Dazu hat das Sächsische Landessozialgericht mit Beschluss vom 06.09.2012, - L 3 AS 640/10 NZB wie folgt entscheiden:
Der Grundsicherungsträger kann nach einer (bestandskräftigen) Begrenzung der Unterkunftskosten auf die angemessene Höhe nicht zur Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten verpflichtet werden , wenn die Prüfung der Unzumutbarkeit eines Umzuges zugesagt worden ist.
Die Erklärung der Behörde, die Zumutbarkeit eines Umzugs prüfen zu wollen hat nicht zur Folge, dass ein Anspruch nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten entsteht,es beginnt mit einer solchen Erklärung auch keine neue 6 Monats - Frist zu laufen.
Es gibt im SGB II keine Regelung, auf Grund derer in Fällen, in denen die Zumutbarkeit eines Umzuges streitig ist, die Unterkunftskosten bis zum Abschluss der Sachverhaltsermittlung in vollem Umfang zu übernehmen wären.
Auch aus der Erklärung einer Behörde, die Zumutbarkeit eines Umzuges prüfen zu wollen, kann grundsätzlich ein solcher Anspruch auf Kostenübernahme für eine Übergangszeit nicht hergeleitet werden.
Das vorliegend streitige Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit der Kostensenkung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff , der der vollen Prüfung durch die Sozialgerichte unterliegt.
Das Bundessozialgericht hat in den Urteilen von 19. Februar 2009 (vgl. BSG, Urteil von 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R – BSGE 102, 263 Rdnr. 32 ff. = SozR 4-4200 § 22 Nr. 19 Rdnr. 32 ff. = JURIS-Dokument Rdnr. 32 ff.) und vom 17. Dezember 2009 (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2009 – B 4 AS 27/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 27 Rdnr. 33 = JURIS-Dokument Rdnr. 33) beispielhaft Umstände aufgeführt, die der Zumutbarkeit eines Umzugs entgegenstehen können.
Hierzu zählt auch die Einschränkung der Umzugsfähigkeit aus gesundheitlichen Gründen . Um prüfen zu können, ob im Einzelfall, ein Umzug und damit eine Kostensenkung zumutbar oder unzumutbar ist, sind Feststellungen zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu treffen.
Die hierzu erforderlich Sachverhaltsermittlung hat die zuständige Behörde, hier die ARGE, gemäß § 40 Abs. 1 Satz1 SGB II i. V. m. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB X von Amts wegen durchzuführen. Sie hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen (vgl. § 20 Abs. 1 Satz 2 SGB X).
Danach hat sie auf der Grundlage des ermittelten Sachverhaltes zu entscheiden, ob die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II a. F. gegeben sind oder ob es bei der Grundregelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II a. F. verbleibt.
Wenn vor dem Hintergrund dieser Regelungen eine Behörde erklärt, sie werde nach dem Eingang der Widerspruchsbegründung prüfen, ob und in welcher Form ein etwaiger Umzug zumutbar sei, gibt sie damit nur das wieder, wozu sie nach der Gesetzeslage verpflichtet ist.
Einer solchen Erklärung kann deshalb grundsätzlich nicht der Erklärungsinhalt beigemessen werden, dass bis zum Abschluss der Sachverhaltsermittlung die Unterkunftskosten in tatsächlichem Umfang und nicht nur in angemessener Höhe übernommen würden.
Ob ausnahmsweise eine Erklärung einer Behörde zur Prüfung des Sachverhaltes vom Antragsteller so zu verstehen ist oder jedenfalls verstanden werden kann, dass er bis zu einer Entscheidung der Behörde über die Zumutbarkeit seines Umzuges von dieser Form der Kostensenkungsobliegenheit befreit ist und die Behörde die tatsächlichen Unterkunftskosten übernimmt, hängt von den Umstanden des Einzelfalles ab.
Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:
Auch nach bereits durchgeführtem Kostensenkungsverfahren kann der Anspruch auf die tatsächlichen Kosten der Unterkunft gem. § 22 Abs. 1 S. 3 SGB II durch nachträglich eintretende Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit der Kostensenkung wieder aufleben(vgl. SG Freiburg, Urteil v. 23.3.2010,- S 9 AS 5037/09).
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