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WAZ: „Arbeitslose bedrohen uns“

Weiterlesen: Arbeitslose bedrohen uns | WAZ.de

Auszug/Zitat (Hervorhebungen von mir.):
Auch wenn das Maß an Sanktionen gegen Arbeitslose zugenommen hat, so behaupte ich, dass kein Mitarbeiter des Jobcenters willkürlich und schon gar nicht, weil es ihm Freude bereitet, Sanktionen gegen Arbeitslose verhängt, sondern sich Gedanken macht, ob unter Berücksichtigung des ihm zustehenden Ermessens eine Sanktion angemessen und nötig war.
Hier wird es grotesk.
Denn das ist durch Prof. Ludwig-Mayerhofer bereits widerlegt.

Wolfgang Ludwig-Mayerhofer, Olaf Behrend, Ariane Sondermann: Auf der Suche nach der verlorenen Arbeit: Arbeitslose und Arbeitsvermittler im neuen Arbeitsmarktregime, - Konstanz: UVK-Verlagsges, 2009. - 302 S.

In dieser Studie zeigt Prof. Ludwig-Mayerhofer auf, dass trotz Standardisierung, sehr wohl die Möglichkeit der willkürlichen Machtsausübung innerhalb des gesetzlichen Rahmens möglich ist.
(Es besteht nicht nur die Möglichkeit, sondern sie findet regelmäßig auch statt.)

Er differenziert hierbei zwischen organisatorischer Willkür und personalisierter Willkür (vgl. Ludwig-Mayerhofer 2009, S. 274 ff). Organisatorische Willkür insofern, dass Ar­beitsvermittlerinnen selber bestimmten Strukturen ausgesetzt sind z.B. Anweisungen der Geschäftsführer befolgen müssen, die nicht selten z.B. die Bestückung (vgl. Ludwig-Mayerhofer 2009, S. 275) einer Qualifizierungsmaßnahme beinhaltet - und dieser Druck entsprechend an die Klientinnen weitergegeben wird. Folge ist nach Ansicht des Autors, dass Klientinnen oft nicht als Subjekte problem- und lösungsorientiert unter­stützt werden, sondern als Objekte behandelt werden um statistischen Zielvorgaben zu erfüllen. Die personalisierte Willkür zeigt sich darin, dass es aufgrund der Handlungsspielräume für Betroffene nicht gleich­gültig ist, mit welchem Arbeitsvermittler sie zu tun haben, da viele Ent­scheidungen von den vom Arbeitsvermittler geteilten Normen abhängt (vgl. Ludwig-Mayerhofer 2009, S. 278).
(s. dazu Nicolas Grießmeier: Der disziplinierende Staat, S. 73); socialnet - Rezensionen - Nicolas Grießmeier: Der disziplinierende Staat

Kommentare

  1. Dieses existenzbedrohende zwangsarbeitssystem
    ist gesellschaftlich gesehen insgesamt schädlich.
    Das müssen die politischen befürworter einsehen.
    Das niveau des widerstands ist eben unterschiedlich.

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  2. Das zwangsarbeitssystem ALG2 kann nicht funktionieren, das haben schon die versuche arbeitslose als spargelstecher einzusetzen gezeigt.Der widerstand der opfer äussert sich eben mit sehr unterschiedlichem niveau.

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  3. Zitat: "...dass Klientinnen oft nicht als Subjekte problem- und lösungsorientiert unter­stützt werden, sondern als Objekte behandelt werden um statistischen Zielvorgaben zu erfüllen."
    Auch wenn ich mich wiederhole, widerhole ich mich gerne. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat schon in sehr frühen Jahren geurteilt, daß es gegen die Verfassungsprinzipien verstößt, insbesondere gegen das Grundrecht der Menschenwürde, den Einzelnen zum Objekt staatlichen Handelns zu machen.
    Und wann, bitte bringt das endlich mal jemand dahin, wo es hingehört???
    Ja, ich weiß, so einfach ist das nicht, aber die Frage werde ich trotzdem immer wieder stellen.

