf
andern Vorerkrankungen des Klägers. Bei dem als sog. offene
Prostataoperation durchgeführten Eingriff könne es nicht zu Verletzungen
von Nerven gekommen seien, die Erektionsstörungen verursachten. Über
die durchgeführte Vasektomie, die medizinisch indiziert gewesen sei, um
eine Entzündung der Nebenhoden zu vermeiden, und das Risiko einer
Ejakulationsstörung sei der Kläger ausweislich des von ihm
unterzeichneten Aufklärungsbogens unterrichtet worden. Seine
ausreichende Aufklärung habe auch der beklagte Arzt, der das
Aufklärungsgespräch geführt habe, bestätigt.
Quelle: juris
Gericht/Institution: | OLG Hamm | |
Erscheinungsdatum: | 04.09.2013 | |
Entscheidungsdatum: | 19.07.2013 | |
Aktenzeichen: | 26 U 98/12 |
Mittwoch, 4. September 2013
Statt Rechtsstaat für Hartzer nur staatlich bezahlten "Streitschlichter"
Die Verwaltung ist an Recht und Gesetz gebunden. Da die Hartz IV Gesetze so kompliziert sind, kommt es in den Jobcentern bekanntlich zu einer Fülle von Widerspruüchen und Klagen. Um diese einzudämmen, kommt die Verwaltung zuweilen auf skurrile Ideen. Eine davon ist der Streitschichter, Bescheiderklärer, Ombudsmann oder wie sonst die Leute heissen. Nach einer Meldung in der BZ soll jetzt einem rüstigen Rentner auf der Arbeitsverwaltung ein Zuverdienst gesichert werden um zwischen Jobcenter und Kunden zu vermitteln.
Zum BZ Artikel
Wieder ein Versuch die Anwaltschaft zu verdrängen und Kosten zu sparen. Statt qualifizierter Rechtsberatung Gemauschele hinter den Kulissen um Geld zu sparen. Ist der Mann wirklich unabhängig, wenn der jahrelang beim Arbeitsamt war?
Zum BZ Artikel
Wieder ein Versuch die Anwaltschaft zu verdrängen und Kosten zu sparen. Statt qualifizierter Rechtsberatung Gemauschele hinter den Kulissen um Geld zu sparen. Ist der Mann wirklich unabhängig, wenn der jahrelang beim Arbeitsamt war?
Hartz IV-Regelsatz wird zum 01.01.2014 angehoben
Die Sozialhilfe und die Grundsicherung (Hartz IV) erhöhen sich
zum 01.01.2014: ein alleinstehender Erwachsener bekommt monatlich neun
Euro mehr und auch für Kinder und Jugendliche erhöhen sich die
Regelsätze.
Damit erhöhen sich die Regelbedarfsstufen um 2,27%. Das gilt für
die Sozialhilfe, die Grundsicherung für Arbeitsuchende und für die
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Das Bundeskabinett hat
die entsprechende Verordnung auf den Weg gebracht. Der Bundesrat muss
noch zustimmen.
Die neuen Regelsätze für Hartz IV
Ein alleinstehender Erwachsener erhält dann monatlich 391 Euro Grundsicherung, 2013 waren es 382 Euro. Seit 2011 ist die Grundsicherung um 27 Euro monatlich gestiegen.
Die Regelsätze für die im Haushalt lebenden Partner und Kinder (Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) steigen anteilig.
Regelbedarfsstufen im Jahr 2014 gegenüber 2013
Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden grundsätzlich in
Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen
sind. Das Jobcenter orientiert sich dabei am örtlichen Mietniveau auf
dem Wohnungsmarkt.
Jährliche Erhöhung folgt der Preisentwicklung
Die Regelsätze werden jährlich überprüft und fortgeschrieben. Das ist im Gesetz über die Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten (SGB II) und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) festgelegt.
Die Fortschreibung der Regelbedarfe wird aus einem Mischindex errechnet. Dieser setzt sich zu 70% aus der regelsatzrelevanten Preisentwicklung und zu 30% aus der Nettolohnentwicklung zusammen. Für 2014 liegt die Veränderung des Mischindexes für Juli 2012 bis Juni 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugrunde.
Das Statistische Bundesamt ermittelt sowohl die Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen wie auch die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter.
Quelle: juris
Die neuen Regelsätze für Hartz IV
Ein alleinstehender Erwachsener erhält dann monatlich 391 Euro Grundsicherung, 2013 waren es 382 Euro. Seit 2011 ist die Grundsicherung um 27 Euro monatlich gestiegen.
