Direkt zum Hauptbereich

Oh du fröhliche Weihnachtszeit - Großeltern legen den Enkelkindern gerne am Heiligabend ein Sparbuch unter den Tannenbaum - Anrechenbares Einkommen?

Nicht unbedingt - denn grundsätzlich ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass in Fällen, in denen Eltern, Großeltern oder familiär besonders verbundene Personen Vermögen auf den Namen minderjähriger Kinder auf einem Sparbuch anlegen, die jeweils handelnden Volljährigen selbst Inhaber dieser Vermögenswerte bleiben (vgl. LSG NSB, Urteil vom 23.02.2011 - L 13 AS 155/08, Rz. 26).

Wenn ein naher Angehöriger ein Sparbuch auf den Namen eines Kindes anlegt, ohne das Sparbuch aus der Hand zu geben, ist aus diesem Verhalten in der Regel zu schließen, dass der Zuwendende sich die Verfügung über das Sparguthaben bis zu seinem Tode vorbehalten will (BGH, Urteil vom 18. Januar 2005 – X ZR 264/02 = NJW 2005, 980 -  Rn. 10, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 9. November 1966 – VIII ZR 73/64 = BGHZ 46, 198), er damit also bei zivilrechtlicher Betrachtungsweise alleiniger Inhaber der in dem Sparbuch verbrieften Forderung bleibt (dem BGH folgend u. a.: Oberlandesgericht (OLG) Bremen, Urteil vom 10. Mai 2007 – 2 U 27/07 –  Rn. 3; Sächs. Oberverwaltungsgericht (OVG), Urteil vom 28. Juli 2010 – 4 A 303/08 –  Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Oktober 2009 – 6 M 20.09 –  Rn. 2).

In diesem Fall kann nur der tatsächliche Besitzer des Sparbuches, nicht aber derjenige, auf dessen Namen das Sparguthaben angelegt wurde, über den Sparbetrag verfügen (Sächs. OVG, Urteil vom 28. Juli 2010 – 4 A 303/08 –  zur Vorschrift des § 88 Bundessozialhilfegesetz a. F.).

Diese Auslegung entspricht bei Sparbuchanlagen zugunsten Minderjähriger der typischen, für die Mitarbeiter des Geldinstituts erkennbaren Interessenlage der handelnden Person(en), die beim Sparbuch durch die Legitimationswirkung zugunsten des Inhabers (vgl. Sprau, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), 70. Aufl. 2011, § 808 Rn. 6) weiter abgesichert wird.

Anmerkung vom Sozialberater Willi 2, freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:

Bei einem Sparbuch handelt es sich um ein Namenspapier mit Inhaberklausel, welches auch als qualifiziertes Legitimationspapier oder hinkendes Inhaberpapier bezeichnet wird.

Die Urkunde hat Legitimationswirkung zu Gunsten des Ausstellers; dieser kann - anders als bei echten Namenspapieren - mit schuldbefreiender Wirkung an den Inhaber der Urkunde leisten, sofern er dessen Nichtberechtigung nicht kennt bzw. seine Unkenntnis nicht auf grober Fahrlässigkeit beruht (vgl. HK-BGB Schulze, BGB, 7. Aufl. 2012, § 808 Rdz. 1).

Regelmäßig wird Gläubiger der Einlageforderung (Berechtigter) derjenige sein, der auch Kontoinhaber ist.

Dies ist jedoch nicht zwingend.

Entscheidend kommt es auf die vertraglichen Vereinbarungen zu einem eigenen Leistungsrecht des im Sparbuch Benannten an; dies kann sich im Einzelfall aus den Umständen - wie etwa aus den Besitzverhältnissen am Sparbuch - ergeben (BGHZ 46, 199, 201; Buck-Heeb in Prütting/Wegen/Weinreich BGB Kommentar 5. Aufl. 2010, § 808 Rdz. 8).

So kann die Hilfebedürftigkeit eines minderjährigen Leistungsberechtigten nach dem SGB II nicht dadurch entfallen, dass er Kontoinhaber eines von seinem Großvater zu seinen Gunsten angelegten Sparbuches ist,  mit der vertraglich vereinbarten Maßgabe , dass das Sparbuch frühestens mit Vollendung des 14. Lebensjahres bei einer Kündigungsfrist von 4 Jahren - mithin zum Eintritt seiner Volljährigkeit - hätte gekündigt werden können und er erst mit Eintritt der Volljährigkeit hätte über das Sparvermögen verfügen können und dürfen (LSG NSB, Urteil vom 23.04.2012 -  L 9 AS 695/08, Rz. 30).

S.a. Sozialrechtsexperte: Hartz IV - Wird das Sparbuch vom Enkel mit angerechnet?  

S.a. Sozialrechtsexperte: Einen Rechtsgrundsatz, der Hilfebedürftige müsse sich am Rechtsschein der Kontoinhaberschaft festhalten lassen, lässt sich der Rechtsprechung nicht entnehmen. Dies gilt insbesondere für Sparbücher (vgl. BSG, Urteil vom 24.5.2006, B 11a/ AL 7/05 R m.w.N.). 

S.a. Sozialrechtsexperte: Minderjähriges Kind kann nicht den ihrem Vater zustehenden, nicht ausgeschöpften Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 SGB II im Hinblick auf ihr eigenes Vermögen geltend machen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist