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Keine zusätzliche Hilfe für den Besuch des Elterngrabes - Keine Bewilligung von Leistungen der Altenhilfe , wenn die geltend gemachten Bedarfe bereits von den Regelleistungen umfasst sind

Sozialhilfeempfänger erhalten für den Besuch des Grabes ihrer Eltern keine zusätzlichen Leistungen im Rahmen der Altenhilfe.

Dies entschied in einem heute veröffentlichten Urteil der 9. Senat des Hessischen Landessozialgerichts.

Sozialhilfeempfänger begehrt Altenhilfe für den Besuch des Elterngrabes.


Ein Sozialhilfeempfänger aus dem Raum Wiesbaden beantragte Leistungen der Altenhilfe zum Besuch des Elterngrabes. Für ältere Menschen sei die Konfrontation mit den Gräbern von Angehörigen sehr wichtig, weil sie sich selbst mit dem näher rückenden Tod beschäftigten. Das Sozialamt lehnte den Antrag ab.

Die gesetzlich geregelte Altenhilfe solle der Vereinsamung von Sozialhilfeempfängern entgegen wirken. Da der 72-jährige Mann mit seiner Ehefrau zusammenlebe, bestünde diese Gefahr nicht.

Fahrtkosten für den Besuch des Elterngrabs sind kein altersbedingter Bedarf


Die Darmstädter Richter gaben dem Sozialamt Recht.

Das kulturelle Existenzminimum werde bereits durch den Regelsatz abgedeckt. Altenhilfe solle darüber hinaus den alten Menschen helfen, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. Dabei umfasse die Altenhilfe insbesondere Leistungen, die alten Menschen die Verbindung mit nahe stehenden Personen ermöglichten.

Die davon umfasste Besuchshilfe sei allerdings auf den Besuch lebender Personen und nicht eines Familiengrabes gerichtet.

Zwar sei die Regelung nicht abschließend, der im Rahmen der Altenhilfe geltend gemachte Bedarf müsse aber jedenfalls altersbedingt sein. Hiervon sei bei Fahrtkosten für den Besuch des Elterngrabes nicht auszugehen, da diese Kosten auch jungen Menschen mit bereits verstorbenen Eltern entstünden.

Es gebe zudem keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass sich mit dem Lebensalter das Bedürfnis verstärke, das Grab der Eltern zu besuchen.

Dies dürfte vielmehr von altersunabhängigen Faktoren wie Religion und Einstellung zum geeigneten Andenken an verstorbene Angehörige abhängen.

Hinweise zur Rechtslage


§ 71 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII)
(1) Alten Menschen soll außer den Leistungen nach den übrigen Bestimmungen dieses Buches Altenhilfe gewährt werden. Die Altenhilfe soll dazu beitragen, Schwierigkeiten, die durch das Alter entstehen, zu verhüten, zu überwinden oder zu mildern und alten Menschen die Möglichkeit zu erhalten, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen.

(2) Als Leistungen der Altenhilfe kommen insbesondere in Betracht:
(.)
6. Leistungen, die alten Menschen die Verbindung mit nahe stehenden Personen ermöglichen.

§ 27 SGB XII

(1) Hilfe zum Lebensunterhalt ist Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können.

§ 42 SGB XII
Die Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung umfassen:
(.)
3. die Bedarfe für Bildung und Teilhabe (.)

Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 08.03.2013, Az.: L 9 SO 52/10

www.lareda.hessenrecht.hessen.de 



Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 08.03.2013 - L 9 SO 52/10


1. § 71 SGB XII umfasst nur Leistungen zur Abmilderung spezifischer Probleme des Alters. Die Tatbestandsvoraussetzungen der übrigen Bestimmungen des SGB XII dürfen nicht dadurch erweitert werden, dass im Rahmen der "Altenhilfe" Leistungen erbracht werden, mit denen die im Sinne eines soziokulturellen Existenzminimums begrenzten Leistungen zum Lebensunterhalt umgangen werden.

2. Die Anordnung intendierten Ermessens in § 71 SGB XII bezieht sich nur auf die Entschließungsentscheidung. Sie ändert nichts an der Regelung des § 17 Abs. 2 SGB XII, wonach über Art und Maß der Leistungserbringung nach pflichtmäßigem Ermessen zu entscheiden ist, soweit das Ermessen nicht ausgeschlossen wird.
Volltext hier:


Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock- langjähriger Sozialberater des RA L. Zimmermann.

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