Leitsatz:
Keine Aufhebung der Leistungsbewilligung auf Grundlage von § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I, weil schon das Vorliegen einer Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft vom Jobcenter nicht nachgewiesen und die Entziehung der Leistung nicht ermessensfehlerfrei auf die fehlende Mitwirkung im Hinblick auf Unterlagen und Auskünfte des Dritten gestützt wurde.
Im vorliegenden Fall ist das Vorliegen einer Partnerschaft nicht als nachgewiesen anzusehen.
Der Jobcenter hat die Annahme einer Partnerschaft darauf gestützt, dass die Klägerin und Herr U. sich als Lebensgefährten bezeichnet haben, angegeben haben, zusammenziehen zu wollen sowie der polizeilichen Meldung und der Beschriftung des Briefkastens.
Die Kammer verkennt keineswegs die Indizwirkung dieser Tatsachen.
Allerdings hat das JC den Vortrag der Klägerin und des Herrn U. völlig außer Acht gelassen, wonach beide gerade nicht zusammen leben und Herr U. lediglich die postalische Adresse der Klägerin verwandt habe um erreichbar zu sein. Er habe auch grundsätzlich Interesse daran, in der Nähe seine Sohns zu leben. Derzeit schlafe er bei Bekannten und Verwandten.
Eine Prüfung dieser Schilderung seitens des JC ist – obwohl ohne Probleme, etwa durch einen entsprechenden Hausbesuch, möglich - nicht erfolgt.
Nach Einschätzung der Kammer ist vorliegend damit noch nicht einmal das Tatbestandsmerkmal des Zusammenlebens hinreichend dargetan.
Die Annahme einer Einstehens- und Bedarfsgemeinschaft ist damit nicht nachgewiesen.
Schon vor diesem Hintergrund erscheint die Aufforderung an die Klägerin, Unterlagen des Herrn U. vorzulegen rechtswidrig, da sein Einkommen für die Höhe der Leistungen der Klägerin keine Rolle spielt
Soweit der JC im Bescheid darauf hinweist, es handele sich um eine Ermessensentscheidung genügt dies den Anforderungen an Ermessensentscheidung - nicht.
So die Rechtsauffassung des SG Aachen, Urt. v. 08.01.2013 - S 11 AS 942/12
Anmerkung: S.a. Die offensichtliche Annahme des Jobcenters und Sozialgerichts, dass die Vermutungsregelung nach einem Zusammenleben von mehr als einem Jahr per se gilt und Feststellungen zum Bestehen einer Verantwortungs- und Einstandsgemeinschaft im Übrigen entbehrlich werden lässt, ist falsch.
Der Beitrag wurde erstellt von Detlef Brock.
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Mittwoch, 16. Januar 2013
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