Die Regelsätze für die im Haushalt lebenden Partner und Kinder (Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft) steigen anteilig.
Regelbedarfsstufen im Jahr 2014 gegenüber 2013
Alleinstehend/Alleinerziehend | 391 Euro (9 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 1 |
Paare/Bedarfsgemeinschaften | 353 Euro (8 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 2 |
Erwachsene im Haushalt anderer | 313 Euro (7 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 3 |
Jugendliche von 14 bis unter 18 Jahren | 296 Euro (7 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 4 |
Kinder von sechs bis unter 14 Jahren | 261 Euro (6 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 5 |
Kinder von 0 bis 6 Jahre | 229 Euro (5 Euro mehr) | Regelbedarfsstufe 6 |
Jährliche Erhöhung folgt der Preisentwicklung
Die Regelsätze werden jährlich überprüft und fortgeschrieben. Das ist im Gesetz über die Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten (SGB II) und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII) festgelegt.
Die Fortschreibung der Regelbedarfe wird aus einem Mischindex errechnet. Dieser setzt sich zu 70% aus der regelsatzrelevanten Preisentwicklung und zu 30% aus der Nettolohnentwicklung zusammen. Für 2014 liegt die Veränderung des Mischindexes für Juli 2012 bis Juni 2013 gegenüber dem Vorjahreszeitraum zugrunde.
Das Statistische Bundesamt ermittelt sowohl die Preisentwicklung regelbedarfsrelevanter Güter und Dienstleistungen wie auch die Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter.
Quelle: juris
Gericht/Institution: | BReg |
Erscheinungsdatum: | 04.09.2013 |
Gutscheinaktion für Energieberatungen in Wohngebäuden vor Ort
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi)
stellt in einer einmaligen Sonderaktion 1.000
Energieberatungs-Gutscheine in Höhe von 250 Euro für die Energieberatung
in Wohngebäuden vor Ort bereit (sog. Vor-Ort-Beratung).
Die ersten 1.000 Antragsteller erhalten zusätzlich zur aktuellen
Förderung eine Gutschrift von 250 Euro. Gleichzeitig wird eine
Befragungsaktion der Eigentümer gestartet, die zur weiteren Optimierung
des Förderangebotes genutzt werden soll.
Ziel der Bundesregierung ist ein weitgehend klimaneutraler Gebäudebestand in 2050. Die Vor-Ort-Beratung ist das derzeit umfassendste Informationsinstrument für den Eigentümer, um die Sanierung zu einem Energieeffizienzhaus in sinnvollen Einzelschritten zu planen. Bisher wird die Beratung bereits durch Übernahme von 50% der Beratungskosten, höchstens aber mit 400 Euro für ein Ein- oder Zweifamilienhaus und mit 500 Euro für Mehrfamilienhäuser gefördert.
Unter www.energie-effizienz-experten.de können qualifizierte Energieberater/innen in der jeweiligen Umgebung gefunden werden. Diese stellen den Förderantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und reichen nach der Vor-Ort-Beratung die Unterlagen zum Verwendungsnachweis (Beratungsbericht, Rechnung, Verwendungsnachweiserklärung) sowie den Gutschein beim BAFA ein. Der Gutscheinwert von 250 Euro wird dann unmittelbar an den Gutscheininhaber ausgezahlt.
Der Gutschein ist unter www.bafa.de/bafa/de/energie/energiesparberatung/ elektronisch abrufbar und gilt für die ersten 1.000 Anträge, die zwischen dem 03.09.2013 und dem 31.12.2013 beim BAFA eingehen.
Ziel der Bundesregierung ist ein weitgehend klimaneutraler Gebäudebestand in 2050. Die Vor-Ort-Beratung ist das derzeit umfassendste Informationsinstrument für den Eigentümer, um die Sanierung zu einem Energieeffizienzhaus in sinnvollen Einzelschritten zu planen. Bisher wird die Beratung bereits durch Übernahme von 50% der Beratungskosten, höchstens aber mit 400 Euro für ein Ein- oder Zweifamilienhaus und mit 500 Euro für Mehrfamilienhäuser gefördert.
Unter www.energie-effizienz-experten.de können qualifizierte Energieberater/innen in der jeweiligen Umgebung gefunden werden. Diese stellen den Förderantrag beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und reichen nach der Vor-Ort-Beratung die Unterlagen zum Verwendungsnachweis (Beratungsbericht, Rechnung, Verwendungsnachweiserklärung) sowie den Gutschein beim BAFA ein. Der Gutscheinwert von 250 Euro wird dann unmittelbar an den Gutscheininhaber ausgezahlt.
