§§11,12 SGB II
Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil vom 10.08.2010 , - L 7 AS 382/08 - ,Revision anhängig beim BSG unter dem AZ.: - B 14 AS 100/11 R -
Umfangreiche Münzsammlung schließt den Anspruch auf ALG II als Zuschuss aus, denn unter den Begriff des Vermögens fällt der gesamte Bestand an Sachen und Rechten in Geld oder Geldeswert in der Hand des Berechtigten (BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42 42/07 R -; vgl. Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand: 10. Erg-Lfg. IX/08, K § 12 Rn. 30).
Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Bewertung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Beantragung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende (vgl. § 12 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB II). Der Verkehrswert ist der im Geschäftsverkehr erzielbare Erlös. Maßgeblich ist dabei der auf dem Markt tatsächlich erzielbare Wert (vgl. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - Orientierungssatz 1; Rn. 17), der "wirkliche Wert".
Bei dem ermittelten Verkehrswert handelt es sich um den wirklichen Wert, da dieser zum maßgeblichen Zeitpunkt auf dem Markt zu erzielen war. Er repräsentiert hier den Substanzwert. Nicht heranzuziehen ist insoweit die Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit bei der Verwertung von privaten Lebens- beziehungsweise Rentenversicherungen (vgl. insoweit z.B. BSG, Urteil vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 66706 R -, m. w. N.). Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit für die Verwertung einer privaten Versicherung ist danach anzunehmen, wenn der Rückkaufwert die eingezahlten Beträge mit einem bestimmten Prozentsatz unterschreitet (vgl. BSG, a. a. O., Rdnr. 20, 23). Eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf das vorliegend zu verwertende Sachvermögen in Form einer Münzsammlung kommt nicht in Betracht.
Denn der Rückkaufwert einer Lebensversicherung richtet sich grundsätzlich nach im Versicherungsvertrag festgelegten Parametern (z.B. Versicherungssumme, eingezahlte Beiträge, Zeitablauf). Er kann auf dieser Grundlage versicherungsmathematisch ermittelt werden und ist daher grundsätzlich kalkulierbar. Demgegenüber bestimmt sich der Wert von Sammlungsgegenständen grundsätzlich nach dem Marktgeschehen und ist nicht in diesem Sinne vorhersehbar. Bezüglich der Verwertbarkeit ist eine Münzsammlung daher vielmehr mit risikobehafteten Formen der Kapitalanlage - z. B. Aktien - zu vergleichen. Dass im Hinblick auf sich verändernde Marktpreise gegenüber den Ankaufspreisen Verluste eintreten, liegt bei derartigen Vermögenswerten in der Risikosphäre des Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - Rdnr. 40
Anmerkung : Ebenso wenig spielen im vorliegenden Fall bei Prüfung der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit künftige Gewinnaussichten eine Rolle (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009,B 14 AS 42 42/07 R - ). Es ist daher unerheblich, dass die Wertentwicklung einer Münzsammlung an den Wert des Gold- beziehungsweise Silberpreises gebunden ist und daher bei einem späteren Verkauf möglicherweise ein wesentlich höherer Preis erzielt werden kann.
Der Beitrag wurde erstellt von Willi 2, Mitarbeiter des Sozialrechtsexperten RA Ludwig Zimmermann sowie Autor des wöchentlichen Rechtsprechungstickers von Tacheles unter der Führung des Sozialreferenten Harald Thome.
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Der Wertzuwachs bei einer Sammlung spielt solange keine Rolle als der Bewilligungszeitraum noch läuft. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraumes wird jedenfalls neu geprüft (§ 12 ABs. 4 S. 2 SGB II). Alledings sind wesentliche Änderungen des Verkehrswertes auch während des laufenden Bewilligungszeitraumes zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 4 S. 3 SGB II).
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