Direkt zum Hauptbereich

Jobcenter muss für Nachhilfe zahlen, wenn das bedürftige Kind an einer Lese-Rechtschreibschwäche oder einer Entwicklungsverzögerung des mathematischen Denkens leidet

§ 28 Abs. 5 SGB II

SG Oldenburg AZ. : S 49 AS 611/11 ER

Die Schülerin besucht die dritte Klasse einer Grundschule. Um die Versetzung in die vierte Klasse zu erreichen, war nach Ansicht der Schule Nachhilfeunterricht in den Fächern Mathematik und Deutsch notwendig.

Das Jobcenter lehnte einen entsprechenden Antrag ab, weil die Bezahlung der Fördermaßnahme nur sinnvoll sei, wenn es darum gehe, verübergehende Lernschwächen zu beseitigen. Wer hingegen generell lernschwach sei, habe keinen Anspruch auf die staatliche Übernahme der Nachhilfekosten.

Nach Meinung des SG Oldenburg kommt es gerade - nicht - darauf an, ob jemand eine dauerhafte Schwäche habe. Entscheidend sei vielmehr die Frage, ob die Nachhilfe geeignet und notwendig sei, um das wesentliche Lernziel der Klasse zu erreichen. Nur wenn das Ziel der Versetzung in die nächste Klasse nicht mehr erreicht werden könne, dürfe die Kostenübernahme abgelehnt werden.

Die Entscheidung über den erforderlichen Förderbedarfs sei eine pädagogisch gebotene Diagnoseaufgabe der Lehrkräfte des betroffenen Schülers. Da die zuständigen Lehrkräfte in diesem Fall bestätigt hätten, dass mit dem beantragten Nachhilfeunterricht das Lernziel zu erreichen sei, müsse das Jobcenter die anfallenden Kosten übernehmen.

http://www.nwzonline.de/Region/Ticker/Artikel/2638893/Hartz-IV-Urteil-in-Oldenburg-Staat-muss-Nachhilfe-zahlen.html


Anmerkung : Diese Entscheidung ist sehr zu begrüßen, weil in anderen Gerichtsverfahren hatte die Gerichte bzw. die Jobcenter es unterlassen eine pädagogisch gebotene Diagnoseaufgabe der Lehrkräfte des betroffenen Schülers einzuholen.

Anmerkung : Lesen Sie dazu auch im Block den Beitrag : Zu den Voraussetzungen für die Übernahme von Kosten für Nachhilfeunterricht

Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Zu: SG Nürnberg - Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Folgeeinladungen der Jobcenter wegen einem Meldeversäumnis sind nichtig und unwirksam

sozialrechtsexperte: Nürnberg: Sind die Einladungen der Jobcenter nichtig? Hier der Ausgang, wie er nicht anders zu erwarten war: Ausgang des Verfahrens S 10 AS 679/10 wegen Nichtigkeit von Meldeaufforderungen « Kritische Standpunkte Dazu Anmerkungen von Detlef Brock, Teammitglied des Sozialrechtsexperten: SG Nürnberg v. 14.03.2013 - S 10 AS 679/10 Eigener Leitsatz 1. Folgeeinladungen des Jobcenters wegen einem Meldeversäumnis sind - nichtig und unwirksam, weil  § 309 SGB III keine Rechtsgrundlage dafür ist, Hilfeempfänger die Pflicht zum Erscheinen zu einer Anhörung zu Tatbeständen einer beabsichtigen Sanktion aufzuerlegen. 2. Eine Folgeeinladung ist zu unbestimmt, weil der genannte Inhalt der Meldeaufforderung nicht als gesetzlicher Meldezweck im Sinne des Katalogs des § 309 Abs. 2 SGB III ausgelegt werden kann.

Kann ein Leistungsbezieher nach dem SGB II für seinen unangemessenen Stromverbrauch keine Gründe benennen, muss das Jobcenter seine Stromschulden nicht übernehmen.

Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 22 Abs. 8 des Sozialgesetzbuchs Zweites Buch (SGB II). Danach können Schulden übernommen werden, sofern Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden und soweit die Schuldübernahme zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertig und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen gewährt werden.  Die Rechtfertigung der Schuldenübernahme ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, in den auch Billigkeitserwägungen einfließen (Beschluss des erkennenden Senats vom 2. Juni 2009 – L 14 AS 618/09 B ER). Mit rechtskräftigem Beschluss vom 23.09.2011 hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg , - L 14 AS 1533/11 B ER - geurteilt, dass Gründe für einen "unangemessenen" Stromverbrauch in einem einstwe

Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden.

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil vom 06.06.2011, - L 1 AS 4393/10 - Die Versicherungspauschale von 30 EUR nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Alg II-VO kann von einem einzelnen Einkommen einer Bedarfsgemeinschaft nur einmal abgezogen werden(BSG, Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 51/09 R-; Rdnr. 4). Eine erneute Berücksichtigung scheidet auch dann aus, wenn eine sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft vorliegt und Einkommen eines nichtbedürftigen Mitglieds einem bedürftigen Mitglied der Bedarfsgemeinschaft zugerechnet wird. https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=144213&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive = Anmerkung: 1. Vom Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger ist ein Betrag in Höhe von 30 Euro monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs 2 Nr 3 SGB II als Pauschbetrag abzusetzen (§ 6 Abs 1 Nr 1 Alg II-V ). Diese Pauschale in Höhe von 30 Euro ist