    Und unser Menschenfreund aus dem "Jobcener". Er hat, im Gegensatz zu Hatz4-Abhängigen, doch ganz klar und bewußt die Seite gewählt, für die er steht. - Oder hatte er keine andere Wahl? - Also was gibt es zu jammern? Seine Außerungen sind so bigott wie die Beschwerde eines Kindesmörders darüber, daß man ihm verbal die Zufügung von Schmerzen in Aussicht gestellt habe.

    Wenn er es ernst meint mit seiner Forderung nach "strafrechtlichen Konsequenzen", dann her damit. Dann sollte er aber auch dafür eintreten, das Vorenthalten von Leistungen, die Hintertreibung von Anträgen oder den wissentlichen und willentlichen Bruch verfassungsrechtlich abgesicherter Rechtspositionen unter eine wirksame Strafandrohung zu stellen (was derzeit nicht der Fall ist). Das würde auch ihn vor Willkür schützen, wenn sein Sachbearbeiter beim Bauamt die Forderung des Bebauungsplans nach einem "hellen" Fassadenanstrich als "weiß" interpretiert. - Denn bei seiner krisensicheren Position wird er ja bald das Geld für's Häusle zusammenhaben.

    Am interessantesten ist aber der letzte Satz, mit dem er zitiert wird:

    "Das ist oft ein Schlag ins Gesicht der arbeitenden Bevölkerung,die vom einen auf den anderen Tag mit der Hartz-IV-Klientel gleichgestellt ist."

    Leute, aufgemerkt, und lest ganz genau!
    Was sagt er da?
    Dies: Es gibt zwei Arten von Menschen. Erstens die Anständigen, die arbeitende Bevölkerung. Zweitens die anderen, die "Hartz4-Klientel".
    Er jedenfalls gehört zur ersten Gruppe, denn er arbeitet jeden Tag. Er arbeitet hart. Er arbeitet hart daran, den zweiten zu zeigen, wo der Hammer hängt. Daß sie nicht zu seiner Gruppe gehören, gehören werden und nie dazu gehören sollen. Sie, die Hatz4-Klientel. Arbeitsscheu, ihre Stütze versaufend, auf dem Spielplatz randalierend, die sich weder wäscht noch rasiert, die sich einrichtet, auf den Staat verläßt und auch noch die Frechheit hat, auf Grundrechte (was ist das überhaupt?) zu pochen. Zu diesen Leuten gehört er nicht, wird er nie gehören und dazu soll er auch nicht gehören. Es ist eine Unverschämtheit, daß die arbeitende Bevölkerung mit diesen miesen Tagedieben und asozialen Pennern in eine Gruppe gesteckt werden, nur weil sie nach einem Jahr keine Arbeit gefunden haben?

    Ich hätte da eine Lösung: Statt all diese armen, ehrlichen Leute zu Hatz4-Beziehern zu machen, sollte man sie auch zu Mitarbeitern bei der Arge befördern. Denn mit einem Verhältnis von 1 zu 300 bekommt man die doch sowieso nicht in den Griff. Ziel wäre eine rund-um-die-Uhr-Bewachung für diese Klintel. Zeigen, wie man sich wäscht und rasiert, die Hand führen bei der Unterschrift unter den 2,40-Stundenlohn-Vertrag. Dann wäre die Reinheit der Gruppen gewahrt, und jedem wäre geholfen.

    Dieser Mensch arbeitet zwar für das Hatz4-System, aber entweder ist er eingeschränkt leistungsfähig oder er ist Meister in der Uminterpretation. Denn er sitzt zwar direkt an der Quelle (möglicher Erkennntnis), aber offenbar ist er auf dem besten Wege zu verdursten.
    Wenn es noch eines Beweises meines Eindrucks bedurft hätte, daß die in den "Jobcentern" tätigen Leute gehirngewaschen sind - dieses Statement hätte den endgültigen Beweis bringen können.

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  4. Hans-Heini Bujahn1. November 2012 um 08:38

    Nicht die Arbeitslosen bedrohen, bis auf die wenigen Fälle, sondern das Hartz-IV-System bedroht nicht nur, sondern gefährdet das Überleben.
    S. dazu die Kommentare des vorherigen Beitrags und auch hier: "Die Würde des Menschen ist antastbar" - http://www.nachdenkseiten.de/?p=14908

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