Der Gutschein ist unter www.bafa.de/bafa/de/energie/energiesparberatung/ elektronisch abrufbar und gilt für die ersten 1.000 Anträge, die zwischen dem 03.09.2013 und dem 31.12.2013 beim BAFA eingehen.
Gericht/Institution: | BMWi |
Erscheinungsdatum: | 03.09.2013 |
Quelle: juris
Verurteilung eines Bürgermeisters wegen Vortäuschens einer Straftat bestätigt
Der BGH hat die Verurteilung eines Bürgermeisters einer
baden-württembergischen Gemeinde, der einen durch Unbekannte auf seine
Person verübten Anschlag vorgetäuscht hatte, bestätigt.
Das LG Waldshut-Tiengen hat den Angeklagten, den Bürgermeister
einer Gemeinde in Baden-Württemberg, wegen Vortäuschens einer Straftat
zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt.
Soweit ihm darüber hinaus Betrug in sechs Fällen durch Einreichung von
Rechnungen für medizinisch nicht indizierte Behandlungen zur Last gelegt
worden war, hat ihn das Landgericht freigesprochen. Den Mitangeklagten,
den Lebenspartner des Angeklagten, hat das Landgericht wegen Beihilfe
zum Vortäuschen einer Straftat zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu
je 50 Euro verurteilt.
Nach den landgerichtlichen Feststellungen täuschte der
Angeklagten mit Hilfe des Mitangeklagten einen durch Unbekannte auf
seine Person verübten Anschlag vor. Am Abend des 03.07.2011 befand sich
der Angeklagte im Rathaus der Gemeinde. Dort warf er gegen 20.00 Uhr in
seinem Arbeitszimmer eine Flasche mit einem in brennbare Flüssigkeit
getränkten Stück Textil als Lunte gegen seinen Schreibtisch. Bereits
zuvor hatte der Mitangeklagte die Eingangstür zum Rathaus mit einem
Holzstück verriegelt. Zudem deponierte einer der Angeklagten auf dem
Boden hinter der Tür ein zusammengefaltetes Blatt Papier mit einem
bedrohlichen Text, aus dem sich ergab, dass er zur Aufgabe seines Amts
genötigt werden sollte. Der Angeklagte wählte den polizeilichen Notruf
und berichtete von einem auf ihn verübten Anschlag; wegen tatsächlicher
Beschwerden wurde er sodann ärztlich behandelt. Das genaue Motiv für das
Vortäuschen des Anschlags konnte nicht aufgeklärt werden.
Der BGH hat die jeweils mit Verfahrensrügen und der Verletzung
sachlichen Rechts geführten Revisionen der Angeklagten als unbegründet
verworfen. Damit ist das Urteil rechtskräftig.
Gericht/Institution: | BGH |
Erscheinungsdatum: | 02.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 07.08.2013 |
Aktenzeichen: | 1 StR 156/13 |
Dienstag, 3. September 2013
Kein Rotlichtverstoß bei Umfahren einer roten Ampel über Tankstellengelände
Das OLG Hamm hat entschieden, dass kein Rotlichtverstoß vorliegt,
wenn eine rote Ampel über einen nicht durch die Lichtzeichenanlage
geschützten Bereich – hier ein Tankstellengelände – umfahren wird.
Einem 52jährigen Zahnarzt aus Dortmund wurde ein am 20.09.2012 in
Dortmund begangener Rotlichtverstoß zur Last gelegt. Der Betroffene
wollte vom Brackeler Hellweg nach links in die Oesterstraße abbiegen. Da
die Lichtzeichenanlage an der Kreuzung für ihn Rotlicht zeigte, bog er
vor der Kreuzung nach links auf das Gelände einer im Eckbereich der
beiden Straßen liegenden Tankstelle ab, überquerte das
Tankstellengelände und verließ dies an der Ausfahrt zur Oesterstraße, in
die er nach links einbog.
Das OLG Hamm hat das Urteil des AG Dortmund abgeändert und den Betroffenen freigesprochen.
