Direkt zum Hauptbereich

Drastische Sanktionen beim Jobcenter Leipzig - Im April 2012 waren es knapp dreitausend Sanktionen

Gekürzte Leistung oder Strafanzeige - wenn Hartz-IV-Empfänger ihre Pflichten nicht erfüllen, gehen die Jobcenter drastisch vor.

Doch nicht immer ist das gerechtfertigt. Die "Umschau" ist zwei Fällen nachgegangen.


Herr Schulze* ist gelernter Heizer und seit 15 Jahren arbeitslos. Als er Anfang des Jahres zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen ist, vergisst er seinen Lebenslauf. Der Arbeitgeber lehnt ihn deshalb ab - und das Jobcenter Leipzig reagiert sofort:

Für die nächsten drei Monate soll Herr Schulze 30 Prozent weniger Geld vom Arbeitsamt bekommen. Dem Familienvater würden dann 332,42 Euro zum Leben bleiben.

"Arbeitsverweigerung" lautet der Grund für die Sanktion.

*Name von der Redaktion geändert

 

Sozialgericht äußert Zweifel an der Rechtmäßigkeit


Herr Schulze hält die Kürzung seiner Bezüge für ungerecht und klagt dagegen. Das Sozialgericht Leipzig äußert "erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit" der Sanktion des Jobcenters und setzt sie bis zur Hauptverhandlung aus.

Nun verlangt Herr Schulze vom Jobcenter Leipzig eine Nachzahlung der gekürzten Sozialleistung. Da sich das Jobcenter weigert, beantragt Herr Schulze am Leipziger Amtsgericht die Zwangsvollstreckung und geht damit zum Gerichtsvollzieher.

Der pfändet das Geld für Herrn Schulze - ein bisher einmaliger Vorgang.

 

Strafanzeige wegen eines Fehlers des Jobcenters



Anmerkung vom Sozialberater Willi 2,freier Mitarbeiter des RA Ludwig Zimmermann:


1. SG Leipzig ,Beschluss vom 29.05.2012,- S 25 AS 1470/12 ER 


Ein außerhalb des Sozialrechtsverhältnis stehender Dritter, wie hier der Maßnahmeträger, kann nur mit Zustimmung des Leistungsberechtigten Daten erheben und verwerten(§ 4a des Bundesdatenschutzgesetz).


Eine nichterteilte Zustimmung kann im Umkehrschluss nicht dazu führen, den Leistungsempfänger in der Sache dafür zu sanktionieren (so im Ergebnis auch Sozialgericht Berlin, Beschluss vom 15.02.20 12 - S 107 AS 1034/12 ER - Rdnr. 8).

 

2. Gerichtsvollzieher pfändet zahlungsunwilliges Jobcenter



In Leipzig war das Jobcenter gerichtlich verurteilt worden, einem ALGII-Empfänger eine einbehaltene Sanktion auszuzahlen. Das JC ignorierte das Gesetz und verweigerte dem ALGII-Empfänger sein Geld. Der beauftragte daraufhin einen Gerichtsvollzieher.


3. Hartz IV - Sanktion - nicht - rechtswidrig, wenn der Antragsteller Angaben über gesundheitliche Angelegenheiten und eine Weitergabe und Speicherung persönlicher Daten unter Hinweis auf das Datenschutzgesetz (BDSG) verweigert hat(vgl. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,Beschluss vom 14.08.2012,- L 7 AS 1355/12 B ER).


4. Zusatz/Nachtrag zu: SG Leipzig, 25. Kammer, Beschl. v. 29.05.2012 - S 25 AS 1470/12 ER - Gerichtsvollzieher pfändet zahlungsunwilliges Jobcenter


Tacheles Forum: Gerichtsvollzieher pfändet zahlungsunwilliges Jobcenter


5. Sozialgericht Leipzig,Beschluss vom 06.08.2012,- S 25 AS 2496/12 ER

 

Jobcenter müssen ihrer Amtsermittlungspflicht nachkommen und dürfen nicht ins Blaue hinein sanktionieren.











Kommentare

  1. Bei Tacheles dazu zu lesen: Der Beitrag über Hartz IV Sanktionen entspricht im Wesentlichen nicht den Tatsachen

    http://www.tacheles-sozialhilfe.de/forum/thread.asp?FacId=1840157

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist