Hilfsbedürftige Schüler die eine Lese- und Rechtsschreibschwäche haben, können die Kosten für eine entsprechende Therapie über das Hartz IV- Bildungspaket vom Jobcenter bezahlt bekommen.
So die Rechtsauffassung des Sozialgerichts Marburg, Beschluss vom 01.11.2012, - 5 AS 213/12 ER.
Legasthenie verschlechtert die Bildungschancen
Die zuständige Marburger Richterin begründete den Beschluss damit, dass eine Lese und Rechtschreibschwäche sich massiv auf das Bildungsniveau und damit auch auf die Berufschancen auswirke, wenn sie unbehandelt bleibe.
Lesen und Schreiben seien elementare Fähigkeiten, die jeder Schüler können müsse, um später eine Chance auf dem Arbeitsmarkt zu haben. Zwar sei dies grundsätzlich Aufgabe der Schulen.
Dies gelte aber nur, soweit die schulischen Förderungsmöglichkeiten ausreichend seien, um die Schwächen zu beheben.
Soweit durch die Lernschwäche keine soziale Isolation oder eine seelische Erkrankung drohe, könne das Jobcenter die Betroffenen auch nicht auf das Jugendamt verweisen, sondern müsse die Leistung aus dem Bildungspaket erbringen.
Entgegen der Auffassung des Jobcenters sieht das Gesetz eine zeitliche Begrenzung der Förderung nicht vor.
Eine Ablehnung der Leistungen sei nur dann möglich, wenn Schüler über ihre eigentlichen geistigen Möglichkeiten hinaus gefördert werden sollten. Die Antragstellerin sei aber überdurchschnittlich intelligent, so dass die Lese- und Rechtschreibschwäche die Ausschöpfung dieses geistigen Potentials nicht behindern dürfe.
Keinesfalls dürfe es dazu kommen, dass solche Schüler wegen finanzieller Aspekte unter ihren intellektuellen Möglichkeiten blieben.
Anmerkung vom Sozialberater D. Brock:
Bildungspaket: Anspruch auf außerschulische Lernförderung bei Rechtschreibschwäche (vgl. LSG NSB, Beschluss vom 28.02.2012, - L 7 AS 43/12 B ER).
S.a.Sozialrechtsexperte: Außerschulische Lernförderung: Jobcenter kommt nur für Stunden in den beantragten Fächern auf - Nachhilfestunden blieben unbezahlt
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