Das Umfahren einer Lichtzeichenanlage könne zwar einen
Rotlichtverstoß darstellen. Das Rotlicht verbiete aber nicht, vor der
Ampelanlage abzubiegen und über eine reguläre Zufahrt einen nicht durch
die Lichtzeichenanlage geschützten Bereich zu befahren, etwa auf einen
Parkplatz oder ein Tankstellengelände einzufahren. Von diesem Bereich
dürfe man dann auch auf den hinter der Lichtzeichenanlage gelegenen
Verkehrsraum einfahren. Auch wenn dieser noch durch die Anlage geschützt
sei, liege kein Rotlichtverstoß des Betroffenen vor, weil das Rotlicht
nur für den Verkehrsteilnehmer gelte, der es – in seiner Fahrtrichtung
gesehen – vor sich habe.
Abzugrenzen sei der zu beurteilende Fall von den Fällen, in denen
das Umfahren einer Lichtzeichenanlage als Rotlichtverstoß zu ahnden
ist: Das Rotlicht einer Ampelanlage ordne ein Halten vor der Kreuzung
oder Einmündung an. Es schütze den Quer- oder Einmündungsverkehr, der
sich aufgrund des für ihn angezeigten Grünlichts darauf verlassen können
müsse, dass aus der gesperrten Fahrtrichtung keine Fahrzeuge in den
Kreuzungs- oder Einmündungsbereich hineinfahren. Zu dem durch die
Lichtzeichenanlage geschützten Bereich gehöre deswegen der gesamte
Kreuzungs- und Einmündungsbereich, außer der Fahrbahn auch parallel
verlaufende Randstreifen, Parkstreifen, Radwege oder Fußwege. Geschützt
sei dieser Bereich nicht nur vor, sondern auch ca. 10-15m hinter der
Lichtzeichenanlage. Deswegen begehe einen Rotlichtverstoß, wer vor einer
roten Ampel die Fahrbahn verlasse und die Lichtzeichenanlage dann über
einen Gehweg, Randstreifen, Parkstreifen, Radweg oder Busspur umfahre;
ebenso derjenige, der auf einer durch Grünlicht freigegebenen
Geradeausspur in den Kreuzungsbereich einfahre und dann nach der
Haltlinie auf einen durch Rotlicht gesperrten Fahrstreifen wechsele.
Der Beschluss ist rechtskräftig.
Quelle: Juris
Gericht/Institution: | OLG Hamm |
Erscheinungsdatum: | 29.08.2013 |
Entscheidungsdatum: | 02.07.2013 |
Aktenzeichen: | 1 RBs 98/13 |
Anforderungen an Versicherungsbedingungen: Angabe einer Preisgrenze bei Erstattung von Hörgeräten
Das AG München hat entschieden, dass eine Leistungsbeschränkung
in den Versicherungsbedingungen einer Krankheitskostenversicherung,
wonach nur Hörgeräte oder sonstige Hilfsmittel in "angemessener
Ausführung" zu erstatten sind, unwirksam ist.
Ein Münchner hatte eine private Krankheitskostenversicherung
abgeschlossen. Die Versicherungsbedingungen enthielten eine Klausel, in
der folgendes geregelt war: "Erstattungsfähig sind die Kosten für
Hörhilfen in angemessener Ausführung (..)". Aufgrund einer beidseitigen
Schwerhörigkeit wurden dem Münchner ärztlicherseits Hörgeräte verordnet.
Er erwarb solche zum Preis von insgesamt 4.105 Euro und reichte die
Rechnungen bei seiner Versicherung ein. Diese erstattete allerdings nur
2.124 Euro mit der Begründung, es seien lediglich Kosten für Hörgeräte
zu bezahlen, die durchschnittlichen Anforderungen genügten. Individuelle
Bedürfnisse Einzelner seien nicht maßgeblich. Auf andere Weise könnten
die tendenziell hohen Kosten für Hilfsmittel nicht beschränkt werden.
Der Versicherte könnte vorher nachfragen, was er ersetzt bekomme und
somit auch abschätzen, was er später erhalte. Der Versicherte hielt die
Klausel für unwirksam, da der Begriff "in angemessener Ausführung"
konturlos sei. Außerdem brauche er gerade diese Hörgeräte, da nur sie
seine Anforderungen erfüllten und er ansonsten erhebliche Defizite in
seiner Kommunikationsfähigkeit hinnehmen müsste.
Das AG München hat der Klage stattgegeben.
Nach Auffassung des Amtsgerichts ist die vorliegende
Leistungsbeschränkung, wonach Hilfsmittel in "angemessener Ausführung"
zu erstatten sind, nicht wirksam. Die Tarifbestimmung benachteilige den
Versicherten unangemessen, da sie nicht klar und verständlich sei. Sie
verstoße somit gegen das Transparenzgebot. Dieses verlange, dass die
Voraussetzungen und Folgen so genau beschrieben werden, dass einerseits
für den Verwender der Bedingungen keine ungerechtfertigten
Beurteilungsspielräume entstünden, andererseits auch der Versicherte
ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte feststellen
könne. Eine Klausel genüge dem Bestimmtheitsgebot nur dann, wenn sie die
Rechte und Pflichten des Versicherten so klar und präzise wie möglich
umschreibe.
Die vorliegende Klausel genüge diesem Bestimmtheitsgebot nicht,
da unterschiedliche Interpretationen möglich seien. Die Tarifbedingung
könne dahingehend verstanden werden, dass damit nur die Preise für eine
Ausführung mittlerer Art und Güte erstattet werden, einer Ausführung,
die durchschnittlichen Anforderungen genüge, wobei individuelle
Bedürfnisse der jeweiligen Versicherungsnehmer außen vor blieben. Der
Versicherungsnehmer hätte in diesem Fall keinen Anspruch auf die beste
Qualität, müsste sich aber auch nicht mit der schlechtesten Qualität
begnügen. Er müsste sich gegebenfalls am Mittel beider Extreme
orientieren. Unklar bliebe aber dann, welche Qualität aus der breiten
Palette eines oder verschiedener Anbieter maßgebend sein solle.
In einem monetären Sinn wäre die Bestimmung zu verstehen, wenn
die Versicherung die Regelung als eine Preisbegrenzung verstanden wissen
wolle, obwohl es für die medizinische Notwendigkeit auf
Kostengesichtspunkte gerade nicht ankomme. Die Preisgrenze, bis zu der
ein Leistungsanspruch der versicherten Person bestehen solle, bliebe
offen.
Die Regelung könne aber auch dahingehend interpretiert werden,
dass eine angemessene Ausführung eines Hörgerätes erst dann zu bejahen
sei, wenn im konkreten Einzelfall bezogen auf die konkrete Hörstörung
und bezogen auf die konkreten Lebensumstände des jeweiligen
Versicherungsnehmers die Hörstörung adäquat ausgeglichen werde. Denn was
angemessen sei, hänge immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei
einer Hörgeräteversorgung wäre demgemäß unter anderem maßgebend, ob der
Betroffene berufstätig sei oder nicht, welchen Beruf der Versicherte
ausübe und welche Alltagssituationen das Hörgerät demgemäß meistern
müsse. Da sich die Lebensumstände immer wieder ändern können, wäre auch
danach nicht von vornherein klar, in welcher Höhe dem Versicherten der
Anspruch zustehe.
Auch wenn die Anforderungen an die Transparenz von allgemeinen
Versicherungsbedingungen nicht überspannt und auch unbestimmte
Rechtsbegriffe aus der Gesetzessprache verwendet werden dürfen, sei es
der Versicherung zumutbar, Preisgrenzen der Erstattungsfähigkeit von
Hörgeräten anzugeben. Dies zeige die entsprechende Regelung für Brillen
und Kontaktlinsen.
Dem Versicherungsnehmer sei es jedenfalls nicht zuzumuten, eine
Marktanalyse über die Preise aller verfügbaren Hörgeräte vorzunehmen.
Ebenso könne es nicht Sinn und Zweck einer Vertragsbestimmung sein, dass
der Versicherungsnehmer sich auf eine Marktanalyse seines
Vertragspartners, des Versicherers, verlassen müsse, um seinen
Leistungsanspruch bestimmen zu können. Deshalb helfe auch die Anregung
der Versicherung nicht weiter, dass der Kläger bei ihr hätte nachfragen
können, um die Höhe seines Leistungsanspruchs zu ermitteln. Dadurch
würden ihr gerade diejenigen Beurteilungsspielräume eröffnet, die ihr
als Verwender der Versicherungsbedingungen durch das Bestimmtheitsgebot
gerade verschlossen werden sollen.
Der Versicherte habe daher (unter Berücksichtigung seiner Selbstbeteiligung von 10%) einen Ersatzanspruch.
Das Urteil ist rechtskräftig.
Gericht/Institution: | AG München |
Erscheinungsdatum: | 02.09.2013 |
Entscheidungsdatum: | 31.10.2012 |
Aktenzeichen: | 159 C 26871/10 |
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